Die Gemeine Ochsenzunge ist ein Raublattgewächs, das besonders im östlichen Mitteleuropa vorkommt. Sie ist als Insektenpflanze bekannt und hat eine lange Tradition in der Volksmedizin als Mittel gegen Erkrankungen der Atemwege, zum Aufheitern und Beruhigen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Anchusa officinalis
- Volksnamen: Gewöhnliche Ochsenzunge, Ochsenzunge, Liebäugel, Bauernkraut, Augenzier, Ochenzungenkraut, Rindeszunge, Sternblümlein, Gegenstoß, Hundeszunge
- Familie: Raublattgewächse (Boraginaceae)
- Verbreitung: Ursprünglich östliches Europa und asiatische Steppen, seit Jahrhunderten in weiten Teilen Europas.
- Verwendete Pflanzenteile: Blätter, Blüten, Wurzeln
- Inhaltsstoffe: Flavonoide, Anthocyane, Schleimstoffe, Gerbstoffe, Allantoin, Cholin, Saponine (Anchusoside), toxische Alkaloide / Pyrrolizidinalkaloide (Lycopsamin)
- Anwendungsgebiete (Volksmedizin): Erkältungen, Bronchitis, Entzündungen der oberen Atemwege, außerdem bei depressiven Verstimmungen und zur Beruhigung.
Ochsenzunge – Eine Übersicht
- Möchte man die Ochsenzunge im Garten ansiedeln, braucht sie einen sonnigen Standort.
- Die Wurzeln der Ochsenzunge liefern einen Farbstoff, mit dem früher Stoffe gefärbt wurden.
- Als Heilpflanze wird die Ochsenzunge nachweislich seit der griechisch-römischen Antike genutzt.
- Als Hausmittel wird Tee aus den Blüten gegen Entzündungen der Atemwege und auch bei depressive Verstimmungen eingesetzt.
- Die Verwendung der Blüten wird als unbedenklich angesehen, das Kraut / die Blätter und die Wurzeln sollten aufgrund enthaltener Giftstoffe (Alkaloide) nicht verwendet oder verzehrt werden.
- Die jungen Blätter sind dennoch in der Wildkräuterküche bekannt und werden ähnlich wie Borretsch verwendet.
- Die violett-blauen, duftenden Blüten der Gemeinen Ochsenzunge wachsen in üppigen Rispen. Sie sind eine begehrte Nektarpflanze für Bienen und Schmetterlinge.
Inhaltsstoffe
Ochenzunge enthält Flavonoide, Anthocyane, Schleimstoffe, Gerbstoffe, Allantoin, Cholin, Saponine (Anchusoside) wie Astragalin, Isoquercitrin und Rutosid sowie toxische Alkaloide (Cynoglossin, Consolidin) und Pyrrolizidinalkaloide (Lycopsamin). In den Blüten sind keine giftigen Alkaloide zu finden.
Die Wurzel enthält den roten Farbstoff Alkanin, der früher etwa zum Rotfärben von Wolle genutzt wurde. Haute spielt die Verwendung als Färbepflanze keine Rolle mehr.
Eine Studie (2022) untersuchte die biochemischen Aktivstoffe genauer und fand neben diversen phenolischen Verbindungen auch Saponine vom Oleanan-Typ.
Eine andere Studie (2018) hat Tannine (Gerbstoffe) untersucht und verschiedene Verbindungen nachgewiesen, wie Gallussäure und diverse Catechine. Die an dieser Studie beteiligte Sophia Svirska identifizierte in einer weiteren wissenschaftlichen Arbeit (2021) zudem acht Fettsäuren (gesättigte sowie ungesättigte) in der Ochsenzunge. Dabei war die häufigste gesättigte Fettsäure Linolensäure.
Medizinische Wirkungen
Als Arzneien verwendet werden die getrockneten Blüten, die zerkleinerten oberirdischen Pflanzenteile (Kraut) und die getrocknete sowie zerkleinerte Wurzeln. Das Kaut und die Wurzeln enthaltenen allerdings toxische Pyrrolizidinalkaloide, weshalb von einer therapeutischen Nutzung dieser Pflanzenteile abgeraten wird.
Die getrockneten Blüten werden in der Volksheilkunde bei Erkältungskrankheiten und Bronchitis eingesetzt. Das Kraut wurde früher unter anderem auch bei Nieren- und Magenleiden und bei rheumatischen Beschwerden eingesetzt.
Eine Studie (2022) zeigte, dass Extrakte aus der Ochsenzunge Potenzial haben, um antientzündliche sowie antidiabetische Nahrungsergänzungen zu entwickeln.
Eine andere Studie aus dem Jahr 2024 kam zu dem Schluss, dass aufgrund des Phenol- und Flavonoid-Gehalts in den oberirdischen Teilen von Anchusa officinalis nachgewiesene antibakterielle, antimykotische und antioxidative Effekte erklärbar sind.
Medizinische Anwendungen von Anchusa officinalis
Die Blätter wurden früher in Salben und Cremes verwendet oder eingenommen– davon wird heut abgeraten.
Ein Tee aus den Blüten gegen Erkältung, Bronchitis und fiebrige Erkrankungen gilt als unbedenklich. Belege für Wirkungen gegen diese Beschwerden gibt es allerdings nicht.
Der Tee soll auch die Stimmung aufhellen, beruhigen und das Gedächtnis sowie die Konzentration fördern. Auch dafür gibt es keine wissenschaftlichen Belege.
Für einen Tee wird ein Esslöffel Blüten in eine Tasse heißen Wassers getan, die Blüten ziehen dann rund zehn Minuten und nach dem Abseihen wird der Tee in kleinen Schlucken getrunken.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen
Das Kraut und die Wurzel enthalten giftige Alkaloide. Das Kraut wurde im Mittelalter wegen seiner betäubenden Wirkung sogar als Fischköder benutzt – dies ist aus dem Kloster Tegernsee um das Jahr 1000 belegt.
Ein wesentlicher Giftstoff steckt im Pyrrolizidinalkaloid Lycopsamin. Derlei Alkoloide wirken nicht nur bei hohen Dosierungen akut toxisch, sondern können bei längerer Einnahme auch die Entstehung von Krebs begünstigen. Die Blüten sind frei von den giftigen Alkaloiden.
Ochsenzunge in der Medizingeschichte
In der Medizingeschichte wird die Ochsenzunge seit der Antike erwähnt. Im ersten Jahrhundert schrieb Dioskurides: „Ein Wein mit ihr solle die Stimmung erheitern“. Galenus meinte ein Jahrhundert später, Ochenzunge in Honig solle trockenen Husten lindern. Ibn Sina erwähnte die Pflanze als Arznei gegen negative Stimmen, verbunden mit Herzzittern, außerdem gegen Entzündungen im Mundraum.
Im „Gart der Gesundheit“ von 1485 sollte von Anchusa officinalis fröhlich machen, das Gedächtnis, Herz und Blut stärken, zudem gegen Geschwulste an den Füßen wirken. Das „Kleine Destilierbuch“ nannte um 1500 medizinische Anwendungen gegen „Unsinnigkeit“, für eine gesunde Monatsblutung, Förderung des Gedächtnisses und Verstandes, Kräftigung des Herzens, Gelbsucht, Feuchtigkeit in der Lunge, Seitenstechen, „Herzfieber“, Mundgeruch und Blutreinigung.
Hieronymus Bock zählte 1539 als Heilwirkungen auf: „…bringt Menschen zur Fröhlichkeit. Reinigt das Geblüt. Äußerlich gegen Hauterkrankungen, Augenrötung und Ischiasbeschwerden.“
Insektenfreundliche Gartenpflanze
Ochsenzunge wird heute in Deutschland kaum noch als Arzneipflanze genutzt, erfreut sich aber zunehmender Beliebtheit in ökologisch ausgerichteten Gärten. Sie stellt wenig Ansprüche, zeigt attraktive violett-blaue Blüten und ist eine ausgezeichnete Pflanze für Steingärten, Beet- und Wegränder, Garageneinfahrten, Saumbiotope und Kiesflächen.
Auch für Flachdächer ist sie eine gute Wahl. Die Gemeine Ochsenzunge verträgt sich mit Beinwell, Färberkamille, Hundszunge, Witwenblume, Natternkopf und Katzenminze oder auch Quendel (Sandthymian).
Mit ihren schönen Blüten bietet Anchusa officinalis eine hervorragende Alternative zu nicht heimischen Gartenblumen, die zwar gut aussehen, aber für bedrohte Wildtiere keinen Wert haben. Ochsenzunge zählt zu den wichtigen Insektenpflanzen.
Viele Wildbienenarten sammeln ihre Pollen. Dazu gehören akut bedrohte Spezies wie die Weißgürtel-Schmalbiene und häufigere Arten wie die Zweifarbige Schneckenhausbiene oder die Bunte Blattschneiderbiene. Auch Schmetterlinge wie die Purpurglanzeule und die Flugsand-Kräuterflur-Erdeule steuern die Ochenzunge als Futterpflanze an.
Der Platz für die Ochsenzunge liegt am besten in der vollen Sonne. An den Boden stellt sie wenig Ansprüche, allerdings sollte er durchlässig und nährstoffreich sein. Viel Kalk mag die Ochsenzunge nicht, die Erde kann leicht sauer bis neutral bleiben.
Mit zeitweiser Trockenheit hat die Pflanze keine Probleme. Auch wenn sie Sonne schätzt kommt sie mit Winterkälte auch gut zurecht. In ihrem osteuropäischen Ursprungsgebiet sind auch Temperaturen bis minus 28 Grad für die Pflanze nicht problematisch.
Wo kommt die Gewöhnliche Ochenzunge vor?
Das Ursprungsgebiet der Gemeinen Ochsenzunge ist Ost- wie Südosteuropa und östlich bis Afghanistan. Sie kam im Lauf des Mittelalters in den Westen Mitteleuropas und ist heute bis nach Frankreich zu finden. Im Süden reicht ihr Verbreitungsgebiet bis in den Norden der Türkei, Griechenland und Italien.
Im Westen Mitteleuropas hängen die Verbreitungsgebiete weniger zusammen als im Osten, und hier handelt es sich um verwilderte Pflanzen, die im Mittelalter als Arzneipflanze und Gemüse angebaut wurden.
In Deutschland liegt ein Schwerpunkt auf dem Osten der Norddeutschen Tiefebene. Außerdem gibt es häufige Vorkommen am Oberrhein, südlich der Rhön und im Süden des Thüringer Waldes. Die Mittelgebirge Deutschland meidet die Pflanze weitgehend.
Die Verbreitung reicht von Griechenland über die Ukraine (wo sie sehr oft vorkommt) bis in die baltischen Staaten, nach Finnland, bis Dänemark und Mittelschweden. Aber in Skandinavien gedeiht sie nur an wenigen Stellen. In Dänemark wurde sie, der Volksüberlieferung zufolge, im Zweiten Nordischen Krieg (1658-1659) durch schwedische Soldaten oder deutsche Husaren eingeführt, deswegen heißt sie hier Svenskere (Schwedische), Tyskere (Deutsche) oder Husarblomst (Husarenblume).
Auch in England wurde sie eingetragen, und wenige Pflanzen wachsen auch in Schottland. Als Neophyt ist sie auch in Nord- wie Südamerika bekannt, hier handelt es sich um inselartige Standorte.
Ihr natürliches Habitat entspricht weniger den deutschen Mittelgebirgen und Laubmischwäldern, sondern der Steppe Osteuropas. Deswegen findet sie sich auch besonders in Kulturlandschaften, deren Habitat einen Ersatz für die offene Steppe bietet. Dazu gehören trockene Felder und offene Hecken sowie Brachland, Weiden und Wiesen, Sanddünen, Schutt und Schotter sowie Weinberge und Heidegebiete. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Gabriela Paun, Elena Neagu, Camelia Albu et al.: In Vitro Evaluation of Antidiabetic and Anti-Inflammatory Activities of Polyphenolic-Rich Extracts from Anchusa officinalis and Melilotus officinalis, in: ASC Omega, Volume 5, Issue 22, Seiten 13014-13022, 2020, ASC Publications
- Sophia Svirska and Andriy Grytsyk: Investigation of tannins in Anchusa officinalis L., in: The Pharma Innovation Journal, Volume 7, Issue 4, Seiten 758-761, 2018, The Pharma Innovation Journal
- Sophia Svirska: The study of fatty acids in Anchusa officinalis L. herb of the Ukrainian flora, in: News of Pharmacy, Volume 2, Seite 3-7, 2021, News of Pharmacy
- Evangelia Tsioakanos, Annalisa Cartabia, Nikolaos Tsafantakis et al.: The Metabolic Profile of Anchusa officinalis L. Differs According to Its Associated Arbuscular Mycorrhizal Fungi, in: Metabolites, Volume 12, Issue 7, 573, 2022, MDPI
- Reem M. Aljowaie, Mashail Fahad Alsayed, Noorah A. Alkubaisi et al: In vitro and in silico evaluation of bioactivities and chemical composition of the aerial parts of Anchusa officinalis L. methanol extract, in: Cell Biochemistry & Function, Volume 42, Issue5, Article e4093, 2024, WILEY
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.