Die Echte Betonie war im Mittelalter als Allheilmittel berühmt. Da sie keinen Stickstoff mag, finden wir sie heute wenig häufig in Heiden und auf Moorwiesen, während sie als Medizinpflanze kaum noch Beachtung findet. Dabei eignen sich die Blätter gut als Hausmittel gegen entzündliche Erkrankungen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Stachys officinalis
- Volksnamen: Ziest, Heil-Ziest, Echter Ziest, Betonienziest, Feuerkraut, Zahnkraut, Pfaffenblume, Echte Betonie, Bethonie, Braune Betonie, Batunge, Flohblume, Heckenkraut, Bischofswürze, Bischofskraut, Holzbetonie, Pupurbetonie
- Familie: Lamiaceae (Lippenblütler)
- Verbreitung: Betonie wächst in ganz Europa auf mageren Böden
- Verwendete Pflanzenteile: Wurzelstock und Blätter
- Inhaltsstoffe: Bitterstoffe, Gerbstoffe, Glykoside, Saponine, ätherische Öle wie Cholin, Turicin und Betonicin
- Anwendungsgebiete: Wundheilung, entzündliche Hauterkrankungen, Entzündungen an Zähnen und Zahnfleisch, Atemwegsentzündungen, Gicht, Rauchen aufgeben
Betonie – Eine Übersicht
- Betonie gedeiht auf mageren Böden: auf Magerrasen, Heiden und in lichten Wäldern bis in Höhen von fast 2000 Metern. Echte Betonie findet sich in Deutschland auf (Moor-)Wiesen, in Buschland, am Waldrand und auf Waldlichtungen. Sie lässt sich selbst sammeln, einfach im Garten ansiedeln und kaufen.
- Die der Betonie zugeschriebenen Wirkungen wurden im Mittelalter oft magisch gedacht. So sollte die Pflanze, als Armband oder um den Hals getragen, vor Schadenszauber schützen.
- Das Spektrum der traditionellen Anwendungen reichte von Epilepsie bis zu Lungenentzündung, von Keuchhusten bis zu Vergiftungen, von Wassereinlagerungen im Körper über rheumatische Beschwerden bis hin zu Erkrankungen, die wir heute als psychosomatisch bezeichnen. Betonie fungierte als Allheilmittel und wurde oft gerade dann eingesetzt, wenn andere Mittel versagten.
- Heute findet sich Betonie kaum noch in der Medizin. Untersuchungen der Inhaltsstoffe zeigen jedoch, dass viele der Pflanze zugeschriebenen Heileffekte plausibel sind: Gerbstoffe fördern die Verdauung und wirken gegen Entzündungen; Bitterstoffe regen die Magen-Darm-Tätigkeit an; Saponine wehren Bakterien und Pilze ab, lösen Husten, treiben den Harn und fördern die Produktion bestimmter Hormone; Flavonoide entfalten zahlreiche positive Wirkungen für die Gesundheit.
- Betonie wurde dem Bier zugesetzt, und dieses galt als Getränk und Medizin zugleich. Die getrockneten und pulverisierten Blätter im Schnupftabak galten als Arznei gegen Kopfschmerzen.
- Echte Betonie hat ökologischen Wert als eine erstklassige Nahrungsquelle für Hummeln, Bienen und Schmetterlinge. Der Heilziest-Dickkopffalter ist sogar auf sie angewiesen.
Inhaltsstoffe
Betonie enthält Bitterstoffe, Gerbstoffe, Glykoside, Saponine, dazu ätherische Öle wie Cholin, Turicin und Betonicin, an Phenylpropanderivaten unter anderem Kaffeesäure, Rosmarin- und Cholorogensäure.
Medizinische Wirkungen
Michael Verhoevon schrieb 2011 in seiner Doktorarbeit an der Fakultät für Pharmazie und Chemie der Universität Würzburg: „Anerkannt ist Betonie als Mittel gegen Erkrankungen der Atemwege, gegen Magen-Darm-Beschwerden, Harn-, Blasen- und Nierenprobleme und als Schmerzmittel.“ Eine rumänische Studie kam 2018 zu dem Ergebnis: Überlieferte Anwendungen sind plausibel, da Inhaltsstoffe Entzündungen hemmen.
So galt Betonie als Mittel gegen Entzündungen des Zahnfleisches und der Zahnwurzeln, äußerlich aufgetragen zur Wundbehandlung und innerlich als Arznei gegen entzündliche Atemwegserkrankungen. Die Gerbstoffe wirken stark adstringierend, sie ziehen also Gefäße zusammen. Dadurch stillen sie Blutungen und helfen, offene Wunden zu schließen. Die Gerbstoffe lösen zudem Schleim und helfen so beim Abhusten.
Eine Übersichtsarbeit des Department of Pharmacognosy and Chemistry of Natural Products der Universität Athen hält folgendes für belegt: Das Kraut als Tee eignet sich als Medizin gegen Durchfall, Darmentzündung, Entzündungen in Mund und Rachen. Der bittere Wurzelstock lässt sich als Brechmittel einsetzen, wenn sich jemand „den Magen verdorben“ hat.
Volksmedizin und Medizingeschichte
Hildegard von Bingen (1078-1179) riet liebeskranken Frauen: „.Ein Blatt stecke sie in jedes ihrer Nasenlöcher, ein Blatt lege sie unter ihre Zunge und in jeder Hand halte sie ein Blatt und unter jeden Fuß lege sie ein Blatt und sie schaue auch mit ihren Augen das Betonienkraut kräftig an. Und dies tue sie so lange, bis diese Blätter in ihrem Körper warm werden“ und sie vom Wahnsinn jener Liebe gelöst sei.“
Umschläge mit frischen zerstampften Blättern der Betonie sollten gegen Hautgeschwüre wie Krampfadern helfen und die Wundheilung beschleunigen. Getrocknete Betonienblätter zu rauchen, diente dazu, vom Tabak loszukommen. Innerlich wurde (und wird) Betonie als Tee, Pulver oder Extrakt konsumiert.
Indikationen waren in der Volksheilkunde zahlreich: Betonientee sollte gegen verschleimte Lungen helfen, gegen Sodbrennen, Asthma, Nierenleiden, Blasenerkrankungen, gegen Durchfall, Ohrenschmerzen, Wasseransammlungen im Körper, gegen Gicht, Keuchhusten, Gelbsucht, gegen rheumatische Erkrankungen und gegen Epilepsie.
Auf verstauchte Gelenke wurden zerriebene Blätter des Ziests aufgetragen. Bei Vergiftungen wurde der frische Wurzelstock gegessen. Manche dieser Anwendungen sind weder wissenschaftlich belegt noch plausibel – so gegen Epilepsie.
Gelbsucht (Ikterus), also ein gelbliches Verfärben der Haut, ist keine spezifische Erkrankung, sondern ein Symptom verschiedener Krankheiten. Ein Ikterus zeigt einen Überschuss an Gallenflüssigkeit im Körper. Der Gallenfarbstoff Billirubin sorgt für die gelbe Färbung.
Ursachen können Erkrankungen der Leber sein – von einer Leberentzündung bis zur Leberzirrhose; Erkrankungen der Galle wie Gallensteine, Gallenverschluss oder eine perforierte Gallenblase; Bauchspeicheldrüsenentzündung, Bauchspeicheldrüsenkrebs oder immunbedingte Blutkrankheiten.
Da Gerbstoffe Entzündungen lindern, gegen bestimmte pathogene Mikroben wirken und Gefäße zusammenziehen, helfen sie möglicherweise, wenn eine Entzündung der Gallenblase Ursache der „Gelbsucht“ ist. Da Betonientee den Harnfluss fördert, ist auch eine Wirkung plausibel gegen bestimmte Erkrankungen der Harnwege, der Nieren und der Blase.
Betonie wird meistens als Tee aus den Blättern eingesetzt. Dazu brühen Sie fünf Gramm der Blätter mit 200 Milliliter heißem Wasser auf und lassen alles rund 15 Minuten ziehen. Damit sich die ätherischen Stoffe (und deren Heileffekte) nicht verflüchtigen, sollten Sie zum Ziehen ein geschlossenes Gefäß verwenden.
Sie können die Blätter auch in Milch kochen. Dann binden sich die flüchtigen Wirkstoffe an die Fette. Heilziest-Tee war als Mittel gegen verschleimte Atemwege weit verbreitet. Wissenschaftler:innen der University Lancashire im United Kingdom erörterten 2011 in einem Review: Betonie ist in der britischen Pflanzenheilkunde weit verbreitet, primär als Mittel gegen Kopfschmerzen.
Solche Wirkungen ließen sich, den Forscher:innen zufolge, nicht von Tanninen in der Pflanze ableiten, außer bei Kopfschmerzen, die ihre Ursache in einer Nasennebenhöhlenentzündung oder einer Erkältung hätten. Zudem gäbe es nicht einmal Belege dafür, dass Tannine in der Pflanze enthalten seien. Wichtiger für eine angenommene Wirkung gegen Kopfschmerzen seien vermutlich die in der Betonie enthaltenen Flavonoide.
Mit Rosenöl vermischter ausgepresster Saft aus dem Heilziest galt als Arznei gegen Ohrenschmerzen. Er wurde auch auf Entzündungen im Mundraum geträufelt oder direkt über diesen Entzündungen ausgepresst. Bei einer Rachenentzündung wird auch der Tee gegurgelt.
Botanik
Echte Betonie wächst bis zu 60 Zentimeter hoch, am Grund bilden sich lang gezogene Blätter in Herzform – runzlig und gekerbt. Der vierkantige Stängel hat nur wenige Blätter, diese sind klein mit kurzem Stiel. In einer Scheinähre wachsen vom Frühsommer bis Frühherbst kleine Blüten in hellrosa bis dunkelpurpur.
Betonie pflanzen
Sie können Betoniensamen sammeln, wenn die Einzelfrüchte sich braun färben. Dann fallen die Samen heraus, wenn sie gegen die Pflanze klopfen. Jetzt schneiden Sie Samenstände ab, trocknen diese in offenen Schalen bei guter Durchlüftung aus und bewahren sie in Papiertüten. Sie säen den Kaltkeimer im Herbst / Winter in Schalen im Freien.
Wenn Sie Betonie im Sommer einsäen möchten, dann stellen Sie das Gefäß mit den Samen mindestens sechs Wochen in einen Kühlschrank und setzen die Keime an eine Stelle mit Vollsonne oder Halbschatten, an der die Versorgung mit Wasser gewährleistet ist. Betonie ist winterhart, mehrjährig und ein zäher Brocken, der draußen gut gedeiht.
Betonie ökologisch betrachtet
Betonie ist ein Lippenblütler, der Nektar produziert und vor allem durch Hummeln, aber auch durch Bienen, Schwebfliegen und Schmetterlinge bestäubt wird. Die Samen verbreiten sich mit dem Wind und auch mit Tieren. Betonie wuchs historisch besonders auf Streuwiesen mit einem Wechsel von Wärme und Feuchtigkeit.
Diese waren in der kleinteiligen Landwirtschaft häufig, sind aber heute selten geworden. Zudem verträgt die Betonie keine Stickstoffanreicherung in der Luft und im Boden. Der Stickstoffgehalt ist durch Mineraldünger, Gülle und Autoabgase für Betonien in weiten Teilen Deutschlands zu hoch. Angewiesen auf die Betonie ist der Heilziest-Dickkopffalter. Er findet sich in Deutschland nur an drei Stellen in Bayern und Baden-Württemberg. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Gabriele Paun, Elena Neagu, Verena Moreanu et al.: Anti-inflammatory and antioxidant activities of the Impatiens noli-tangere and Stachys officinalis polyphenolic-rich extracts; in: Revista Brasileira de Farmacognosia, Volume 28, Issue 1, Seiten 57-64, 2018, (Abruf 16.12.2021), sciencedirect
- Graeme Tobyn, Alison Denham, Margaret Whitelegg et al.: Stachys officinalis, wood betony; in: Medical Herbs, Volume 2011, Seiten 307-316, 2011, (Abruf 16.12.2021), sciencedirect
- Ekaterina-Michaela Tomou, Christina Barda, Helen Skaltsa: Genus Stachys: A Review of Traditional Uses, Phytochemistry and Bioactivity; in: Medicines (Basel), Volume 7, Issue 10, Seite 63, 2020, (Abruf 16.12.2021), mdpi
- Michael Verhoeven: Stachys officinalis - Eine große Arzneipflanze der traditionellen europäischen Medizin. Ihr historischer Stellenwert und ihre aktuelle Bewertung. Dissertation an der Julius-Maximilians Universität Würzburg, S. 191 Würzburg, 2011, (Abruf 16.12.2021), uni-wuerzburg
Wichtiger Hinweis:
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