Der Faulbaum trägt seinen Namen aufgrund des leicht fauligen Geruchs, der aus der Rinde austritt. Gerade diese Rinde ist indessen getrocknet ein gutes Abführmittel, wirkt auf den Dickdarm und lässt sich gegen eine akute Verstopfung einsetzen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Frangula alnus Mill. (synonym: Rhamnus frangula L.)
- Volksnamen: Pulverholz, Schießbeere, Grindholz, Zapfenholz, Zweckenholz, Gelbholz, Brechwegdorn, Glatter Wegdorn, Amselbaum, Zweckenbaum
- Familie: Kreuzdorngewächse (Rhamnaceae)
- Verbreitung: Europa und Kleinasien, von Marokko bis Westsibirien, häufig in England und Wales, feuchtkühle Wälder und kalkarme Moorböden
- Verwendete Pflanzenteile: Die Rinde
- Inhaltsstoffe: Anthrachinonglykoside (Emodin, Glukofrangulin, Chrysophanol), Saponin, Rhamnoxanthin, Bitter- und Gerbstoffe
- Anwendungsgebiete: Abführmittel, Verdauungsbeschwerden, historisch auch äußerlich gegen Krätze und andere Hauterkrankungen; die frische Rinde diente historisch als Brechmittel, davon ist aber wegen ihrer Giftigkeit abzusehen.
Faulbaum – eine Übersicht
- Die Rinde des Faulbaums ist ein traditionelles Mittel gegen Verdauungsbeschwerden und Hämorrhoiden.
- Frische Rinde, Früchte und Blätter des Baumes sind allerdings giftig, lösen Übelkeit, Koliken und Erbrechen aus. Deswegen muss die Rinde ein Jahr gelagert werden, bevor diese eingesetzt werden kann.
- Die Rinde diente dazu, Haare und Kleidung zu färben; Holzkohle aus Faulbaumrinde wurde genutzt, um Schießpulver herzustellen.
- Der Name Faulbaum leitet sich vom leicht fauligen Geruch der Rinde ab. Dieser schützt das Holz vor Wildverbiss.
- Der lateinische Gattungsname Frangula steht für „zerbrechlich“ und bezieht sich auf das brüchige Holz des Strauches.
- Der Faulbaums hat gelbes Splintholz und gelbrotes Kernholz. Aus dem Holz wurden Holznägel, Zapfen (Zapfenholz) und Schuhstifte produziert.
- Durch seine lange Blühzeit ist der Faulbaum eine wichtige Futterquelle für Insekten – unter ihnen auch stark gefährdete Arten.
Inhaltsstoffe
Die Rinde enthält bis zu sieben Prozent Anthranoide. Sie verfügt über Anthrachinonglykoside (Emodin, Glukofrangulin, Chrysophanol), Saponin, Rhamnoxanthin, Bitter- und Gerbstoffe. Zudem sind Peptidalkaloide vorhanden.
Medizinische Wirkung
Faulbaum (die getrocknete Rinde) enthält die Anthranoiddrogen in oxidiertem Zustand. Dadurch können sie besser Wasser aufnehmen als nicht oxidierte Anthranoide.
Die medizinischen Effekte der getrockneten Rinde, beziehungsweise des Rindenpulvers, sind nicht abschließend erforscht. Vermutet wird, dass die Hydroxyanthracenderivate den Dickdarm stimulieren, was zu einem schnelleren Transport des Darminhalts führt.
Die Stoffe könnten aber auch verhindern, dass die Zellen der Darmwände Wasser und Salz absorbieren; zugleich fördern sie das Ausstoßen von Sekreten im Darm. Diese Wechselwirkung führt zu einer hohen Konzentration von Salzen und Wasser in dem entsprechenden Teil des Darms, so wird der Stuhl weicher und das Volumen im Darm nimmt zu.
In einer Pharmakologische Untersuchung des Laboratorium voor Farmaceutische Biologie en Fytofarmacologie an der KU Leuven in Belgien wurde 1993 herausgefunden, wie Anthranoidderivate auf die Verdauung wirken: Die Anthranoide der Faulbaumrinde binden sich an pflanzliche Zuckermoleküle und gelangen so in den Dickdarm.
Dort spalten bakterielle Enzyme den Zucker ab und aktivieren so die zuvor gebundenen Anthranoide. Diese können dann auf die Darmschleimhäute wirken und verhindern, dass diese Wasser und Salze (rück-) resorbieren. Mit einer zusätzlich geförderten Sekretion von Wasser und Elektrolyten in den Darm kommt es hier zu einer vermehrten Ansammlung, was wiederum das Entleeren des Darms anregt.
Die Europäische Arzneimittelagentur hält die Wirksamkeit der Rinde für belegt: Die Arzneien aus Faulbaumrinde sind demzufolge effektive Abführmittel bei Verstopfung.
Medizinische Anwendungen
Verschiedene pflanzliche Arzneien enthalten Faulbaumrinde mit einem standardisiertem Anteil an Hydroxyanthracenderivaten. Sie sind erhältlich als Tee, als Pulver oder in fester Form.
Mittel, die Faulbaumrinde enthalten, finden sich auch als Mischung mit anderen pflanzlichen Substanzen. Die von den Stämmen und Ästen geschälte Rinde wird bei 80 bis 100 Grad Celsius getrocknet und danach ein Jahr gelagert. Um laut Europäischem Arzneibuch anerkannt zu werden, muss das Produkt mindestens sieben Prozent Glucofranguline enthalten.
Die Europäische Arzneimittelagentur erörtert: Die medizinisch wirksamen Anthrachinon- und Dianthronderivate bilden sich erst durch das Trocknen und Lagern, denn in diesem Prozess spaltet sich Zucker ab, und die Glucofranguline oxidieren.
Die entstandenen Faulbaumrindenpräparate lassen sich kurzzeitig gegen akute Verstopfung einsetzen. Sie sollten nur von Erwachsenen und Jugendlichen über zwölf Jahren genutzt werden und das nicht länger als eine Woche.
Sie setzen einen Teelöffel der zerkleinerten Rinde mit einer Tasse kalten Wassers an, kochen die Mischung auf, seihen Sie ab und trinken den Tee heiß nach den Mahlzeiten und / oder vor dem Schlafengehen.
Faulbaum in der Volksmedizin
In der Volksmedizin wurde (und wird bis heute) zerkleinerte und getrocknete Faulbaumrinde als Tee eingesetzt, um das Blut zu reinigen und Gewicht zu reduzieren. Der Tee gilt als Mittel gegen Leiden der Leber und Galle, als Arznei gegen Darm- und Magenwürmer, gegen Wassersucht und Verdauungsprobleme.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen
Schwangere, Stillende und Menschen unter zwölf Jahren sollten keine Faulbaumrinde verzehren. Faulbaumrinde sollte nicht länger als eine Woche eingenommen werden, beziehungsweise bei längerem Gebrauch nur auf ärtzlichen Rat.
Da die Anthranoide die Aufnahme von Mineralien hemmen, führt eine längere Einnahme zu einem Mangel an Mineralstoffen wie zum Beispiel Kalium, und zu einem Mangel an Flüssigkeit. Kaliummangel wiederum löst Störungen der Herzfunktionen und der Muskeln aus.
Durch Daueranwendung verkehrt sich der Effekt zudem ins Gegenteil: Die Darmtätigkeit wird nicht gefördert, sondern Darmträgheit tritt ein. Sehr selten kommt es auch bei eigentlich richtigen Dosierungen zu krampfartigen Bauchschmerzen – meist erfolgen diese Koliken indessen in Folge einer Überdosierung.
Harmlos ist derweil eine gelblich-braune Färbung des Urins nach dem Konsum von Faulbaumrinde: Die Rinde diente historisch sogar als Färbemittel für Haare und Kleidung.
Faulbaumrinde als Arznei gegen Darmbeschwerden hilft nicht bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und auch nicht bei einem Darmverschluss oder -vorfall. In den letzten beiden Fällen handelt es sich um einen medizinischen Notfall, bei dem unverzüglich ärztliche Hilfe benötigt wird.
Faulbaum und andere entwässernde Mittel (Diuretika) und Abführmittel verstärken sich gegenseitig, weshalb eine gleichzeitige Einnahme vermieden werden sollte. Wenn Sie Kortison oder Herzglykoside (gegen Herzinsuffizienz) einnehmen, darf gleichzeitig keine Faulbaumrinde angewandt werden. Auch ist Faulbaumrinde bei einer vorliegenden Muskelschwäche kontraindiziert.
Faulbaum ist giftig
Eine kroatische Studie (2015) zu den Antioxidantien und der Giftigkeit der Faulbaumrinde erläutert: Wegen der toxischen Wirkung sollten Faulbaumpräparate mit Vorsicht eingenommen werden.
Früchte, Blätter und die frische Rinde des Faulbaums sind giftig. Vergiftungen treten heute nur selten auf, einerseits wenn Kinder versehentlich die Früchte essen, oder durch den Einsatz frischer Rinde als Abführmittel. Symptome einer Vergiftung durch Faulbaum sind Erbrechen, Übelkeit, starke Bauchschmerzen und wässriger Durchfall, in dem Blut enthalten ist.
Standort und Verbreitung
Der Faulbaum findet sich in weiten Teilen Europas. Er fehlt im Süden des Balkans sowie in Sizilien, Sardinien, Korsika und im Südosten Spaniens. Auch im hohen Norden Skandinaviens und Schottlands gibt es ihn nicht, in Irland kommt er nur sporadisch vor, in Wales und England gedeiht er hingegen prächtig.
Im Osten wächst er bis in den Ural und nach Westsibirien. In Nordafrika erreicht er den Norden Marokkos. In Nordamerika hat er sich als Neophyt verbreitet.
Der Faulbaum wächst in Deutschland typisch in Erlenbrüchen und in der Birkenzone der Moore, in Weidendickichten und Auwäldern. Er liebt saure Lehm-, Sand- und Tonböden und mag es feucht, wechselfeucht und frisch, verträgt aber keine Staunässe, weswegen er in Mooren in den verlandeten Bereichen gedeiht. Heidemoore und feuchte Heiden besiedelt er als Pionierstrauch. In den Alpen wächst er in Höhenlagen von bis zu 1500 Metern Höhe. Er ist eine Zeigerpflanze für wechselfeuchte Standorte.
Ökologische Bedeutung
Der faulige Geruch und Geschmack der Rinde schützt den Strauch vor Wildverbiss. Als Nektarpflanze hat er eine herausragende Bedeutung, denn von allen heimischen Gehölzen blüht er am längsten: Der Faulbaum ernährt zahlreiche Insekten wie Wildbienen, Wespen, Schlupfwespen, Fliegen und Falter wie den Kleinen Eisvogel (Limentis camila).
Echter Faulbaum (Frangula alnus) ist eine Raupenfutterpflanze, unter anderem für folgende Spezies: Baum-Weißling (Aporia crataegi), Großer Kreuzdornspanner (Philereme transversata), Zackenbindiger Rindenspanner (Ectropis crepuscularia) und Kupferglucke (Gastropache quercifolia). Die Raupen des Zitronenfalters (Gonepteryx rhamni) ernähren sich sogar ausschließlich vom Faulbaum.
Für Menschen sind die Früchte giftig, für zahlreiche Vogelarten bieten sie hingegen eine begehrte Speise – Vögel wie Wacholderdrosseln verbreiten die Samen. Der Faulbaum spielt eine wichtige Rolle an Uferböschungen, da sein Herzwurzelsystem den Boden stabilisiert. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- P. de Witte: Metabolism and pharmacokinetics of anthranoids; in: Pharmacology, Volume 97, Seiten 86-97, 1993, Karger
- European Food Safety Authority: Safety of hydroxyanthracene derivatives for use in food; in: EFSA Journal, Volume 16, Issue 1, Seite 5090, 2017, EFSA
- European Medicines Agency: Frangulae cortex , EMA
- European Medicines Agency: Herbal Summary: Frangula bark, EMA
- Rudolf Hänel, Otto Sticher: Pharmakognosie. Phytopharmazie, Heidelberg, 2010
- Sandra Radić Brkanac, Marko Gerić, Goran Gajsk et al.: Toxicity and antioxidant capacity of Frangula alnus Mill. bark and its active component emodin; in: Regulatory Toxicology and Pharmacology, Volume 73, Issue 3, Seiten 923-929, 2015, ScienceDirect
- Lutz Roth und andere: Giftpflanzen – Pflanzengifte. Giftpflanzen von A-Z. Notfallhilfe. Vorkommen. Wirkung. Therapie. Allergische und phototoxische Reaktionen. Hamburg, 2000
- Bühring, Ursel und Girsch, Michaela.: Praxis Heilpflanzenkunde, Haug Verlag, 2016, Thieme connect
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.