Diptam ist ein Rautengewächs, dessen Blüten nach Zitrone und Vanille duften. In der Vergangenheit wurden besonders die Wurzeln als Arznei eingesetzt. In isolierten Stoffen aus der Pflanze liegt auch heute noch ein großes pharmazeutisches Potenzial.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Dictamnus albus
- Volksnamen: Aschwurz, Spechtwurz, Pfefferkraut, Springwurzel, Brennender Busch, Feuerpflanze
- Familie: Rautengewächse (Rutaceae)
- Verbreitung: Weit verbreitet in Asien und Südosteuropa, außerdem in Nordafrika, in Mitteleuropa sporadisch in Wärmezonen
- Verwendete Pflanzenteile: Wurzel, Rinde, Blüten, Früchte
- Inhaltsstoffe: ätherisches Öl, Furanocumarine (Bergapten, Xanthotoxin, Psoralen), Furochinolinalkaloide, Thymolmethyläther, Pinen, Anethol, Estragol, Myrcen, Limonen, Cineal, Alkaloide (Skimmianin), Dictamin, Saponine (Seifenstoffe), Bitterstoffe, Flavonoide (Anthocyane) und Flavonglykoside, Cumarine
- Anwendungsgebiete: Diptam wurde genutzt, um Schleim zu lösen, Krämpfe zu entspannen, Hauterkrankungen zu behandeln, den Harn zu treiben, Wunden zu heilen und bakterielle Infektionen zu bekämpfen. Diptam wird als Kraut / Wurzel wegen seiner giftigen Alkaloide heute in Deutschland nicht mehr zu Heilzwecken empfohlen. Isolierte Stoffe aus der Pflanze haben hingegen ein großes pharmazeutisches Potenzial.
Diptam – Eine Übersicht
- Der Duft des ätherisches Öls erinnert an Vanille und Zitrone. Der Volksname „brennender Busch“ rührt daher, dass die Pflanze so viel dieses Öls enthält, dass sie sich sehr leicht entzünden lässt.
- Trotz des vanillig-zitronigen Duftes schmecken die Blätter derart bitter, dass sie fast ungenießbar sind.
- Der „brennende Busch“ wächst in Mitteleuropa wild auf kalkigem Boden mit Magerrasen und Kiefernwäldern, in lichtem Gestrüpp und auf sonnigen Hängen.
- Das ätherische Öl der Staude entzündet sich bei intensiver Sonneneinstrahlung bisweilen selbst und verpufft dann in bläulichen Flammen.
- Ein Kontakt der Haut mit dem Öl führt zu schmerzhafter Blasenbildung, wenn die Haut zugleich UV-Strahlen (Sonnenlicht) ausgesetzt ist. Das wird als Photodermitis bezeichnet.
- Diptam ist schwach giftig, dafür sorgen besonders die enthaltenen Alkaloide. Deswegen wird von traditionellen Anwendungen als Medizin abgeraten.
- Diptam ist wegen der Schönheit der Blüten und des besonderen Duftes eine interessante Pflanze für den Bauerngarten. Die Staude braucht einen trockenen Ort mit viel Sonne, und dazu einen durchlässigen Boden, der Kalk enthält.
- Die Pflanze steht in Deutschland seit 1936 unter Naturschutz. Sie dürfen sie also „draußen“ weder pflücken noch ausgraben.
Diptam – Inhaltsstoffe
Diptam enthält reichlich ätherisches Öl. Eine chinesische Übersichtsstudie erwähnte folgende Komponenten in Pflanzen der Gattung Dictamnus: Furanocumarine (Bergapten, Xanthotoxin, Psoralen), Furochinolinalkaloide, Thymolmethyläther, Pinen, Anethol, Estragol, Cineal.
Dazu kommen Alkaloide (Skimmianin), Dictamin, Saponine (Seifenstoffe), Bitterstoffe, Flavonoide (Anthocyane) und Flavonglykoside. Laut einer Marburger Dissertation zählen Myrcen, Limonen und Terpinole zu den in den Pflanzendrüsen vorhandenen Stoffen.
Medizinische Wirkungen
Eine türkische Studie fand Hinweise darauf, dass in Wasser gelöste Extrakte der Pflanze hemmend wirken auf akute Entzündungen. Außerdem zeigten sich diese Auszüge als Blutdrucksenker und verengten die Bronchien.
Viele der in Diptam enthaltenen Stoffe sind für ihre medizinischen Effekte bekannt: Cumarine regen den Stoffwechel an und hemmen die Blutgerinnung, indem sie die Wirkung von Vitamin K blockieren, das die Blutgerinnung mit strukturiert. Sie gleichen die Harnsäure aus und fördern die Produktion von Melanin.
Schuppenflechte, meist Psoriasis vulgaris, zeigt sich durch klar eingegrenzte rötliche Flecken, die sich reliefartig aus der Haut erheben und mit silbrig-weißen Schuppen bedeckt sind, den Plaques. Cumarine hemmen die DNS-Synthese der Epidermis (Oberhaut) und wirken so der Krankheit entgegen.
Saponine oder Seifenstoffe bilden in Verbindung mit Wasser Schaum. In der Volksmedizin sind Pflanzen, die Saponine enthalten, als Arznei gegen Verschleimungen und Husten beliebt, da sie den Schleim lösen und das Abhusten erleichtern.
In Diptam enthaltene Flavonglykoside sind giftig für Insekten, nicht aber für Wirbeltiere. Insofern ist es plausibel, dass zerstoßene Teile der Pflanze in der Volksmedizin auf die Haut aufgetragen wurden, um Insekten und andere Wirbellose abzuhalten.
Anthocyane stärken die DNA gegen oxidativen Stress. Sie regulieren die Insulinsekretion, bremsen Entzündungen und stoppen den Zelltod.
Sie neutralisieren freie Radikale und sind so eine potenzielle Prävention gegen Krebs und vorzeitige Hautalterung. Eine Studie von 2007 schloss: Anthocyane mindern Plasmamengen von Stoffen, die Entzündungen fördern.
Diptam – Anwendungen in der Volksmedizin
Dictamnus albus wurde in der Volksmedizin Indiens eingesetzt, um Embryonen abzutreiben. Hauterkrankungen wie Schuppenflechte wurden in Westasien mit Rinde aus Dictamnusarten behandelt.
Die Blüten werden in der Volksmedizin der Türkei und angrenzenden Regionen genutzt, um Fieber zu senken und den Kreislauf zu stärken. Solche Anwendungen sind heute indessen nur selten zu finden.
Die zu Pulver geriebene Wurzel galt zusammen mit Pfefferminze als Mittel gegen epileptische Anfälle.
In Europa diente der „brennende Busch“ in der Vergangenheit als Mittel gegen „Pestilenzen“ (also epidemische Erkrankungen).
Er sollte die Resistenz gegen Gifte stärken. Zudem sollte Diptam den Körper von innen reinigen sowie gegen „Hysterie“ helfen.
Aus heutiger Sicht hängen viele dieser zugesprochenen Wirkungen vermutlich an der „Zauberwirkung“, die der Pflanze aufgrund ihrer außergewöhnlichen Eigenschaften zugesprochen wurde. Nämlich Selbstentzündung, ohne zu selbst zu verbrennen.
Blätter, zerstoßene Rinde und Extrakte wurden direkt äußerlich auf der Haut eingesetzt. Gegen Ekzeme, bakterielle Infektionen, Schwellungen und Entzündungen, Krätze und Gelenkschmerzen.
Diptam wurde als Tee getrunken oder die Blätter wurden gekaut, um Eingeweidewürmer zu entfernen. Hildegard von Bingen empfahl im Mittelalter „Aschwurz“ als Arznei gegen Magenbeschwerden, Epilepsie und äußere Wunden.
Unerwünschte Wirkungen
Furanocumarine, und besonders Bergapten, wirken phototoxisch. Bei Berührung sensibilisieren sie die Haut gegen Sonnenlicht, was bei Sonneneinstrahlung zu einem schweren und nachhaltigen Sonnenbrand führen kann.
Ätherische Öle, die Diptam reichlich liefert, können viele Nebenwirkungen auslösen. Sie reizen die Haut, und manche Menschen reagieren auf sie so empfindlich, dass bei Kontakt ein allergischer Schock ausgelöst werden kann.
Wer unter akuten und chronischen Erkrankungen leidet, sollte ätherische Öle generell nur nach genau vorgegebenen Methoden und Dosierungen anwenden. Oder, besser noch, einen Arzt/eine Ärztin oder eine Apothekerin/einen Apotheker einbeziehen.
Diptam in Deutschland
Diptam war seit jeher in Deutschland auf Wärmeinseln konzentriert. Heute ist die Pflanze in manchen Bundesländern ausgestorben, so in Bremen und Niedersachsen. In Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt ist die Aschwurz gefährdet und besonders geschützt.
Wesentlicher Grund für die Gefährdung ist der schwindende Lebensraum. Magerrasen und sonnige Hänge mit durchlässigem Boden, auf denen Diptam gedeiht, nahmen in der vorindustriellen Landwirtschaft in Deutschland große Flächen ein.
Bedingt war dies durch den Weidetrieb von Schafen, Rindern, Pferden und Schweinen. Mineraldünger und industrielle Tierhaltung ließen diese Kulturlandschaften auf einen Bruchteil ihrer einstigen Ausdehnung schrumpfen und mit ihnen die dort lebende Fauna und Flora.
Diptam kommt in Kalk-Wärmegebieten vor. In der Hohenloher Ebene, im Kraichgau, am südlichen Oberrhein, auf der Schwäbischen Alb, am Kaiserstuhl, Hegau und Klettgau sowie im Taubergebiet.
Ihr Zentrum hierzulande liegt am Kaiserstuhl. Hier teilt sie sich den Lebensraum mit wärmeliebenden Tierarten wie Smaragdeidechse und Gottesanbeterin.
Der brennende Busch
Das ätherische Öl enthält extrem entzündliches Isopren. Dessen Dampf ist schwerer ist als Luft.
In der Reifezeit können freigesetzte Isopren-Dämpfe, die nicht durch Wind verteilt werden, sich unterhalb der Blüten entzünden. Ein solches Feuer läuft gewöhnlich die Blütenrispe hoch und erlischt, ohne dass die Pflanze verbrennt.
Durch Brennglaseffekte können sich die Dämpfe ohne zusätzlichen Funken entzünden. Kleine blaue Flammen lassen sich so im Hochsommer bei Windstille in der Dämmerung beobachten und trugen mit dazu bei, dass der „brennende Busch“ als „Hexenpflanze“ galt.
Diptam bei Harry Potter
Der „brennende Busch“ inspirierte auch Joanne K. Rowling. Hermine Granger führt in den Harry Potter-Romanen immer eine Diptamtinktur mit sich.
Damit behandelt sie Wunden. Diese rauchen dann kurz auf und heilen sofort.
Diptam als Gartenpflanze
Diptam ist als Gartenpflanze attraktiv, aber nicht sehr populär. Das liegt vermutlich an seiner Eigenschaft, sich selbst zu entzünden.
Er benötigt einen sonnigen Platz mit durchlässig-frischem Boden und wächst dort bis zu 80 Zentimeter hoch. Von Juni bis Juli glänzt er mit weißlich-rosa Blüten, die purpurfarben geädert sind und den angenehmen zitronig-vanilligen Duft ausströmen.
Die Staude wächst buschig mit aufrechten Blütenstielen. Umpflanzen und Teilen schadet der Pflanze, und deshalb sollten Sie einen Ort suchen, an dem sie auf Dauer bleiben kann. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Rana Beis, Yusuf Öztürk, Süleyman Aydin; et al.: Pharmacological and toxicological effects of gas plant (Dictamnus Albus L.); in: Turkish Journal für Pharamzeutic science, Volume 2, Issue 3, Seiten 111-124, 2005, galenos.com.tr
- Xue Gao, Pei-Hua Zhao, Jing-Feng Hu: Chemical Constituents of Plants from the Genus Dictamnus; in: Chemistry & Biodiversity, Volume 8, Issue 7, Seiten 1234-1244, 2011, wiley.com
- Annette Karlsen, Lars Retterstöl, Petter Lake; et al.: Anthocyanins inhibit nuclear factor-B activation in monocytes and reduce plasma concentrations of pro-inflammatory mediators in healthy adults; in: The Journal of nutrition, Volume 137, Seiten 1951-1954, 2007, academic.oup.com
- Saduf Nissar, Weekar Younis Raja, Neelofar Majid; et al.: Pharmacognostic characterization and development of quality control standards for Dictamnus albus: a comparative study of different parts; in: Advances in Traditional Medicine, 2021, link.springer.com
- Stephan Schreiber: Molekulare Untersuchungen zur Spezifität von Polyketidsynthasen aus Dictamnus albus L und Ruta graveolens L; Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades in Naturwissenschaften, Seite 5, 2004, uni-marburg.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.