Der Gemeine Hohlzahn ist eine weit verbreitete heimische Pflanze, die in menschlichen Kulturlandschaften ausgezeichnet zurechtkommt. In der Vergangenheit war sie als Mittel gegen Lungentuberkulose bekannt, ein Tee aus den Blättern und Blüten hilft gegen Atemwegsleiden.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Galeopsis tetrahit
- Volksnamen: Stacheliger Hohlzahn, Dorn-Hohlzahn, Gewöhnlicher Hohlzahn, Stechender Hohlzahn, Hanfnessel, Taunessel, Hanfkraut, Dahndistel, Dankraut
- Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
- Verbreitung: Europa und Asien bis Mittelsibirien, in Nordamerika als Neophyt verbreitet.
- Verwendete Pflanzenteile: Die blühende Pflanze ohne den Wurzelstock; das aus den Samen gewonnene ätherische Öl.
- Inhaltsstoffe: Kieselsäure, Gerbstoffe, Iridoide wie Haliridosid, Harpagid und Glurosid, Bitterstoffe, Harze, Flavonoide (Scutellarin), Phytosterole (pflanzliche Hormone), Saponine (Seifenstoffe), Fettsäuren, ätherische Öle, Salicyl- und Kaffeesäuren
- Anwendungsgebiete: Husten, Heiserkeit, entzündliche Erkrankungen der Atemwege, Schwellungen, Zerrungen, Verstauchungen, infektiöse Hauterkrankungen
Gemeiner Hohlzahn – Eine Übersicht
- Der Gemeine Hohlzahn ist ein Kulturfolger. Er wächst häufig an Wegrändern und Zäunen, auf Äckern, aber auch in Wäldern und unter Büschen.
- Tee aus Gemeinem Hohlzahn ist ein Hausmittel gegen leichtere Erkrankungen der Atemwege.
- Der Hohlzahn heißt so, weil seine Blüten zwei kleine „Höcker“ aufweisen. Diese sind hohl und erinnern an Zähne.
- Die Arten der Gattung Galeopsis hybridisieren häufig. So ist der Gemeine Hohlzahn zwar eine eigene Art, ging aber aus Kreuzungen zwischen dem Weichen Hohlzahn (Galeopsis pubescens) und dem Bunten Hohlzahn (Galeopsis speciosa) hervor.
- Der Gemeine Hohlzahn ist eine Halblichtpflanze und zeigt Stickstoff an. Er wächst auf feuchten, nicht nassen Böden.
- In der Vergangenheit war Hohlzahn verbreitet, um Lungentuberkulose zu behandeln.
- Der Gemeine Hohlzahn enthält reichlich Inhaltsstoffe mit nachgewiesenen medizinischen Effekten.
Hohlzahn – Inhaltsstoffe
Die oberirdischen Teile der Pflanze enthalten viel Kieselsäure (rund zehn Prozent). Dazu reichlich Gerbstoffe (ebenfalls rund zehn Prozent), Iridoide wie Haliridosid, Harpagid und Glurosid, außerdem Bitterstoffe und Harze.
An Flavonoiden liefert der Gemeine Hohlzahn Scutellarin. Des Weiteren Phytosterole (pflanzliche Hormone), Saponine (Seifenstoffe) Fettsäuren, ätherische Öle, Salicyl- und Kaffeesäuren.
Medizinische Wirkungen
Gemeiner Hohlzahn löst den Schleim und fördert den Auswurf bei chronischen Lungenerkrankungen. Enthaltene Bitterstoffe fördern den Appetit, regen die Speichelproduktion und die Verdauung an.
Gemeiner Hohlzahn zieht Gewebe zusammen (adstringierende Wirkung). Er erweicht, löst Krämpfe und Schleim.
Die traditionelle Anwendung von Hohlzahn gegen Atemwegserkrankungen erscheint durch die vorhandenen Stoffe plausibel. Die in veritabler Menge enthaltenen Gerbstoffe ziehen zusammen und wirken antientzündlich, die Saponine lösen Schleim.
Eine polnische Studie fand eindeutige antioxidative Effekte bei der Untersuchung eines Extrakts aus dem Gewöhnlichen Hohlzahn.
Der russische Forscher Daniil L. Olennikov kam in einer Untersuchung 2020 zu dem Ergebnis, dass die Arten der Gattung Hohlzahn eine unterschätzte Quelle für wertvolle bioaktive Stoffe sind.
Hohlzahn enthält Iridoide. Bestimmte Stoffe dieser Gruppe haben, laut eines chinesischen Reviews von 2020, wertvolle biologische Effekte. Sie schützen die Nerven und die Leber, wirken Tumoren und Depressionen entgegen und entfalten heilsame Wirkungen gegen Diabetes.
Indessen seien die Wirkmechanismen und die Struktur von Iridoiden bislang unzureichend erforscht. So das chinesische Wissenschaftsteam.
Wofür ist Kieselsäure gut?
Für den Menschen ist Kieselsäure vor allem für die Zellgesundheit von Haut, Haar, Knorpel und Knochen wichtig. Da der Mensch Silizium selbst nicht herstellen kann, muss es über die Nahrung zugeführt werden.
Laut einer Veröffentlichung der European Food Safety Authority gibt es keine hinreichenden Belege dafür, dass eine zusätzliche Einnahme von Kieselsäure nötig sei. Beziehungsweise darüber, welche Auswirkungen dieser Konsum auf den Körper hat.
Anwendungen in der Medizingeschichte und Volksmedizin
Die Arten der Gattung ähneln sich in ihren bioaktiven Eigenschaften. Die Volksmedizin trennte vermutlich aus diesem Grund kaum, welche Spezies sie nutzte.
Historisch war Tee mit Stechendem Hohlzahn ein Mittel, um Lungentuberkulose zu behandeln. Im 19. Jahrhundert gehörte die Pflanze zu einer Teemischung, die „Liebersche Auszehrungskräuter“ hieß.
Diese wurde als Mittel gegen diverse Erkrankungen angepriesen, ohne dass es dafür Belege gegeben hätte. Schließlich galt der Verkauf dieses Tees zu hohen Preisen als Quacksalberei und die Teemischung erhielt den Spottnamen „Schwindelkraut“.
Das bedeutet jedoch nicht, dass überlieferte Anwendungen des Hohlzahns Betrug oder auch nur sinnlos gewesen wären. Überliefert sind Therapien mit Tee, Extrakt, den Blüten und Blättern des Hohlzahns gegen Keuchhusten, Bronchialkatarrh und Asthma.
Außerdem wurde er gegen Erkältung und verschleimte Atemwege eingesetzt. Mit den enthaltenen Saponinen und Gerbstoffen sind real wirksame Stoffe vorhanden, die solche Behandlungen sinnvoll machen.
Als Hausmittel wurden und werden noch heute die zerstoßenen Blätter verwendet. Der aus diesen austretende Pflanzensaft wird auf Furunkel und Insektenstiche gepresst, um das Jucken und die Entzündung zu lindern.
Alkoholische Tinkturen mit Hohlzahn wurden eingesetzt gegen Entzündungen des Harntrakts und des Verdauungssystems. Infusionen mit der Pflanze werden in der Volksmedizin gegen diverse Erkrankungen im Magen-Darm-Trakt genutzt.
Dazu gehören Darmentzündungen (Kolitis), Magenentzündungen und Infektionen der Bauchspeicheldrüse. In Bulgarien wird Hohlzahn gegen Leukämie genutzt sowie gegen Keuchhusten.
In verschiedenen europäischen Ländern ist Hohlzahn bekannt als Mittel gegen Hauterkrankungen wie Ekzeme, Neurodermitis oder Psoriasis (Schuppenflechte). Neben Umschlägen und Waschungen wird das Kraut therapeutischen Bädern zugesetzt.
Nebenwirkungen und Kontraindikationen
Als Pflanze mit einer hohen Konzentration von Gerbstoffen und ätherischen Ölen sollte Hohlzahn nicht von Schwangeren, Stillenden und Kleinkindern konsumiert werden. Bei allergischen Reaktionen auf Lippenblütler dürfen Sie Hohlzahn nicht einnehmen.
Ob Sie allergisch sind, erkennen Sie, wenn Sie Tropfen des Tees oder sehr kleine Mengen der zerstoßenen Blätter in der Ellenbeuge auftragen. Kommt es zu Rötungen, Schwellungen oder einem Juckreiz, liegt wahrscheinlich eine Allergie vor.
Tee aus Gemeinem Hohlzahn
Die verbreitetste Form, Hohlzahn medizinisch zu nutzen, ist ein Tee. Dazu werden rund zwei Teelöffel des Krauts mit ungefähr einem Viertelliter kochendem Wasser übergossen und dann um die 15 Minuten ziehen gelassen.
Nach dem Abseihen können Sie Honig hinzugeben, falls Ihnen der Tee zu bitter schmeckt. Der Tee wird gegen Heiserkeit und Husten getrunken, bei Entzündungen in Mund, Rachen und Zahnfleisch auch gegurgelt.
Um zu gurgeln, können Sie ruhig die doppelte Menge Kraut in das Wasser geben. Umschläge aus konzentriertem Tee werden auch auf entzündete Hautstellen gelegt.
Welche Teile der Pflanze werden medizinisch genutzt?
In der Naturheilkunde benutzt man von dem Hohlzahn die von Juli bis Oktober gesammelte, blühende Pflanze ohne den Wurzelstock. Gesammelte Pflanzen sollten rasch und schonend im Schatten getrocknet werden.
Das Kraut wird geschnitten, bevor sich die Samen gebildet haben. Es sei denn, Sie nutzen explizit die Samen, zum Beispiel für Salate oder wegen der Fettsäuren.
Die oberirdischen Teile der Pflanze werden in luftiger Atmosphäre ohne direkte Sonneneinstrahlung getrocknet, zum Beispiel in Papiertüten. Sie halten sich auf diese Art ungefähr zwei Jahre.
Wie gewinnen Sie das Öl?
Historisch wurde aus den Samen der Hohlzahnarten ein Öl gewonnen. Es schmeckt zartbitter und verleiht einem Salatdressing eine ungewöhnliche Note.
Um das Öl zu gewinnen, werden die Samen gequetscht und darauf in heißes Wasser gelegt. Das Öl setzt sich ab und lässt sich abschöpfen.
Welche anderen Heilkräuter ergänzen Hohlzahn?
Hohlzahn lässt sich gegen Erkrankungen der Atemwege und der Lunge einsetzen. Er löst Schleim und fördert das Abhusten.
Ein solcher Tee lässt sich gut mit Kräutertees aus anderen Pflanzen kombinieren, die ebenfalls gegen diese Leiden zum Einsatz kommen. Dazu gehören Wilde Malve und Eibisch sowie Thymian.
Mit wem lässt sich der Gemeine Hohlzahn verwechseln?
Oberflächlich lässt sich der Gemeine Hohlzahn mit der Roten, Gefleckten und Stengelumfassenden Taubnessel verwechseln. Auch Taubnesseln sind Lippenblütler.
Die drei genannten Arten haben wie der Gemeine Hohlzahn rötliche, rosa bis rotviolette Blüten. Der Gemeine Hohlzahn ist jedoch borstig behaart, und Taubnesseln haben weiche Haare.
Welche ökologische Bedeutung hat der Gemeine Hohlzahn?
Lippenblütler sind auf die Bestäubung durch Hummeln und Bienen spezialisiert und eine wertvolle Nahrungsquelle für bedrohte Wildbienenarten. Zitronenfalter und Raps-Weißlinge gehören zu den Schmetterlingen, die die Blüten des Hohlzahns ansteuern.
Außerdem ist der Gemeine Hohlzahn der „Kindergarten“ für die Raupen der Achateule und den Hohlzahn-Kapselspanner. Vögel profitieren nicht nur von den Raupen: Für die Sumpf- und Weidenmeisen, die im feuchten Habitat des Hohlzahns leben, sind die Samen ein Leckerbissen.
Gemeiner Hohlzahn in der Küche
Die Blätter lassen sich gut als Salat oder Gemüse zubereiten. In der Volksküche sind Eintöpfe mit Hohlzahn und Wirsing überliefert.
Aus den Samen gewonnenes Öl eignet sich für Salatdressings. Während die rohen Blätter wie Feldsalat genutzt werden. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- European Food Safety Authority: Scientific Opinion in relation to the use of monomethylsilanetriol to be added for nutritional purposes to food supplements in the light of new data provided; in: EFSA Journal, 2010, efsa.europa.eu
- Danniil L. Olennikov: Synanthropic Plants as an Underestimated Source of Bioactive Phytochemicals: A Case of Galeopsis bifida (Lamiaceae); in: Plants, Volume 9, Issue 11, Seite 1555, 2020, mdpi.com
- Karl Hiller; Matthias F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen in zwei Bänden. Zweiter Band L bis Z. Heidelberg-Berlin, 1999
- Adam Matkowski, Patrycja Tasarz, Emilia Szypuła: Antioxidant activity of herb extracts from five medicinal plants from Lamiaceae, subfamily Lamioideae; in: International Magazine of Medicinal Plants Research, Volume 9, Issue 3, Seiten 1-10, 2020, internationalscholarsjournals.com
- Congcong Wang, Xue Gong, Agula Bo et al.: Iridoids: Research Advances in Their Phytochemistry, Biological Activities, and Pharmacokinetics; in: Molecules, Volume 25, Issue 2, 2020, mdpi.com
Wichtiger Hinweis:
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