Die Gattung Euphorbia umfasst weltweit mehr als 2000 Arten, die an den verschiedensten Standorten wachsen. Auch sehen sie sehr unterschiedlich aus: neben typischen kraut- und strauchartigen Wuchsformen erinnern manche an Bäume oder kleine Kakteen. Gemeinsam ist ihnen die „Wolfsmilch“, ein giftiger Milchsaft, der dazu dient, Insekten und Fressfeinde abzuwehren.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Euphorbia
- Volksnamen: Die zahlreichen Arten haben unzählige Volksnamen. Deutsche Volksnamen, die für mehrere Spezies verwendet werden, nehmen oft Bezug auf die Giftigkeit des Milchsaftes: Hexenmilch, Giftmilch, Scharfe Wolfsmilch, Krötenkraut. Andere Namen verweisen auf die Anwendung in der Volksmedizin: Krätzekraut, Brechwurz oder Warzenkraut.
- Familie: Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae)
- Verbreitung: Die diversen Arten der Gattung sind nahezu weltweit vertreten.
- Verwendete Pflanzenteile: In der Volksmedizin die Samen und der Milchsaft, der als „Wolfsmilch“ bezeichnet wird. Samen und Saft sind sehr giftig; Euphorbia sollte nur in Fertigpräparaten mit genauer Dosierung genutzt werden.
- Inhaltsstoffe: Flavonole (besonders Quercetin), Diterpenester, Sterole, Fettalkohole, Kautschuk, ätherische Öle, Apfel-, Gallus- und Weinsäure, Triterpene, Harze, Bitterstoffe
- Anwendungsgebiete: In der Volksmedizin ist Wolfsmilch vor allem ein Abführmittel oder auch ein Brechmittel. Beides sind Reaktionen auf eine (leichte) Vergiftung. Außerdem dient es als Mittel gegen Warzen, Hühneraugen und Schwielen, Hautauschlag, Hautgeschwüre und Ekzeme. Auch gegen entzündliche Erkrankungen der Atemwege, Insektenstiche und Befall mit inneren und äußeren Parasiten wird Wolfsmilch traditionell angewandt.
Euphorbia – Eine Übersicht
- Die Gattung Euphorbia, auch Wolfsmilch genannt, ist sehr vielfältig. Die vielen, weltweit verbreiteten Arten weisen eine große Fülle unterschiedlicher Wuchsformen auf.
- Viele Euphorbia-Arten haben dicke Blätter und Stängel, die das Wasser speichern (Sukkulenten). Sie wachsen auch in trockenen Regionen, wie auf Felsen und in Halbwüsten.
- In Mitteleuropa wachsen über 40 Arten der Gattung Euphorbia. In Deutschland häufige Arten sind beispielsweise Sonnenwend-Wolfsmilch (Euphorbia helioscopia), Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) und Garten-Wolfsmilch (Euphorbia peplus).
- Strauch- oder baumartige Euphorbia-Arten sowie die an Trockenheit angepassten Sukkulenten kommen fast nur in den Tropen oder Subtropen vor. Wolfsmilchspezies in gemäßigten Breiten wachsen hingegen fast alle als krautige Pflanzen.
- Die Pflanze heißt „Wolfsmilch“, weil der austretende giftige Milchsaft als „so gefährlich wie ein Wolf“ galt, beziehungsweise als so „scharf wie Wolfszähne“. Milch heißt der Pflanzensaft wegen seiner weißen Farbe.
- So unterschiedlich die Arten der Gattung Euphorbia auch sind, ist den Pflanzen der toxische Milchsaft gemeinsam. Dieser wirkt auf Menschen wie Tiere giftig: Dennoch oder gerade deswegen wird er in der Volksmedizin gegen mannigfache Leiden eingesetzt. Er enthält verschiedenste, medizinisch wirksame Stoffe.
- Manche dieser Stoffe wirken antibakteriell und versprechen ein Potenzial für Krebsmedikamente.
Wolfsmilch– Inhaltsstoffe
Euphorbia-Arten enthalten eine Fülle bioaktiver Pflanzenstoffe. Dazu zählen:
Flavonole (besonders Quercetin), Diterpenester, Sterole, Fettalkohole, Kautschuk, ätherische Öle, Apfel-, Gallus- und Weinsäure, Triterpene, Harze, Bitterstoffe.
Medizinische Wirkungen
Die toxische Milch wirkt gegen Zecken (Zeckenbiss), Milben und andere Hautparasiten. Sie greift viele Bakterien an, treibt den Harn, reizt die Haut und wirkt als Abführ- und Brechmittel.
In einem Review (2019) wurde festgehalten: Arten der Gattung Euphorbia werden rund um die Welt in der Volksmedizin eingesetzt, vor allem in der Traditionellen Chinesischen Medizin. Ätherische Öle, Extrakte und isolierte Komponenten der Pflanzen finden sich in zahlreichen Arzneimitteln und medizinischen Anwendungen. Sie entfalteten eine Fülle biologischer Aktivitäten und ließen sich potenziell im Gesundheitswesen nutzen. Allerdings fehlen intensive Studien für wissenschaftliche Belege.
Euphorbia-Spezies enthalten laut dieser zusammenfassenden Arbeit mehr als 80 pflanzliche Chemikalien. In Extrakten ließen sich Sesquiterpene, Diterpene, Sterole, Flavonoide und andere Polyphenole nachweisen. Diese Stoffe seien bekannt dafür, dass sie sich gegen Entzündungen, Krebs und Infektionen durch Mikroben einsetzen ließen. Isolierte Stoffe aus Wolfsmilch ließen sich zudem in Produkten einsetzen, die ein gesundes und langes Leben fördern.
Eine andere Studie (2018) zeigte, dass die oberirdischen Teile von Euphorbia characias subsp. wulfenii (Wulfens Wolfsmilch) wundheilende und antientzündliche Prozesse auslösen.
Die Terpene in Euphorbia-Pflanzen
Terpene als Hauptbestandteil ätherischer Öle sind sekundäre Stoffe in Pflanzen, bestimmten Insekten und Pilzen. Pflanzen nutzen sie nicht nur zum Anlocken von Insekten, sondern auch für die Kommunikation untereinander.
Triterpene (bestehend aus drei Terpeneinheiten) kommen in vielen Pflanzen und auch in Pilzen vor. Sie werden in Arzneimitteln und Kosmetika genutzt, denn sie bekämpfen Bakterien und hemmen Entzündungen. Sie helfen, den Blutdruck und den Cholesterinspiegel zu senken und schützen die Leber. Außerdem halten sie das Blut flüssig und können laut verschiedener Studien (Pharmazeutische Zeitung, 2006) das Wachstum bestimmter Krebszellen hemmen und gegen Schmerzen wirken.
Eine Therapieoption mit Ingenolmebutat (Diterpen), das aus dem Pflanzensaft der Garten-Wolfsmilch (Euphorbia peplus) gewonnen wird, gegen aktinische Keratose wurde in einer Studie (2012) belegt. Bei der Erkrankung handelt es sich um eine durch intensive Einwirkung von UV-Strahlung verursachte Präkanzerose (Gewebsveränderung mit erhöhtem Risiko für eine bösartige Entartung). In den USA ist das Ingenolmebutat-Gel zugelassen, während 2020 in der EU die Zulassung zurückgenommen wurde, aufgrund eines erhöhten Hautkrebsrisikos.
In einer wissenschaftlichen Studie (2012) wurde gezeigt, dass sich Euphorbia-Diterpene die Multidrogen-Resistenz bei Kolon-Adenokarzinomen umdrehen und somit eine Krebstherapie positiv beeinflussen könnten. Insgesamt fehlen aber noch systematische Studien und weitere Belege zu Wirkung und Nutzen von Euphorbia bei der Behandlung von Krebs.
Wolfsmilch in der Volksmedizin
Die Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) spielte schon vor Jahrtausenden eine Rolle als Heilkraut. Der griechische Arzt Dioskurides verwendete Milchsaft und Frucht, um abzuführen und Zahnschmerzen zu behandeln. In Europa war bis in die Neuzeit „Euphorbium“ ein Medikament aus dem getrockneten Saft der Wolfsmilch. Dieses wurde äußerlich aufgetragen bei Erkrankungen wie Hautausschlag, Ekzemen oder Hauttumoren.
Der englische Name der Gattung lautet „spurge“ und weist darauf hin, dass die Wolfsmilch als Abführmittel diente.
In Europa wird heute der Milchsaft in der Volksmedizin kaum noch eingesetzt und nur dann, wenn keine weniger giftigen Mittel zur Verfügung stehen. Er dient dann vor allem als Mittel gegen Verstopfung.
Je nach Dosierung wirkt der Saft leicht abführend bis hin zu wässrigem Durchfall, der zudem mit Erbrechen verbunden ist. Dies ist ein Anzeichen der erfolgten Vergiftung. In der Vergangenheit wurde Wolfsmilch auch eingenommen, um unerwünschte Föten abzutreiben. Solche Experimente hatten oft schwere und tödliche Vergiftungen zur Folge.
Weltweit wird der Milchsaft vieler Euphorbia-Arten heute noch eingesetzt, um Beschwerden des Bindegewebes und der Haut zu behandeln. Dies umfasst das Verätzen von Warzen und Entfernen von Verschorfungen, das Behandeln von Hautentzündungen, Ekzemen, Sonnenbrand, Schuppenflechte und Krätze. Generell werden der Milchsaft und das Gummiharz (Gummi) von Euphorbia-Pflanzen zum Heilen äußerer Wunden eingesetzt.
In einem Review (2020) wurden folgende Anwendungen von Euphorbia-Arten in der Volksmedizin erwähnt:
- Infektionen der Atemwege,
- Körper- und Hautreizungen,
- Verdauungsprobleme,
- entzündliche Erkrankungen,
- Schmerzen,
- durch Mikroben verursachte Krankheiten,
- Schlangenbisse,
- Skorpionstiche,
- Beschwerden während der Schwangerschaft,
- Störungen der Sinnesverarbeitung.
Weitere Verwendungen waren gegen Endoparasiten (Bandwurm und Spulwurm), sowie gegen Ektoparasiten wie Zecken, Milben, Läuse und Flöhe (Flohbisse).
Erkenntnisse zur traditionellen Anwendung von Euphorbia-Arten im Jemen, genauer gesagt im dortigen Hajja Distrikt, wurden in einer Veröffentlichung (2017) dargestellt: Die Pflanzen wurden gegen Malaria, Typhus und Tumore eingesetzt sowie um den Magen zu säubern und Bauchschmerzen zu lindern.
Ein anderes Review (2017) fasst zusammen, dass rund fünf Prozent der Euphorbia-Arten medizinisch genutzt werden. In Indien würden sie eingesetzt, um Asthma und Entzündungen der Atemwege zu behandeln; in Angola gegen Hautunreinheiten, Tumore, Asthma, Husten, Tripper und Ruhr.
Wie giftig ist Wolfsmilch?
Wolfsmilch enthält diverse Di- und Triterpenester, die sich bei den einzelnen Arten in ihrer Struktur unterscheiden. Diese Triterpenester bewirken, dass der Milchsaft, je nach Konzentration der einzelnen Stoffe, schwach bis extrem ätzend ist. Die Flüssigkeit reizt die Haut und ruft bei direktem Kontakt Entzündungen an den Schleimhäuten hervor, etwa an Augen, Nase und Mund.
Diese Entzündungen können äußerst schmerzhaft sein. Zum Beispiel ist der Diterpenester Resiniferatox (kurz:RTX) bis zu 100.000-fach stärker reizend als Capsaicin, dem „Scharfmacher“ der Chilis.
Bereits ein leichter Druck kann bei winzigen Verletzungen der Pflanze zum Austreten des Saftes führen. Auf der Haut löst er Rötungen aus und kann zu schweren allergischen Reaktionen führen. Bei Augenkontakt kann die Binde- und Hornhaut ernsthaft geschädigt werden.
Wer mit Wolfsmilch als Zierpflanze oder im Garten umgeht, sollte immer Handschuhe anziehen . Kultivierte Euphorbia-Arten enthalten dabei weniger der ätzenden Stoffe als Wildpflanzen.
Euphorbia als Zierpflanze
Viele Wolfsmilcharten sind als Zierpflanzen beliebt. Dazu gehören zum Beispiel Christusdorn und Weihnachtsstern. Im Garten wurden in den letzten Jahren auch Mandelblättrige Wolfsmilch, Vielfarbige Wolfsmilch und Walzen-Wolfsmilch populär. Liebhaber von Pflanzen aus Trockenzonen schätzen dickblättrige Arten wie Euphorbia meloformis.
Fazit
Der Milchsaft der Gattung Wolfsmilch sollte aufgrund seiner Giftigkeit nicht als Hausmittel bei Erkrankungen eingesetzt werden. Greifen Sie auf Fertigarzneien mit Euphorbia zurück, die die entsprechenden bioaktiven Stoffe in harmloser Dosierung enthalten (homöopathische Arzneimittel). (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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