Bärlappe, also Bärentatzen, auf griechisch-lateinisch Wolfsfüße (Lycopodiaceae), sind immergrüne krautige Pflanzen, die sich in Europa, Asien und Afrika ausbreiten. Hierzulande meinen wir mit „Bärlapp“ in der Regel den Keulen-Bärlapp (Lycopodium clavatum), eine Pflanze, von der bereits im Altertum unzählige Mythen handelten. An diese erinnern heute noch Namen wie Hexenmehl oder Teufelsklauen. Gründe dafür sind sowohl der Habitus, welcher unsere Vorfahren an Bären- oder Wolfspfoten erinnerte, als auch die Eigenschaften der Sporen: Sie dienten einerseits als Wundpulver und erzeugen zudem eine Stichflamme, wenn sie ins Feuer geblasen werden. Deshalb heißt das Kraut auch Blitzpulver.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief – Bärlapp
- Wissenschaftlicher Name: Lycopodium clavatum (Keulen-Bärlapp)
- Volksnamen: Bärlapp – Schlangenmoos, Schlangenkraut, Drudenfuß, Drudenkraut, Hexenkraut, Teufelsklauen, Waldstaub, Zigeunerkraut, Gürtelkraut, Gichtmoos, Erdmoos, Krampfkraut, Luschrut, Hexenmehl, Erdschwefel, Felsschwefel, Blitzpulver, Vollenschübel, Moosfarn; Wolfsklaue (Keulen- oder Kolbenbärlapp).
- Familie: Lycopodiaceae (Bärlappgewächse)
- Verbreitung: Zirkumpolar in gemäßigten bis kalten Gebieten Eurasiens
- Verwendete Pflanzenteile: Kraut und Sporen
- Inhaltsstoffe: Alkaloide, Triterpene, Clavatin, Clavotoxin, Phenolcarbonsäuren, Azelainsäure, Flavonoide, Hydrokaffeesäure, Zitronensäure, Apfelsäure, Palmitin, Stearin, Arachin, Glycerin, organische Säuren und fettes Öl. Die Sporen enthalten nur Spuren von Alkaloiden, dafür vor allem fettes Öl (bis 50 Prozent), Dihydrokaffeesäureester (drei Prozent) und Polyterpene sowie Mineralien.
- Anwendungsgebiete:
- Diuretikum
- Entzündungen der Geschlechtsorgane
- Erkrankungen der Harnwege, der Nieren und der Blase
- Menstruationsprobleme
- Verdauungsstörungen
- Hautleiden und Ekzeme
- Rheuma
- in Indien Impotenz
- in der Volksheilkunde unter anderem gegen Blutvergiftung, Leber-Galle-Erkrankungen, Verstimmungen und Krampfadern
Bärlapp – Eine Übersicht
- Bärlappe tragen Namen wie Bärentatzen, Wolfspfoten oder Teufelsklauen wegen ihres ungewöhnlichen Aussehens, denn auf der Spitze ihrer nadelförmigen Blätter wachsen kurze Haare. Die Sporangien-Stängel des heimischen Bärlapps erinnerten unsere Vorfahren an Keulen, und darum heißt er Keulen-Bärlapp.
- Bärlappartige sind uralte Pflanzen. Die Ordnung (Lycopodiales) reicht zurück bis in das Zeitalter Karbon – es gab sie bereits vor rund 300 Millionen Jahren.
- Bärlapppflanzen sind sporenbildenden Gefäßpflanzen, dass heißt sie tragen keine Samen, sondern bilden Sporen aus. Früher wurden sie zusammen mit den Farnen zur Gruppe der Gefäßsporenpflanzen gezählt.
- Die Sporen enthalten bis zu 50 Prozent fettes Öl und entzünden sich deshalb leicht – die Verbindung von großer Oberfläche durch die zahlreichen Sporen mit dem Öl führt zu einer Stichflamme. Bereits in der Jungsteinzeit erzeugten die Menschen mit ihnen pyrotechnische Effekte. Feuerspucker setzen sie statt brennbarer Flüssigkeit ein.
- Bei indigenen Kulturen dienen Bärlappe als Heilpflanzen und „magische“ Kräuter. Anwendungsgebiete sind besonders Wundheilungen, Krämpfe, Gicht und Rheuma.
- Der heimische Keulen-Bärlapp ist ein Bewohner magerer Heiden und wächst mit seinen langen Sprossen zwischen Heidelbeeren, Glockenheide (Erika) und ortstypischen Zwergsträuchern.
- Keulen-Bärlapp steht unter Naturschutz und darf nicht aus dem Freiland entnommen werden.
Lycopodium clavatum – Wirkungen
Die Wirksamkeit von Keulen-Bärlapp als Heilpflanze ist nicht offiziell belegt, doch aktuelle Studien zeigen antibakterielle, antifungide und antioxidative Wirkungen. Während die Volksheilkunde reichlich Gebrauch von dem Kraut machte, rät die heutige evidenzbasierte Medizin von der Anwendung ab, da das „Hexenkraut“ toxisch wirkt.
In der Volksheilkunde und bei naturheilkundlichen Anwendungen gilt Bärlapp als krampflösend, harntreibend, beruhigend und abführend, worauf seine nachgewiesenen Inhaltsstoffe auch hindeuten.
Risiken und Nebenwirkungen
Bärlappkraut ist giftig und sollte aufgrund der Alkaloide nicht auf eigene Faust verwendet werden, sondern (wenn überhaupt) nur auf ärztlichen Rat. Die Giftwirkung ähnelt der von Curare: 0,2 Gramm führen bei Fröschen und Mäusen zu Lähmungen und Tod.
Bärlappsporen können zu Durchfall und Erbrechen führen sowie eine Typ-I-Allergie (Allergie vom Soforttyp) auslösen, was bedeutet, dass die Reaktion des Immunsystems auf das Allergen beziehungsweise die Sporen sehr schnell (innerhalb von Sekunden, Minuten oder wenigen Stunden) nach dem Kontakt auftritt. Diese kann sich in Form von allergischem Asthma, einer allergischen Rhinitis oder Dermatitis zeigen. In Wunden gelangte Sporen können selbst nach Jahren Granulome verursachen.
Bärlapp in der Volksheilkunde
Die Sporen des Keulen-Bärlapps dienten in der Volksheilkunde Europas äußerlich als Wundstreupulver, ihnen wurde eine schmerzlindernde und kühlende Wirkung nachgesagt. Das Streupulver sollte auch Hautentzündungen lindern wie Akne, nässende Ekzeme oder Geschwüre.
Die reifen, getrockneten Sporen sollten helfen gegen:
- Entzündungen der Atemorgane,
- allgemeine Blutvergiftung,
- Erkrankungen des Leber-Galle-Systems,
- Verdauungsstörungen,
- gestörten Stoffwechsel,
- Krampfadern und Besenreiser,
- Nierensteine,
- Menstruationsprobleme,
- Infektionen des weiblichen Genitaltrakts
- sowie gegen Verhaltensprobleme.
Bärlappsporen – Hexenmehl und Blitzpulver
Magische Vorstellungen über das Hexenkraut kursierten reichlich. Bärlappkränze über der Tür sollten Hexen den Eintritt verwehren. Im Schuh sollten die Blätter dazu führen, dass der Träger vor Gericht jeden Prozess gewann.
Das „magische Pulver“ aus den Sporen diente dazu, dramatische Effekte zu erzeugen, was sich angeblich bereits Schamanen und Druiden zunutze machten, um ihre „Zauberkünste“ zu untermalen – vage Indizien dafür sind Bärlappsporen in paläolithischen und bronzezeitlichen Ausgrabungsstätten.
Amulette aus Bärlapp sollten den bösen Blick abwehren und das Kraut sollte gegen Hexenschuss helfen – bei diesem plötzlich auftretenden stechenden Schmerz waren die Zaubergläubigen überzeugt, eine Hexe hätte unsichtbare Pfeile verschossen, und die Teufelsklauen seien ein „Gegenzauber“.
Lycopodium in der Homöopathie
Die Homöopathie richtet sich nach dem Ähnlichkeitsprinzip, auf dem bereits die Heilkonzepte von Hippokrates in der Antike und von Paracelsus im Mittelalter beruhten. Aus homöopathischer Sicht gilt der „Lycopodium-Typ“, also die Person, die aufgrund ihrer konstitutionellen Eigenschaften besonders gut auf Bärlapp anspricht, als „blass und kränklich“.
Die Person soll dünn sein, oft älter aussehen als sie ist, geistig lebendig sein und eine überdurchschnittliche Intelligenz aufweisen. Häufig treten gestaute Venen auf. Die Lebhaftigkeit soll schnell in hypochondrisches und cholerisches Verhalten übergehen. Wird der Person Widerspruch entgegengebracht, wird sie schnell aufbrausend.
Ein solcher „Lycopodium-Typ“ könnte bei zu Bärlapp passenden Krankheitssymptomen (laut Homöopathie) dieses in „homöopathischen Verdünnungen“ als Konstitutionsmittel einsetzen, um sein seelisches und geistiges Gleichgewicht zu finden. Mit einer Anwendung von Bärlapp als Heilpflanze im Sinn der Phytotherapie hat das nur noch wenig zu tun, da durch die Verdünnung so gut wie keine der bioaktiven Wirkstoffe mehr vorhanden sind.
Bärlapp gegen Parkinson-Krankheit
Nicht nur die Volksheilkunde, Magie und Homöopathie, auch die Wissenschaft wird zusehends auf Lycopodium aufmerksam: Eine neue Studie (2019) demonstrierte an Ratten, dass die Pflanze ein Potenzial für Medikamente gegen Parkinson bietet. So zeigten die mit Bärlapp behandelten Ratten einen Schutz gegen dopaminbasierten Verlust von Nervenstrukturen. Durch diesen neuroprotektiven Mechanismus reduzierte sich nicht nur die entzündliche Reaktion, sondern das antioxidative Abwehrsystem wurde signifikant gestärkt.
Bärlapp gegen Pilze und Bakterien
In einer weiteren Studie (2007) wurden die antibakteriellen und antimykotischen Aktivitäten der Extrakte von Lycopodium clavatum gegen die pathogenen Mikroorganismen Escherichia coli, Pseudomonas aeruginosa, Proteus mirabilis, Acinobacter baumannii, Klebsiella pneumoniae, Staphylococcus aureus, Bacillus subtilis (Bakterien) sowie Candida albicans und Candida parapsilosis (Pilze) untersucht. Die Bärlappextrakte zeigten eine deutliche Wirkung gegen Staphylococcus aureus sowie gegen die Pilze.
Bärlapptee
Vorsicht: Heute wird davon abgeraten, Bärlapptee zu konsumieren, da dieser toxische Nebenwirkungen haben kann. In der Volksheilkunde diente dieser Tee dazu, den Harnfluss anzuregen und die Verdauung zu stimulieren sowie Krämpfe im Unterleib zu lindern.
Zur Entspannung und gegen Hautentzündungen diente traditionell ein Bad in getrocknetem Bärlapp (gegen Entzündungen im Unterleib ein Sitzbad). Dazu lassen Sie 100 Gramm des getrockneten Krauts über Nacht in einem Liter Wasser kalt ziehen und kippen den Auszug am nächsten Tag ins heiße Badewasser. Das Badewasser sollte dabei über die Nieren reichen.
Weitere Verwendung
Bärlappsporen finden sich je nach Marke als Gleitmittel auf Kondomen und sind Teil des Pulvers für Fingerabdrücke in der Kriminalistik. Auf der Bühne, im Theater, Zirkus oder bei „Magiern“ werden damit Effekte von Explosionen erzeugt. Feuerspucker setzen es anstelle von Flüssigkeiten ein und pusten den Staub in eine Flamme.
Vorkommen
Keulen-Bärlapp besiedelt Heiden, Steinbrüche, offene Nadelwälder, felsige Abhänge und Moore. Er liebt Sandböden und verträgt keinen Kalk. Er vergeht in direkter Sonne, bei Kahlschlägen im Wald zum Beispiel vergilben die Bärlapppflanzen innerhalb kurzer Zeit. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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