Der Ehrenpreis trägt seinen Namen, da er in der Vergangenheit als eine Allround-Arzneipflanze galt. Dies bezog sich jedoch vor allem auf den Echten Ehrenpreis (Veronica officinalis). Der Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys) hat zwar ähnliche Wirkungen, diese fallen insgesamt aber schwächer aus.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Veronica chamaedrys
- Volksnamen: Allerweltsheil, Frauenlist, Heilalleschäden, Wundheilkraut, Wundkraut, Viehkraut, Grundheil, Hühnerraute, Köhlerkraut, Männertreu, Gewitterblümchen, Wildes Vergissmeinnicht, Frauenbiss, Katzenäuglein
- Familie: Wegerichgewächse (Plantaginaceae)
- Verbreitung: Eurasien, von den Azoren und Madeira bis Sibirien und China
- Verwendete Pflanzenteile: Blüten, Blätter, Kraut (grüne, oberirdische Teile)
- Inhaltsstoffe: Aucubin (Glykosid) und weitere Iridoide (Iridoidglykoside), ätherische Öle, Saponine (Seifenstoffe), Bitterstoffe, Gerbstoffe / Gerbsäure, Harz, Kaffeesäure, Milchsäure, Eisen
- Anwendungsgebiete: Diät, Erkrankungen der Lunge und der Bronchien, Vergiftungen, Ekzeme, Schuppenflechte, Juckreiz, Afterjucken, Insektenstiche, Hautentzündungen, Furunkel, Gicht, Husten.
Gamander-Ehrenpreis – Eine Übersicht
- Ehrenpreis ist eine typische Pflanze von Saumgesellschaften und wächst an Waldrändern, Wegrainen, an Wiesenrändern, an Hecken und Gebüschen sowie in lichten Trockenwäldern. Besonders mag er abgebrannte Stellen und Kahlschläge.
- Im Aberglauben sollte das Pflücken des Gamander-Ehrenpreises Gewitter auslösen. Daher stammt der Volksname „Gewitterblümchen“.
- Gamander-Ehrenpreis, Echter Ehrenpreis und Persischer Ehrenpreis lassen sich in der Heilkunde ähnlich einsetzen. Die Wirkungen des Gamander-Ehrenpreis sind allerdings schwächer als beim Echten Ehrenpreis.
- Ehrenpreis ist grundsätzlich essbar. In der Wildkräuterküche können Sie ihn indessen mit süßeren Pflanzen, wie etwa Fenchel, mischen, da die Blätter bitter sind. Die Bitterstoffe hemmen aber den Heißhunger auf Süßes und suggerieren ein frühes Gefühl der Sättigung. Deshalb eignet sich Ehrenpreis, um abzunehmen.
- Der aus dem Kraut gepresste frische Saft ist ein Geheimtipp gegen Insektenstiche. Ähnlich wie beim Spitzwegerich zerquetschen Sie die Blätter und reiben den Brei direkt auf die betroffene Hautpartie.
- Ehrenpreis wird vor allem als Tee zubereitet. Dieser lässt sich gegen Husten und Erkrankungen der Atemwege trinken oder in höherer Konzentration auf Ekzeme, Stiche und Hautentzündungen auftragen. Er hilft auch gegen Juckreiz auf der Haut.
- Der Name „Ehrenpreis“ ist für den Echten Ehrenpreis (auch Wald-Ehrenpreis) bereits im 15. Jahrhundert in der Schweiz belegt. Später wurde er dann auf die ganze Gattung übertragen.
Veronica chamaedrys – Inhaltsstoffe
Gamander-Ehrenpreis liefert Aucubin (Aucubinglykoside), ätherische Öle, Saponine (Seifenstoffe), Bitterstoffe, Gerbstoffe / Gerbsäure, Harz, Kaffeesäure und Milchsäure. Aucubin ist ein sekundärer Pflanzenstoff, der zu den Iridoiden gehört. Er besteht aus Aucubigenin und Glukose und dient der Pflanze dazu, Fressfeinde abzuwehren.
Medizinische Wirkungen
Inhaltsstoffe der Pflanzen der Gattung Veronica:
- helfen beim Abnehmen,
- wirken gegen Bakterien und Pilze,
- fördern den Auswurf bei verschleimten Atemwegen,
- hemmen Entzündungen,
- treiben den Harn,
- stärken das Nervensystem,
- regen den Stoffwechsel an.
Die heilende Wirkung des Gamander-Ehrenpreises basiert besonders auf dem sekundären Pflanzenstoff Aucubin. Damit dieser seine Wirkung entfalten kann, sollte Gamander-Ehrenpreis frisch eingesetzt werden.
Ein Review (2020) hielt fest: Aucubin hemmt Entzündungen und schützt die Leber gegen Pilzvergiftungen. Aucubin ist antioxidativ und verlangsamt Alterserscheinungen. Es schützt die Nerven (neuroprotektiv) und stärkt den Knochenaufbau. Dem Review zufolge nimmt der menschliche Körper Aucubin gut auf. Aucubin ist sicher und ein potenziell sehr wertvoller Stoff für eine Verwendung in Gesundheitsprodukten und Arzneimitteln.
Eine Studie (2022) erkannte Aucubin als mögliche Alternative und sicheres Therapeutikum, welches zur Behandlung von Brustkrebs entwickelt werden kann. Es würde bei Brustkrebs die durch Entzündungen verursachten Organschäden lindern ohne bislang bekannte Nebenwirkungen.
Einer weiteren Studie (2022) zufolge sei ein Schutzeffekt von Aucubin gegen neurologische Erkrankungen sehr wahrscheinlich. Dazu berichtet die Studie über mögliche positive Wirkungen bei Alzheimer und Parkinson, ebenso wie über mögliche Verbesserungen bei diabetischer Enzephalopathie, Epilepsie, Angststörungen, Depressionen und traumatische Hirnverletzungen.
Eine Studie (2020) zeigte im direkten Vergleich, dass die verwandte Art Veronica teuricum für die Behandlung des metabolischen Syndroms besseres Rohmaterial enthält als Gamander-Ehrenpreis.
Medizinische Anwendungen
Veronica-Arten werden in der Volksmedizin eingesetzt gegen Beschwerden der Atemwege und Lunge, gegen Magen-Darm-Leiden sowie gegen Erkrankungen der Blase, Harnwege und Nieren.
Sie gelten als Mittel, um den Schweiß zu reinigen, den Blutfluss gesund zu halten und den Kreislauf zu fördern. Umschläge dienen als Arznei gegen Gelenkschmerzen, Muskelverspannungen (Verspannungen), Gicht und Arthritis.
Generell gilt dabei der Wald-Ehrenpreis als effektiver im Vergleich zum Gamander-Ehrenpreis.
Ehrenpreis ist Bestandteil von bestimmten Tee-Mischungen und wird getrunken, um Erkrankungen der Atemwege zu lindern, Verdauungsprobleme zu beheben und den Stoffwechsel anzuregen.
Die Kombination mit anderen Heilkräutern hat dabei nicht zuerst medizinische Gründe. Tee aus Ehrenpreis-Blättern allein schmeckt bitter, besonders, wenn er lange zieht. Eine Mischung, zum Beispiel mit Süßholz, dient dazu, das bittere Aroma auszugleichen.
Eine übliche Mischung besteht zum Beispiel aus: 50 Prozent Ehrenpreis, 20 Prozent Hauhechelwurzel, 20 Prozent Süßholz und zehn Prozent Schachtelhalm (Ackerschachtelhalm).
Ehrenpreis lässt sich aber auch sehr gut auch mit den Blättern anderer Heilpflanzen mischen, deren Wirkungen sich ergänzen oder gegenseitig verstärken. Dazu zählen:
- Spitzwegerich,
- Thymian,
- Fenchel,
- Eibisch,
- Malve (Wilde Malve),
- Königskerze,
- Anis,
- Quendel.
Sekundäre Pflanzenstoffe im Ehrenpreis
Wir wirken Gerbstoffe?
Gerbstoffe wirken generell antioxidativ, gegen Viren, Bakterien und Pilze. Sie entziehen Bakterien Eiweiß, weil sie die Epidermiszellen der Haut schließen. Die so verdichtete Hautoberfläche ermöglicht der Haut, sich zu erneuern.
Für potenzielle Erreger wird das Hautgewebe undurchlässig. Auf diese Art bremsen Gerbstoffe Wundinfektionen oder verhindern diese. Gerbstoffe desinfizieren also und stärken die Hautbarriere, sie verringern Wundblutungen und schützen vor Wundbrand.
Darüber hinaus reduzieren sie Blutergüsse und helfen gegen Krampfadern: Sie ziehen Gewebe zusammen und mindern so das Ausbeulen der Venen. Ihre zusammenziehende Wirkung bekämpft auch Entzündungen der Schleimhäute in Mund, Rachen, Magen und Darm. Das Zusammenziehen verfestigt den Stuhl bei Durchfall und schließt verletzte Blutgefäße.
Gerbstoffe hemmen die Aufnahme von Zucker im Blutkreislauf und senken so den Blutzuckerspiegel.
Wie wirken Bitterstoffe?
Bitterstoffe regen die Tätigkeit der Galle, Leber und Bauchspeicheldrüse an. Das fördert die Fettverdauung. Außerdem führen die Stoffe zu einer erhöhten Produktion von Salzsäure im Magen – dadurch verschwindet der Heißhunger auf Süßes. Sie führen zu auch zu einem schnelleren Sättigungsgefühl. Bitterstoffe eignen sich deshalb dazu, Gewicht zu halten und zu reduzieren.
Sie fördern den Speichelfluss und die Darmtätigkeit und wirken auch gegen Beschwerden im Magen-Darm-Trakt sowie gegen Entzündungen. In höheren Dosierungen können Bitterstoffe auch appetitanregend wirken.
Nicht geeignet sind Nahrungsmittel mit viel Bitterstoffen bei einem übersäuerten Magen, Magengeschwüren und Nierensteinen.
Wie wirken Saponine?
Saponine heißen auch Seifenstoffe, da sich ein Teil ihrer Moleküle in Wasser auflöst, und der andere in Fett. So bilden sie eine Seifenlauge. Es handelt sich um Glykoside. Saponine sind als Hausmittel gegen Husten beliebt, da sie Schleim verflüssigen und so beim Abhusten helfen.
Sie können aber noch mehr: Sie wirken gegen manche pathogene Bakterien und Pilze. Sie hemmen Entzündungen und treiben den Harn. Saponine steigern den Blutdruck und binden Cholesterin. Vermutlich beugen sie Darmkrebs vor: Der genaue Wirkmechanismus ist bisher unbekannt.
Tees und andere Präparate mit Pflanzen, die Saponine enthalten, sollten nicht in hoher Konzentration und nicht auf Dauer getrunken werden. Dann können die Saponine, die Schleimhäute, die sie schützen sollen, selbst entzünden und es kommt zu vermehrtem Speichelfluss. Setzen solche unerwünschten Wirkungen ein, sollten Sie die Behandlung abbrechen. In der Regel nehmen Sie Ehrenpreis-Tee nur einige Tage zu sich.
Ehrenpreis in der Medizingeschichte
Im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurde Ehrenpreis eingesetzt gegen Erkältung, Verdauungsbeschwerden und Hautkrankheiten. Der Name „Ehrenpreis“ rührt aus den Anwendungen in dieser Zeit.
Welche Ehrenpreis-Art jeweils eingesetzt wurde, lässt sich selten rekonstruieren: In den eindeutigen Quellen wurde vor allem der Wald-Ehrenpreis genutzt. Dieser war eine Art Allround-Medizin. Er wurde als Tinktur und Auflage gegen Geschwüre, Ekzeme, Hautausschlag und Insektenstiche verabreicht und innerlich gegen Entzündungen der Atemwege.
Gängige Methoden der Zubereitung waren Essig, Aufguss und Wein.
Ehrenpreis-Tee zubereiten
Ehrenpreis wird häufig als Tee zubereitet gegen Erkrankungen der Atemwege und Husten. Als Faustregel gilt: Rund drei Teeöffel getrocknete Blätter und / oder Blüten mit einem viertel Liter kochendem Wasser aufgießen und zehn Minuten ziehen lassen.
Bei einer akuten Erkrankung der Bronchien können Sie ohne weiteres mehrere Tassen pro Tag trinken.
Veronica in der Küche
Ehrenpreis war auch historisch als Küchenkraut wenig verbreitet. Das hat keine gesundheitlichen Gründe: Blüten und junge Blätter sind ohne weiteres essbar und enthalten wertvolle Nährstoffe. Der bittere Geschmack scheint eher dafür verantwortlich zu sein. Er lässt sich indessen durch die Beigabe süßerer Pflanzen wie Fenchel ausgleichen. Blüten des Ehrenpreises geben einem „wilden Salat“ eine besondere Note. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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- Alla Kovaleva, Tetiana Ilina, Ain Raal et al.: The Study of Carboxylic Acids in Flowers and Leaves of Veronica Chamaedrys L. and Veronica Teucrium L., in: ScienceRise: Pharmaceutical Science, Volume 6, Issue 28, Seiten 26-34, 2020, ScienceRise
- Min Shao, Ziyun Kuang, Wenlin Wang et al.: Aucubin Exerts Anticancer Activity in Breast Cancer and Regulates Intestinal Microbiota, in: Evidence Based Complementary and Alternative Medicine, Volume 2022, Article ID 4534411, 2022, Hindawi
- Ben-Erik van Wy, Coralie Wink und Michael Wink: Handbuch der Arzneipflanzen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2015
- Elfrune Wendelberger: Heilpflanzen. Erkennen, sammeln, anwenden. München / Wien / Zürich, 2003
- Max Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Lage, Stuttgart, 2008
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- Xianchang Zhen, Fei Guo, Dongsheng Ouyang: A review of the pharmacology and toxicology of aucubin, in: Fitotherapia, Volume 140, 2020, ScienceDirect
Wichtiger Hinweis:
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