Balsamkraut – die vergessene Heilpflanze
Nicht nur der Name Frauenminze sondern auch der Duft der Pflanze lässt einen an Minze denken. Doch obwohl die Pflanze nach Minze und Zitrone duftet, gehört sie nicht zur gleichen Pflanzenfamilie. Sie ist verwandt mit dem Rainfarn und dem Mutterkraut. Das Wort „Frau“ im Namen sagt aus, dass sie früher gerne als Heilpflanze bei Menstruationsbeschwerden verwendet wurde.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Tanacetum balsamita (Syn. Chrysanthemum balsamita)
- Volksnamen: Balsamkraut, Riechblättchen, Marienbalsam, Marienblatt, Bibelblatt
- Pflanzenfamilie: Korbblütler (Asteraceae)
- Vorkommen: stammt ursprünglich aus dem Kaukasus, später Süd-Europa und Asien
- Verwendete Pflanzenteile: Blätter
- Inhaltsstoffe: Thujon, Pinene, Camphene, Borneol, Gerbsäure, Sesquiterpenlactone, Kaffeesäurederivate
- Anwendungsgebiete (Auswahl):
- Menstruationsbeschwerden,
- Leberschwäche,
- Blasenschwäche,
- Insektenabwehr,
- Läuse,
- Würmer,
- Wunden.
Verwendung der Frauenminze
Diese krautige Pflanze, deren Blüten etwas den Kamillenblüten ähneln, ist leider in Vergessenheit geraten und wird in der heutigen Naturheilkunde nur noch selten angewendet. Sie war lange Zeit in Klostergärten zu finden. Heute ist sie in Bauerngärten vorwiegend als Duftkraut zu sehen und wird überwiegend in Potpourris und in Duftsäckchen verwendet.
Heilwirkung
Die Heilwirkung der Frauenminze ist adstringierend, antientzündlich, harntreibend und krampflösend. Innerlich wurde sie als Tee angewandt und äußerlich in Form von Umschlägen.
Innerliche Anwendung
Hieronymus Bock (Botaniker, Arzt, Prediger; 1498 – 1554) beschreibt sie, wie folgt: „in Wein gesotten und getrunken“ helfe sie gegen verschiedene tierische Gifte, „stillet auch den Bauchfluss und das Grimmen im Leib“ (aus: Kremp,Dieter: Christliche Pflanzennamen, Leipzig, Engelsdorfer Verlag, 2015).
Des weiteren schrieb Bock über die Wirkung der Frauenminze: „Es ist kein Wunder, daß diß wohlriechend Kraut in den Würzgärten geziehet wird. Denn es solcher Ehren wohl wert ist. Am Geruch sehr lieblich. In der Wirkung wunderbarlich. Seine Komplexion ist warm und trocken. Nützlich im Leib für allerhand Gift genommen. Äußerlich aufgelegt die Geschwulst zerteilend“.
So wurde Frauenminze bei Blähungen, Verstopfung und Blasenschwäche angewandt. Menstruationskrämpfe, das Fördern der Periode und der Einsatz gegen Würmer gehörten ebenso zu den Anwendungsgebieten des Balsamkrauts.
In Wein gekocht oder auch in geringen Mengen als Pulver eingenommen, war die Frauenminze ein Gegengift bei Vergiftungen, ausgelöst durch Medikamente, wie zum Beispiel bei einer Opioidvergiftung. Der aus dem Kraut gepresste Saft galt als stärkendes Mittel für den Magen, um Erbrechen zu verhindern und Würmer zu bekämpfen. In Form von Tee galten die Wirkungen von Frauenminze als lindernd bei Gallenbeschwerden, Blähungen, Krämpfen und bei ausbleibender oder zu geringer Menstruationsblutung.
Äußerliche Anwendung
Das frische Kraut der Frauenminze wurde zerrieben und auf Insektenstiche und Wunden gelegt und zur Abwehr von Läusen, Flöhen und Insekten eingesetzt. Auch bei Insektenstichen wurde so verfahren. Um das Ungeziefer aus Räumen zu vertreiben wurde die Pflanze klein geschnitten oder als Räucherwerk verwendet. Ein frisch zerdrücktes Blatt der Frauenminze wurde gegen Kopfschmerzen angewandt, indem es auf die schmerzende Stelle aufgelegt wurde.
Botanik
Die Frauenminze ist eine mehrjährige Pflanze. Die Stängel sind stark verzweigt, die Blätter lederartig, länglich und eingekerbt. Die Blüten, die doldenartig angeordnet sind, erinnern an die Blüten des Rainfarns. Die Pflanze bevorzugt lockeren und nahrhaften Boden. Sie wird bis zu 1,50 Meter groß.
Geschichtliches
Im Jahre 795 nach Christus ließ Karl der Große die Frauenminze in nahezu allen kaiserlichen Gärten anbauen. Die ersten Siedler in Nordamerika benutzen die nach Minze duftenden Blätter als wohl riechendes Lesezeichen in der Bibel. Der volkstümliche Name „Bibelblatt“ erinnert an diesen Brauch. Im ausgehenden Mittelalter war die Frauenminze nahezu auf jedem Grab zu finden. Deshalb vielleicht auch der Name „Balsamkraut“.
Hildegard von Bingen
Hildegard von Bingen beschrieb das Balsamkraut als eher warme Pflanze. Ihre Empfehlung war Fogende: Das Kraut helfe bei Bewusstseinstörungen, wenn die Sinne des Menschen schwinden und er in Wahnsinn verfällt. Dann solle er sich einen Tee aus Balsamkraut und Fenchel zubereiten und nach dem Abkühlen diesen häufig trinken.
Diese Teemischung aus Balsamkraut und Fenchel nannte Sie Nerventee. Die Frauenminze solle, ihrer Meinung nach, vor falschen Säfteströmungen bewahren und somit vor Disziplinlosigkeit und falschen Sinnesempfindungen schützen. Der Fenchel bringe die Freude wieder zurück.
Gottfried Hertzka
Gottfried Hertzka (1913 – 1997), österreichischer Arzt und Begründer der Hildegard-Medizin empfahl die oben genannte Teemischung für einen gesunden Schlaf und als Tagestee zur Vorbeugung bei jugendlichen Nervenleiden. Wichtig dabei war ihm, dass der Tee kalt getrunken wurde.
Balsamkraut als Räucherpflanze
Das Balsamkraut dient als Räucherpflanze. Sie verströmt einen einzigartigen, fruchtig frischen und aromatischen Geruch. Sie kann als alleiniges Räucherwerk, aber auch in Räuchermischungen, zum Beispiel zusammen mit Salbei, Myrrhe und Wachholder verwendet werden.
Frauenminze in der Küche
Früher wurde die Frauenminze in der Küche in verschiedenen Speisen, wie zum Beispiel im Salat zu Geflügel oder zu jungen Kartoffeln verwendet. Ihr Geschmack wird als sehr intensiv und brennend scharf beschrieben. Deshalb wurde dieses Kraut nur sparsam den Speisen zugesetzt.
Zusammenfassung
In der Volksheilkunde wurde sie früher häufig bei Krämpfen, Leber- und Gallenbeschwerden und auch äußerlich zur Wundbehandlung und bei Insektenstichen verwendet. Heute ist die Frauenminze mit Ihren Heilwirkungen eher in Vergessenheit geraten und findet nur noch selten Anwendung als Heilpflanze. Aufgrund des enthaltenen Thujon sollten Schwangere diese Pflanze meiden. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Kubo,A, Kubo,I : Antimicrobial Agents from Tanacetum balsamita; in: Journal of Natural Products, Oktober 1995, pubs.acs.org
- Kremp,Dieter: Christliche Pflanzennamen, Leipzig, Engelsdorfer Verlag, 2015
- Knobloch, Gerold: Natürliche Heilmittel von A - Z, neobooks, 2013
- Kötter, Engelbert: Kräuter für jeden Geschmack,1. Auflage, Gräfe und Unzer Verlag, 2015
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.