Die Eibe ist eine hochgiftige sogenannte Zauberpflanze, die zu den ureuropäischen Schamanenpflanzen (Europäische Eibe) gehört. Sie ist immergrün, wirkt düster und bildet äußerst bizarre Formen aus. Heute werden ihre Inhaltsstoffe in der Homöopathie angewandt und bei bestimmten Krebstherapien eingesetzt.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief zur Eibe
- Wissenschaftlicher Name: Taxus baccata (Europäische Eibe)
- Volksnamen: Kandelbaum, Bogenbaum, Ibenbaum, Taxe, Eife
- Pflanzenfamilie: Eibengewächse (Taxaceae)
- Vorkommen: Europa, Kleinasien, Nordwestafrika
- Verwendete Pflanzenteile: Nadelblätter
- Inhaltsstoffe: Biflavonoide, Phenole, Vitamin C, Taxacine, Taxin A und B, Baccatin III, Diterpene, Ginkgetin, Paclitaxel, Docetaxel
- Anwendungsgebiete (früher):
- Abführmittel
- Erkrankungen der Atemwege
- Insektenbekämpfung
- Mittel gegen Würmer
- Schnupfen
- Förderung der Menstruation
Achtung: Heutzutage wird die Eibe aufgrund ihrer Giftigkeit nur noch in der Evidenzbasierten Medizin als Krebsmedikament verwendet.
Eibe – Heilwirkung
In der Volksheilkunde wurde der Eibe früher eine abführende, herzstärkende, menstruationsfördernde und wurmtreibende Wirkung nachgesagt. Sie diente zur Therapie von Rheuma und Tollwut, sie wurde bei Schlangenbissen, Gallenbeschwerden und Diphtherie angewandt. Hildegard von Bingen empfahl Rauch von Eibenholz bei Schnupfen und Husten zu inhalieren. Die Früchte galten als hilfreich bei Skorbut. Bei Frauen wurde die Eibe nicht nur angewandt um ihre Menstruation zu fördern, sondern auch um einen Schwangerschaftsabbruch herbeizuführen.
Heute wird die Eibe wegen ihrer Giftigkeit in der Naturheilkunde nur noch in Form eines homöopathischen Mittels verwendet. Jedoch ist sie seit Jahren für die Evidenzbasierte Medizin aufgrund des Wirkstoffs Taxol (Paclitaxel) von Interesse, der in der Rinde (vor allem der Pazifischen Eibe, Taxus brevifolia) vorkommt. Dieser Inhaltsstoff ist in verschiedenen Zytostatika enthalten und wird zusammen mit anderen Antikrebspräparaten zum Beispiel bei metastasierten Brustkrebs angewandt.
Allgemeines
Die Eibe ist ein immergrüner Nadelbaum. Sie wächst sehr langsam, kann bis zu 2000 Jahre alt werden und fühlt sich im Schatten wohl. Bis auf den roten Samenmantel sind alle Pflanzenteile hochgiftig. Sie gehört zu den wenigen zweihäusigen Bäumen, das heißt es gibt männliche und weibliche Pflanzen.
Geschichtliches und Mythologie
Die Eibe wurde als Pflanze der Eingeweihten betrachtet. Um mit Naturwesen in Kontakt zu treten, bedienten sich Schamanen und heidnische Priester bestimmter Pflanzenarten, auch als Pflanzen der Seher bekannt. Dazu gehört auch Taxus baccata.
In den Mythen trafen sich Götter unter den Eiben und hielten dort Versammlungen ab. Druiden verehrten sie und sahen in ihr ein Symbol der Unsterblichkeit. Sie war als sogenannter „Weltenbaum“ bekannt, ein heiliger Baum, der die neun Welten miteinander verbindet. In der Antike wurde er als Totenbaum verehrt. Keltische Priester nutzen ihn, um sich aus der Welt der toten Geister Informationen und Rat zu holen. Aus Eibenholz wurden Zauberstäbe gefertigt.
Auch ihre berauschende Wirkung wurde gepriesen. Der Eibe wird nachgesagt, dass die Wirkung auf das Bewusstsein schon beim alleinigen Verweilen unter dem Baum verspürt werden kann. So würden sich nach einiger Zeit die Lungen öffnen, der Mund trocken werden und eine tiefe Entspannung bis hin zur Müdigkeit einsetzen. Um dies zu erfahren, genüge es, die Ausdünstungen der Eibe einzuatmen.
An vielen christlichen Orten stehen heute noch Eiben als Symbol der Unsterblichkeit und der Verbindung ins Jenseits. In England sind auf vielen alten Kirchhöfen diese Bäume zu bewundern, die angeblich älter als 2000 Jahre seien.
Wiederentdeckung der Eibe in der Medizin
Bereits im Altertum war die Kraft der Eibe bekannt. Der Sud aus den Nadeln galt als Vergiftungsmittel. Die enthaltenen Alkaloide wirken sich lähmend auf das Herz und das zentrale Nervensystem aus. Indianische Stämme verwendeten die Eibe unter anderem als Desinfektionsmittel und zur Abtreibung. Erst 1962 war dann der Start in eine andere Richtung: Einige Inhaltsstoffe wurden hinsichtlich ihrer Wirkungen zur Behandlung von Krebserkrankungen untersucht.
Eibe in der Krebstherapie
Das Wissen um die Wirkung der Eibe bei Krebs liegt schon einige Jahre zurück. Begonnen hat dies 1962 im US-Bundesstaat Washington, als Forscher unter vielen anderen Pflanzenarten auch Proben der Pazifischen Eibe sammelten, um ihre Wirkung gegen Krebs zu testen.
Später wurde herausgefunden, dass der Wirkstoff Taxol aus der Eibe eine direkte Wirkung auf die Mikrotubuli hat. Diese befinden sich in jeder Zelle und sind wichtig für die Zellteilung. Durch den aus dem Nadelbaum gewonnenen Inhaltsstoff versteifen sich die Mikrotubuli, was daraufhin die Zellteilung hemmt. In diese hochgiftige Pflanze wurde große Hoffnung in Bezug auf ihren Einsatz in der Krebstherapie gesetzt. Die Herstellung war jedoch mit großem Aufwand verbunden.
1992 wurde der Wirkstoff Taxol (Paclitaxel) zum ersten Mal von der US-Gesundheitsbehörde FDA für die Behandlung von Eierstockkrebs zugelassen. Auch in Deutschland wird der Wirkstoff schon über Jahre hinweg in der Chemotherapie bei der Behandlung einiger Krebsarten verwendet – für Paclitaxel gibt es eine EU-weite Zulassung der EMA.
Die Herstellung des Arzneimittels blieb lange sehr schwierig und vor allem alles andere als umweltschonend. Um Taxol aus den Nadeln der Europäischen und der Chinesischen Eibe zu gewinnen, ist ein aufwendiger Prozess nötig, der über mehrere Stufen den natürlichen Stoff chemisch aufbereitet. In diesem Prozess enstehen für die Erzeugung von einem Kilo Wirkstoff 240 Kilo toxische Abfälle.
Mittlerweile ist jedoch ein Forschungs-Team damit beschäftigt, dies zu ändern. Taxol soll auf umweltschonende Art und Weise im Labor hergestellt werden können. Laut eines Artikels im Newsletter des BMBF zur Gesundheitsforschung (2018) wird an der TU München an einem alternativen Produktionsverfahren gearbeitet. Bei diesem neuen Verfahren werden Gene der Eibe in Kolibakterien eingebracht. Daraus werden Taxoide und strukturverwandte Verbindungen hergestellt. Der Herstellungsprozess ist nachhaltig und es entstehen dabei keine toxischen Abfälle. Zudem ist das Verfahren nicht vom langsamen Wachstum der Eibe abhängig.
Zytostatika
Aus der Rinde der Eibe werden Zytostatika unter dem Namen Paclitaxel (Taxol) und Docetaxel (Taxotere) hergestellt. Paclitaxel findet in Kombination mit anderen Medikamenten Anwendung in der Behandlung von nicht-kleinzelligem Lungenkrebs, metastasiertem Bauchspeicheldrüsenkrebs und metastasiertem Brustkrebs. Docetaxel kommt bei bestimmten Formen von Bronchialkrebs, Prostatakrebs, Brustkrebs und weiteren Krebsarten zum Einsatz.
Homöopathie – Taxus baccata
Das homöopathische Einzelmittel Taxus baccata wird aus den frischen Zweigspitzen der Eibe gewonnen. Die Hauptanwendungsgebiete sind hier pustulöse Hautkrankheiten mit Nachtschweiß, Gicht und chronisches Rheuma.
Des Weiteren wird das Homöopathikum bei rechtsseitigen Kopfschmerzen zusammen mit Tränenfluss, bei erweiterten Pupillen und aufgedunsenem, blassem Gesicht verwendet. Auch wird es angewandt bei heißem, scharfem Speichel, Übelkeit, Magenschmerzen, Leeregefühl im Magen und Husten.
Zusammenfassung
Die Eibe ist ein immergrüner Nadelbaum, der über 2000 Jahre alt werden kann. Sie gilt in der Mythologie als Totenbaum und Weltenbaum, wobei ihre Ausdünstungen das Bewusstsein erweitern und den Zugang zum Jenseits und zur Unterwelt erleichtern sollen. Die Eibe ist hochgiftig und kommt deshalb heute in der Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) nicht mehr zum Einsatz. Der in der Pflanze enthaltene Wirkstoff Taxol wird in der Evidenzbasierten Medizin bei der Behandlung bestimmter Krebsarten angewandt. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Guy, R.K., Nicolaou, K.C. et al.: Taxoide-Neue Waffen gegen Krebs, Spektrum der Wissenschaft 8/1996, S. 76, Spektrum
- Malik, S., Cusido, R.M. et al.: Production of the anticancer drug taxol in Taxus baccata, Process Biochemistry, January 2011, Science Direct
- Bundesministerium für Bildung und Forschung, Kolibakterien im Einsatz gegen Krebs, Newsletter 89, April 2018 (Abruf: 14.9.2020), BMBF
- Goethe Universität Frankfurt am Main: Reinstoffe. Europäische Eibe (Common Yew) Taxus baccata L. (Abruf: 14.9.2020), Goethe Universität
- Richter, D.: Baumheilkunde: Alles über Baum-Essenzen, Books on Demand, 2017
- Rippe, O., Madejsky, M. et al.: Paracelsusmedizin - Altes Wissen in der Heilkunst von heute, AT Verlag, 2002
- Wirkstoff-Glossar der Deutschen Krebsgesellschaft - Docetaxel (Abruf: 14.01.2022), Deutsche Krebsgesellschaft
- Wirkstoff-Glossar der Deutschen Krebsgesellschaft - Paclitaxel (Abruf: 14.01.2022), Deutsche Krebsgesellschaft
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.