Der Beinwell (Symphytum) trägt seinen Namen nicht umsonst, denn seine gute Heilwirkung bei Verletzungen im Beinbereich ist bereits seit dem Altertum bekannt. Allerdings kann Beinwell auch bei anderen Wundleiden helfen, die sich nicht zwangsläufig auf die Beine beschränken müssen. Trotz seiner heilungsfördernden Eigenschaften gibt es in der Anwendung aber ein paar Dinge zu beachten.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief für Beinwell
- Pflanzengattung: Beinwell (Symphytum)
- Pflanzenfamilie: Raublattgewächse (Boraginaceae)
- Volkstümliche Namen: Beinwurz, Bienenwurz, Glotwurzel, Hasenbrot, Hasenlaub, Himmelsbrot, Hinigblum, Komfrei, Kuchenkraut, Milchwurz, Schadheilwurzel, Schmalwurz, Schwarzwurz, Soldatenwurz, Speckwurz, Wallwurz, Wottel, Wundallheil, Wundschad
- Vorkommen: Afrika, Asien, Europa
- Verwendete Pflanzenteile: Blätter, Wurzeln
- medizinisch relevante Art: Echter Beinwell (Symphytum officinale)
- Anwendungsgebiete:
- Wundbehandlung
- Hauterkrankungen
- Knochenbrüche und Läsionen
- Knochen- und Gelenkerkrankungen
- Muskelschmerzen und Gelenkschmerzen
- rheumatische Erkrankungen
- Gefäßerkrankungen
- Atemwegserkrankungen
- Entzündungen
- Verdauungsbeschwerden
Wissenswertes: Geht es um den Namen des Beinwells in Assoziation mit seiner Heilwirkung, so muss man zunächst wissen, dass das Wort „Bein“ im Altdeutschen auch als Bezeichnung für „Knochen“ verwendet wurde. Der Zusatz „well“ wiederum leitet sich von dem altdeutschen „wallen“ ab. Ausgangspunkt für die Namensgebung des Heilkrautes war also die Eigenschaft des Beinwells, die Ausbildung neuer Knochenmasse (z.B. nach einem Knochenbruch) positiv zu beeinflussen. Auch der aus dem Altgriechischen stammende wissenschaftliche Name des Beinwells, Symphytum, nimmt auf diese Wirkungsweise Bezug, bedeutet der Begriff übersetzt doch so viel wie „zusammenwachsen“.
„Zu allen Wunden / rissen und brüchen / aussen und innen ein gar heilsame Wurtzel […]. Ein jeder Wundartzt / soll ihme Wallwurtz zielen / die ist zu allen Wunden / Beinbrüchen und Schäden sehr heilsam und bequem.“ (Lonicerus – Naturforscher, Arzt und Botaniker)
Kräuterportrait
Beinwell ist eine krautige und sommergrüne Pflanze, die bei guten Standortbedingungen bis zu einen Meter hoch werden kann. Sein borstiger Stiel ist von großen, lanzettlichen Blattspreiten gesäumt, die – wie üblich für Raublattgewächse – eine raue Blattoberfläche besitzen. Am Rand sind die Lanzettblätter artenabhängig mehr oder weniger grob gezähnt. Die Blattunterseite weist eine feine Behaarung auf und ist von einem kräftigen Blattadermuster durchzogen.
Während seiner Blütezeit von Mai bis Oktober trägt Beinwell zudem ziervolle Glockenblüten, die von weiß und gelb über rosa bis hin zu blau-violett in zahlreichen Farben erstrahlen können und Symphytum neben seiner Eignung als Heilkraut auch zu einer schmuckvollen Zierpflanze machen. Echter Beinwell (Symphytum officinale), der bei der medizinischen Nutzung im Vordergrund steht, weist dabei in der Regel purpur-violette Blüten auf, wobei es auch Varianten mit gelblich-weißen Blüten gibt.
Zu finden ist Beinwell vor allem an feuchten, nährstoffreichen und lehmigen Standorten mit sonniger bis halbschattiger Lage Gerade
- Uferstandorte,
- sumpfig-feuchte Gräben,
- Moorwiesen
- und feuchte Wegränder
haben es dem Kraut besonders angetan. Kaum verwunderlich also, dass die wichtigste Unterart des Echten Beinwells auf den Namen Sumpf-Beinwell (Symphytum officinale subsp. ulginosum) hört. Außerdem gilt Symphytum als Anzeiger von Stickstoff im Boden, den die Pflanze aufgrund ihres Nährstoffhungers außerordentlich gerne absorbiert. Für Kräutergärtner oder Gärtner im Allgemeinen ist diese Pflanzeneigenschaft sehr von Vorteil, da sich Beinwell diesbezüglich wunderbar zur Normalisierung der Boden-pH-Werte einsetzen lässt.
Beinwell: Wirkung
Die Anwendungsgebiete von Beinwell reichen heute von der Wundbehandlung und Versorgung von Knochenbrüchen bis hin zu spezifischen Krankheiten der Gefäße, Muskeln, Knochen und Gelenke. Offiziell als Arzneipflanze zugelassen ist Symphytum dabei zur Behandlung folgender Beschwerden:
- Allgemeine Wundbehandlung wie z.B. Behandlung schlecht heilender Wunden, Knochenbrüche, Narbenbehandlung, Prellungen, Quetschungen, Schnitt-, Schürf- oder Stichwunden,
- Gefäßleiden wie z.B. Durchblutungsstörungen, Krampfadern, Venenentzündungen oder Arteriosklerose,
- Hautbeschwerden wie z.B. chronisch entzündliche Hauterkrankungen, Geschwüre, Juckreiz oder Knochenhautentzündung,
- Muskel- und Gelenkbeschwerden wie z.B. Muskelkater, Muskelrisse, Muskelzerrungen, Rheuma, Sehnenscheidenentzündungen, Schleimbeutelentzündungen, Verrenkungen, Verstauchungen oder Arthrose.
Inoffiziell findet Beinwell aber noch bei weitaus mehr Gesundheitsbeschwerden Anwendung, was vor allem auf die lange Nutzungsgeschichte des Krautes in der Volksmedizin zurückzuführen ist. Denn Symphytum zählt zu den ältesten Heilkräutern Europas und fand bereits vor mehr als 2000 Jahren medizinische Anwendung. Schon der berühmte griechische Arzt und Gelehrte Dioskurides nutzte die Pflanze zur Behandlung von Geschwüren, Knochenbrüchen und anderen Wundleiden bzw. Verletzungen.
Im Mittelalter wurde Beinwell dann auch in Deutschland zum Traditionskraut in der Wundbehandlung. Als Vorreiterin in der Anwendung gilt hier Hildegard von Bingen, die Beinwellextrakt in Kombination mit Honig und Auszügen der Ringelblume zur Behandlung von Krampfadern und Geschwüren empfahl.
Vorsicht: Lebertoxine!
Hildegard von Bingen gilt nicht nur als eine der ersten, die Beinwell im deutschsprachigen Raum publik machte. Gleichzeitig sprach die „Mutter aller Kräuterhexen“ auch eine Warnung vor der Nutzung des Krautes zur inneren Anwendung aus:
„Die innere Anwendung von Beinwell bringt die gesamte Ordnung der Körpersäfte durcheinander. Aber auf die Haut aufgetragen, heilt er Geschwüre der Glieder“
Der Inhaltsstoff, der die Ordnung der Körpersäfte durcheinanderbringt, ist der Medizin heute bekannt. Es handelt sich um einen giftigen Inhaltsstoff des Beinwells namens Pyrrolizidinalkaloid. Der zu den Alkaloiden gehörende sekundäre Pflanzenstoff kommt in vielen Raublattgewächsen vor und dient den Pflanzen üblicherweise als natürliches Insektenschutzmittel. Auch Tiere fühlen sich von dem bitteren Geschmack des Alkaloids meist abgeschreckt, was im Freiland bessere Überlebenschancen sichert.
Was für den Beinwell lebensnotwendig ist, kann für den Menschen bei innerer Anwendung allerdings lebensbedrohlich sein. Während des Abbaus von Pyrrolizidinalkaloiden in der Leber entstehen nämlich lebertoxische Abbauprodukte, welche zu gefährlichen Störungen in der Leberfunktion führen können. Im schlimmsten Fall droht hier ein Leberverschluss, der nicht nur zu einer Vergrößerung der Leber und Gelbsucht, sondern auch zu Leber- und Nierenversagen führen kann. Wir möchten deshalb ausdrücklich darauf hinweisen, dass sich Beinwell nur zur äußeren Anwendung eignet. Auch das Auftragen auf offene Wunden ist nicht zu empfehlen, da die Alkaloide hier über den Blutkreislauf in die Leber gelangen könnten.
Achtung: Das toxische Potential von Beinwell wird von Anwendern häufig unterschätzt. Zu diesem Ergebnis kamen auch Forscher aus Utah, welche die Giftwirkung der Pflanze mit anderen Giftextrakten verglichen. Zum Vergleich herangezogen wurden hierbei Lycopsamin, ein Pflanzengift, wie es unter anderem in der Gemeinen Ochsenzunge zu finden ist, und Intermedin. Im Ergebnis der Studie zeigte sich, dass selbst reduziertes Beinwellextrakt noch toxischer ist als die beiden Substanzen. Mit Blick auf dieses Resultat können wir von Präparaten wie Beinwelltee oder Beinwelltabletten zur inneren Anwendung nur abraten. Allenfalls die Anwendung von ausreichend verdünnter Beinwelltinktur zur Mundspülung, etwa zur Behandlung von Mundgeschwüren oder dergleichen, lässt sich medizinisch noch vertreten.
Inhaltsstoffe und Wirkung
Abgesehen von seinen Pyrrolizidinalkaloiden, die Beinwell für eine innere Anwendung ausschließen, tummeln sich in dem Heilkraut relativ nützliche und heilungsfördernde Inhaltsstoffe. Diese haben insbesondere auf Prozesse der Wundheilung einen beschleunigenden Effekt.
Allantoin
Laut einer Umfrage des Instituts für Gesundheitswissenschaften an der Universität von New York ist Beinwell eines der am häufigsten angewendeten Kräuter zur Behandlung von Knochenbrüchen, Verbrennungen, Krampfadern sowie Muskel- und Sehnenbeschwerden. Gerade Sportler setzen fast standardmäßig auf Beinwellsalbe, wenn es um typische Sportverletzungen wie Zerrungen, Verstauchungen, Sehnenrisse, Muskelkater oder Brüche geht. Von essenzieller Bedeutung für die gute Heilwirkung von Beinwell bei derartigen Beschwerden ist unter anderen der Wirkstoff Allantoin. Dabei handelt es sich um eine pflanzliche Substanz, die dem menschlichen Harnstoff (Urea) sehr ähnlich ist.
Personen, die an chronischen Hauterkrankungen wie Schuppenflechte oder Neurodermitis leiden, sind mit dem Begriff ‚Urea‘ bestens vertraut, denn Harnstoff gilt als wichtiger Bestandteil zahlreicher Hautsalben mit hochwirksamem Effekt bei dermalen Erkrankungen. Dasselbe gilt auch für Allantoin, das dafür bekannt ist
- die Haut zu beruhigen,
- den Zellaufbau zu unterstützen,
- die Zellbildung anzuregen
- und die Zellregeneration zu beschleunigen.
Der Pflanzenstoff wird sowohl im Bereich der Kosmetik (z.B. in Hautcremes, Sonnenschutzmitteln und Rasierwasser) als auch zur Herstellung medizinischer Wundheilsalben verwendet. Bestes Beispiel hierfür ist die berühmte Beinwellsalbe selbst, die weit ins 20. Jahrhundert als beste Wundheilsalbe überhaupt galt. Und auch Spezialsalben zur Behandlung von Hautirritationen führen Allantoin häufig als Inhaltsstoff.
Ebenfalls von Bedeutung sind die zellregenerativen Eigenschaften von Allantoin für die Ausheilung von Knochenbrüchen. Hier kommt es stets darauf an, dass die Bruchfragmente so schnell wie möglich wieder zusammenwachsen, was nur dann gewährleistet ist, wenn sich zeitnah zum Bruch ausreichend neues Knochengewebe ausbildet (sog. Kallusbildung). Ansonsten könnte es zu Verwachsungen kommen, welche die Formgebung wie auch die Funktionalität des betroffenen Knochens extrem beeinträchtigen. Der positive Einfluss von Allantoin auf die Zellneubildung ist hier also ebenfalls eine nützliche Hilfe. Insgesamt hilft die harnstoffähnliche Substanz bei folgenden Beschwerden:
- Hautverletzungen,
- verletzungsbedingten Schmerzen,
- Knochenbrüchen,
- Gelenkentzündungen,
- Muskel- oder Sehnenverletzungen
Wichtig: Allantoin ist relativ hitzebeständig, zerfällt jedoch äußerst schnell, wenn es mit Metallen in Kontakt kommt. Es ist daher nicht ratsam, selbst hergestellte Salben und Cremes aus Beinwell in Metallgefäßen zu lagern.
Cholin
Geht es um die durchblutungsfördernden Eigenschaften von Beinwell, so ist der Inhaltsstoff Cholin von besonderer Bedeutung. Die Substanz besitzt zum einen vitaminähnlichen Charakter und wird deshalb häufig in Nahrungsergänzungs- und Futtermittel untergemischt. Zum anderen ist Cholin auch medizinisch von Interesse. Beispielsweise findet es Anwendung als Inhaltsstoff für Medikamente gegen Leberschäden. Die durchblutungsfördernden Eigenschaften von Cholin auf das Lebergewebe spielen hier eine äußerst wichtige Rolle. Und auch in der Wundheilung sind diese Eigenschaften von Vorteil, lässt sich so doch
- der Austritt von Gewebeflüssigkeit reduzieren,
- die Durchblutung von Wundgewebe verbessern
- und der Abbau von Blutergüssen beschleunigen.
Tipp: Vorteilhaft ist der hohe Cholingehalt in Beinwell vor allem bei Quetschungen, schweren Prellungen und anderen Läsionen, da sich dank dem Inhaltsstoff blaue Flecken in Grenzen halten lassen.
Gerbstoffe
Dass der wundheilungsfördernde Effekt von Beinwell real ist, wurde schon mehrfach in verschiedenen Studien bestätigt, darunter eine brasilianische Studie, die neben der Wundheilförderung von Symphytum auch dessen entzündungshemmende Eigenschaften nachweisen konnte. Die zuständigen Wissenschaftler wandten Beinwellextrakt dabei auf entzündungsbedingt beschädigte Zellen an. Im Ergebnis zeigte sich, dass die Entzündungsrate dieser Zellen um bis zu 46 Prozent sank, wohingegen die Regenerationsrate der getesteten Bindegewebszellen nach 28 Tagen sogar bis zu 240 Prozent betrug. Eine Heilwirkung, die der Beinwell maßgeblich durch eine Fülle an pflanzlichen Gerbstoffen, sogenannte Tanninen, erhält. Vor allem Rosmarinsäure ist sehr üppig in dem Heilkraut vorhanden. Grundsätzlich besitzen alle Gerbstoffe eine
- antioxidative,
- antivirale,
- antibakterielle,
- antimykotische,
- entzündungshemmende
- und wundstillende Wirkung.
Aus diesem Grund werden sie auch traditionell zum Gerben von Leder verwendet, um dieses vor der Weiterverarbeitung von schädlichen Keimen zu befreien. In der Medizin dienen Gerbstoffe eher der Entzündungshemmung und Infektionsbehandlung. Damit sind sie wie geschaffen als Bestandteil einer Heilpflanze, zur Wundbehandlung eingesetzt wird.
Der gute Schutz von Gerbstoffen gegen Keime beruht auf deren Eigenschaft, für eine Verengung der Hautporen und dermalen Blutgefäße zu sorgen. Auf diese Weise verdichtet sich das Hautgewebe und wird undurchlässig für mögliche Infektionserreger. Das Risiko einer Wundinfektion wird somit deutlich reduziert bis vollständig behoben. Außerdem hemmt die zusammenziehende (adstringierende) Wirkung der Beinwelltannine auch die Wundsekretion, was Blutungen stillt und blaue Flecken reduziert. Insgesamt fördern Tannine im Symphytum also folgende Heilwirkungen:
- Wunddesinfektion,
- Vorbeugung gegen Wundbrand,
- Reduzierung von Wundblutungen,
- Reduzierung von Hämatomen,
- Stärkung der Hautbarriere gegen Keime.
Übrigens: Der adstringierende Effekt von Gerbstoffen ist auch für Patienten mit Krampfadern interessant. Diese rühren nämlich von ausgebeulten Venen her, die sich durch die Haut abzeichnen. Ziehen sich Haut und Gefäße zusammen, lässt sich das unansehnliche Krampfaderleiden sehr gut lindern.
Kieselsäure
Apropos Krampfadern: Ein weiterer Wirkstoff im Beinwell, der ebenfalls gut gegen dieses Venenleiden hilft, ist Kieselsäure. Dabei handelt es sich um Säurenauszüge des Halbmetalls Silicium, welches in der Medizin zur Behandlung von allerlei Gesundheitsbeschwerden verwendet wird, darunter:
- Arthrose,
- Bindegewebsschwäche,
- Gefäßerkrankungen,
- Hautentzündungen,
- Hautfalten,
- Hautunreinheiten,
- Muskelbeschwerden,
- Narbenbehandlung,
- und Rheuma.
Speziell im Gefäßbereich kann Kieselsäure sowohl den Arterien als auch den Venen helfen. Denn Silicium ist im Körper ein natürlicher Bestandteil des Bindegewebes in den Gefäßwänden und hält diese so elastisch. Gefäßerkrankungen wie Krampfadern (Varizen) und Gefäßverkalkung (Arteriosklerose), die eine Erschlaffung des gefäßeigenen Bindegewebes zur Folge haben, profitieren also von zusätzlichen Silicium-Gaben, welche die Gefäßwände wieder elastischer machen. Zudem senkt Kieselsäure auch den Blutdruck, was bei Gefäßerkrankungen zusätzliche Entlastung bringt. Geplagte Blutgefäße regelmäßig mit Beinwell einzureiben hat also seine Vorteile. Auf dem Weg zu den Gefäßen stärkt die im Heilkraut enthaltene Kieselsäure zudem das Hautgewebe.
Die Regenerationsfähigkeit von Kieselsäure auf Gelenke, Haut, Knochen und Muskeln macht Beinwell auch für Sportler zu einem bedeutsamen Notfallkraut. Ob Muskelzerrungen, Verstauchungen, Sehnenscheidenentzündungen, Knochen- oder Gelenkläsionen – als essenzieller Bestandteil körpereigener Gewebestrukturen hilft Silicium aktiv dabei, die regenerativen Kräfte in Mitleidenschaft gezogener Körperpartien zu wecken. Gerade die entzündungshemmende und stimulierende Wirkung der Kieselsäure intensiviert hier auch die Heilwirkung von Beinwell bei Verletzungen und Knochenbrüchen. Während der chemische Stoff in Sachen Entzündungen erfolgreich Entzündungssekrete bindet und die Produktion von Antikörpern zur Immunabwehr stimuliert, regt er die Knochen durch Bildung der Knochenmatrix an und kann so die Bruchheilung beschleunigen. Das Geheimnis liegt hier in der besonderen Eigenart von Kieselsäure, die Einlagerung des für den Knochenaufbau unerlässlichen Minerals Kalzium zu verbessern. Insgesamt lässt sich der Kieselsäure eine
- gefäß- und bindegewebsstraffende,
- geweberegenerierende,
- knochen- und gelenkstärkende
Wirkung bescheinigen, die Beinwell nicht nur zu einem guten Wundkraut, sondern auch zu einem heilpflanzlichen Geheimtipp bei Hautproblemen und Gefäßleiden macht.
Schleimstoffe
Da Knochenbrüche und Verletzungen gemeinhin auch Schmerzen verursachen, sind die beruhigenden Schleimstoffe im Beinwell ein zusätzlicher Bonus. Sie stellen eine besondere Art von Mehrfachzuckern, die unter der Zugabe von Wasser eine schleimige Konsistenz annehmen und so auf die Haut aufgetragen ihre schmerzstillende Wirkung perfekt entfalten. Dank ihrer zähflüssigen Beschaffenheit legen sich die Schleimstoffe wie ein Schutzfilm um die Wunde und wirken dann
- beruhigend,
- reizmildernd,
- abschwellend,
- entzündungshemmend,
- immunstärkend
- und sogar entgiftend.
Letztere Eigenschaft hilft im Verletzungsfall zusätzlich dabei, Giftstoffe aus dem Wundbereich abzutransportieren, bzw. diese von der Wunde fernzuhalten, was einer Blutvergiftung (Sepsis) vorbeugt.
Der entgiftende Effekt der pflanzeneigenen Schleimstoffe prädestiniert Beinwell noch für weitere Nutzungsmöglichkeiten im Bereich der Haut. Beispielsweise lassen sich Insektenstiche und lokale Vergiftungserscheinungen damit behandeln oder infektions- und vergiftungsträchtige Bisswunden von Tieren versorgen. Außerdem sorgt die Entgiftungswirkung der Schleimstoffe für eine reinere Haut, was für Menschen, die an Akne, Mitessern oder ähnlichen Hautunreinheiten leiden, besonders interessant ist.
Anwendung und Dosierung
Wie bereits aufgezeigt ist Symphytum wegen seiner Pyrrolizidinalkaloide nur für eine äußerliche Anwendung geeignet. Neben den Blättern des Beinwells, die bereits eine Fülle an medizinisch relevanten Inhaltsstoffen bergen, sind dabei auch die rübenförmigen Wurzeln des Beinwells für die medizinische Behandlung von Bedeutung. Der bis zu 50 cm lange Wurzelstock lässt sich an seiner purpur-braunen Färbung gut erkennen und wird wie das Kraut der Pflanze auch zunächst getrocknet, bevor es zu heilkundlichen Zwecken weiterverwendet wird.
Nach dem Trocknen lassen sich Blatt- und Wurzelkräuter des Beinwells beispielsweise zu Ölauszügen oder Tinkturen weiterverarbeiten, die wiederum als Basis für Heilsalben dienen können. Alternativ ist es auch möglich, die Beinwellkräuter direkt auf betroffene Körperbereiche aufzutragen, etwa in Form eines Umschlags oder Kräuterbreis.
Beinwelltinktur
Tinkturen aus Beinwell sind besonders gut geeignet für sehr schwerwiegende Beschwerden, da sie eine hohe Konzentration an Wirkstoffen enthalten. Allerdings ist dabei zu beachten, dass die Tinktur nur auf geschlossene Wund- und Hautflächen aufgetragen werden darf, um Vergiftungen durch Pyrrolizidinalkaloid zu vermeiden. Es empfiehlt sich daher, die Beinwelltinktur eher für unter der Haut gelegene Problembereiche zu verwenden, so zum Beispiel:
- Krampfadern,
- Venenentzündungen,
- Arteriosklerose,
- Rheuma,
- Muskel- und Gelenkbeschwerden,
- Knochenbrüche ohne offene Wunde.
Eine Ausnahme zu diesen Behandlungsbereichen bildet die Nutzung von alkoholbasiertem Beinwellextrakt zur Wunddesinfektion. Der Alkohol kann in Kombination mit den pflanzeneigenen Wirkstoffen die Wunde sowohl in einen sterilen Zustand überführen, als auch die Wundheilung beschleunigen. Allerdings sollte man hier sehr vorsichtig vorgehen und die Tinktur wohl dosiert und auch nur um die Wundfläche herum auftragen.
Anwendungshinweis: Ideale Hilfsmittel hierfür sind Tupfer oder Wattestäbchen zum sorgfältigen Arbeiten. Mit Blick auf die Anwendungsdauer von Beinwelltinktur ist eine maximale Behandlungszeit von höchstens sechs Wochen pro Jahr angezeigt.
Herstellung von Beinwelltinktur
Für die Herstellung einer Tinktur aus Beinwell verwendet man üblicherweise die Wurzelkräuter der Pflanze. Die Wirkstoffe der harten Kräuterbestandteile lassen sich wunderbar in Alkohol lösen und bieten zudem eine besonders intensive Wirkstoffkonzentration.
Zutaten:
- 30 g Beinwellwurzel
- 250 ml klarer Alkohol (z.B. Wodka)
- 1 Schraubglas
Zubereitung:
- Geben Sie die geschnittene Beinwellwurzel in ein Schraubglas und füllen Sie dieses anschließend mit Alkohol auf.
- Als nächstes wird das Glas luftdicht verschlossen und zum Reifen für ca. zwei bis vier Wochen ins Sonnenlicht (z.B. auf die Fensterbank) gestellt.
- Filtern Sie die Tinktur nach der Reifezeit durch ein Sieb und verwahren Sie den Extrakt danach kühl in einem dunklen Fläschchen. Denken Sie daran, dass metallische Gefäße den Wirkstoff Allantoin zerstören und nutzen Sie deshalb am besten eine Glasflasche.
Beinwellsalbe und Beinwellöl
Oberflächliche Wunden werden am besten mit Beinwellöl oder Beinwellsalbe eingerieben, wobei das Öl aber auf keinen Fall in eine offene Wunde gelangen darf. Unbedenklich ist die Anwendung des Öls bei:
- Prellungen,
- Quetschungen,
- Wunden mit geschlossener Wundfläche,
- Hautirritationen,
- und Insektenstichen.
Selbstverständlich ist auch eine Anwendung bei Gefäßleiden, Brüchen, Muskel- und Gelenkbeschwerden denkbar. Da nicht jeder eine Beinwelltinktur im Haus hat, bieten Beinwellsalben aus der Apotheke hier eine unkomplizierte Alternative. Nichtsdestotrotz ist auch die Zubereitung von Beinwellöl bzw. -salbe kein Problem.
Anwendungshinweis: Salben und Öle des Beinwells können ein bis drei Mal täglich auf betroffene Hautstellen aufgetragen werden. Insgesamt sollte die Anwendung vier bis sechs Wochen im Jahr aber nicht überschreiten.
Öl oder Salbe aus Beinwell selbst herstellen:
Wer Interesse daran hegt, seine Hausapotheke mit eigenen Erzeugnissen aufzustocken, der kann die getrockneten Beinwellkräuter zu einem Öl weiterverarbeiten. Geben Sie hierzu einfach 300 bis 500 g der Kräuter in eine helle Flasche, gießen Sie diese mit Speiseöl auf (am besten geschmacksneutrales Öl wie z.B. Sonnenblumenöl verwenden) und lassen sie das ganze ähnlich wie Beinwelltinktur für etwa vier Wochen in der Sonne heranreifen. Danach wird der Ölauszug gefiltert und in einer dunklen Glasflasche gelagert oder aber zur Herstellung einer Salbe verwendet. Alternativ zum Beinwellöl lässt sich hierfür auch eine zuvor hergestellte Beinwelltinktur hernehmen.
Zutaten:
- 20 ml Beinwelltinktur und 35 ml Olivenöl
- alternativ: 50 ml Beinwellöl
- und 45 g Wollwachs (Lanolin)
Zubereitung:
- Erhitzen Sie das Öl zusammen mit dem Wollwachs schonend in einem Wasserbad. Warten Sie unbedingt ab, bis das Wachs vollständig geschmolzen ist und sich mit dem Öl zu einer homogenen Masse verbunden hat.
- Wer Olivenöl anstatt Beinwellöl verwendet hat, der gibt nun unter ständigem Rühren die Tinktur hinzu. Nachdem sich eine gut dickflüssige Salbenkonsistenz ergeben hat, können Sie das Gemisch vom Herd nehmen und abkühlen lassen. Verwahrt wird die Beinwellsalbe im Anschluss in einem dunklen Salbentiegel, der bitte ebenfalls aus Glas und nicht aus Metall gefertigt sein sollte.
Nebenwirkungen
Bei richtiger Anwendung und Dosierung verursacht Beinwell in der Regel keinerlei Nebenwirkungen. Wer sich aber nicht an die Anwendungs- und Dosierungshinweise hält, der riskiert eine Vergiftung durch Pyrrolizidinalkaloid.(ma)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- van Wyk, Ben-Erik; Wink, Coralie; Wink, Michael: Handbuch der Arzneipflanzen: Ein Bildatlas, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2015
- Bühring, Ursel: Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunde, Georg Thieme Verlag, 2014
- Smith, Doug B.; Jacobson, Bert H.: "Effect of a blend of comfrey root extract (Symphytum officinale L.) and tannic acid creams in the treatment of osteoarthritis of the knee: randomized, placebo-controlled, double-blind, multiclinical trials", in: Journal of Chiropractic Medicine, Volume 10, 2011, sciencedirect.com
- Barna, Milos; Kucera, Alexander; Hladícova, Marie; Kucera, Miroslav: "Der wundheilende Effekt einer Symphytum-Herba-Extrakt-Creme (Symphytum × uplandicum Nyman): Ergebnisse einer randomisierten, kontrollierten Doppelblindstudie", in: Wiener Medizinische Wochenschrift, Volume 157 Issue 21–22, 2007, Springer
- Füllbrandt, Ronald: Baldrian, Beinwell, Brennnessel: Wildkräuter unserer Heimat, Band 2, Books on Demand, 2013
- Schilcher, Heinz; Kammerer, Susanne; Wegener, Tankred: Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2010
- Roman, Gabriela Paun et al.: "Concentration of Symphytum officinale extracts with cytostatic activity by tangential flow ultrafiltration", in: Roumanian Biotechnological Letters, Vol. 13 No. 6, 2008, semanticscholar.org
- Knobloch, Gerold: Natürliche Heilmittel von A - Z, neobooks Self-Publishing, 2013
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.