Boldo ist ein hierzulande eher unbekannter Strauch aus Trockenregionen des westlichen Südamerikas. Die Volksmedizin in Peru, Chile, Argentinien und Brasilien nutzt die Blätter als Heilkraut gegen Magen-Darm-Beschwerden. Eine Vielfalt medizinisch wertvoller Inhaltsstoffe machen derlei Anwendungen plausibel.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Peumus boldus
- Volksnamen: Boldi, Boldu, Boldus
- Familie: Monimiengewächse (Monimiaceae)
- Verbreitung: Chile bis Peru, im Mittelmeerraum verwildert
- Verwendete Pflanzenteile: Blätter
- Inhaltsstoffe: Alkaloide (besonders Boldin und andere Aporphine), Cineol, Ascaridol, p-Cymol, Cumarin, Iochinoline, Linalool
- Anwendungsgebiete: Magen-Darm-Beschwerden, Krämpfe, Leber- und Gallenbeschwerden
Boldo – Eine Übersicht
- Boldo ist ein immergrüner Strauch aus den Trockengebieten Südamerikas.
- In seinen Herkunftsländern wird der Strauch seit Jahrhunderten als Heilpflanze eingesetzt.
- Boldoblätter werden bei Beschwerden in Magen und Darm eingesetzt, sowohl bei Verstopfung als auch bei Magenkrämpfen und Verdauungsproblemen.
- Extrakte aus Boldo zeigten starke antioxidative Wirkungen, die für die Krebsbehandlung wichtig sind.
- Boldo wird hierzulande entweder als Tee verkauft oder als feste Präparate, die oral eingenommen werden.
- In der traditionellen Medizin werden die Blätter gegessen, um Würmer abzutöten. Da aber das Abtöten der Würmer mit Vergiftungen einhergeht, ist dies nicht ratsam.
Inhaltsstoffe
Boldo enthält, laut einer Studie chilenischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von 2019, Boldin und andere Aporphine, Cineol, Ascaridol, p-Cymol, Cumarin, Iochinoline, Linalool. Zu den Flavonoidglykosiden zählen Boldosid, Fragosid und Peumosid.
Die Blätter enthalten Gerbstoffe und ätherische Öle wie Ascaridol und Cineol. Die wichtigsten sekundären Pflanzenstoffe sind Alkaloide in verschiedenen strukturellen Typen, wobei Boldin das wesentliche des Aporphin-Typs darstellt.
Weitere Aporphin-Alkaloide der Pflanze sind unter anderen Isoboldin, Isocorydin, Laurotetanin, und Laurolitsin. Andere Alkaloide, die nicht zu den Aporphinen zählen, sind unter anderen Pronuciferin und Sinoacutin.
Boldin ist zwar unter Bedecktsamigen Pflanzen (Magnoliopsida) weit verbreitet, doch selten in hoher Konzentration vorhanden. So ist Peumus boldus, laut eines wissenschaftlichen Beitrags desselben chilenischen Forschungsteams, nach wie vor die einzige Ressource, um diesen Stoff kommerziell zu gewinnen.
Medizinische Wirkungen
Der Gebrauch von Infusionen aus Boldoblättern in Chile und später in zahlreichen anderen Ländern führte bereits frühzeitig zu chemischen Analysen. Diese entdeckten Boldin in der Pflanze, und in der Folge wurden die pharmakologischen Eigenschaften des Stoffes untersucht.
Boldoblätter werden kommerziell geerntet. Das Boldin wird von spezialisierten Unternehmen extrahiert und verkauft.
Einhergehend mit dem traditionellen Gebrauch der Blätter als Hilfe gegen Verdauungsbeschwerden, belegten Studien, dass Boldin den Gallenfluss steigert. Spätere Studien zeigten starke antioxidative Wirkungen und deutliche Effekte gegen Entzündungen.
In jüngerer Zeit wurden dann weitere pharmakologische Prozesse entdeckt, von denen einige ein vielversprechendes Potenzial für den klinischen Einsatz haben. Bisherige Studien lassen vermuten, dass die pharmakologischen Wirkungen der Pflanze vor allem an den Alkaloiden liegen.
Belegte Effekte sind unter anderem das Beenden von Krämpfen im Darmtrakt, das Anregen der Gallenabsonderung und der Sekretion im Magen. Ascaridol wirkt antihelminthisch (gegen Würmer), aber auch toxisch. Das enthaltene Oxyacanthin senkt den Blutdruck.
Präparate aus Boldo lassen sich einsetzen:
- bei leichten krampfartigen Beschwerden in Galle, Magen und Darm,
- gegen Verstopfung,
- um die Produktion von Magensaft zu steigern,
- um die Bildung und Ausschüttung von Galle zu erhöhen,
- um die Leber zu schützen,
- um Darmentzündungen zu behandeln,
- um den Dünndarm zu entspannen.
Das längere Verbleiben der Nahrung in Magen und Dünndarm führt dazu, dass die Nahrung besser verwertet werden kann. Dies ist insbesondere für Menschen wichtig, deren Magen-Darm-Peristaltik aus Nervosität gesteigert ist.
Produkte aus Boldoblättern eignen sich sowohl gegen Verstopfung wie auch bei krampfartigen Magenschmerzen und Problemen bei der Verdauung. Boldo wirkt antioxidativ, enthaltene Stoffe neutralisieren also freie Radikale im Organismus und hemmen den „oxidativen Stress“, der entsteht, wenn Stoffe im Körper oxidieren.
Dieser „oxidative Stress“ wirkt indirekt mit bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, des Blutes und der Zellen. Er schädigt die Zellwände und kann so zu Zellveränderungen führen, die wiederum bestimmte Krebsformen auslösen.
Boldin ist in vielen pharmakologischen Studien untersucht, während manche der anderen Alkaloide in den Blättern in der Forschung bisher eher vernachlässigt wurden. Die vorhandenen Studien verweisen bei Krebsformen auf neoplastische Wirkungen.
Als neoplastisch werden Arzneimittel bezeichnet, die bösartigen Neubildungen von Zellwucherungen / Tumoren entgegenwirken. Solche neoplastischen Mittel werden bei einigen Krebsformen mit dem Ziel der Heilung eingesetzt. Dazu zählen vor allem akute Leukämie und Lymphome.
Bei anderen Krebsformen werden sie palliativ verabreicht. Hier ist die Heilung nicht mehr möglich: Es geht darum, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Ein wissenschaftlicher Review von 2013 erörtert: Die Effekte gegen Zellwucherungen sind vermutlich nicht oder nicht primär auf Boldin zurückzuführen. In einer Studie, die isoliertes Boldin mit einem Extrakt aus Boldoblättern verglich, erzielte das Boldin diese Wirkung nicht. In den Infusionen mit dem Extrakt, die Effekte erzeugten, fanden sich rund 40 verschiedene Stoffe.
Das ätherische Öl mit seinem hohen Anteil an giftigem Ascaridol wird in der wissenschaftlichen Medizin nicht als Mittel gegen Würmer im Körperinneren eingesetzt oder empfohlen: Der Schaden durch die Vergiftung übersteigt den Nutzen durch das Abtöten der Würmer. Jedoch besteht ein Interesse der Wissenschaft, das ätherische Öl als natürliches Insektizid, Herbizid und Fungizid zu nutzen.
Die Europäische Agentur für pflanzliche Arzneimittel (EMA) fasst zusammen: Aufgrund der langen traditionellen Anwendung werden Mittel auf der Basis von Boldoblättern gegen Dyspepsie und leichte Darmkrämpfe empfohlen. Dyspepsie ist ein Symptomenkomplex von Magenleiden, die unterschiedliche Ursachen haben.
Zu diesen Symptomen zählen Schmerzen, Völlegefühl, Sodbrennen und Übelkeit. Laut der EMA ist zwar die wissenschaftliche Evidenz aus klinischen Studien für Boldo unzureichend, die Effektivität dieser pflanzlichen Medizin sei aber plausibel, und die Sicherheit sei durch Langzeitgebrauch valide.
Medizinische Anwendungen
Boldoblätter werden im Herkunftsland Chile häufig als Heilkraut eingesetzt, und seit langem auch in anderen Ländern Südamerikas wie Peru, Argentinien und Brasilien. Die Blätter werden zu Tee gekocht, oder Auszüge aus den Blättern werden in pflanzlichen Arzneimitteln verarbeitet.
Hauptsächlich dienen diese Arzneien dazu, die Verdauung zu verbessern. Sie kommen darüber hinaus als mildes Betäubungsmittel zum Einsatz.
Warnhinweise
Sie sollten Boldoblätter auf keinen Fall pur und in größeren Mengen verzehren. Die Konzentration an Giftstoffen ist nicht niedrig. Verarbeitet in Präparaten und als Tee ist der Konsum hingegen vermutlich unbedenklich.
Bei einer Überdosierung können Erbrechen, Durchfall und Schwindel die Folge sein. Askaridol kann die Nerven schädigen. Die neurotoxischen Eigenschaften können unter anderem Halluzinationen auslösen.
Wer darf Boldo nicht nutzen?
Schwangere dürfen Boldo wegen der enthaltenen Alkaloide nicht einnehmen. Das gilt auch für Kinder.
Wenn Sie an einer Lebererkrankung leiden oder an einem Gallenwegsverschluss, dürfen Sie Boldo auf keinen Fall konsumieren! Es regt den Gallenfluss an und verstärkt so den Druck auf die Gallenwege.
Leiden Sie an Gallensteinen, die (noch) nicht die Gallenwege verschließen? Dann müssen Sie eine mögliche Einnahme von Boldo unbedingt mit Ihrem Arzt beziehungsweise Ihrer Ärztin abklären.
Boldo als Tee trinken
Boldo können Sie in der Regel hierzulande als abgepackten Tee kaufen. Dann halten Sie sich bitte an die Anweisungen auf der Packung.
Nutzen Sie getrocknete Blätter? Dann rechnen Sie rund zwei bis drei Gramm davon für 150 Milliliter kochendes Wasser.
Sie füllen die Blätter in einen Teefilter und übergießen sie mit dem aufgekochten Wasser. Dieses lassen Sie dann ungefähr 15 Minuten ziehen.
Sie können bis zu drei Tassen pro Tag trinken. Als Faustregel gilt, maximal 4,5 Gramm der getrockneten Blätter pro Tag zu sich zu nehmen.
Was kennzeichnet Boldo?
Kennzeichen der Droge sind ganze oder zerkleinerte Blätter des Boldostrauches. Diese sind eiförmig bis elliptisch und nicht länger als fünf Zentimeter.
Der Blattrand ist ganzrandig und leicht eingerollt und hat einen kurzen Blattstiel. Typisch ist eine raue Blattoberseite mit Höckern.
Die Blätter sind als Anpassung an Trockengebiete dicklich und lederartig. Ihre Farbe ist graugrün.
Als pflanzliches Arzneimittel sollten in der Droge nicht mehr als rund vier Prozent Zweigstückchen vorhanden sein. Der Geruch und Geschmack ist, bedingt durch die ätherischen Öle, würzig-aromatisch.
Boldo als Hausmittel?
Boldo auf eigene Faust in größeren Mengen als Hausmittel einzusetzen, ist nicht zu empfehlen. Wenn Sie die getrockneten Blätter als Tee nutzen, sollten Sie unbedingt darauf achten, eine Menge von rund vier bis 4,5 Gramm pro Tag nicht zu überschreiten.
Besser ist es allerdings, Fertigpräparate auf Boldobasis zu nutzen. Aus diesen wurde das Ascardiol entfernt. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bruce K. Cassels, Sebastián Castro-Saavedra, Gonzalo Fuentes-Barros: Boldine; in: A Centum of Valuable Plant Bioactives, Seiten 491-508, 2021, ScienceDirect
- Bruce K. Cassels, Gonzalo Fuentes-Barros, Sebastian Castro-Saavedra: Boldo, Its Secondary Metabolites and their Derivatives; in: Current Traditional Medicine, Volume 5, Issue 1, Seiten 31-65, 2019, BENTHAM SCIENCE
- European Medicines Agency: Boldo leaf; EMA, 2017, EMA
- Anna Hošťálková, Lubomír Opletal, Jiří Kuneš et al.: Alkaloids from Peumus boldus and their Acetylcholinesterase, Butyrylcholinesterase and Prolyl Oligopeptidase Inhibition Activity; in: Natural Product Communications, Volume 10, Issue 4, Seiten 577-589, 2015, SAGE journals
- Darina Muthna, Jana Cmielova, Pavel Tomsik et al.: Boldine and Related Aporphines: From Antioxidant to Antiproliferative Properties; in: Natural Product Communications, Volume 8, Issue 12, Seiten 1797-1800, 2013, SAGE journals
- Carmen Soto, Eduardo Caballero, Eduardo Pérez et al.: Effect of extraction conditions on total phenolic content and antioxidant capacity of pretreated wild Peumus boldus leaves from Chile; in: Food Bioprod Process, Volume 92, Seiten 328-333, 2014, ScienceDirect
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.