Bischofskraut (Ammi visnaga) ist eine kaum bekannte Heilpflanze. Es enthält bioaktive Stoffe wie Gerbstoffe, Sterole, Saponine und Cumarine und wird traditionell eingesetzt, um Krämpfe zu lösen und den Herzmuskel zu stärken.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Ammi visnaga
- Volksnamen: Zahnstocher-Knorpelmöhre, Zahnstocher-Ammei, Ammei, Khella, Khellakraut
- Familie: Doldenblütler (Apiaceae)
- Verwendete Pflanzenteile: Kraut, Früchte
- Verbreitung: Mittelmeerraum, Nordafrika, Westasien, Kaukasus. In Frankreich, den Azoren und Kanaren vermutlich angesiedelt. Neophyt in Mittel- und Südamerika, der Karibik, Indien, Korea, Ost- und Mitteleuropa.
- Inhaltsstoffe: Phytoproteine, fettes Öl, Phytosterole, Glycoside, Gerbstoffe, Saponine, Flavonoide, Furanochromone, Pyranocumarine
- Anwendungsgebiete: Durchblutungsstörungen am Herz, Herzschwäche, Angina pectoris, Venenschwäche, Nieren-, Darm- und Gallenkoliken, Bronchitis, Asthma, Entzündungen, Durchfall. Bischofskraut sollte nur nach ärztlicher Rücksprache eingenommen werden.
Bischofskraut – Ein Überblick
- Volksnamen wie Zahnstocherkraut rühren daher, dass die Pflanze im Orient als Zahnstocher verwendet wird, wozu auch ihr würziges Aroma beiträgt.
- „Ammi“ stammt vom griechischen Wort für Sand und bezieht sich auf das sandige Habitat des Krautes.
- Ammi visnaga enthält Cumarin-Derivate und teilt diese Eigenschaft mit verwandten Doldenblütlern wie Dill und Kümmel, aber auch mit Waldmeister und Zimt. Diese schmecken ebenso würzig wie bitter und haben ebenso medizinische wie leicht toxische Wirkungen – abhängig von Menge und Zweck.
- Die Früchte des Bischofskrauts bieten pharmakologisch wirksame Stoffe wie Khellin, Flavonoide und Pyranocumarine wie Visnadin. Die Früchte riechen nicht und schmecken leicht bitter.
- Khellin wirkt phototoxisch, Sie sollten im Sommer deshalb keine größeren Mengen der Früchte verzehren, um keinen Sonnenbrand zu bekommen.
Bischofskraut – Inhaltsstoffe
Bischofskraut enthält Phytoproteine und fettes Öl, außerdem Sterole, Glycoside, Gerbstoffe und Saponine. Saponine sind sekundäre Pflanzenstoffe, die im Wasser Schaum bilden.
Es handelt sich bei Saponinen um Zuckerstoffe der Steroide, Triterpene und Steroidalkoloide. Saponine beziehungsweise Pflanzen, die diese enthalten, dienen als Mittel gegen Husten, da sie zähen Schleim verflüssigen und beim Abhusten helfen.
Phytosterole ähneln chemisch Cholesterin und mindern im Darm die Aufnahme von Cholesterin ins Blut. Da der Körper jetzt eigene Reserven nutzen muss, sinkt der Cholesterinspiegel. Sterole beugen vermutlich Tumoren im Dickdarm vor.
Gerbstoffe verdichten Gewebe oberflächlich und legen sich so als Schutzschicht unter anderem auf Schleimhäute. Sie ziehen Gewebe zusammen und trocknen es aus.
Damit entziehen sie Erregern, die auf Haut und Schleimhaut siedeln, die Nahrungsgrundlage. Zusätzlich erschwert die Schutzschicht es pathogenen Mikroben, in das Gewebe einzudringen.
So wird weniger Wundsekret ausgeschüttet und Schmerz gelindert. Auch leichte Blutungen in den Gefäßen stoppen und Entzündungen werden gebremst.
Gerbstoffe eignen sich, um Entzündungen im Magen-Darm-Trakt zu lindern, um Durchfall zu verfestigen, Blutungen zu stillen, kleinere Entzündungen in Mund und Rachen zu behandeln und die Wundheilung zu beschleunigen. Außerdem gegen leichte Verbrennungen und Frostschäden.
Furanochromone und Pyranocumarine
Außer den in vielen Pflanzen vorhandenen Saponinen, Sterolen und Gerbstoffen liefert Bischofskraut als Hauptwirkstoffe seltene Furanochromone (y-Pyrone). Darunter Khellin, Visnagin und Khellol, des weiteren Pyranocumarine wie Visnadin und Samidin.
Cumarin, die Grundstruktur der Pyranocumarine, ist Basis von mehreren tausend pflanzlichen Derivaten. Solche Cumarinderivate haben nicht nur eine vielfältige biologische Wirkung, sondern diese ist bei den einzelnen Substanzen auch noch unterschiedlich.
Zu den medizinischen Effekten gehören solche gegen Thrombosen, Viren, Tumore, Entzündungen, Herz- und Lebererkrankungen. Etabliert sind Cumarine / Cumarinderivate, um chronische Venenschwäche zu behandeln, geprüft wird ihr Einsatz gegen Prostata- und Nierentumore.
Die wichtigsten Y-Pyrone im Bischofskraut sind Khellin und Visnagin. Dazu kommen noch Khellinol, 4-Norvisnagin, Visamminol, Ammiol und Khellol, Pimolin, Khellinin, Khellinon, Visnaginon und andere.
Zu den Pyranocumarinen der Pflanze zählen Visnadin, Samidin und Dihydrosamidin. Furanocumarine sind nur in geringen Mengen vorhanden. Dazu zählen Xanthotoxin, Ammoidin, Bergapten und Psoralen.
Flavonoide
Bischofskraut liefert Flavonoide wie Quercetin, Kaempferol, Rhamnocitrin und Rhamnetin. Kaempferol ist ein pflanzliches Östrogen und wird auf eine mutmaßliche Wirkung gegen Krebserkrankungen untersucht.
Zudem werden Effekte auf die Osteoporose nach der Menopause erforscht. Kaempferol soll gegen Mikroben und Entzündungen wirken, Herz und Nerven stärken sowie Angststörungen ausgleichen.
Eindeutig belegt sind diese Wirkungen bislang nicht. Quercetin ist ein effektives Antioxidans, schützt also die Zellen vor freien Radikalen, die oxidativen Stress auslösen und die Zellen schädigen.
Khellin gegen Vitiligo
Khellin im Bischofskraut entspannt glatte Muskeln und wirkt erschlaffend: In den Bronchien, in Magen und Darm, in den Gallen- und Harnwegen. Es wird eingesetzt gegen Asthma bronchiale, Nieren-, Gallen- wie Darmkoliken und gegen Angina pectoris.
Vitiligo, auf deutsch als Weißfleckenkrankheit bekannt (oder als Scheckhaut), ist eine chronische Erkrankung der Haut, an der global rund 0,5 Prozent bis zwei Prozent der Menschen leiden. Der Name verweist darauf, dass weiße Flecken ohne Pigmentierung entstehen.
Meist beginnt die Krankheit im Gesicht, an Händen und Füßen. Der Pigmentverlust ist das einzige Symptom.
Doch Komorbiditäten sind häufig: Dazu gehören Schilddrüsenstörungen, Autoimmunkrankheiten, Diabetes oder Rheuma. Auch deshalb raten Ärzte und Ärztinnen, eine Scheckhaut schnell zu behandeln.
Psoralen, die Kernsubstanz der linearen Furanocumarine wie Bergapten und Xanthotoxin, wirkt photosensibel. Das heißt, es macht die Haut empfindlich für Sonnenlicht und UV-Strahlung.
Wir sollten es also unbedingt meiden, um keinen Sonnenbrand zu bekommen. Für eine Chemotherapie gegen Vitiligo ist es hingegen gerade aus diesem Grund hilfreich.
Cumarine stimulieren die Melanozyten, die dunklen Pigmentzellen. Psoralen zusammen mit langwelligem UV-Licht ist eine etablierte Methode, Vitiligo zu behandeln.
Ebenso können damit Schuppenflechte (Psoriasis), Mastozytose und Lichen ruber planus therapiert werden. Therapien mit lichtsensibilisierenden Stoffen wie Khellin, Bergapen und Xanthotoxin können gezielt auf den von der Scheckhaut betroffenen Körperflächen eingesetzt werden, wie eine Studie von 2011 bestätigt.
Pyranocumarine (Visnadin)
Das Pyanocumarin Visnadin im Bischofskraut stärkt die Durchblutung des Herzmuskels und erweitert die Herzkranzgefäße. Zudem wirkt es als Krampflöser.
Deshalb wird Bischofskraut traditionell gegen Angina pectoris und Koliken eingesetzt. Präparate aus Bischofskraut wurden in der Vergangenheit vorbeugend genutzt gegen spastische Bronchitis, Asthma und Herzschwäche, wie eine wissenschaftliche Abhandlung aus dem Jahr 1999 belegt.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen von Bischofskraut
Mögliche Nebenwirkungen des Konsums der Früchte des Bischofskrauts sind:
- Übelkeit,
- Schwindel,
- Benommenheit,
- Magen-Darm-Beschwerden,
- Erregungen,
- Schlaflosigkeit,
- pseudoallergische Reaktionen.
Wegen dieser Risiken führt die Kommission E (die Sachverständigenkommission für pflanzliche Arzneimittel des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM) Bischofskraut heute nicht mehr als pflanzliche Arznei. Es sollte nicht auf eigene Faust, sondern nur nach ärztlicher Rücksprache eingenommen werden.
Bei hellhäutigen Menschen machen die Furanochromone die Haut sehr sensibel für UV-Strahlen. Dies lässt sich bei der Weißfleckenkrankheit therapeutisch nutzen.
Allerdings führt es auch dazu, dass die Betroffenen schnell einen ernsten Sonnenbrand erleiden. Wenn Sie Bischofskraut einnehmen, sollten Sie deshalb den Aufenthalt in der Sonne ebenso vermeiden wie Solarien.
Bischofskraut in der Volksheilkunde
Die Volksheilkunde verwendet die Früchte des Bischofskrauts bei Koliken in Magen, Darm und Galle, um Krämpfe zu lösen und für die Herzdurchblutung. Am wichtigsten ist Bischofskraut aber, wie der Name „Zahnstocher-Ammei“ sagt, für die Mundreinigung.
Mit dem Zerkauen und Zerbeißen der Früchte lassen sich sowohl Ablagerungen an den Zähnen wie übler Mundgeruch beseitigen. Der Verzehr der Früchte dient traditionell dazu, abzuführen, die Menstruation zu regulieren und die Harnwege durchzuspülen.
Dafür dienen Tees aus den getrockneten Früchten. Wenn Sie selbst einen solchen Tee nutzen, tun Sie dies bitte nur nach ärztlicher Rücksprache und achten Sie darauf, dass die Tagesdosis ein Gramm der Trockenfrüchte nicht überschreitet. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.