Bisameibisch, die Ambramalve, ist ein tropisches Malvengewächs aus dem Südosten Asiens. Das ätherische Öl der Samen ist begehrt für Parfüme, die gesamte Pflanze enthält bioaktive Stoffe. Die Ambramalve ist reich an Wirkstoffen, die sogar gegen Gifte von Kobras wirken.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Abelmoschus moschatus
- Volksnamen: Bisamkorn (Samen), Ambramalve, Ambrette, Gombo
- Familie: Malvaceae (Malvengewächse)
- Verwendete Pflanzenteile: Samen (Bisamkörner, Moschuskörner), Blüten, Blätter, Sprossen und Schoten
- Verbreitung: Tropisches Asien, China, Malaysia, Indonesien, Philippinen, Papua-Neuguinea, Australien
- Anwendungsgebiete:
- Traditionell gegen Schlangenbisse sowie als Schleim- und Hustenlöser
- In der Volksmedizin als Krampflöser bei Beschwerden im Magen-Darm-Trakt, gegen Appetitlosigkeit und Kopfschmerzen
Bisameibisch – Eine Übersicht
- Die Ambramalve und ihre Verwandten sind Tropenpflanzen und brauchen dauerhaft feucht-warme Luft, um zu gedeihen.
- Abelmoschus ist eine traditionelle Heilpflanze in seinen Herkunftsländern, dient als Schleim- und Hustenlöser, um den Appetit anzuregen und als Mittel gegen Krämpfe im Magen-Darm-Bereich.
- In Indien und Amerika gilt sie als Gegengift bei Schlangenbissen.
- Das Moschussamenöl soll entspannen, nervöse Anspannung lindern und bei depressiven Zuständen die Stimmung aufhellen.
- Die Samen und das Räucherwerk sind ein traditionelles Aphrodisiakum. Das Aroma und der Duft sind moschusartig süß und gelten als „animalisch“, „warm“ und erotisierend.
Inhaltsstoffe
Alle Teile des Bisameibisch sind nutzbar und enthalten bioaktive Wirkstoffe. Die gesamte Pflanze bietet Ambrettol und Pineol. Die Samen (Semen Abelmoschi), auch als Ambrette-, Moschus- oder Bisamkörner bekannt, beinhalten ätherisches Öl, das Moschuskernöl (Abelmoschi seminis). Außerdem verfügen sie über Schleimstoffe, Harze und fette Öle.
Das ätherische Öl enthält Ambrettolid, Farnesol und Fettsäuren, wobei das Ambrettolid den Moschusgeruch ausdünstet, der Bisameibisch interessant für die Kosmetikindustrie macht. Das Öl besteht außerdem aus Myricetin-3-Glucosid, Cyanidin-3-glucosid, ß-Sitosterol, Farnesyl-Acetat, Hexadecan- und Octadecan-Verbindungen, Dodecyl-Acetat und Decyl-Acetat.
Moschussamen
Die Samen enthalten vier Formen von Ethanon, Alpha-Cephalin, Farnesol, Lacton, Furfural, Oxacyclonnonadec-10-en-2-one, 5-Tetradecenyl-Acetat, 5-Tetradecen-14-Olid, (Z)-5-Tetradecen-14-Olid und Malvalsäure.
Hinzu kommen, (Z)-5-Tetradecenyl-Acetat, Ergosterol, 2-trans-6-trans-Farnesol, Decyl Alkohol sowie Decyl-Acetat. Weiterhin findet sich in den Samen trans-trans-Farnesyl-Acetat, Campesterol, 12,13-Epoxy-Säure, (Z)-5-Dodecenyl-Acetat, Stigmasterol, Sterculiasäure und Myristinsäure.
Blätter, Blüten und Blütenblätter
Die Blätter, Blüten und Blütenblätter bieten ß-Sitosterol, Myricetin, Myricetin-3‘-Glucosid, Quercetin-3-Glucosid, Quercetin, Kaempferol-3-O-Glucosid, Kaempferol, Cyanidin-3-Sambubiosid sowie Cyanidin-3-Glucosid.
Moschusgeruch
Der ölig-gelbe Moschussamenextrakt riecht süß-würzig nach Moschus und löst sich gut in Pflanzenölen, ätherischen Ölen und Alkohol, nicht aber in Wasser. Er besteht zu 73 bis 77 Prozent aus fettem Öl, das vor allem Palmitin-, Linol-, Öl- und Stearinsäure enthält, der Rest ist das ätherische Moschussamenöl (auch Bisamkörneröl oder Moschuskörneröl genannt).
Moschussamenöl – Medizinische Wirkungen
Dem Moschussamenöl werden folgende Eigenschaften zugeschrieben:
- aphrodisierend,
- beruhigend,
- entkrampfend,
- aufheiternd,
- sinnlich
- und wärmend.
Ätherisches Moschussamenöl hat zudem eine stärkende Wirkung bei körperlicher Erschöpfung, es wirkt spasmolytisch und gegen allgemeine Verdauungsstörungen wie übermäßige Ansammlung von Gasen. Es lindert den Schmerz bei Muskelkrämpfen.
Ölbad und Massageöl
Ätherisches Bisamkörneröl wird als Ölbad, in Duftlampen und als Massageöl eingesetzt. Gegen Muskelkrämpfe, -verspannungen und Muskelkater hilft es, die betroffenen Stellen mit dem Öl einzureiben. Massagen und Ölbäder sollen bei depressiven Zuständen die Stimmung aufhellen. Das Öl dient auch dazu, Insekten fernzuhalten, wenn es auf die Haut gerieben oder in Duftöllampen verdampft wird.
Reines ätherisches Moschussamenöl ist sehr teuer und harmoniert mit den Düften von
- Jasmin,
- Muskatellersalbei,
- Patchouli,
- Rose,
- Sandelholz,
- Zypresse
- und Ylang-Ylang.
Bisameibisch in der Volksmedizin
In der Volksmedizin der Herkunftsländer werden die Samen gekaut,
- um sich zu stärken,
- den Appetit anzuregen,
- die Verdauung zu fördern,
- Magen-Darm-Erkrankungen zu lindern
- und Kopfschmerzen zu mildern.
Moschuskörner
Vorranging in den Tropen kommen die getrockneten Samen von Abelmoschus moschatus als Moschuskörner auf den Markt, in Form von Korn oder Pulver.
Schwangere und Säuglinge
Schwangere, Kleinkinder und Säuglinge sollten innerlich kein Moschussamenöl sowie keinen Moschussamenextrakt anwenden. Äußere Anwendungen des Öls und Extrakts bei Säuglingen sollten sich auf niedrige Konzentrationen beschränken (0,5 Prozent beim Extrakt).
Bisameibisch gegen Schlangenbisse
In Südamerika und Indien ist Bisameibisch als Gegengift bei Schlangenbissen verbreitet. Tatsächlich zeigten Studien, dass die Inhaltsstoffe Stigmasterol und ß-Sitosterol die Wirkung der Myotoxine der Schauerklapperschlange (Crotalus durissus) reduziert. Auch das Enzym Defibrase beziehungsweise Reptilase des Vipergifts und die durch Kobragift ausgelöste PLA2-Aktivität wird gehemmt.
Schlangengifte sind sehr komplex und äußerst verschieden, und Bisameibisch wirkt, rezenten Studien zufolge, zumindest gegen drei unterschiedliche toxische Effekte.
Klapperschlangen
Klapperschlangen verfügen über Myotoxin, ein Gift, das Muskeln lähmt und zerstört. Im Gift der Klapperschlange findet man verschiedene homologe Peptide, die diese schädliche Wirkung aufweisen. In den 1950er Jahren identifizierte der Brasilianer José Moura Goncales das erste Myotoxin – Crotamin – aus dem Gift der Schauer-Klapperschlange (Crotalus durissus). Bei Beutetieren lähmt das Myotoxin die Muskeln und verhindert so die Flucht. Der Tod erfolgt durch Lähmung der Bauchatmung und lokales Absterben des Muskelgewebes.
Lanzenotter
Die in der Ambramalve enthaltenen Stoffe Myricetin und Quercetin zeigten antihämorrhagisches Potenzial gegen das Gift der Jararaca-Lanzenotter (Bothrops jararaca), eine Art der Vipern (Grubenottern) aus Brasilien, Paraguay und Argentinien.
Kobras
Die Samen und Blätter dienen in Indien und Bangladesch als Mittel gegen diverse Schlangenbisse, besonders gegen die der Monokelkobra (Naja kaouthia) und der Brillenschlange (Naja naja). Die indigenen Stämme Bhil, Meena und Sahariya in Rajasthan nutzen eine Paste aus den Moschuskörnern mit Milch als Serum gegen Kobrabisse. Auch in Sri Lanka wird Abelmoschus gegen Schlangenbisse eingesetzt.
Die Blätter werden zerstoßen, oral eingenommen und außerdem auf die Körperregion rings um den Biss gepresst. Danach wird ein tiefer Schnitt an der Stelle gesetzt, damit das vergiftete Blut herausfließt.
Die Monokelkobra kommt weit verbreitet von Nordindien, Bangladesch und Südwestchina bis in den Norden Malaysias vor. Ursprünglich ein Bewohner des Tropenwaldes, ist sie als Kulturfolger häufig in menschlichen Häusern anzutreffen. Die Brillenschlange als „klassische“ Kobra sucht die Nähe des Menschen und jagt auf Reisfeldern und in Gebäuden Ratten und andere Kleinsäuger. Durch das Washingtoner Artenschutzabkommen steht sie allerdings unter weltweitem Schutz.
Kobragift ist ein Nervengift. Das Polypeptid lähmt die Nerven der Muskeln, da es die Reizübertragung durch den Transmitterstoff Acetylcholin blockiert. Todesursache ist häufig eine Lähmung des Atemzentrums, zudem zerstört Kobragift die roten Blutkörperchen und schränkt die Blutgerinnung ein.
Das Gift der Monokelkobra enthält sieben Typen von Cytotoxinen, sieben Phospholipasen und elf Typen von Neurotoxinen. Zusammen verursachen diese Gifte ein ganzes Spektrum pathologischer Symptome von Nervenvergiftung über Herz- und Nierenvergiftung bis zu Blutungen (verbunden mit Aufhebung der Blutgerinnung) und der Zerstörung von Zellgewebe (Zytotoxizität).
In der traditionellen Medizin in Indien und Bangladesch, vor allem bei indigenen Kulturen, ist Abelmoschus moschatus eine der Heilpflanzen, die die Einheimischen gegen Vergiftungen durch Kobras einsetzen.
Antitoxisch oder Schmerzmittel?
Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Bisameibisch die letalen Effekte des Giftes selbst verhindern kann – Forschungen dazu stehen aus. ß-Sitosterol und Quercetin gelten als Substanzen, die antitoxische Wirkungen haben könnten. Zumindest lindert ß-Sitosterol Schmerzen und wirkt antientzündlich, und allein das spricht für den Einsatz von Ambramalve gegen Kobragift, da immense Schmerzen und Wundentzündungen zu den Auswirkungen eines solchen Schlangenbisses gehören.
Eine Chance für Tausende?
Das Hauptproblem bei Schlangenbissen ist der Mangel an schnell verfügbarem Gegengift vor Ort. Tausende von Menschen sterben in Südasien und Südamerika jährlich an Schlangenbissen und am stärksten betroffen ist die ländlische Bevölkerung, die bespielsweise Reis anbaut und Holz sammelt. Hier ist ärztliche Hilfe mit verfügbarem Serum meist zu weit entfernt sind, um den Tod zu verhindern.
Abelmoschus wird von verschiedenen Kulturen unabhängig voneinander als Antidot bei Schlangenbissen eingesetzt, was darauf hindeutet, dass Wirkstoffe in der Ambramalve auf noch nicht erforschte Weise bestimmte Auswirkungen des toxischen Cocktails von Giftschlangen begrenzen können. Weitergehende Forschung für potenzielle Gegengifte auf der Basis von Abelmoschus>/em> ist sehr wichtig, da solche Wirkstoffe viele Leben retten könnten.
Moschusaroma in der Küche
In der arabischen Küche dienen die Samen der Moschusmalve dazu, Kaffee zu würzen. Anderweitig dienen sie als Aromastoffe für Magenbitter. Der Extrakt und das Öl riechen und schmecken zu intensiv und sind auch zu teuer, um sie direkt in Speisen zu verwenden. Dafür aromatisieren sie alkoholische Getränke wie Liköre und Schnupf- sowie Kautabak. Die Samenkörner der Moschusmalve sind in der Küche generell ein Geschmacksverstärker. In den Herkunftsländern stellen die Blätter, Sprossen und Schoten ein beliebtes Gemüse dar.
Moschusduft in der Kosmetik
In der Parfümindustrie wird der Bisameibisch als „falscher Moschus“ eingesetzt. Die fetthaltigen Samen sind eine Basis für Cremes und Badeöle, der Geruch gilt als moschusartig und ebenso leicht wie süßlich, dazu „orientalisch“.
Aphrodisiakum gegen Mundgeruch
Ambramalve gilt in vielen Ländern als Aphrodisiakum und sexuelles Stimulans. Ägypter kauen die Samen, um zugleich den Magen zu beruhigen und für einen guten Atem zu sorgen. Aphrodisierende Wirkungen sind medizinisch nicht belegt.
Abelmoschus anbauen
Der Bisameibisch braucht ein feuchtwarmes Klima und ist für den Freilandanbau in Deutschland nicht geeignet. Bei Zimmertemperaturen lässt er sich als einjährige Pflanze aber gut ziehen. Abelmoschus mag einen nährstoffreichen Boden mit viel Sonneneinstrahlung. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Blaschek, W. (Hrsg.) et al.: HagerROM 2004. Hagers Handbuch der Drogen und Arzneistoffe.: Einzelplatzversion/Windows/Up-Date (Deutsch) CD-ROM, Dezember 2004
- Jahan, Rownak; Jannat, Khoshnur et al.: A Review of Two Plants Used Traditionally in Bangladesh for Treatment of Snake Bites, in: Journal of Pharmacology & Clinical Toxicology, 6(3): 1113, 2018, JSciMed Central
- Pawar, Anil T., Vyawahare, Neeraj S.: Phytopharmacology of Abelmoschus moschatus Medik.: A review, in: International Journal of Green Pharmacy, 11/04, 2017, IJGP
- Lans, Cheryl: Ethnomedicines used in Trinidad and Tobago for reproductive problems, in: Journal of Ethnobiology and Ethnomedicine, 3:13, 2007, PubMed
- Ushakumari, J., Ramana, V.V., Reddy, K.J.: Ethnomedicinal plants used for wounds and snake-bites by tribals of Kinnerasani Region, AP. India, in: Journal of Pharmacognosy, 3/2: 79-81, 2012, Bioinfo Publications
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