Gänsedisteln wurden in der Vergangenheit als Gemüse und Heilpflanze genutzt und sogar angebaut. Sie enthalten einen Milchsaft, der auf Warzen und Ekzeme aufgetragen wurde. Samen, Blätter, Triebe und Wurzeln lassen sich essen und enthalten eine Fülle bioaktiver Stoffe.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Sonchus
- Volksnamen: Milchdisteln, Saudisteln
- Familie: Korbblütler (Asteraceae)
- Verbreitung: Ursprünglich Eurasien und Nordafrika, als Neophyt fast weltweit: Nord- und Südamerika, tropisches Afrika, Südafrika, tropisches Asien, Arabien, Azoren, Australien, Neuseeland, Kapverden, Karibik, pazifische Inseln, Inseln im indischen Ozean
- Verwendete Pflanzenteile: Wurzeln, Blätter, Milchsaft und Samen
- Inhaltsstoffe: Bitterstoffe, Taraxasterol, Mannit, Cholin, Zucker, Lactucopricin, Vitamin C, Karotin, Aminosäuren, Mineralstoffe (Eisen, Mangan, Phosphor, Zink, Kupfer, Kalium, Kalzium), fette Öle
und organische Säuren - Anwendungsgebiete: Sodbrennen, fiebrige Erkrankungen, Menstruationsbeschwerden, Kurzatmigkeit, Leberleiden, Magenbeschwerden, Hämorrhoiden, Warzen, Ekzeme und Hauterkrankungen, Skorpion- und Insektenstiche, Spinnenbisse, Entzündungen, Arthritis, Verdauungsstörungen
Gänsedisteln – Eine Übersicht
- Gänsedisteln enthalten Milchsaft, der seit vielen Jahrhunderten als Arznei gegen eine breite Anzahl von Beschwerden dient. Proteine, Vitamine und andere Nährstoffe rücken die Pflanzen in den Fokus der Ernährungswissenschaft.
- In Mitteleuropa gibt es vier Arten: Die Acker-Gänsedistel (Sonchus arvensis), die Raue Gänsedistel (Sonchus asper), die Gemüse-Gänsedistel (Sonchus oleraceus) und die Sumpf-Gänsedistel.
- In der Medizin wurde vor allem der Milchsaft verwendet, verdünnt oder unverdünnt. Er sollte gegen Warzen, Ekzeme und Hämorrhoiden ebenso helfen wie gegen Atembeschwerden, Leberleiden, sowie Skorpions- und Insektenstiche, Zecken- und Spinnenbisse.
- Die Blätter der Gänsedisteln haben zwar wie andere Disteln Zähnchen (Dornen). Diese sind bei den Gänsedisteln aber weicher als bei der Verwandtschaft.
- Die gelb blühenden Gänsedisteln lassen sich mit Löwenzahn verwechseln. Dieser ist als Korbblütler mit ihnen verwandt und wird in Küche und Medizin ähnlich genutzt.
- In der Klimaerhitzung könnten Gänsedisteln eine wertvolle Nahrungsressource werden, da manche Arten Hitze und Trockenheit gut vertragen.
- Die frischen jungen Blätter lassen sich als Salat oder Gemüse nutzen, ein Tee lässt sich gegen Durchfall und Magen-Darm-Entzündungen trinken.
Inhaltsstoffe
Gänsedisteln enthalten folgende Inhaltsstoffe:
- Bitterstoffe,
- Taraxasterol,
- Vitamin C,
- Karotin,
- Aminosäuren,
- Mineralstoffe (Eisen, Mangan, Phosphor, Zink, Kupfer, Kalzium, Kalium),
- fette Öle,
- Zucker,
- Mannit,
- Cholin,
- Lactucopicrin
- organische Säuren.
Medizinische Wirkungen
Der in Gänsedisteln enthaltene Stoff Taraxasterol gilt nach rezenten wissenschaftlichen Studien als anti-entzündlich mit besonderen Effekten gegen Arthritis. Die enthaltenen Bitterstoffe fördern die Magen-Darm-Tätigkeit und sind eine Hilfe bei Leiden der Leber, der Galle und des Magens.
Eisen und Vitamin C im Milchsaft der Gänsedistel unterstützen zahlreiche Funktionen des Körpers. Wie immer bei Vitaminen und Mineralstoffen ist eine ergänzende Zufuhr neben einer ausgewogenen Ernährung nur nötig, wenn ein Mangel an diesen Stoffen vorliegt.
Ein chinesischer Review kam 2018 zu dem Ergebnis: Arten der Gattung Sonchus könnten wichtig sein als medizinische Kräuter und essbare Gemüse mit einem großen Spektrum an Nährstoffen und pharmakologischen Stoffen. Sie sind reich an Antioxidantien.
Außerdem besitzen sie Effekte gegen Mikroben und dazu eine wundheilende Wirkung. Dieses Potenzial müsse für die Zukunft aber noch voll verstanden und umgesetzt werden.
Studien seien nötig, um die chemische Struktur der Biotransformation ihrer Stoffe zu erkennen und die aktiven Substanzen zu finden. Zusätzlich müssen deren dynamische Mechanismen entschlüsselt werden.
Eine chinesische Studie von 2017 hielt es für belegt, dass Extrakt aus Gänsedisteln anti-entzündliche Effekte zeigte. In Zukunft wird es genutzt werden, um neue pharmakologische Strategien zu entwickeln, die entzündliche Erkrankungen bekämpfen sollen.
Eine indische Studie erwähnte 2013: Die Art Sonchus asper würde genutzt, um Hauterkrankungen und andere Leiden zu behandeln. Das wissenschaftliche Team aus Gujarat untersuchte jetzt, wie Extrakte der Pflanze auf der Basis von Wasser und Methanol gegen Bakterien und Pilzinfektionen wirkten.
Der methanolische Extrakt zeigte deutliche Effekte gegen Escherichia coli. Staphylococcus aureus und Bacillus cereus wurden sowohl vom wässrigen wie vom ethanolischen Extrakt bekämpft. Klebsiella pneumoniae, Candida albicans und Aspergillus flavus erwiesen sich hingegen gegen beide Extrakte resistent.
Da die Extrakte sich am wirksamsten gegen Staphylococcus aureus zeigten, erscheint die traditionelle Anwendung gegen Hautentzündungen gerechtfertigt. Denn dies sei der häufigste pathogene Erreger für derlei Beschwerden.
Gänsedisteln in Volksmedizin und Medizingeschichte
Gänsedisteln wurden medizinisch vielfältig eingesetzt. Äußerlich wie innerlich, gegen verschiedene Formen von Krebs, Entzündungen, Rheuma, Durchfall und Schlangenbisse.
Laut einer pakistanischen Studie von 2012 wird die Art Sonchus asper in Pakistan traditionell eingesetzt, um hormonelle Störungen und oxidativen Stress zu behandeln.
Bereits vor 1800 Jahren wurden die Gänsedisteln Sonchus oleraceus und Sonchus arvensis im chinesischen Medizinbuch Shen Nongs besprochen. Einem Review aus Neuseeland zufolge gebrauchten bereits die frühen Maori vor rund tausend Jahren Sonchus asper als Arzneipflanze.
Ähnlich wirkende Heilpflanzen
Die Mariendistel überschneidet sich in ihren Effekten weitgehend mit den Gänsedisteln. Sie wird eingesetzt, um Beschwerden von Leber und Galle zu behandeln.
In der Volksmedizin galt aber vor allem der Löwenzahn als (bessere) Alternative zur Gänsedistel. Er wächst schneller und dichter als die Sonchusarten. Sein Milchsaft wirkt ähnlich wie der der Gänsedisteln, enthält aber mehr Kalium und zusätzliche Flavonoide.
Gänsedisteln in der Küche
Gänsedisteln sind heute hierzulande weitgehend aus der Küche verschwunden. Das liegt vor allem daran, dass sie als „Unkraut“ angesehen und bekämpft werden.
In der Vergangenheit wurde die Gemüse-Gänsedistel hingegen sogar explizit in Küchengärten angebaut, und das aus gutem Grund. Denn die Blätter und Triebe der Gänsedisteln bleiben ganzjährig knackig und saftig.
Die Triebe, Blätter, Wurzeln und Samen sind essbar. Sie glänzen durch einen würzigen und zugleich milden Geschmack.
Zarte und kleine Blätter lassen sich roh essen oder garen. Ältere Blätter können Sie verwenden, wenn Sie zuvor die Stacheln abschneiden.
Rohe Blätter geben Salaten, Pestos und Quark eine besondere Note; gegart eignen sich Triebe, Blätter und Wurzeln für Gemüsegerichte, Eintöpfe, Suppen und Soßen. Kurz gesagt: Die Blätter lassen sich ebenso verwenden wie Spinat.
Die Stängel lassen sich als „Cannelloni“ zubereiten. Sie sind hohl, und wenn sie im Salzwasser gekocht werden, erinnern sie an Nudeln.
Ähnlich wie zum Beispiel bei Makkaroni können Sie zu den gegarten Stängeln eine Soße zubereiten. Um den leicht bitteren Geschmack auszugleichen, eignen sich dafür besonders Sahnesoßen.
Oder Sie schneiden die Stängel klein, spülen den Milchsaft ab und kochen sie zu Gemüse. Die Blüten sind ohne den bitteren Boden ein Farbtupfer in Süßspeisen.
Die Samen lassen sich über einen Salat streuen oder in einem Müsli verwenden. Das milde Aroma harmoniert mit vielen Grundgerichten auf der Basis von Kartoffeln, Nudeln oder Eiern.
Weiche Teile der Wurzeln können ganzjährig roh gegessen oder wie Steckrüben gegart werden. Die Wurzeln werden indessen schnell faserig. Solche faserigen Wurzeln wurden historisch klein geschnitten, geröstet und als Kaffee-Ersatz getrunken.
Besondere Blüten
Die Blütenköpfe öffnen sich nur bei Sonnenschein und am Vormittag. In Mitteleuropa liegt ihre Zeit zwischen sieben Uhr morgens und zwei Uhr am Nachmittag, im skandinavischen Sommer zwischen sechs Uhr morgens und zehn Uhr morgens.
Gänsedisteln im Garten
Gänsedisteln gelten in Gärten und auf Äckern als verhasstes „Unkraut“. Lediglich auf Viehweiden sind sie weniger unbeliebt, da Pferde, Rinder und Schafe sie gerne fressen.
Ein Grund, warum die Gattung Sonchus im Garten so „gefürchtet“ wird, ist ihre Vermehrung. Gänsedisteln bilden ein Gespinst von Wurzelausläufern, das bald die gesamte Fläche durchzieht und sehr widerstandsfähig ist.
Mit traditionellen Mitteln ließ sich die Ausbreitung dieser konkurrenzstarken Pionierpflanzen kaum verhindern. Durch Umgraben oder Umpflügen zerreißen lediglich die Ausläufer und die Gänsedisteln verbreiten sich sogar noch mehr.
Vor Ort eindämmen lassen sich Gänsedisteln am besten durch das Trockenhalten und mehrmalige Mähen von Wiesen. So können sich Gräser, die den Schnitt vertragen, gegenüber den Disteln durchsetzen.
Wenn Sie Gänsedisteln aber als Heilpflanze, Küchenkraut und ökologisch wertvolle Nahrung für Insekten und Vögel behalten oder selbst ansiedeln wollen, können Sie den Bereich abgrenzen, in dem sie wachsen. Sie können eine Wurzelsperre aus Metall oder Holz in die Erde setzen.
Eine Wurzelsperre muss folgende Eigenschaften haben: Frostsicherheit und Unempfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht. Darüber hinaus Schutz vor Nagetieren und Schadstofffreiheit.
Gänsedisteln aus ökologischer Sicht
Gänsedisteln werden durch Bienen und andere Insekten bestäubt. Sie bieten Nahrung für bedrohte Insekten. Die ölreichen und proteinhaltigen Samen sind wertvolles Futter für viele Vögel. Der Stieglitz hat sogar seinen Namen daher: Distelfink. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Kevin S. Gould, Kate Thodey; et al.: Antioxidant Activities of Extracts from Traditional Maori Food Plants; in: New Zealand Journal Botany, Volume 44, Seiten 1-4, 2006, tandfonline.com
- Rahmat Ali Khan: Protective Effects of Sonchus Asper (L.) Hill, (Asteraceae) against CCl4-induced Oxidative Stress in the Thyroid Tissue of Rats.; in: BMC Complementary and Alternative Medicine, Volume 12, Seiten 181-187, 2012, biomedcentral.com
- Xiu-Mei Li, Pei-Long Yang: Research progress of Sonchus species; in: International Journal of Food Properties, Volume 21, Issue 1, Seiten 147-157, 2018, tandfonline.com
- Qi Li, Dan-Dan Dong, Qiu-Ping Huang; et al.: The anti-inflammatory effect of Sonchus oleraceus aqueous extract on lipopolysaccharide stimulated RAW 264.7 cells and mice; in: Pharmaceutical Biology, Volume 55, Issue 1, Seiten 799-809, 2017, tandfonline.com
- Haemendra Upadhyay, Amit Kumar Verma, Arvind Sharma; et al.: Validation of medicinal values of traditionally used Sonchus asper (Prickly Sow Thistle) Leaves for the treatment of skin ailments; in: Advancement in Medicinal Plant Research, Volume 1, Issue 3, Seiten 29-35, 2013, researchgate.net
Wichtiger Hinweis:
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