Greiskraut ist weit verbreitet und wurde in der Vergangenheit vielerorts als Arzneipflanze geschätzt. Heute ist eindeutig belegt, dass sie toxische Stoffe enthält, die die Leber schädigen. Greiskraut wird daher nur noch in Fertigpräparaten eingesetzt, die frei von den giftigen Alkaloiden sind.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Senecio vulgaris
- Volksnamen: Gemeines Greiskraut, Eiterkraut, Schwulstkraut, Baldgreise, Kreuzkraut, Gemeines Kreuzkraut, Goldkraut, Kreuzwurz, Speykreuzkraut, Grindkraut
- Familie: Korbblütler (Asteraceae)
- Verbreitung: Eurasien und Nordafrika, Neophyt weltweit: unter anderem in Nordamerika, Hawaii, Neuseeland, St. Helena, Jemen, Indien, tropisches und südliches Afrika, Madagaskar, Australien, Südamerika, Karibik und Japan
- Verwendete Pflanzenteile: Historisch die Blüten, Blätter und das Kraut; heute nur noch in Fertigpräparaten
- Inhaltsstoffe: Giftige Pyrrolizidinalkaloide, wie Senecionin und Senecine, außerdem Schleim- und Gerbstoffe
- Traditionelle Anwendungsgebiete: Historisch als Brechmittel und Blutstiller, bei Menstruationsbeschwerden, Harndrang, Blasenentzündung und Durchfall.
- Vorsicht: Wegen der giftigen Pyrrolizidinalkaloide wird heute vor dem Einsatz als Hausmittel gewarnt. Isolierte Stoffe der Pflanze werden heute ausschließlich in Fertigpräparaten verwendet.
Greiskraut – Eine Übersicht
- Senecio vulgaris enthält Giftstoffe (Pyrrolizidinalkaloide), weshalb eine Anwendung als traditionelle Heilpflanze heutzutage obsolet ist.
- Abbauprodukte von Pyrrolizidinalkaloiden schädigen die Leber. Weidetiere, die viel Kreuzkräuter verzehren, entwickeln Leberzirrhosen, und Körpergewebe stirbt ab. Hohe Dosen können zum Tod führen.
- Traditionell wurde Greiskraut als Brechmittel eingesetzt. Dieser Effekt ist eine körperliche Reaktion auf die Giftstoffe.
- Historisch war Greiskraut auch unter anderem ein beliebtes Mittel gegen Menstruationsbeschwerden. Heute wird aufgrund der Giftigkeit auf andere Hausmittel zurückgegriffen.
- Die giftigsten Greiskraut-Arten in Deutschland sind Jakobs-Greiskraut, Raukenblättriges Greiskraut und Schmalblättriges Greiskraut. Das Gemeine Greiskraut ähnelt diesen in seiner chemischen Zusammensetzung, ist aber nicht ganz so toxisch.
- Das Gewöhnliche Greiskraut wächst als Ruderalpflanze in frischer Erde mit vielen Nährstoffen.
- In naturnahen Gärten ist dieses Wildkraut heute beliebt wegen seiner gelben Blüten und als Nahrungsspender für Insekten.
- Das Gewöhnliche Greiskraut gehört zur Gattung der Greiskräuter, die mit über 1000 Arten nahezu weltweit verbreitet ist.
Inhaltsstoffe
Greiskraut enthält Pyrrolizidinalkaloide, wie Senecionin und Senecine, sowie Schleim- und Gerbstoffe.
Eine Studie aus dem Jahr 2016 identifizierte 14 Pyrrolizidinalkaloide in Gewöhnlichen Kreiskräutern die zur Gruppe der Senecionine gehören.
Greiskraut – Medizinische Effekte
Laut Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) wurde Senecio vulgaris früher gegen Harndrang, Blasenentzündung, Durchfall, Blutarmut, Regelschmerzen und Ausbleiben des Menstruation sowie zur Blutdrucksenkung und Blutstillung eingesetzt.
Die Heilwirkungen von Greiskraut sind weder wissenschaftlich untersucht noch belegt. Hingegen haben sich für manche Tierarten die Wirkungen der Pyrrolizidinalkaloide als krebserregend und erbgutschädigend erwiesen. Auch beim Menschen haben Vergiftungsfälle gezeigt, dass diese Verbindungen lebertoxisch wirken.
Heute findet die Pflanze aufgrund der enthaltenen Giftstoffe daher nur noch Anwendung als homöopathisches Arzneimittel.
Medizinische Anwendungen
Trotz der ernsten Risiken und der fehlenden Sicherheit dieser giftigen Pflanze nutzen nach wie vor Menschen das Greiskraut als natürliches Heilmittel. Der frisch gepresste Pflanzensaft wird etwa gegen schmerzhafte Monatsblutungen eingesetzt. Außerdem sind Anwendungen bekannt, bei denen der Saft direkt auf das Zahnfleisch gepresst wird, um Blutungen zu stillen.
Von diesen und anderen traditionellen Anwendungen als pflanzliches Heilmittel wird dringend abgeraten.
Nebenwirkungen
Die enthaltenen lebertoxischen Pyrrolizidinalkaloide, können in größeren Dosen zu einer Lebervenenverschlusskrankheit führen und somit die Leber gravierend schädigen. In der Regel tritt eine solche Wirkung nach stetiger, geringer Aufnahme dieser Giftstoffe über einen längeren Zeitraum hinweg auf.
Akute Vergiftungen durch Lebensmittel sind eher unwahrscheinlich, aber bereits kleine Mengen können durch das Risiko von krebserregenden und erbgutschädigenden Wirkungen gefährlich sein. Auch hier bestehen noch Wissenslücken wodurch Vorsicht geboten ist. Greiskraut-Anwendungen, die nicht überprüft und frei von leberschädigenden Alkaloiden sind, sind nicht sicher.
Auch eine äußere Anwendung ist riskant, wie etwa gegen rissige Haut: Die gefährlichen Stoffe im Greiskraut werden über Schäden an der Haut vom Körper aufgenommen und können so gesundheitliche Schäden verursachen. Auch hier gilt: Hautpräparate, die Greiskraut enthalten und nicht frei von toxischen Alkaloiden sind, müssen vermieden werden.
Für Anwendungen auf intakter Haut fehlen Untersuchungen, ob diese Stoffe ebenfalls solche Schäden verursachen. Auch wenn die über die Haut aufgenommene Alkaloide eine wesentlich geringere Giftwirkung haben – solange eine Unbedenklichkeit nicht belegt ist, sollte pures Greiskraut auch hier vermieden werden. In hohem Ausmaß gilt das, wenn bereits Lebererkrankungen vorliegen. Es ist belegt, dass die leberschädigenden Stoffe solche bestehenden Krankheiten verschlimmern.
Für Kinder, Schwangere und Stillende gelten die Sicherheitswarnungen in hohem Ausmaß. Diese Personengruppen sollten auch von einem übermäßigen Konsum potentiell mit Pyrrolizidinalkaloiden verunreinigter Lebensmittel, wie etwa Kräutertees, absehen.
Auch sollten vor allem empfindliche Personen den Kontakt mit den Pflanzen vermeiden, da Hautreizungen und auch allergische Reaktionen (Kontaktdermatitis gegen Korbblütler) auftreten können.
Vergiftungen von Tieren durch Greiskraut
Unter Nutztieren, die Gefahr laufen, Greiskraut zu verzehren, reagieren Kühe und Pferde am sensibelsten auf die Gifte, gefolgt von Schweinen und Hühnern. Schafe, Ziegen und Truthühner vertragen die toxischen Stoffe noch am besten.
Generell sind Jungtiere empfindlicher gegenüber den Giften als erwachsene Tiere – die Hochrisikogruppe sind folglich Kälber und Fohlen. Diese werden auch durch die Muttermilch geschädigt, wenn die Kühe und Stuten Greiskraut fressen.
Die Identifikation und Kontrolle von Greiskraut auf Weiden ist daher notwendig, um Vergiftungen der Tiere zu vermeiden. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden in den USA Landeigner angewiesen, die Greiskraut-Pflanzen auf ihrem Land zu bekämpfen, nachdem es zu diversen Vergiftungen von Nutztieren durch Heu gekommen war, das Greiskraut vergiftet hatte.
Eine akute Tier-Vergiftung durch einen einmaligen Verzehr von Greiskraut bei Tieren ist ungewöhnlich. Viel häufiger kommen chronische Vergiftungen durch die regelmäßige Aufnahme der Pflanze in kleinen Mengen vor. Die toxischen Effekte kumulieren bei wiederholtem Verzehr. Dies geschieht zum Beispiel, wenn Greiskraut auf Weiden zwischen essbaren Gräsern und Wiesenblumen wächst und die Tiere es täglich zusammen mit den unschädlichen Pflanzen verzehren.
Trügerisch an dieser schleichenden Vergiftung ist, dass die Tiere über Wochen oder sogar Monate hinweg körperlich völlig gesund wirken. Bevor die Vergiftung sich zeigt, können Kühe und Pferde größere Mengen Greiskraut verzehren, ohne Symptome zu entwickeln, abhängig von dem Wachstumsstadium der Pflanzen und der körperlichen Verfassung der Tiere.
Problematisch ist weiterhin, dass Pyrrolizidinalkaloide in Pflanzen durch das Trocknen zu Heu oder Fermentieren als Futter nicht zerstört werden. Heu ist also auch eine verbreitete Quelle für Vergiftungen mit Greiskraut.
Medizingeschichte
Seit der Antike wurde Greiskraut in der Medizin eingesetzt. Im antiken Rom galt es als Mittel gegen Zahnschmerzen.
Die von Plinius empfohlene Methode, das Kraut gegen dieses Leiden einzusetzen, führte mutmaßlich nicht zu Vergiftungen, war aber als magisches Ritual auch nicht medizinisch wirksam, es sei denn als Placebo. So sollte der Betroffene Greiskraut herausrupfen, dreimal damit den schmerzenden Zahn berühren und danach jedes Mal auf den Boden spucken. Danach sollte der die Pflanze wieder in den Boden setzen. Würde diese Wurzeln schlagen und erneut wachsen, dann würde der Zahn geheilt.
In der Renaissance war es als Heilkraut begehrt und wurde dazu extra in Klostergärten angepflanzt. Die Blätter wurden zerstampft, mit Milch gemischt und getrunken. Sie wurden Kindern gegeben, die unter Entzündungen am Zahnfleisch sowie in Mund und Rachen litten. Es sollte Entzündungen kühlen und als Tee Gewebe erweichen. Mit Bier vermischt sollte es Bauchweh lindern und gegen Schmerzen in der Harnröhre und beim Wasserlassen helfen, indem es den Harndrang erhöhte.
Es wurde auch eingesetzt bei ausbleibender Periode und bei schmerzhaften und unregelmäßigen Monatsblutungen junger Frauen und Mädchen. Beliebt war es auch als Mittel gegen die weit verbreiteten Würmer in Darm und Magen. Zudem sollte es Tumore und Geschwüre ebenso bekämpfen wie Koliken und Lebererkrankungen. Mit dem heutigen Wissen über die leberschädigende Wirkung der Pyrrolizidinalkaloide ist eine solche Anwendung undenkbar.
Greiskraut als invasiver Neophyt
Das Gewöhnliche Greiskraut ist ursprünglich in Eurasien und Nordafrika beheimatet, kommt aber mittlerweile fast weltweit als Neophyt und typische Ruderalpflanze vor. In Nordamerika ist die Pflanze ein weitverbreiteter Neophyt. Laut einer Studie aus Ohio von 2007 ist Gewöhnliches Greiskraut als invasive Pflanze in zahlreichen Anbauformen und Pflanzengesellschaften etabliert. Demnach ist es in Zierblumenkultivierungen ebenso vertreten wie in Getreidefeldern oder Beerenplantagen.
In den USA war Gewöhnliches Greiskraut schon im 19. Jahrhundert als invasive Pflanze bekannt, die auf Brachflächen von Neuengland bis Pennsylvania wuchs. Augustin Pyramus de Candolle (1778-1841) erwähnte, dass Gewöhnliches Greiskraut fast überall ausgewildert sei, wohin Europäer gezogen seien.
Laut Candolle hatte sich das Asterngewächs bereits im frühen 19. Jahrhundert in zahlreichen Ländern als Neuankömmling etabliert. In Nordamerika breitete es sich im 19. Jahrhundert flächendeckend aus: Von Neufundland und der Hudson Bay bis Virgina und North Carolina, und im Westen bis Minnesota, South Dakota und Michigan. Auch in den US-Staaten der Pazifik-Küste gedeiht es. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Dandan Cheng, Viet-Tang Nhuyen, Noel Ndihokubwayo et al.: Pyrrolizidine alkaloid variation in Senecio vulgaris populations from native and invasive ranges, in: Peer Journal, E-Text, 2017, PeerJ
- Rodrigo Figueira, Douglas Doohan, John Cardina et al.: Common Groundsel (Senecio vulgaris) Seed Longevity and Seedling Emergence, in: Weed Science, Volume 55, Issue 3, Seiten 187-192, 2007, JSTOR
- Karl Hiller und Matthias F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen in zwei Bänden. Erster Band A bis K, Heidelberg-Berlin, 1999
- Walter Wurzer (Hrsg.): Die große Enzyklopädie der Heilpflanzen, Klagenfurt, 1994. [Titel des Originals 1977: „Le erbe“, Übertragung aus dem Italienischen]
- Bundesinstitut für Risikobewertung (Hrsg.): Fragen und Antworten zu Pyrrolizidinalkaloiden in Lebensmitteln, Aktualisierte FAQ des BfR vom 16. Dezember 2022, https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_pyrrolizidinalkaloiden_in_lebensmitteln-187302.html (Abrufdatum: 07.11.2023)
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.