Der Blaue Eisenhut (Aconitum napellus) gilt als giftigste Pflanze in Deutschland und Mitteleuropa. Bereits sehr geringe Dosierungen führen zu einem qualvollen Tod durch Atemlähmung, Herzversagen und Kreislaufkollaps. Dennoch diente sie in der traditionellen Medizin als Arzneimittel. Heute werden Inhaltsstoffe des Eisenhuts vor allem in homöopathischer Verdünnung gegen Neuralgien eingesetzt.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief zum Eisenhut
- Wissenschaftlicher Name: Aconitum napellus (Blauer Eisenhut)
- Volksnamen: Wolfsgift, Wolfskraut, Wolfstod, Fuchswurzel, Teufelswurz, Teufelskappe, Blaue Mönchskappe, Ziegentod, Pfaffenmütze, Fischerkappe, Kappenblume, Würgling, Apollonienkraut, Echter Sturmhut, Blaukappen, Helmblume, Venuswagen, Giftkraut, Blauer Fingerhut, Helmgiftkraut, Reiterkappe
- Pflanzenfamilie: Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae)
- Vorkommen: Der Blaue Eisenhut eine Pflanze der Alpen und der Mittelgebirge Europas, besiedelt Gebirgswälder, Bachläufe, Feuchtwiesen und Schattenplätze. Vereinzelt besiedelt er auch das Tiefland. Aufgrund ihrer Schönheit ist die Giftpflanze auch in Gärten beliebt und kommt in der Kulturlandschaft, in Parks und ebenso an Wegrändern vor.
- Verwendete Pflanzenteile: Eisenhutknollen, seltener das Kraut
- Inhaltsstoffe: Diterpenalkaloide, Aconitsäure, Neopellin
- Anwendungsgebiete: Vor allem Nervenschmerzen, aber auch Fieber, Grippe und Erkältung.
Blauer Eisenhut – Inhaltsstoffe
Blauer Eisenhut enthält vor allem Diterpenalkaloide (0,2 bis ein Prozent), darunter Aconitin, Mesoaconitin und Hypaconitin, außerdem Aconitsäure und Neopellin. Aconitin ist eines der stärksten bekannten Pflanzengifte.
Wirkungen
Eisenhut wirkt
- analgetisch,
- lähmend,
- betäubend,
- neurotoxisch
- und kardiotoxisch.
Belege für die Wirkungen bei therapeutischen Anwendungen gibt es kaum – nur bei Nervenschmerzen gibt es Hinweise auf eine Wirksamkeit. Traditionell wird die Pflanze aber auch gegen Entzündungen, Fieber, Husten und Infektionen der Atemwege eingesetzt.
Eisenhut gegen Gesichtsneuralgien
Eisenhut ist so schwer zu dosieren, dass er als Arznei nicht mehr eingesetzt wird, außer in homöopathischen Dosen, in denen der Wirkstoff nicht mehr vorhanden ist. Dagegen wird das isolierte Alkaloid Aconitin in reiner Form und in einer Menge von 0,1 Milligramm bei Nervenschmerzen im Gesicht verwendet. Innerlich eingenommen liegt die tödliche Dosis beim Menschen vermutlich zwischen eineinhalb und vier Milligramm.
Eisenhut – Gift
Schon ein bis vier Gramm der Knolle beziehungsweise wenige Milligramm Aconitin führen beim Menschen zum Tod. Bei getrockneten Wurzelknollen liegt die letale Dosis sogar bei einem bis zwei Gramm. Vergiftungssymptome zeigen sich oft schon nach wenigen Minuten.
Aconitin wird über die Schleimhäute und auch sehr schnell über die Haut aufgenommen. Dazu bedarf es keiner äußeren Verletzung. Es überwindet die Blut-Hirn-Schranke und greift direkt die Nerven an. Eisenhut diente dazu, Wölfe und Füchse zu töten, es war eine der häufigsten Pflanzen für Suizide, Giftmorde und Hinrichtungen.
Alle Teile des Eisenhuts sind sehr giftig. Schon ein kurzer Kontakt mit der Haut führt zu Ausschlag. Weitere Symptome sind unter anderem
- Zungentaubheit,
- Übelkeit,
- wiederholtes Erbrechen,
- Durchfall in Kombination mit Koliken,
- extreme und wiederkehrende Krämpfe,
- starke Schweißausbrüche,
- Ohrensausen,
- Atemnot,
- Herzrhythmusstörungen
- und Lähmungen.
Ohne sofortige ärtzliche Hilfe führen bereits geringe Mengen zum Tod. Dieser setzt bei vollem Bewusstsein innerhalb von circa drei Stunden durch eine zentrale Lähmung der Atmung und/oder Herzversagen durch Kammerflimmern ein.
Vergiftungssymptome im Überblick
Vergiftungserscheinungen durch Blauen Eisenhut sind im Einzelnen:
- Verdauungsschäden: Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall
- Nervenstörungen: Taubheit, Lähmungen, Mundbrennen und Kribbeln im Mund, Parästhesien, Eiseskälte in der Haut und im Körperinneren, Gefühl, als würden die Blutgefäße mit Eiswasser gefüllt, Muskelschwäche, extreme Schmerzen
- Herz-Kreislauf: niedriger Blutdruck, Schwindel, Herzkammerflimmern, Palpitationen, Herzversagen, Kreislaufkollaps
- Atemwege: Kurzatmigkeit, Atemnot, Atemlähmung
Was tun bei einer Vergiftung?
Bei Verdacht auf eine Vergiftung sollten Sie sofort eine Giftnotrufzentrale anrufen. Besteht die Vermutung, dass es sich um Eisenhut handelt, muss sofort über die Rufnummer 112 ein Notruf getätigt werden. Gleiches gilt bei lebensbedrohlichen Symptomen wie Bewusstlosigkeit oder Krampfanfällen.
Notfallmaßnahmen unterliegen der notärztlichen Expertise beziehungsweise der Rettungskräfte. Entscheidungen, ob eine Magenspiegelung ansteht, ein Gegengift zugeführt, das Herz-Kreislauf-System durch Medikamente stabilisiert oder eine künstliche Beatmung durchgeführt wird, benötigen entsprechende Fachkenntnisse.
Erste Hilfe und Behandlung
Bei der notärztichen Behandlung wird meist versucht, ein sofortiges Erbrechen auszulösen und es erfolgt in der Regel die Gabe von medizinische Kohle (Aktivkohle), die im Magen das Gift neutralisieren soll. Durch das Gift ausgelöste Krämpfe lassen sich mit Benzodiazepinen wie Diazepam oder Midazolam sedieren.
Herzrhythmusstörungen werden mit Antiarrhythmika wie Lidocain behandelt. Atemstörungen lassen sich durch Intubation und die Beatmung mit Sauerstoff behandeln. Ein Herzschrittmacher und Defibrillator wird bereitgehalten, da die Atmung jederzeit versagen kann.
Aconitin
Die Wissenschaft weiß heute, wie Aconitin wirkt: Es steigert die Permeabilität reizbarer Membranen für Natriumionen, verlängert so den Natrium-Einstrom und verzögert die Repolarisation. Rezeptoren für Aconitin finden sich in Herz- und Nervenzellen. In kleinsten Dosen wirkt Aconitin erregend, in höheren Dosen lähmt es sensible und motorische Nervenenden sowie das zentrale Nervensystem.
Auf das Herz wirkt es, indem durch den Natrium-Kalzium-Austausch zuerst positive inotrope Effekte einsetzen, später Arrhythmien.
Aconitum – Eine Geschichte des Giftmords
Der giftige Eisenhut inspirierte bereits die Mythologie der griechischen Antike. So sollte er aus dem Speichel des dreiköpfigen Höllenhundes Zerberus entstanden sein, als Herakles diesen aus der Unterwelt an die Oberfläche brachte. Als der Speichel auf die Erde tropfte, wuchs daraus Aconitum, so der Mythos.
Die Sage hatte den realen Hintergrund, dass in der Antike der Giftmord mit Eisenhut verbreitet war, und in den griechischen Stadtstaaten stand deshalb der Besitz von Blauem Eisenhut unter Todesstrafe.
Der römische Schriftsteller Ovid (43 v. Chr. bis 17 n. Chr.) erwähnte Eisenhut als Gift der Schwiegermütter. Methoden waren, Pulver aus getrockneten Eisenhutwurzeln in Getränke zu schütten, dieses Pulver auf Kopfkissen zu streuen oder die Handschuhe des Opfers in einen Aconit-Extrakt zu tunken.
Hexen und Werwölfe
Das Alkaloid erregt die Nerven in kleinen Dosen und lähmt diese in größeren eingenommenen Mengen. An der Schwelle zwischen einer anregenden und (die Haut) lähmenden Wirkung kann es ein Gefühl entstehen lassen, als ob eine zweite Haut wachse. Historiker vermuten deshalb, dass Alkaloide von Nachtschattengewächsen (und auch die des Eisenhutes) Vorstellungen von Tierverwandlungen erklären, die zu den tradierten Vorstellungen über Hexen gehören: Die Betroffenen hatten demnach ganz real das Gefühl, dass ihnen das Fell einer Katze oder eines Wolfes wachse.
Giftversuch mit Todesopfer
Da Giftmörder Eisenhut einsetzten, versuchten sich die potenziellen Opfer mit Gegengiften zu schützen. Wie der italienische Arzt und Botaniker Pietro Andrea Mattioli (1501 bis 1577) in seinem “Kreuterbuch” berichtete, hatte Erzherzog Ferdinand ein „berühmt pulver wider allerley gifft“ gekauft und ließ es an einem zum Tode Verurteilten ausprobieren. Dieser sollte, falls das Gegengift wirkte, die Freiheit erhalten.
Der Verurteilte wurde gezwungen, Wurzeln, Blüten und Blätter des Blauen Eisenhuts zu essen, um zu testen, ob das kaiserliche Antidot wirkte. Nach zwei Stunden setzten bei dem Vergifteten starke Herzschmerzen ein, und er wurde immer müder. Ihm trat kalter Schweiß auf die Stirn und sein Puls fiel ab. Er bekam zu dem Zeitpunkt dann das in Wein gelöste Gegengift.
Doch es half nicht: „Da ers getruncken hat/verwandt er die Augen scheußlich/sperrete und zerrete das maul/krümmet den halß….und machte sich unrein. Darnach legt man jhn auff stroh/da klagt er/wie jhn Schauder oder Kälte anstiesse/nach dem brach er sich /und speyete viel stinckenden wust und gewässer auß von Farben gelb und bleich schwartz….starb also sanft ohn alle andere Zufälle und Bewegnuß/gleicherweise als entschlieff er. Das Antlitz wurde jhm bleichschwartz.“
Anerkannte medizinische Wirkungen von Eisenhut
Laut der selbstständigen wissenschaftlichen Kommission E, welche das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) berät, gibt es Hinweise auf die Wirkung des Eisenhuts beim Behandeln neuralgischer Beschwerden. So kann die Pflanze bei Nervenschmerzen im Gesicht in sehr geringer Dosis zum Einsatz kommen, am besten mittels äußerer Anwendung als Salbe. Die Schmerzlinderung tritt hier durch die Taubheit der Haut – ausgelöst durch die giftigen Alkaloide – ein. Nebenwirkungen wie Hautrötungen sind bei dieser Behandlung möglich.
Die Kommission E warnt aber, dass sich Präparate mit Eisenhut nur schwer dosieren lassen: Da wegen der geringen therapeutischen Breite Vergiftungen auch in eigentlich therapeutischen Dosierungen eintreten, stimmt die Kommission E daher gegen die Anwendung als Arzneimittel.
Das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist ebenfalls aufgrund der schwierigen beziehungsweise gefährlichen Dosierung gegen einen Einsatz von Blauem Eisenhut. Die Verschreibungspflicht durch das BfArM umfasst sämtliche Aconitum-Arten, alle Pflanzenteile und alle Aconitum-Alkaloide wie Derivate. Ausnahmen sind nur Salben und stark verdünnte homöopathische Zubereitungen. In letzteren sind die Alkaloide biochemisch nicht mehr nachweisbar und haben deshalb keine (toxische) Wirkung.
Traditionelle Chinesische Medizin und Ayurveda
In China und Indien dienen Salben mit Eisenhut als Mittel gegen Schmerzen, Neuralgien, Fieber und Entzündungen. Aconitum wird in Asien auch als Tee eingenommen. Aber Vorsicht: Diese Anwendungen beziehen sich meist auf asiatische und weniger giftige Verwandte des Blauen Eisenhuts.
Verwechslungsgefahr
Blauer Eisenhut lässt sich mit anderen Pflanzen verwechseln, und das führte, als die „Teufelswurz“ noch häufig war, immer wieder zum Tod von Menschen. Verwechseln lässt sich das tödliche Gift mit Küchenkräutern wie Beifuß, Wermut und Echtem Salbei.
Beim Echten Salbei (Salvia officinalis) ist das beste Unterscheidungsmerkmal der einzigartige und intensive Salbeigeruch der Blätter. Auch Beifuß hat einen charakteristischen Geruch und ist zudem von silbriger Farbe. Beim Wermut unterscheiden sich die Blätter durch eine grau-silbrige Farbe vom Eisenhut.
Es sind Fälle bekannt, in denen Menschen die Blätter irrtümlicherweise für Petersilie hielten und diese in Salat mischten. Die Wurzel des „Wolfstodes“ wurde auch mit der von Meerrettich und der von Sellerie verwechselt.
Eisenhut im Garten?
Wenn sich in Ihrem Garten kleine Kinder und Haustiere aufhalten, sollten Sie entweder gar keinen Eisenhut anpflanzen oder sich für diesen eine nicht zugängliche Stelle suchen.
Woher hat der Blaue Eisenhut seinen Namen?
Der Name „Blauer Eisenhut“ stammt von der Form und Farbe der Blüten. Diese sind blau und erinnerten die Namensgebenden an einen Hut, einen Helm oder eine Kappe – daher rühren auch Volksnamen wie Pfaffenmütze, Fischerkappe, Mönchskappe, Kappenhut, Blaukappen, Sturmhut, Helmblume, Helmgiftkraut oder Reiterkappe.
Namen wie Wolfswurz, Wolfstod, Wolfsgift, Ziegentod, Fuchswurzel oder Teufelswurz warnen hingegen vor der Giftwirkung des Hahnenfußgewächses. Apollonienkraut weist darauf hin, dass die Pflanze ein Mittel gegen Zahnschmerzen war, denn die Heilige Apollonia ist die Schutzpatronin der Zahnkranken. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Mattioli, Pietro Andrea; Camerarius, Joachim: Kreuterbuch desz hochgelehrten unnd weitberühmten Herrn D. Petri Andreae Matthioli, Frankfurt am Main, 1590, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
- Furbee, B.: Neurotoxic plants. In: Clinical Neurotoxicology: Syndromes, Substances, Environments, Elsevier Inc., 2009, Seite 523 ff.
- Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS): Giftpflanzen. Beschauen, nicht kauen. 2006, Landesprogramm Bildung und Gesundheit NRW
- Informationszentrale gegen Vergiftungen, Zentrum für Kinderheilkunde im Universitätsklinikum Bonn: Informationen über Pflanzen (Abruf: 18.8.2020), Giftzentrale Bonn
- Klenow, S.; Latté, K.P. ; Wegewitz, U.; Dusemund, B.; Pöting, A.; Appel, K.E.; Großklaus, R.; Schumann, R.; Lampen, A.: Risikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen Zubereitungen. BfR Wissenschaft 01/2012, BfR
- Tai, Chi-Jung; El-Shazly, Mohamed; Wu, Tung-Ying et al.: Clinical Aspects of Aconitum Preparations, in: Planta Medica 2015; 81 (12/13): 1017-1028, Thieme
- Piltan, Daryoush; Rist, Lukas; Simões-Wüst, Paula; Saller, Reinhard: Test of a Homeopathic Dilution of Aconitum napellus. A Clinical, Randomized, Double-Blind, Controlled Crossover Study in Healthy Volunteers, in: Forschende Komplementärmedizin, 16: 168–173, 2009, Karger
- Cox, P.A.: Nervous System and Behavioral Toxicology, in: Comprehensive Toxicology, 2010, ScienceDirect
- Strzelecki, Antoine; Pichon, Nicolas; Gaulier, Jean M.: Acute Toxic Herbal Intake in a Suicide Attempt and Fatal Refractory Ventricular Arrhythmia, in: Basic & Clinical Pharmacology & Toxicology, 107/2: 698-699, August 2010, Wiley Online Library
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