Der Gewöhnliche Natternkopf ist als Ruderalpflanze an sonnigen und trockenen Standorten weit verbreitet in Eurasien. In den Herkunftsländern werden Wurzeln und Kraut in der Volksmedizin eingesetzt – etwa gegen Entzündungen, Hautleiden und Schmerzen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Echium vulgare
- Volksnamen: Gemeiner Natternkopf, Blauer Natternkopf, Natterkopf, Natterkraut, wilde Ochsenzunge, diverse regionale Bezeichnungen: Eisenhart, Knohf (Eifel), Frauenkrieg (Schlesien), Stolzer Heinrich (Sachsen)
- Familie: Raublattgewächse (Boraginaceae)
- Verbreitung: Eurasien im Osten bis nach Kirgisien, Kasachstan, China, Russland Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan, als Neophyt in Südafrika, Australien, Neuseeland und Amerika
- Verwendete Pflanzenteile: vor allem das getrocknete Kraut und die getrockneten Wurzeln
- Inhaltsstoffe: Allantoin, Pyrrolizidalkaloide, Phenole / Phenolsäuren, Flavonoide, Gerbstoffe (Rosmarinsäure), Schleimstoffe, Steroide
- Traditionelle Anwendungsgebiete: unter anderem als Diuretikum, zur Wundheilung, bei Entzündungen und Hauterkrankungen, wie Ekzemen und Furunkel, bei Quetschungen, Zerrungen, Verstauchungen und Schmerzen.
Natternkopf – Eine Übersicht
- Der Gewöhnliche Natternkopf ist eine äußerst gute Bienenweide und bei Imkern geschätzt. Natternkopf Honig kann allerdings auch mit den schädlichen Alkaloiden belastet sein, die in der Pflanze enthalten sind.
- Historisch wurde Natternkopf gegen Schlangenbisse eingesetzt. Dies lag vermutlich daran, dass die Blüten an den Kopf einer Schlange erinnerten und in der „magischen Medizin“ assoziativ Ähnliches heilen sollte.
- Natternkopf-Arten werden in der traditionellen Medizin verschiedener Länder und Regionen gegen vielerlei Leiden eingesetzt. In Deutschland findet sich eine Anwendung nur selten.
- Pharmakologische Untersuchungen belegen für verschiedene Arten der Gattung Natternkopf eine hohe Konzentration von Phenolsäuren, Steroiden und Flavonoiden. Solche Stoffe wirken nachweislich gegen schädliche Zellveränderungen und Schmerzen. Der bisherige Forschungsstand ist hier aber noch unzureichend für einen konkreten medizinischen Nutzen.
- In Gärten wird Natternkopf heute kaum noch für die Küche oder Medizin gepflanzt, sondern als Zierpflanze.
- Viele Schmetterlinge ernähren sich vom Nektar des Gewöhnlichen Natternkopfs, darunter Distel- und Dickkopffalter, der Große Kohlweißling und der Schwalbenschwanz.
- Der Gewöhnliche Natternkopf gehört hierzulande zu den Gewinnern der Klimaerwärmung. An intensivere Sonneneinstrahlung und längere Trockenperioden als bisher ist die Pflanze gut angepasst.
Natternkopf – Inhaltsstoffe
Die Wurzeln des Natternkopfs enthalten Allantoin, die Blätter Pyrrolizidinalkaloide, zahlreiche Flavonoide, Schleimstoffe und Gerbstoffe. Mehrere Natternkopfarten wie Echium vulgare, Echium amoenum und Echium russicum bieten etwa Rosmarinsäure mit gerbenden Eigenschaften. Zudem sind Phenolsäuren in Echium-Arten weit verbreitet. Auch wurden bereits Steroide aus Natternköpfen isoliert.
Im Trockenextrakt des Krauts des Gewöhnlichen Natternkopfes ist ein hoher Anteil an Phenolen und Flavonoiden. Auch Honig aus dem Gewöhnlichen Natternkopf enthält phenolische Komponenten und Flavonoiden in hohem Ausmaß – bis zu neunmal mehr als in anderen Honigsorten.
Die Pyrrolizidinalkaloide werden von den Pflanzen vor allem zum Schutz vor Fraßfeinden produziert. Die Abbauprodukte dieser Alkaloide gelten in großen Mengen als gesundheitsschädigend.
Medizinische Wirkungen
Generell gilt, dass die genauen pharmakologischen Wirkungen der Gattung Natternkopf auf den menschlichen Organismus unzureichend erforscht sind. Dennoch konnten Studien zeigen, dass die Gattung Echium antioxidative, schmerzlindernde, angstlösende, entzündungshemmende, antibakterielle und antivirale Wirkungen besitzt (siehe Ju Jin et al., 2020).
Viele dieser bioaktiven Effekte können den enthaltenen Phenolen und Flavonoiden zugeordnet werden. Man geht aufgrund dieser Inhaltsstoffe zudem davon aus, dass die Pflanze weitere gesunde Eigenschaften besitzt und sich positiv auf den Blutdruck und das Immunsystem auswirkt sowie antikanzerogene Effekte aufweist.
Eine türkische Studie (2012) kam zu dem Ergebnis, dass der schmerzlindernde Effekt von Extrakten aus den Wurzeln des Gewöhnlichen Natternkopfes und zweier verwandter Arten mit der Standardmedikamenten Aspirin und Morphin vergleichbar ist. Die traditionelle Verwendung von Echinum-Arten in der Türkei für schmerzlindernde und antioxidative Effekte wurden durch die Studie bestätigt.
Allantoin fördert die Regeneration der Haut, beschleunigt die Wundheilung, macht die Haut geschmeidig, beruhigt und glättet sie. Zudem regt dieser in den Wurzeln des Natternkopfes enthaltene Stoff die Zellteilung an und hat entzündungshemmende Eigenschaften.
Auch für den Natternkopf-Honig werden ähnliche medizinische Wirkungen beschrieben. Er soll gegen Bakterien, Entzündungen und schädliche Oxidationsprozesse helfen und die Wundheilung fördern.
Traditionelle medizinische Anwendungen
Natternkopf wird in der Volksmedizin seines Verbreitungsgebietes eingesetzt, um den Harn zu treiben, Entzündungen zu bremsen, Wundgewebe zusammenzuziehen, Blutungen zu stoppen und dazu, rheumatische Beschwerden zu lindern. Die bekanntesten traditionellen Anwendungsgebiete sind Hauterkrankungen, wie Hautentzündungen, Hautgeschwüre, Ekzeme und Furunkel.
Natternkopf wird meist als Umschlag oder Creme angewendet. So werden für eine Creme zerkleinertes Kraut, Melkfett und Rapsöl (oder anderes Pflanzenöl) vermischt und langsam erwärmt, bis das Fett schmilzt. Die Flüssigkeit wird 20 Minuten ziehen gelassen und dann abgekühlt und als Salbe verwendet. Natternkopf-Paste wird vor allem gegen Prellungen, Quetschungen, Zerrungen und Verstauchungen genutzt.
Die blühenden Spitzen der Pflanzen werden sehr fein geschnitten und zu einem Brei gestampft, der auf Entzündungen des Nagelbetts und auf Furunkel aufgetragen wird. Auch der Presssaft der Pflanze sowie Zubereitungen der Wurzeln dienen dazu, solche Beschwerden zu behandeln. Frischer Presssaft wird zudem auf Hautreizungen aufgetragen.
Die Blätter und das Kraut werden in der Blütezeit gesammelt und im Schatten getrocknet. Sowohl das frische wie das getrocknete Kraut wird auch als Tee genutzt, in einer Dosierung von rund zwei Teelöffel des Krauts pro Tasse kochenden Wassers. Darin zieht das Kraut zehn Minuten, dann wird die Flüssigkeit abgegossen und schluckweise getrunken.
In der Türkei wird das Kraut auch verzehrt, um den Harndrang anzuregen und Husten zu lindern. Im Mittelmeerraum wird, laut einem Review von 2020, das „Schlangenkraut“ gegen Schlangenbisse und Skorpionsbisse eingesetzt. Leider sind diese Behandlungen schlecht dokumentiert – wahrscheinlich sind aber nur die gedanklichen Assoziationen zwischen der Form der Blüten und Schlangenköpfen hier ausschlaggebend für die Anwendung.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen
Der Gewöhnliche Natternkopf enthält Pyrrolidizinalkaloide. Höhere Anteile finden sich vor allem in den Blättern und Stängeln, die Samen weisen nur wenig Alkaloide auf. In größeren Mengen wirken Alkaloide toxisch auf die Leber und Nieren, weshalb generell von der Verwendung und dem Verzehr der Pflanze abgeraten wird. Aus diesem Grund ist auch die volksmedizinische Anwendung der Pflanze umstritten.
Bei den meisten traditionellen Anwendungen dürfte das Risiko von gesundheitlichen Schäden aber gering sein. Vorsicht ist bei der Menge und Frequenz der Anwendung geboten: Dabei gilt es nur kleine Mengen anzuwenden und diese auch nicht täglich, sondern nur hin und wieder.
Während beim Menschen wenig Vergiftungsgefahr besteht, sind die Pflanzenteile des Gewöhnlichen Natternkopf durch den Gehalt an Allantoin und durch die Pyrrolizidinalkaloide für kleine Warmblüter allerdings giftig.
Woher stammt der Name Natternkopf?
Natternkopf, Otterkopf oder Schlangenhaupt bezieht sich auf die in Trauben wachsenden Blüten. Diese färben sich von rosa zu blau. Die Blüten erinnern an einen Schlangenkopf, die Griffel und Staubgefäße an eine Zunge. Auch der Gattungsname Echium kommt vom lateinischen Wort Echis, was Viper / Otter bedeutet.
Natternkopf im Garten
Natternkopf wächst gut in heimischen Gärten, sofern der Standort sonnig ist. Die schönen blauen „Schlangenblüten“ machen ihn zu einer beliebten Zierpflanze, die obendrein ökologischen Wert hat, etwa als Nahrungsgrundlage für Bienen und Schmetterlinge.
Natterkopf ist nicht bedroht – die Pflanze gilt hingegen in manchen neu besiedelten Regionen als invasiv. Sie können also Samen ohne Bedenken im frühen Herbst an den wild wachsenden Pflanzen sammeln. Die Samen können sie im Herbst oder zeitigen Frühjahr einsäen. Auch ein kultivieren der Samen im Topf und ein späteres umsetzten der Pflänzchen ins Beet (am besten im Juni) ist möglich. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Nuraniye Eruygur, Gülderen Yilmaz, Osman Üstün: Analgesic and antioxidant activity of some Echium species wild growing in Turkey, in: FABAD, Journal of Pharmaceutical Science, Volume 37, Issue 3, Seiten 151-159, 2012, FABAD Journal of Pharmaceutical Sciences
- Ju Jin, Mark Boersch, Akshaya Nagarajan, et al.: Antioxidant Properties and Reported Ethnomedicinal Use of the Genus Echium (Boraginaceae), in: Antioxidants, Volume 9, Issue 8, Seite 722, 2020, MDPI
- Wu Wang, Ju Jin, Huifeng Xu, et al.: Comparative analysis of the main medicinal substances and applications of Echium vulgare L. and Echium plantagineum L.: A review, in: Journal of Ethnopharmacology, Volume 285, 2022, ScienceDirect
Wichtiger Hinweis:
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