Das Einjährige Berufkraut ist in Deutschland als Neophyt aus Amerika weit verbreitet. Ein Tee aus der Pflanze dient als Mittel gegen Magen-Darm-Beschwerden und gegen Erkältungen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Erigeron annuus
- Volksnamen: Feinstrahl, Weißes Berufkraut
- Familie: Korbblütler (Asteraceae)
- Verbreitung: Ursprünglich Nordamerika, in Europa Neophyt, ebenso im Kaukasus, in China, Korea, Neuseeland, Panama und Nicaragua
- Verwendete Pflanzenteile: Kraut (Blätter und Triebspitzen), Blüten, Wurzeln
- Inhaltsstoffe: Bitterstoffe, Gerbstoffe, ätherisches Öl, Beta-Sitosterol (Phytosterol), Flavone (Apigenin)
- Anwendungsgebiete: Erkältungen, Entzündungen der Atemwege, Durchfall, Magen-Darm-Beschwerden, Ekzeme, Gicht, rheumatische Erkrankungen, Arthritis, Fieber, Entzündungen der Mundschleimhäute
Einjähriges Berufkraut – Eine Übersicht
- Der englische Name „Fleabane“, also „Floh-Vertreiber“, verweist darauf, dass das Einjährige Berufkraut eingesetzt wurde, um Ungeziefer zu bekämpfen.
- Die Pflanze wurde oft als Hausmittel in der Volksmedizin eingesetzt. Das liegt vermutlich an ihrem häufigen Vorkommen, denn die Wirkung ist als mild anzusehen.
- Einjähriges Berufkraut verbreitet sich schnell über viele Samen, die nicht aus einer Befruchtung entstanden sind (asexuell). Da der Neophyt in Europa keine natürlichen Feinde vorfindet und konkurrenzstark ist, kann er sich in entsprechendem Terrain ungestört vermehren.
- In seinem ursprünglichen Vorkommen in den nördlichen USA und dem Südosten Kanadas, ist das Einjährige Berufkraut ein typischer Graslandbewohner. In Europa breitet es sich als Pionierpflanze in gestörten und umgebrochenen Ökosystemen aus. Dazu gehören Baustellen, Mülldeponien, Schutthalden oder Ackerflächen.
- In Mitteleuropa gilt das Einjährige Berufkraut als invasiver Neophyt, der einheimische Pflanzen verdrängt.
- Wechseljahresbeschwerden bei Frauen kommen unter anderem aufgrund von Störungen des hormonellen Gleichgewichts der weiblichen Geschlechtshormone (Östrogene) vor. Einjähriges Berufkraut enthält Beta-Sitosterol. Dieser pflanzliche Stoff deckt an Östrogenrezeptoren an und könnte einen zu hohen ebenso wie einen zu niedrigen Spiegel des Hormons ausgleichen.
- Das alte Wort „berufen“ bedeutete „hexen oder magische Kräfte herbeirufen“. Berufkräuter sollten vor bösem Zauber schützen und Heilwirkungen sollten „berufen“ werden können.
- Das Einjährige Berufkraut wird von Indigenen Nordamerikas genutzt, um Durchfall und Magen-Darm-Erkrankungen zu behandeln.
Inhaltsstoffe
Die Wurzeln enthalten ätherisches Öl mit Komponenten wie Beta-Elemen, Beta-Eudesmal, Alpha-Cadinol, Lachnophyllum Ester, Matricaria Ester, Phenole und Säuren. Eine polnische Studie wies 2009 einen hohen Anteil an Polyacetylenen nach.
Eine koreanische Studie identifizierte 2008 mehrere bioaktive Komponenten: Beta-Sitosterol, Daidzein, Apigenin, Apigenin 7-o-Beta-D-Glucuronid, 3-Hydroxy-Pyran4-one sowie Beta-Sitosterol Glucosid.
Medizinische Wirkungen
Acetylene im Einjährigen Berufkraut wirken bioaktiv, sie bekämpfen für die Pflanze pathogene Pilze und Mikroben. Tendenziell gelten ihre Wirkmechanismen auch im menschlichen Organismus. Valide Studien dazu, ob und wie sich diese Eigenschaften für die Medizin nutzen lassen, stehen aber noch aus.
Der in der Pflanze vorhandene Stoff Apigenin wirkt antioxidativ und hemmt Entzündungen. Er kann die Blut-Hirn-Schranke passieren und an Rezeptoren für einen Botenstoff andocken, der an den Prozessen im Gehirn beteiligt ist, die entspannen und beruhigen.
Apigenin fördert die Neurotransmitter Serotonin und Dopamin. Das steigert erstens das Wohlbefinden und zweitens das Gedächtnis.
Einjähriges Berufkraut zieht zusammen, treibt Schweiß und löst zähen Schleim. Es kräftigt allgemein die Körperfunktionen.
Die Gerbstoffe ziehen zusammen, bei oraler Einnahme reinigt das Einjährige Berufkraut den Darm und verfestigt Durchfall. Bäder mit einem Aufguss des Krauts helfen gegen Hautentzündungen.
Eine koreanische Studie fand 2013 heraus, dass oral eingenommene Extrakte aus den Wurzeln des Einjährigen Berufkrauts akute Entzündungen bremsen. Den Forschenden zufolge könnten weitere Studien aufklären, inwieweit die Pflanze geeignet ist, um entzündliche Erkrankungen zu behandeln.
Eine andere koreanische Studie erkannte 2018, dass ätherisches Öl aus Erigeron annuus die Hautregeneration fördert.
Die medizinischen Wirkungen des Einjährigen Berufkrautes gelten als milde – auch in den Hausmitteln der Volksheilkunde. Andere Pflanzen entfalten intensivere Wirkungen gegen Erkältungen und entzündliche Erkrankungen, unter anderem Salbei.
Einjähriges Berufkraut sollte dennoch nicht verachtet werden. Es ist häufig und lässt sich einfach sammeln. Es treibt den Harn und regt die Tätigkeit der Nieren an, und es stärkt nach einem überstandenen grippalen Effekt.
Auch die Wirkung auf der Haut gegen Entzündungen, wie zum Beispiel Ekzeme, ist durchaus vorhanden. Insofern lohnt es sich, zu Tee verarbeitete Pflanzen in der Hausapotheke zu haben.
Einjähriges Berufkraut gegen Übergewicht?
2019 kam eine koreanische Studie zu dem Schluss, dass ein Wasserextrakt aus Einjährigem Berufkraut Übergewicht ebenso vorbeugen kann wie dem durch Übergewicht verursachten metabolischen Syndrom. Zukünftige Studien müssten die für diesen Effekt verantwortlichen Einzelstoffe identifizieren.
So könnte genauer untersucht werden, ob sich Berufkrautextrakt eignet, um in Produkten gegen Übergewicht eingesetzt zu werden. Zum Beispiel als „functional food“.
Anwendungen in Volksmedizin und Medizingeschichte
Bäder in einem Sud mit Berufkraut sollten Kleinkinder vor dem bösen Blick schützen. Menschen mit psychischen Auffälligkeiten sollten die Pflanze auf die Stirn legen oder unter dem Hut tragen.
Verbreitet war auch die Vorstellung, Krankheiten in die Pflanze zu „bannen“. Aus dem erkrankten Menschen sollten die „bösen Kräfte“ dann auf die Pflanze übergehen.
Meist wurde und wird das Kraut aber zu Tee verarbeitet. Das blühende Kraut oder die ganze Pflanze wird dafür frisch oder getrocknet mit heißem Wasser aufgebrüht, einige Minuten ziehen gelassen und dann eingesetzt.
Der Tee wird gegen Entzündungen in Mund, Zahnfleisch und Rachen gegurgelt, ebenso gegen Halsentzündungen und grippale Infekte. Er treibt vor allem den Schweiß und löst den Schleim, der sich bei Erkältungen im Nasenraum bildet.
Worauf müssen Sie achten – Unverträglichkeiten
Sie dürfen Produkte aus Berufkräutern nicht verzehren, wenn Sie unter einer Allergie gegen Korbblütler leiden. Diese äußert sich bei Hautkontakt als Rötung und Jucken, bei der oralen Aufnahme durch Brechreiz und Atembeschwerden.
Treten solche Symptome auf, sollten Sie die Finger vom Einjährigen Berufkraut lassen. Bei anhaltenden oder schweren allergischen Symptomen begeben Sie sich umgehend in ärztliche Behandlung.
Berufkraut in der Küche
Die Pflanze lässt sich essen. Sie ist ungiftig und schmeckt würzig, dabei etwas bitter.
Altes Laub hat eine zähe Konsistenz und schmeckt so intensiv, dass es sich kaum noch genießen lässt. Deswegen werden vor allem die jungen Blätter und Triebspitzen kulinarisch verwertet.
Diese lassen sich in Wildkräutersalaten oder Smoothies einsetzen. Die Blätter und Blüten lassen sich auch gut in einem Öl verarbeiten. Dieses Öl können Sie sowohl zur Hautpflege wie zum Kochen nutzen.
Womit lässt sich das Einjährige Berufkraut verwechseln?
Zur Blütezeit lässt sich die Pflanze mit Margeriten- und Kamillen-Arten verwechseln und zudem mit anderen Berufkräutern wie dem Scharfen Berufkraut oder dem Kanadischen Berufkraut. Ein Kennzeichen des Einjährigen Berufkrauts sind die Zungenblüten, die kaum länger sind als die Röhrenblüten.
Von der Kamille lässt es sich gut unterscheiden, da das Berufkraut ungeteilte und grob gezähnte Blätter aufweist. Die der Kamille hingen sind fiederteilig.
Wo wächst das Einjährige Berufkraut?
Das Einjährige Berufkraut ist bei uns eine charakteristische Ruderalpflanze auf Flächen mit lockerer Vegetation. In größeren Mengen besiedelt es Bahngleise, Straßenränder, Autobahnstreifen, die Ufer von Flüssen und Bächen, Wiesen, Weiden und Auwäldern, Felder und Äcker, Gärten, städtische Grünflächen und sogar Flachdächer.
Es braucht Licht und einen nährstoffreichen Boden. Findet es beides vor, vermehrt es sich stark. Aber auch bei anderen Standortbedingungen kann sich das Einjährige Berufkraut erfolgreich ansiedeln.
Wie bei vielen erfolgreichen Neophyten ist der Mensch hauptverantwortlich für die große Verbreitung. Die Pflanze siedelt bevorzugt in gestörten oder zerstörten Habitaten und findet sich als einer der ersten Pioniere in Baugruben, Abbauflächen, auf Müllhalden, Parkplätzen oder Gewerbeflächen.
Heutransport verbreitet die Samen, illegales Ablagern von Grünschnitt siedelt die Pflanzen in neuen Gebieten an. Erde mit den Pflanzen wird durch Schuhsohlen und Fahrzeugreifen verteilt.
Ökologische Probleme mit dem Einjährigen Berufkraut
Generell gilt: Sogenannte invasive Neophyten zeigen vor allem, dass Ökosysteme schnell und umfassend gestört oder sogar zerstört werden können. Invasiv werden solche Pflanzen dann, wenn bestehende Arten (natürlichen Vorkommens) nicht mit ihnen konkurrieren können und verdrängt werden.
So ist es auch beim Einjährigen Berufkraut. Problematisch wird es, wenn das Einjährige Berufkraut auf Weiden und Magergraswiesen vordringt.
Magerwiesen entstanden historisch durch die Beweidung mit Schafen, Ziegen, Pferden und Rindern. Dieser in Mitteleuropa durch die Weidekultur entstandene wichtige Lebensraum wird immer seltener, da die Viehweide verschwindet, durch die solche Habitate entstanden beziehungsweise entstehen.
In diesen seltenen Lebensräumen können Neophyten, wie das Einjährige Berufkraut, tatsächlich eine Bedrohung für seltene Pflanzenarten darstellen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Yoon-He Choi, Ok-Wan Lee, Yulong Zhen et al.: Erigeron annuus (L.) Pers. Extract Inhibits Reactive Oxygen Species (ROS) Production and Fat Accumulation in 3T3-L1 Cells by Activating an AMP-Dependent Kinase Signaling Pathway; in: Antioxidants, Volume 8, Issue 5, Seite 139, 2019, mdpi.com
- Mi Jeong Jo, Jong Rok Lee, Il Je Cho et al.: Roots of Erigeron annuus Attenuate Acute Inflammation as Mediated with the Inhibition of NF-κB-Associated Nitric Oxide and Prostaglandin E2 production; in: Evidence Based Contemplary Alternative Medicine, Volume 2013, 2013, hindawi.com
- Do-Yoon Kim, Kyung Jong Won, Dae II Hwang et al.: Chemical Composition of Essential Oil from Erigeron annuus (L.) Pers. Flower and its Effect on Migration and Proliferation in Keratinocyte; in: Journal of Essential Oil bearing plants, Volume 21, Issue 5, 2018, tandfonline.com
- Jolanta Nazaruk, Danuta Kalemab: Chemical Composition of the Essential Oils from the Roots of Erigeron acris L. and Erigeron annuus (L.) Pers.; in: Molecules, Volume 14, Issue 7, Seiten 2458-2465, 2009, mdpi.com
- Nam Hee Yoo, Dae Sik Jang, Jin Sook Kim: Phytochemical Constituents of the Roots of Erigeron annuus; in: Journal of Korean Science Applied Biological Chemistry, Volume 51, Issue 4, Seiten 305-308, 2008, koreasciene.kr
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