Eiche nennen wir die in Deutschland weitverbreitete die Stiel- oder Sommereiche, eine von rund 400 Quercus-Arten aus der Familie der Buchengewächse (Fagaceae). Sie war der heilige Baum des Donnergottes Thor und das Sinnbild des deutschen Waldes, Symbol der Standhaftigkeit und des ewigen Lebens. Die Fantasien rund um die „Deutsche Eiche“ verdecken, dass sich die Gerbstoffe des Baumes ausgezeichnet eignen, um Blutungen zu stillen und Entzündungen vorzubeugen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief zur Eiche
- Wissenschaftlicher Name: Quercus robur
- Volksnamen: Stieleiche, Sommereiche, Deutsche Eiche
- Familie: Fagaceae (Buchengewächse)
- Verbreitung: Fast ganz Europa, von Großbritannien und Südskandinavien bis nach Nordspanien und Nordgriechenland, im Osten bis ins Baltikum und westliche Russland. Die nacheiszeitliche Flora Mitteleuropas ist natürlich geprägt von Eichen-Buchen-Wäldern.
- Verwendete Pflanzenteile: Früchte (Eicheln), Rinde, Holz, Blätter
- Anwendungsgebiete: Haut- und Schleimhautentzündungen in Mund und Rachen, Entzündungen rund um After und Genitalien, Durchfall und Magen-Darm-Erkrankungen, fettige Haare
Stieleiche – Die wichtigsten Fakten
- Eichenwälder sicherten in früheren Zeiten in Mitteleuropa das Überleben. Sie boten Futter für die Tiere, Brennholz und Baumaterial. Auch deshalb nimmt die Eiche eine herausragende Rolle in den Religionen Europas ein.
- Seit der Antike wurde Eichenrinde als Heilmittel verwendet, besonders gegen Durchfall und Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts.
- Vielfältige medizinische Wirkungen von Eichenrinde, Eichenblättern und Eicheln sind wissenschaftlich belegt.
- Zu den heilenden Stoffen der Eiche gehören vor allem Gerbstoffe vom Catechin-Typ, sowie Polyphenole, Tannine, Quercitol und Triterpene.
- Eichenrinde wirkt adstringierend, antientzündlich und schwach antiseptisch.
Eiche – Inhaltsstoffe
Eichenrinde enthält Gerbstoffe in Hülle und Fülle, mit (plus)-Catechin, (minus)-Epicatechin und (plus)- Gallocatechin als Hauptbestandteile. Der Anteil an Gerbstoffen beträgt bis zu 20 Prozent, wobei die Menge abhängig vom Alter und Zeitpunkt der Ernte ist. Hinzu kommen Ellagitannine, komplexe Tannine, Quercitol, Triterpene und ß-Sitosterol.
Die getrockneten Blätter verfügen über sechs bis elf Prozent Gerbstoffe, sieben Prozent Polyphenole sowie Triterpene und Cyclitole. Die Früchte (Eicheln) beziehungsweise die von der Samenschale befreiten Kerne enthalten sieben Prozent Gerbstoffe sowie unter anderem Quercitol und Mesoinositol. Eiche verfügt zudem über geringe Mengen an Pektinen, Harzen und Bitterstoffen.
Wie wirken die Stoffe?
Die Inhaltsstoffe von Eichenrinde, Blättern und Samen wirken adstringierend und leicht antiseptisch und wirken somit entzündungshemmend. Die Gerbstoffe wirken zusammenziehend zum Beispiel auf Schleimhäute. Sie reagieren auf Eiweiße in Haut und Schleimhaut und verändern deren Struktur. Die oberen Hautschichten werden dadurch fester und kleine Blutgefäße schließen sich. In der Folge können Bakterien schlechter eindringen und Blutungen können gestoppt werden.
Die zusammenziehende Wirkung strafft etwa das Zahnfleisch und beugt so Zahnausfall wie Zahnfleischbluten vor. Zudem verhindert es Entzündungen des Zahnfleisches. Die äußere Haut reagiert weniger sensibel, und so wirken diese Gerbstoffe auch gegen Juckreiz.
Antibakterielle Effekte
Eine Studie aus dem Jahr 2015 untersuchte, ob sich der in der Volksmedizin Europas weit verbreitete Einsatz von Eichenrinde gegen Durchfall, Hautentzündungen und andere entzündliche Erkrankungen wissenschaftlich belegen lässt. Die antimikrobiotische Aktivität von Eichenrinde war zu diesem Zeitpunkt bereits nachgewiesen worden, ebenso war deren sogenannte Anti-Quorum-Sensing-Fähigkeit (QS) kurz zuvor beschrieben worden.
Die Studie aus Russland analysierte die bioaktiven Komponenten von Eichenrindenextrakt und verglichen ihre direkten antibakteriellen und regulatorischen Anti-QS-Wirkungen gegen Chromobacterium violaceum CV026. Dabei zeigte sich, dass nur wenige Komponenten eine direkte antibakterielle Aktivität aufweisen: 1,2,3-benzenetriol und 4-propyl-1,3-benzenediol. Auffälliger waren aber indirekte Effekte.
Quorum sensing (QS) bezeichnet die Fähigkeit von Einzellern (in diesem Fall Bakterien), mittels chemischer Kommunikation die Dichte ihrer Population zu messen und bestimmte Gene zu aktivieren, wenn die Zelldichte über- beziehungsweise unterschritten wird. Bei Krankheitserregern gilt es, diese Fähigkeit zu unterbinden, denn sie dient den Bakterien dazu, die Populationsgröße optimal zu halten.
Eichenrinde stoppt die chemische Kommunikation von Bakterien
1,2,3-benzenetriol und 4-propyl-1,3-benzenediol verhinderten zugleich effektiv das Quorum Sensing der Bakterien. Weitere fünf Komponenten hatten keinen direkten Effekt auf die Bakterien, dämmten aber ebenfalls das Quorum sensing ein. Es handelte sich unter anderem um 4-(3-hydroxy-1-propenyl)-2-methoxy-phenol; 3,4,5-trimethoxyphenol und 4-hydroxy-3-methoxybenzaldehyde. Insgesamt zeigte der Eichenrindenextrakt also eine schwache direkte antibakterielle Aktivität, aber eine starke Wirkung gegen das Quorum Sensing der Bakterien. Er verhinderte dementsprechend effektiv, dass die Einzeller chemisch kommunizierten, um die Dichte ihrer Population zu vergrößern.
Welche Teile der Pflanze bieten Wirkstoffe?
Verwendet werden die Eichenrinde, genauer gesagt die getrocknete Rinde junger Zweige und Stockausschläge sowie die getrockneten Blätter und die aus der Schale befreiten, leicht gerösteten Samenkerne.
Eichenrinde als Medizin – Anwendung
Äußerlich angewandt hilft die Rinde bei
- entzündlichen Erkrankungen der Haut,
- Entzündungen der Schleimhäute im Mund,
- Rachenentzündung
- und bei Entzündungen rund um After und Genitalien.
Zur Anwendung werden dafür ein Fußbad, Sitzbäder, Kompressen oder Umschläge mit Eichenrindenextrakt zubereitet. Ein Sitzbad in Rindenextrakt ist ein altes Hausmittel bei Afterjucken und gegen Hämorrhoiden. Bäder lindern Dermatosen und bestimmte Durchfallerkrankungen.
Da die Gerbstoffe die Haut zusammenziehen, hilft der Extrakt auch gegen übermäßiges Schwitzen – er bremst den Schweissfluss unter den Achseln und an den Füßen und eignet sich somit als Deodorant.
In der Volksmedizin diente Eichenrindenextrakt auch als Spülung gegen Schuppen und fettige Haare.
Innerlich hilft ein Tee aus Eichenrinde gegen akuten Durchfall, der beispielsweise durch Bakterien verursacht wird, und gegen Entzündungen im Darmbereich.
Rezepte für Eichenrindenessenz
Für die innere Anwendung setzen wir ein Gramm Eichenrinde auf 100 Milliliter Wasser an, lassen alles 20 Minuten ziehen und trinken davon drei kleine Tassen pro Tag. Oder wir setzen zwei Gramm auf 100 Milliliter Rotwein sieben Tage lang an und nehmen davon täglich drei bis vier Esslöffel ein. Diese Essenz hilft gegen Darmentzündungen und bakteriell bedingten Durchfall.
Für die äußere Anwendung setzen wir drei Gramm Rinde in 100 Millilitern Wasser an, spülen damit den Mund aus, gurgeln und legen getränkte Kompressen und/oder Umschläge auf die jeweiligen Hautpartien. Mit der Essenz zu gurgeln hilft gegen Zahnfleischentzündungen, Hämorrhoiden sowie entzündete Schleimhäute.
Eiche – Blätter
Traditionell werden Eichenblätter innerlich eingesetzt gegen Blutungen, blutigen Auswurf, Durchfall, Harninkontinenz und Ausfluss aus der Scheide. Äußerlich werden sie ebenfalls genutzt, etwa gegen Scheidenausfluss.
Eine Essenz bereiten wir zu mit drei bis vier Teelöffeln getrockneten Blättern auf 100 Milliliter Wasser.
Eichelkaffee
Um einen Eichelkaffee zuzubereiten, müssen die Eicheln zunächst von ihrer Schale und auch der dunklen Samenhaut befreit werden. Um die enthaltenen Gerbstoffe herauszulösen und einem bitteren Geschmack des Kaffees vorzubeugen, werden die geschälten Eicheln für etwa 24 Stunden in warmes Wasser gegeben. Nach einem Abspülen der Eicheln werden diese getrocknet.
Kleingehackt kann man die Eicheln dann in einer Pfanne, im Ofen oder auf dem Grill rösten bis sie gold-braun sind. Gemahlen oder zertoßen kann man das Eichelpulver in heißes Wasser einrühren. Pro Tasse verwendet man etwa zwei gehäufte Teelöffel für die Zubereitung dieses gesunden Muckefucks.
Eicheln wurden auch in der Volksmedizin zu einem Trank gebraut oder zerkaut und sollten gegen Durchfall bei Kindern helfen sowie als Antidot gegen Vergiftungen aller Art. Die in den Samen enthaltenen Gerbstoffe sowie Quercitol und Mesoinositol sind nicht als direkt antitoxisch bekannt und können selbst bei längerfristiger und hochdosierter Einnahme schädigend wirken.
Was sollten Sie beachten?
Sie sollten Eichenextrakt nicht einsetzen, wenn sie an einer Herzinsuffizienz leiden, an Bluthochdruck oder Erkrankungen, die mit hohem Fieber verbunden sind. Auch großflächige Hautwunden sollten Sie nicht mit Eiche behandeln.
Die Menge an Gerbstoffen kann bei Menschen, die sensibel darauf reagieren, zu Unwohlsein führen und Magenbeschwerden verursachen. Eichenrinde als Hausmittel gegen Durchfall sollten Sie nicht länger als drei Tage nutzen.
Wann sammeln wir Eiche?
Die Rinde schälen wir im Frühling oder Herbst in ringförmigen Streifen von jungen Zweigen. Die Blätter werden im Spätsommer gesammelt, bevor sie sich verfärben. Die Erntezeit der abgefallenen Eicheln liegt zwischen Ende September bis Ende Oktober. Die Blätter trocknen wir am besten zwischen Papier. Die Rinde trocknet in der Sonne und wird anschließend in Säckchen aus Papier oder Stoff aufbewahrt. Plastik ist hingegen ungeeignet, weil sich hier Feuchtigkeit stauen kann.
Mythos und Überleben
Kaum ein Baum in Europa ist so von Mythen überzogen wie die Stieleiche. Die antiken Griechen meinten im Rauschen der Blätter alter Eichen die Stimme von Zeus zu hören. Bei den Kelten war die Sommereiche Sitz ihres Klimagottes Taranis, die Germanen sahen die Eiche als Baum des Donnergottes Thor, den vor allem die Krieger und freien Bauern verehrten.
Warum hatte die Eiche diese enormen Symbolwerte bei ganz unterschiedlichen Kulturen wie den Römern, Griechen, Kelten und Germanen? Das lag vermutlich an der existentiellen Bedeutung für das reale Leben: Eichenwälder boten in der Antike all das, was die Menschen zum Leben brauchten: Sie lieferten Baumaterial für Häuser, Möbel, Wägen, Werkzeuge und Waffen. Sie boten ein begehrtes Feuerholz, das länger brannte als Kiefer, Fichte oder Tanne. Bereits im Altertum diente Eichenrindenextrakt zudem als Heilmittel.
Hutwälder und Eichelmast
Die Eiche bot Nahrung für das Vieh – die Bauern trieben die Schweine im Herbst in sogenannte Hutwälder (also Wälder, in denen Vieh gehütet wurde), wo sie sich den Bauch mit Eicheln voll schlugen, bevor sie im Winter geschlachtet wurden. Diese Eichelmast ist heute noch in Spanien verbreitet und gibt dem spanischen Schinken seinen würzigen Geschmack.
Der ewige Eichenwald
Symbol für die Ewigkeit wurde die Eiche wegen ihres langen Lebens. Die Bäume werden bis zu 1000 Jahre alt. Für Gesellschaften, die auf mündlicher Überlieferung basierten, war der Unterschied marginal zwischen langlebig und unsterblich, wenn sie alte Eichen in ihren Dörfern stehen hatten. Diese standen bisweilen schon, als das Dorf gegründet wurde und bevor die Ur-Ahnen aus den Geschichten das Licht der Welt erblickt hatten.
Dryaden und Druiden
In der griechischen Mythologie sollten Baumnymphen in Eichen leben. Diese sogenannten Dryaden trugen ihren Namen vom griechischen Wort drys, was Eiche bedeutet. Die Eiche war dem Göttervater Zeus zugeordnet und bei den Römern dessen Pendant Jupiter.
Die Kelten nutzten Eichenlaub nicht nur bei ihren kultischen Handlungen, der Name der Ritualpriester selbst leitete sich von der Eiche ab. Druide kommt von duir, also Eiche, ebenso die Worte Tür und Tor. Zum einen waren Türen und Tore bevorzugt aus dem Holz der Eiche gebaut, zum anderen galten Eichenbäume und Eichenhaine als Tore zur Welt der Götter und Geister. Wer bei den Kelten ohne besondere Erlaubnis Eichen fällte, den bestraften die Götter mit dem Tod.
Blitzableiter und Opferbaum
Hierzulande war die Eiche dem Gott Thor geweiht, der in Mitteleuropa Donar heißt, wovon sich unser Donnerstag ableitet. Der Donner entsteht, weil Donar mit seinem Ziegenkarren durch den Himmel fährt. Dabei hatte die Eiche nicht nur eine männliche Symbolik: Die Urmutter Ana nährte die ersten Tiere und Menschen mit den Eicheln eines Göttinnenbaums.
Die Germanen brachten ihren Göttern Opfer in heiligen Eichenhainen dar, welche Uneingeweihte bei Todesstrafe nicht betreten durften. Eichen ohne Erlaubnis zu fällen stand unter Todesstrafe. Germanische Krieger hängten die von ihren Feinden erbeuteten Trophäen – neben Waffen gehörten dazu auch abgeschnittene Köpfe – in die heiligen Bäume. Siegreiche Krieger wurden mit Eichenlaub geehrt.
Die Eiche überlebt den Terror
Als Karl der Große die polytheistischen Germanen mit Terror, Deportation und Völkermord in das Christentum zwingen wollte, ließ er seine christlichen Mordbrenner überall im heutigen Deutschland die heiligen Eichen fällen. Doch die Ehrfurcht vor den Eichen blieb. Im 11. Jahrhundert schrieb ein Mönch aus Regensburg: „Es gibt Bauern, die es für einen Frevel halten, in einem Wald Bäume zu fällen, unter denen einst die Heidenpriester geweissagt haben.“
Überall hielten sich trotz christlichen Terrors magische Rituale rings um die Eiche. Die Westfalen verbrannten in der Nacht der Wintersonnenwende einen Eichenklotz, um das Haus vor Feuer zu bewahren. Sie huldigten damit, vermutlich ohne das zu wissen, dem germanischen Blitz- und Donnergott Thor/Donar. In Franken schlug man drei Eichenpfähle mit einem schweren Hammer in den Garten ein. So weit der Schall zu hören war, so weit sollte das Geflügel in Sicherheit vor dem Fuchs sein.
Die Eiche wird Symbol des Terrors
In der Moderne entwickelte sich die Eiche zum Symbol des völkischen Nationalismus. So sollte die standfeste Eiche jetzt die in „Blut und Boden verwurzelten“ Deutschen spiegeln. Im 19. Jahrhundert wurde sie dann zum Sinnbild für Militarismus und Soldatentum. Im Parteizeichen der Nazis trug der Adler einen Eichenkranz in den Fängen. Noch heute tragen höhere Offiziere der Bundeswehr ihren Dienstgrad mit Eichenlaub. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Berger, Markus: Von der Heilkraft der Bäume, Neue Erde Verlag, 2008
- Hiller, Karl; Melzig, Matthias: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Band L-Z, Spektrum Akademischer Verlag, 1999
- Bundeministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL): Unsere Waldbäume. Wissenswertes zur Posterserie (Abruf: 27.1.2020), BMEL
- Lagoni, Norbert: Quercus-Arten - Verwendung in der Naturheilkunde, in: Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (Hrsg.): LWF-Wissen 75: Beiträge zur Traubeneiche (Abruf: 27.1.2020), LWF-Wissen
- Honarmand, Shokouh; Dabirmanesh, Bahareh; Amanlou, Massoud; Khajeh, Khosro: The interaction of several herbal extracts with α-synuclein: Fibril formation and surface plasmon resonance analysis, in: PLOS ONE, Juni 2019, PLOS ONE
- Deryabin, Dmitry G.; Tolmacheva, Anna A.: Antibacterial and Anti-Quorum Sensing Molecular Composition Derived from Quercus cortex (Oak bark) Extract, in: Molecules, 20(9): 17093-17108, September 2015, MDPI
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