Sebastian Kneipp, der Begründer der Kneippkuren, sagte über die heimische Pflanze: „Gundermann, Heil aller Welt.“ Zu dieser Aussage verleitete ihn die Kenntnis über die medizinisch wirksamen Stoffe, die dieser Bodendecker tatsächlich enthält.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief zu Gundermann
- Wissenschaftlicher Name: Glechoma hederacea
- Volksnamen: Efeugundermann, Gundelrebe, Engelskraut, Donnerrebe, Gewitterblume, Wideruf, Erdefeu, Erdkränzel, Stinkender Absatz, Steinumwickler, Guck durch den Zaun, Huderich, Hederich, Gundelse, Gutermann, Gundelrieme, Gundam, Soldatenpetersilie, Kranzkraut, Heilrauf, Heilreif, Katzenminze, Zickelkraut, Erdhopfen
- Verwendete Pflanzenteile: Blätter und oberirdische Teile der Pflanze
- Anwendungsgebiete:
- Wundheilung
- entzündliche Erkrankungen
- Nieren- und Blasenschwäche
- Husten
- Schnupfen
- Gliederschmerzen
- Menstruationsbeschwerden
- rheumatische Schmerzen
- unreine Haut
- historisch und in der Volksmedizin besonders Magen-Darm-Katarrhe
Inhaltsstoffe
Gundermann enthält Glykoside, darunter Glucopyranoside und Neohesperidoside, Tannine und Bitterstoffe. Die während der Blüte gesammelten und getrockneten oberirdischen Teile enthalten ätherisches Öl (bis zu 0,06 Prozent), darunter Monoterpen-Ketone und Sesquiterpene, Glechomafuran, Glechomanolid, Rosmarinsäure (circa 1,5 Prozent), Kaffeesäure, Ferulasäure, Sinapinsäure, Flavonoide wie Cymarosid, Cosmosysrin, Hyperosid, Isoquercitrin, Luteolin-7-diglucosid, Triterpencarbonsäuren und Hydroxyfettsäuren.
Wirkungen – Gegen Entzündungen
Gundermann wirkt Entzündungen entgegen. Hauptträger dafür ist das in der Pflanze enthaltene Öl, das wir riechen, wenn wir die Blättchen zwischen den Fingern zerreiben; es riecht nach Minze sowie Lakritze, und es macht Gundermann zu einem guten Gewürz für Salate. Dieses Öl zeigt Erfolge gegen Abszesse (Eiterbildung), Hautentzündungen, Entzündungen des Zahnfleisches, des Mund- und Rachenraums sowie der Luftwege.
Äußerlich beschleunigt das Kraut die Heilung von entzündeten Wunden. Es regt zudem den Stoffwechsel an. Gundermann wirkt (leicht) antiseptisch und zieht zusammen (adstringierend). Gundermannextrakt ist zudem ein gutes Gesichtswasser gegen unreine Haut.
Naturheilkunde und Phytotherapie
Bei der medizinischen Behandlung mit selbst gepflückter Gundelrebe – sei es als Tee, Paste oder Gewürz – handelt es sich um Naturheilkunde und Pflanzenmedizin (Phytotherapie). Der Name Gundermann verweist darauf, dass das Kraut dazu diente, eitrige Entzündungen zu behandeln, denn in früheren germanischen Sprachen hieß „gund” auch Geschwür oder Eiter.
Innerlich eingenommen, als Gewürz oder besser als Tee, Extrakt oder Sirup, dient Gundermann in der Naturheilkunde dazu, chronische Bronchitis ebenso wie chronischen Schnupfen zu lindern – und als Diuretikum bei Erkrankungen von Blase und Nieren.
Gundelrebe in der Hildegard-Medizin
Die heilkundige Äbtissin Hildegard von Bingen schrieb Rezepte mit Gundermann gegen Schwächegefühl, Brustschmerzen und Ohrensausen.
Gundermann in der Volksmedizin
Volksnamen wie „Heilrauf” verweisen bereits darauf, dass der allgegenwärtige Gundermann als Allheilmittel galt. Er sollte gegen Durchfall, Lebererkrankungen, Lungenleiden, Gelbsucht und Magenbeschwerden helfen, sowie den Harn und Schweiß treiben. Die Volksheilkunde der Vergangenheit basierte nicht nur auf den mittlerweile nachgewiesenenen Wirkstoffen der Pflanze, sondern auch auf dem Glauben an Magie, Zauber, Geister, Hexen und Dämonen.
Namen wie „Engelskraut”, „Widerruf”, „Donnerrebe” oder „Gewitterblume” zeigen, dass der Bodendecker in diesem Glauben an Übernatürliches als mächtiges Kraut galt – wie viele Pflanzen, die reale Heilwirkung haben, galt die Gundelrebe als Schutzmagie. So mischten Bauern ihren Kühen Gundermann ins Futter, damit sie viel Milch gaben, und wischten das Milchgeschirr mit dem Kraut aus.
Der Begriff „Kranzkraut” stammt daher, dass ein Kranz mit Gundermann es möglich machen sollte, Hexen zu erkennen. Gundermann sollte das Haus vor Blitzeinschlag und Sturmschäden schützen, daher die Namen „Donnerrebe” und „Gewitterblume”. Magisch-religiöse Rituale vermischten sich mit praktischen Heilanwendungen: Pflückte man Gundermann zu Pfingsten während der Predigt, sollte es gegen jede Krankheit wirken. Am Johannistag auf schmerzende Körperstellen gelegt, sollte es rheumatische Beschwerden beenden.
In der Signaturlehre der frühen Neuzeit galt das Blatt als pflanzliche Entsprechung der Niere – wegen der Form der Blätter. Deswegen sollten diese gegen Nierenerkrankungen helfen. Eine reale Wirkung als Diuretikum mit schwachem, positivem Effekt bei Nierenleiden spielte vermutlich bei dieser Anschauung auch bereits eine gewisser Rolle.
Gundelrebe in der Traditionellen Chinesischen Medizin
In der Chinesischen Medizin gilt Gundermann als Mittel gegen eitrige Entzündungen (Abszesse) und Diabetes.
Anwendungen – Tee gegen Husten und Mundfäule
Aus Gundermann lässt sich Tee zubereiten, indem Sie die getrockneten oder frischen Blätter einige Minuten in Wasser ziehen lassen. Dafür nehmen wir 1,5 Milligramm des getrockneten Krautes auf 100 Milliliter Wasser und trinken zwei bis drei kleine Tassen pro Tag. Es handelt sich um ein Hausmittel gegen Husten, Mundfäule und Zahnfleischentzündungen.
Gundermann gegen Gicht?
Unsere Vorfahren kochten die Blätter in Milch auf, denn Milch schließt die wasserlöslichen und fettlöslichen Inhaltsstoffe gut auf. Der flüssige Extrakt der Blätter lässt sich auch in Auflagen und Kompressen gegen äußere Wunden und Hautentzündungen einsetzen, historisch auch gegen Gicht und Ischiasschmerzen.
Bad gegen Akne und Ekzeme
Mehrere Handvoll der Blätter in fünf Liter Wasser gekocht lassen sich in ein Vollbad geben. Das hilft besonders gegen Hautbeschwerden wie Akne, Ekzeme, Geschwüre oder Insektenstiche, aber auch gegen unreine Haut. Zudem wirkt ein solches Vollbad gegen Entzündungen der Atemwege und den damit verbundenen Symptomen wie Husten und Schnupfen.
Verbreitung
Gundermann ist weit verbreitet, wächst als Bodendecker am Wald- wie Feldrand, in lichten Wäldern wie in Gärten, auf allerlei Brachflächen, Bahndämmen oder Wiesen. Er mag es feucht, und er liebt nährstoffreiche, kalk- und stickstoffhaltige Böden. Die moderne Landwirtschaft und der Einsatz von Mineraldünger kommt ihm durch den relativ hohen Stickstoffeintrag in den Boden zugute.
Er wächst in Europa und Nordasien, sein Schwerpunkt liegt dabei in Mitteleuropa. In der „freien Natur“ bevorzugt er Wälder mit feuchten Böden, in der Kulturlandschaft besiedelt er gerne landwirtschaftlich genutze und gut bewässerte Wiesen mit einem hohen Stickstoffgehalt. Er breitet sich schnell aus und bedeckt oft großfächig Böden, was ihm den Volksnamen „Erdefeu” eintrug. Im Unterschied zum echten Efeu rankt er dabei nicht in die Höhe, sondern nur an Pflanzen und Steinen in Bodennähe. Ab Ende April, meist im Mai und Juni, blüht er dann blau.
Sammeln und Lagern
Wir sammeln die Triebe sobald die Pflanze blüht und trennen sie nur wenige Zentimeter über dem Boden ab. Die Triebe schnüren wir zu Bündeln zusammen und trocknen sie an einem schattigen Ort. Die getrockneten Pflanzenteile lassen sich gut in Papier- oder Stoffsäckchen lagern.
Gundermann in der Küche
Heute ist Gundelrebe als Gewürzkraut kaum noch bekannt. Dabei lässt es sich ähnlich einsetzen wie zum Beispiel Petersilie, Majoran oder Kresse. Der Geschmack ist würzig, drängt sich aber nicht auf und harmoniert mit Minze. Es eignet sich ausgezeichnet für Kräuterdips, Kräuterquarks, grüne Saucen, als Suppengewürz oder für Marinaden.
Verwechslungsgefahr
Durch seinen kriechenden Wuchs lässt sich der „Erdefeu“ mit dem echten Efeu verwechseln. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich aber die Unterschiede – wie der stark behaarte Kelch der Blüten der Gundelrebe und die Haare an den Blättern. Zudem haben die Blätter eine stark faltige Oberfläche. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Chou, Su-Tze; Lin, Tsai-Hua; Peng, Hsin-Yi et al.: Phytochemical profile of hot water extract of Glechoma hederacea and its antioxidant, and anti-inflammatory activities. Department of Food and Nutrition, Providence University, Taichung, Taiwan, in: Life Sciences, Volume 231, Aug 2019, ScienceDirect
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