Die leuchtend weißen sternförmigen Blüten gaben dem Milchstern seinen Namen, in religiöser Assoziation heißt er auch „Stern von Bethlehem“. Die Pflanze enthält toxische Stoffe, die die Herzleistung beeinflussen und eine ähnliche Wirkung wie die des Maiglöckchens aufweisen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Ornithogalum umbellatum
- Volksnamen: Doldiger Milchstern, Milchstern, Stern von Bethlehem, Dame von elf Stunden, Stern von Maria, Mittagsschlaf, Gärtnerschreck
- Familie: Spargelgewächse (Asparagaceae)
- Verbreitung: Ursprünglich östlicher Mittelmeerraum, seit langem in Mitteleuropa verbreitet. In Nordamerika wächst die Pflanze als Neophyt.
- Verwendete Pflanzenteile: Die Blumenzwiebel
- Inhaltsstoffe: Herzglykoside, Saponine, Cardenolide (Convallatoxin, Convallosid), Schleimstoffe, Rhamnose, Flavonoide, Isoflavone, Phytosterole, Calciumoxalat-Kristalle
- Anwendungsgebiete: In der Volksmedizin traditionell, um den Haarwuchs zu fördern, zur Steigerung der Herzleistung und gegen Herzrhythmusstörungen, gegen Lungenödeme und Ansammlungen von Flüssigkeit im Körper durch vermindertes Ausscheiden von Wasser, besonders gegen geschwollene Beine. Äußerlich gegen Blasen und Geschwüre. Extrem verdünnte Extrakte der Pflanze finden als Bachblüten und in der Homöopathie Verwendung. In der modernen Medizin wird Dolden-Milchstern wegen der toxischen Effekte nicht als Phytotherapeutikum eingesetzt.
Milchstern – Eine Übersicht
- In der frühen Neuzeit wurde der Milchstern in die Klostergärten Mitteleuropas eingeführt; die Pflanze verwilderte und wächst heute vor allem in extensiv genutzten Weingärten, auf Wiesen und an Feldrändern.
- Der Dolden-Milchstern bevorzugt nährstoffreiche, lehmige Böden.
- Milchstern ist giftig und enthält Herzglykoside, die denen des Maiglöckchens ähneln.
- Ornithogalum lässt sich wörtlich übersetzen mit Vogelmilch, was sich auf den weißen Pflanzensaft bezieht, der bei Verletzungen der Pflanze austritt und auf der Haut zu Ausschlägen und anderen Irritationen führen kann.
- Die Blüten des Dolden-Milchsterns haben ihm auch den Namen Stern von Bethlehem eingebracht. Sie öffnen sich nur bei Sonnenschein, produzieren Nektar und werden teilweise von Insekten bestäubt.
- Dolden-Milchstern breitet sich an geeigneten Standorten rapide aus, was ihm zusammen mit seiner Giftigkeit den Spitznamen Gärtnerschreck einbrachte.
- Besondere Vorsicht gilt bei Kindern und Haustieren wegen der giftigen Zwiebeln, die sie ausgraben und verzehren könnten.
Inhaltsstoffe
Laut einer Studie (2020) wachsen allein in der Türkei 22 Arten der Gattung Ornithogalum. Diese sind bislang nur unzureichend auf ihre biochemische Struktur hin untersucht.
Der „Stern von Bethlehem“ enthält unter anderem Herzglykoside, Saponine, Convallotoxin, Convallosid, Schleimstoffe, Rhamnose, Flavonoide, Isoflavone, Phytosterole und Calziumoxalat-Kristalle. Laut einer Studie der Universität Novi Saad (2016) unterscheidet sich die Konzentration der chemischen Stoffe stark je nach Ort und Wachstumsbedingungen der Pflanzen.
Herzglykoside in Ornithogalum
Ornithogalum enthält Herzglykoside, die dem verschreibungspflichtigen Medikament Digoxin ähneln. Diese pharmakologischen Wirkstoffe beeinflussen die Frequenz des Herzschlags, sie können ihn bei Herzrasen senken sowie die Erregungsleitung des Herzens schwächen.
Herzglykoside bremsen den Natrium-Kalium-Austausch in den Herzmuskeln und sorgen so dafür, dass mehr Natrium in den Herzzellen verbleibt und sich so der Natriumspiegel stabilisiert. Dadurch bleibt auch mehr Kalzium in der Zelle, welches das Herzen für seine Pumpleistung benötigt. Insofern steigern Herzglykoside die Leistungsfähigkeit des Herzens.
Sie wirken auch über das zentrale Nervensystem mit einer gehemmten Reizweiterleitung, was die Herzfrequenz sinken lässt. Dadurch schlägt das Herz langsamer.
Herzglykoside können also sowohl die Stärke wie auch die Geschwindigkeit der Herzkontraktion erhöhen und zugleich können sie die Herzfrequenz und die Erregbarkeit der Kammermuskeln senken – daher werden sie bei Herzschwäche ebenso eingesetzt wie bei Herzrhythmusstörungen (Herzflattern). So wirken sie einer Herzschwäche entgegen und steigern die körperliche Leistung von Betroffenen.
Ein Problem aller Herzglykoside ist ihre kritisch kleine therapeutische Breite, die eine genaueste Dosierung unter fachärztlicher Anweisung und Betreuung erfordert.
Milchstern – weitere medizinische Wirkungen
Dem Dolden-Milchstern werden zusammenziehendende, schmerzstillende, entzündungshemmende, das Zellwachstum hemmende und haarkräftigende Wirkungen nachgesagt.
Manche dieser Wirkungen erscheinen wegen der enthaltenen Inhaltsstoffe wahrscheinlich. Hinreichend überprüft sind sie aber nicht. Erfahrungsberichte von Einzelpersonen behaupten Wirkungen von Extrakten des Sterns von Bethlehem gegen Wasserrückhalt in den Beinen, gegen Herzschwäche, gegen Übergewicht und gegen Überlastung sowie bei Lungenödemen. Fundierte wissenschaftliche Studien dazu stehen aber aus.
Eine Studie (2016) wies bei Wasserextrakten aus mehreren in Indien vorkommenden Arten der Gattung deutliche antibakterielle Wirkung und antioxidative Effekte nach. Untersucht wurden die pathogenen Erreger Enterobacter cloacae, Serratia marcescens, Escherichia coli , Shigella dysenteriae , Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa.
Eine weitere Studie (2015) hielt bei Extrakten der iranischen Art Ornithogalum cuspidatum antioxidative und antimikrobielle Wirkungen für belegt.
Derlei Nachweise für medizinische Effekte bei verwandten Arten lassen zwar eine Tendenz bei Ornithogalum umbellatum vermuten, da die Arten ähnliche Stoffe enthalten, direkt übertragen lassen sich solche Erkenntnisse aber nicht.
Wie wirkt das Gift?
Der Konsum der Pflanze kann Vergiftungen auslösen. Verantwortlich sind vor allem die enthaltenen giftigen Steroide Convallatoxin und Convallosid. In diesem Fall muss sofort eine ärztliche Behandlung erfolgen.
Symptome einer solchen Vergiftung sind: Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Sehstörungen, geweitete Pupillen, Halluzinationen, Herzrhythmusstörungen und schließlich Delirium.
Bachblüten und Homöopathie
In der Homöopathie sollen Ornithogalum umbellatum Globuli aus Tinktur des Dolden-Milchsterns gegen Magenbeschwerden helfen.
Bei der Bachblütentherapie ist Bachblüte 29 der „Star of Bethlehem“. Hier soll der Dolden-Milchstern als Seelentröster nach einem Schockerlebnis wirken. Da die Ausgangssubstanz bei Bachblüten wie bei Globuli extrem verdünnt ist, besteht kaum die Gefahr einer Vergiftung. Wissenschaftliche Belege für die Globuli und Bachblüte „Star of Bethlehem“ zugeschriebenen Effekte fehlen.
Anwendungen in der Volksmedizin
In der Volksheilkunde der Türkei und Griechenlands wird der Saft aus den Zwiebeln als Mittel genutzt, um den Haarwuchs zu fördern. Dafür wird der Saft ausgepresst und mit Öl oder Wasser vermengt, in die Haare eingerieben und nach einer gewissen Wirkzeit wieder ausgewaschen.
Außerdem dient der Saft oder auch eine Paste (hergestellt aus einer Wurzel der getrockneten Zwiebel) dazu, Hautgeschwüre, Blasen und Warzen zu behandeln. Auch schorfige Erkrankungen der Haut und Hautausschlag werden mit Zwiebelsaft getränkten Umschlägen therapiert.
Medizinische Anwendungen
Alle Herzglykoside haben eine äußerst geringe therapeutische Breite: Winzige Überdosierungen führen zu schlimmen Vergiftungen oder zum Tod; nur geringfügig zu niedrige Dosen sorgen dafür, dass die Wirkung ausbleibt. Herzglykoside und die Pflanzen, die diese enthalten, dürfen nur unter ärztlicher Kontrolle eingenommen werden.
Beim Dolden-Milchstern bedeutet das: Nehmen Sie ausschließlich Fertigpräparate unter ärztlicher Anleitung ein, die die entsprechenden Stoffe enthalten. Und auch dann müssen Sie bei den ersten Anzeichen einer Vergiftung die Glykoside sofort absetzen.
Zu diesen Anzeichen gehören Störungen des Herzrhythmus, Störungen im Darm oder Nervenirritationen. Aufgrund der starken Giftigkeit und der geringen therapeutischen Breite nutzt die Kardiologie heute, wenn möglich, andere Präparate und greift nur auf Herzglykoside zurück, wenn die alternativen Produkte keine Effekte zeigen.
Neben- und Wechselwirkungen
Bei äußerer Anwendung kommt es leicht zu Reaktionen der Haut, zu einer Rötung, zu einem Brennen und einem Juckreiz.
Produkte, die Dolden-Milchstern enthalten, sollten nicht zusammen mit Abführmittel eingenommen werden. Abführmittel können den Kaliumspiegel im Körper senken. Das wiederum steigert das Risiko schädlicher Nebenwirkungen von Produkten mit dem Stern von Bethlehem. Das gleiche gilt für Diuretika.
Nicht nur Herzglykosid, auch Chinin kann auf das Herz wirken (Nebenwirkung). Eine kombinierte Einnahme sollte nicht erfolgen.
Wer darf keinen Milchstern anwenden?
Aufgrund seiner toxischen Effekte wird generell von der eigenmächtigen Nutzung der Pflanze abgeraten. Die Zwiebeln des Milchsterns enthalten die entsprechenden Wirk- und Giftstoffe in unterschiedlicher Konzentration, unter anderem je nach Jahreszeit und Lichteinfall am Standort der Pflanze.
Auch gesunde Erwachsene sind also gut beraten, den Stern von Bethlehem als Pflanzenmedizin nicht im Selbstversuch zu testen. Klare Kontraindikationen liegen vor, wenn sie hochsensibel auf enthaltene Stoffe reagieren. Kinder und Jugendliche dürfen nicht mit Milchstern behandelt werden, denn ihre Wirkung bei Minderjährigen ist nicht untersucht.
Wenn überhaupt, darf Milchstern nur äußerlich und in niedriger Dosierung eingesetzt werden. Der Stern von Bethlehem darf nicht mit geschädigter Haut, gereizter Schleimhaut, mit offenen Wunden oder den Augen in Berührung kommen. Dies verursacht ätzende Schmerzen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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- Dara Dastan, Atousa Aliahmadi: Antioxidant and antibacterial studies on different extracts of Ornithogalum cuspidatum Bertol from Iran, in: Biological Forum, Volume 7, Issue 2, Seiten 1972-1075, 2015, Research Trend
- Karl Hiller, Matthias F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen in zwei Bänden. Zweiter Band L bis Z. Heidelberg-Berlin, 1999
- Serpil Demirci Kayiran, F. Neriman Ozhatay: The ethnobotany, systematics and morphological studies of the genus Ornithogalum that naturally grows in Kahramanmaras province of Southern Turkey, in: EMU Journal of Pharmaceutical Science, Volume 3, Issue 3, Seiten 182-193, 2020, EMU JPharmSci
- Milica M. Rat, Neda S. Gavaric, Nebojsa S. Kladar et al.: The Phenolics of the Ornithogalum umbellatum L. (Hyacinthaceae): Phytochemical and Ecological Characterization, in: Chemistry & Biodiversity, Volume 13, Issue 11, Seiten 1511-1558, 2016, Wiley
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