Der Aronstab ist eine Giftpflanze, die historisch genutzt wurde, um Atemwegserkrankungen zu behandeln. In der Volksmedizin vieler Länder wird er heute eingesetzt, um rheumatische Beschwerden und Hämorrhoiden zu lindern, wobei die Anwendenden um die giftigen Effekte wissen. Die wenigen wissenschaftlichen Studien lassen auf ein enormes ungenutztes Potenzial bestimmter Inhaltsstoffe schließen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Arum (Gattung)
- Volksnamen: Aron, Alrone, Aronenkraut, Aronskindchen, Ekelblume, Aasblume, Stinkblume, Kesselfallenblume, Kalbsfuss, deutscher Ingwer, Drachenwurz, Eselsohren, Fieberwurz, Lungenkraut, Kuhwurz, Entenschnabel, Schlangenbeere, Pfingstblume, Teufelhütchen, Zahnkraut, Magenkraut, Heckenpüppchen, Magenwurz, Fresswurz, Frostwurz, Fruchtblume, Pfaffenblut, Veronikenwurz, Zehrwurz, Zungwurz
- Familie: Aronstabgewächse (Araceae)
- Verbreitung: Von Nordafrika über Europa bis Zentralasien. Die beiden Arten Italienischer Aronstab und Gefleckter Aronstab wachsen in Schweden, Dänemark, England, Belgien, Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Schweiz, Italien, Polen, Weißrussland, Ukraine, Frankreich, Spanien und Portugal Tschechien und Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Balkan und Albanien bis in den Westen der Türkei.
- Verwendete Pflanzenteile: Alle Pflanzenteile der Aronstäbe sind giftig und sollten nicht in Eigenregie als Hausmittel eingesetzt werden, um Krankheiten zu behandeln. Eingesetzt werden (zum Beispiel in der Türkei, im Iran, in Tunesien oder Marokko): Blätter, Blüten, Früchte und Wurzeln. Isolierte Inhaltsstoffe haben ein großes und nicht ausgenutztes medizinisches Potenzial.
- Inhaltsstoffe: Aroin, Coniin, Nicotin, Oxalsäure und Kalziumoxalate, Glykoside, Saponine, Phenolsäure, Flavonoide.
- Anwendungsgebiete: Historische Anwendungsgebiete waren Heiserkeit, Asthma, Schnupfen und Husten, Entzündungen des Rachens, Kehlkopfs und der Mundschleimhaut sowie fiebrige Infektionskrankheiten wie Masern. In der Volksmedizin werden Aronstabarten noch heute eingesetzt, zum Beispiel gegen Hauterkrankungen, Hämorrhoiden, Wurmbefall und rheumatische Beschwerden. Da Aronstab ausgesprochen toxisch wirkt, sollten Sie Experimente mit derlei traditionellen Anwendungen unbedingt unterlassen.
Aronstab – Eine Übersicht
- Aronstab wurde im Volksglauben mit der Ernte assoziiert: Die männlichen Blüten mit der Obsternte, die Kolben mit der Getreideernte und die weiblichen Blüten mit der Traubenlese.
- Die Arten der Familie wachsen vor allem in Laubmischwäldern und Gebüschen in den Tropen, in Mitteleuropa, in Nordafrika und Zentralasien.
- Aronstab war Giftpflanze des Jahres 2019. Aronstab zu berühren verursacht schmerzende Hautreizungen, bereits der Verzehr kleiner Mengen führt zu brennenden Schmerzen in Mund und Rachen.
- Der Aronstab trägt seinen Namen von der biblischen Figur Aaron. Dieser soll einen Stab in den Wüstenboden gesteckt haben, der darauf Blüten und Früchte hervorbrachte. Der Name bezieht sich vermutlich auf den obersten Teil des Blütensprosses und darauf, dass die Pflanze den größeren Teil des Jahres unscheinbar wirkt, bis dann die Blüten und Früchte sprießen.
- Das Sammeln in freier Natur ist verboten. Aronstab steht in Deutschland unter Naturschutz.
- Trotz ihrer Giftigkeit sind Aronstäbe beliebte Gartenpflanzen. Das liegt zum einen an ihrer ansprechenden Ästhetik mit marmorierten Blättern und prächtigen Früchten, sowie an den außergewöhnlichen Kesselblüten. Zum anderen wird Aronstab auch wegen seiner symbolisch-kulturellen Bedeutung geschätzt.
- In der Volksmedizin glaubte man aufgrund der Phallusform, dass die Kolben der Aronstabgewächse die männliche Potenz steigern würden.
Inhaltsstoffe
Gefleckter Aronstab enthält in der frischen Knolle rund 0,005 Prozent des toxischen Aroins, außerdem Nicotin, Coniin, Oxalsäure und Kalziumoxalatkristalle, giftige Glykoside und Saponine. Darüber hinaus sind seine Inhaltsstoffe wenig erforscht.
Ein israelischer Review kam 2017 zu dem Ergebnis, dass viele Unterarten der Gattung Arum niemals wissenschaftlich untersucht wurden, und dass sich hier ein weites Spektrum zukünftiger Forschungen erschließt.
Die Strukturen bekannter Komponenten würden ein großes Potenzial für Effekte gegen Diabetes nahelegen. Auch die antibakteriellen Effekte der Aronstäbe benötigten vertiefte Forschung.
Medizinische Wirkungen
Eine iranische Studie kam 2014 zu dem Ergebnis, dass Extrakte aus bestimmten Aronstabarten gegen bestimmte pathogene Bakterien wirken. Und zwar so deutlich, dass sie statt herkömmlicher Antibiotika eingesetzt werden können, um diese Krankheitserreger zu bekämpfen.
Eine Studie von 2011 kam zu dem Ergebnis: Phenolsäuren, Flavonoide und andere Inhaltsstoffe der Aronstäbe haben deutliche Schutzeffekte im menschlichen Körper. Pflanzenextrakte des Aronstabs können insofern eingesetzt werden in Nahrungsergänzungen mit hoher antioxidativer Wirkung.
Seine positiven bioaktiven Effekte seien laut der Studie seit Jahrhunderten bekannt und machten die Pflanze zu einer exzellenten Ressource der Lebensmittelindustrie. Dafür wären indessen konkrete Analysen des Spektrums der jeweiligen Stoffe in den spezifischen Extrakten notwendig, um die Qualität und Sicherheit zu garantieren.
Gefleckter Aronstab wird im Südiran als Gemüse und für Suppen genutzt. Eine iranische Studie von 2016 widmete sich den Effekten des Öls aus der Pflanze gegen Mikroben und oxidative Schäden.
Die Pflanze zeigte eine moderate Aktivität gegen getestete Mikroorganismen. Die beste Wirkung ließ sich erkennen gegen Staphylococcus aureus, Staphlyococcus epidermis und gegen Escherichia coli.
Aronstab in der Volksmedizin und Medizingeschichte
Volksnamen wie Zahnkraut, Magenkraut, Lungenkraut oder Fieberwurz verweisen darauf, dass ein Sud aus der Pflanze dazu diente, entsprechende Leiden zu behandeln. Bei entzündlichen Erkrankungen lag das möglicherweise an der Vorstellung, Gleiches mit Gleichem zu behandeln.
Denn brennende Schmerzen im Mundraum und den Atemwegen sind nicht nur Symptome entzündlicher Erkrankungen. Sie sind auch die ersten Anzeichen einer Vergiftung durch Aronstab.
Zerriebene Blätter und Auflagen mit dem Sud dienen dazu, Verstauchungen, Muskelzerrungen, Prellungen und rheumatische Gelenkschmerzen zu lindern. Von Marokko bis nach Ostasien dienen Aronstabarten als Mittel gegen diverse Krankheiten.
So werden in arabischen Ländern Extrakte aus Arum palaestinum, dem schwarzen Aronstab, genutzt, um Krebsformen zu behandeln. Außerdem werden sie dort eingesetzt, um Darmwürmer abzutöten, offene Wunden zu desinfizieren, Nierensteine und Verengungen der Harnröhre zu heilen.
In der jüdischen Medizin in Mesopotamien, dem heutigen Irak, diente der schwarze Aronstab als Arznei gegen Würmer, Wunden, Rheuma, Durchfall, Tuberkulose und Syphilis. Arum palaestinum gehört zu den am häufigsten volksmedizinisch genutzten Pflanzen im Westjordanland.
Giftwirkungen des Aronstabs
Auch bei geringen Mengen der Pflanze führt der Verzehr zu brennenden Schmerzen im Mund. Dies kommt durch Verletzungen, die die kristallinen Kalziumoxalate auslösen.
Diese Mikrowunden erleichtern zudem anderen Giftstoffen das Eindringen in den Körper und können so zu einer lokalen Vergiftung mit Oxalsäure führen. Außerdem können Gewebshormone und Entzündungsmediatoren wie Histamin freigesetzt werden, was zu entzündlichen Schmerzen führt.
Erste Symptome einer Vergiftung mit Aronstab sind starkes Erbrechen mit Bauchschmerzen und Durchfall. Im weiteren Verlauf können Herzrhythmusstörungen auftreten.
Todesfälle bei Menschen sind nicht bekannt. In größerem Ausmaß allerdings bei Weidetieren, die im Frühjahr größere Mengen der Blätter fraßen.
Beim Essen der Beeren verliefen der Literatur zufolge rund 60 Prozent der gemeldeten Fälle ohne Symptome, bei 40 Prozent waren die Schleimhäute in unterschiedlichem Ausmaß gereizt, und bei 20 Prozent kam es zu Beschwerden im Magen-Darm-Bereich.
Der Saft reizt die Haut sehr stark und löst eine Kontaktdermatitis aus. Die toxische Wirkung ist bei frischen Pflanzen und frischen Pflanzenteilen stärker als bei getrockneten.
Das erste Notfallmittel ist Milch. Das Kalzium in der Milch bewirkt, dass sich schwer lösliches Kalziumoxalat bildet, das der Körper nicht aufnimmt.
Die weiteren Schritte gehören in ärztliche Hand! Eine Magenspülung mit Kalziumglukonat und ein Azidose-Ausgleich mit Natriumbikarbonat sind angebracht. Gegen Krämpfe als Vergiftungssymptom helfen Benzodiazepine.
Gestank für die Bestäubung
Die Namen Ekelblume, Aasblume oder Stinkblume im Volksmund verweisen auf einen für Menschen unangenehmen Geruch der Pflanze. Für Insekten, die sich von Aas ernähren, ist dieser hingegen unwiderstehlich, und darin besteht auch sein biologischer Zweck.
Ein weißgrünes Hochblatt (Spatha) umhüllt den Blütenstand des Aronstabs. Es ist gerollt wie eine Tüte und wirkt als Kesselfalle für Aasfliegen und Schmetterlingsmücken.
Diese zieht der Aasgeruch an, sie fallen in das Innere der „Höhle“ und bestäuben so die Blüten. Erst wenn das Blütenblatt verwelkt, können sie wieder hinaus.
Gefleckter Aronstab
Der Gefleckte Aronstab wächst krautig bis zu 40 Zentimeter über dem Boden und bildet eine Wurzelknolle aus. Die Laubblätter sind oft gefleckt, allerdings nicht immer.
Gefleckter Aronstab wächst auf feuchten Böden in Laubmischwäldern. Er kann Erden, in denen der Nährstoffgehalt für ihn nicht stimmt, schlecht ertragen.
Italienischer Aronstab
Der Italienische Aronstab wächst im Mittelmeerraum, in Westasien und im Kaukasus. Ebenso in Frankreich und Deutschland bis hin nach Südengland.
Er ist weniger auf Feuchtböden angewiesen als sein Verwandter und wächst in Olivenhainen, Weinbergen, Hecken und Laubwäldern. Wie der gefleckte Aronstab ist auch diese Art giftig.
Er wird seit dem 17. Jahrhundert als Zierpflanze kultiviert. Häufig findet er sich in schattigen Gartenanlagen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Abdullatif Azab: Arum: a plant genus with great medicinal potential; in: European Chemical Bulletin, Volume 6, Issue 29, Seite 59, 2017, ResearchGate
- Somayeh Kianinia, Mohammed Hossein Farjam: Chemical and Biological Evolution of Essential Oil of Arum maculatum; in: Iranian Journal of Science and Technology, Transactions A: Science, Volume 42, Seiten 395-399, 2016, SpringerLink
- Elaheh Safari, Mostafa Amiri, Abbas Bahador et al.: The study of antibacterial effects of alcoholic extracts of Arum maculatum, Allium hirtifolium and Teucrium polium against nosocomial resistance bacteria; in: International Journal of Current Microbiology and Applied Sciences, Volume 3, Issue 2, Seiten 601-605, 2014, IJCMAS
- Huseyin Uguzlar, Esra Maltas, Salih Yildiz: Antioxidant Activity and Fatty Acid Compositions of Arum dioscoridis Extracts; in: Biosciences, Biotechnology Research Asia, Volume 8, Issue 1, Seiten 75-82, 2011, 1 Library
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