Das Heidekraut (Calluna vulgaris), auch Besenheide oder schlicht Heide genannt, wurde durch den „Heidedichter“ Hermann Löns zu einem deutschen Mythos. Auch ernannte die Loki Schmidt Stiftung die Pflanze zur „Blume des Jahres 2019“, auch um darauf aufmerksam zeigen, dass sie vielerorts bedroht ist. Calluna spielt eine Rolle in der Volksmedizin und enthält verschiedene medizinisch wirksame Stoffe.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Calluna vulgaris
- Volksnamen: Besenheide, Sommerheide, Brauttreue, Heie, Hey, Heyde, Rehheide, Ruchabruch, Droppheide, Brusch, Bultheide, Bienenheide, Brandheide, Bessenheide.
- Familie: Heidekrautgewächse (Ericaceae)
- Verwendete Pflanzenteile: Das Kraut
- Anwendungsgebiete: Harnwegsinfektionen, Leber- und Nierenprobleme, rheumatische Erkrankungen, Magen-Darm-Beschwerden, Entzündungen.
- Verbreitung: In Europa weit verbreitet, fehlt am Mittelmeer, vor allem Ost- und Nordeuropa bis Westasien.
Calluna vulgaris – Eine Übersicht
- Heidekraut dient(e) in der Volksmedizin gegen allerlei Leiden, besonders gegen Harnwegsinfektionen.
- Heide soll dem Volksglauben zufolge wirken gegen Nierenbeschwerden, Leberleiden, Arthritis, Gicht, rheumatische Erkrankungen, Husten, Hautreizungen, Ekzeme, Schuppenflechte, Schlaflosigkeit und vieles mehr.
- Wssenschaftliche Ergebnisse deuten darauf hin, dass Calluna-Extrakt die Vermehrung pathogener Bakterien, die Harnwegsinfektionen auslösen, bremst.
- Heidekraut lässt sich innerlich oder äußerlich anwenden: Als Waschung, Bad, Tee, Sirup, Essenz oder Tinktur.
- Calluna enthält medizinisch wirksame Stoffe wie Gerbstoffe, Flavonoide und Saponine.
Inhaltsstoffe
Calluna verfügt über eine Menge (potenzieller oder belegter) medizinisch wirksamer Stoffe: Kieselsäure, Kalk, Harze, Saponine, Gerbstoffe und Glykoside – darunter Arbutin. Hinzu kommen Flavonoide (Callunin, Catecin, Epicatechin), Phenolcarbonsäuren, Steroide und Triterpene.
Heidekraut in der Volksmedizin
Besenheide wurde und wird in der Volksmedizin gegen eine Vielzahl von Beschwerden eingesetzt: gegen Erkältung, Infektionen der Augen, Harnwegs- und Nierenprobleme, Blasensteine, Durchfall, Husten, Arthritis und Rheuma, Hautausschlag, Ekzeme, Schuppenflechte, äußere Wunden, Beschwerden des Stoffwechsels und Schlaflosigkeit. Vor allem gilt es aber als Mittel gegen Entzündungen der Harnwege.
Heidekraut setzte die „Kräutermedizin“ zudem gegen Koliken, Krämpfe und Magenschmerzen, Erkrankungen von Leber und Gallenblase ein. Es soll die Verdauung anregen und den Kreislauf regulieren. In der Frauenheilkunde diente es zusammen mit anderen Pflanzenarzneien dazu, die Auswirkungen der Menopause sowie Schmerzen während der Periode zu lindern.
Welche Eigenschaften soll Calluna haben?
Besenheide soll den Harn treiben, beruhigen, den Schweißfluss fördern, Schleim lösen, beim Einschlafen helfen, Entzündungen hemmen, zusammenziehen und antiseptisch wirken.
Traditionelle Anwendung
Die Volksmedizin nutzt die Blüten, Blätter und Pflanzenspitzen. Heidekraut wird angewandt in Form von Tee, Kompressen, Bädern, Waschungen, Umschlägen, Sirup und Öl.
Innerlich eingesetzt wird ein Tee aus Heidekraut getrunken, um Nierenleiden und Beschwerden des Harntrakts zu behandeln, ebenso eine vergrößerte Prostata, eingelagertes Wasser, Atembeschwerden, Husten, Erkältungen, Gicht, Arthritis und Schlafstörungen.
Um die Wundheilung zu beschleunigen sowie Ekzeme, Hautausschlag oder Schuppenflechte zu behandeln, soll es helfen, Calluna dem heißen Badewasser zuzufügen oder die betroffenen Stellen mit einem in Calluna-Sud getränkten Tuch zu bedecken.
Traditionstee aus Heidekraut
In der traditionellen Medizin galt ein Tee aus Heidekraut als Mittel, um besser einzuschlafen. Für diesen Traditionstee übergießen Sie einen Esslöffel Calluna-Blüten mit einem Viertelliter heißem Wasser. Den Sud lassen Sie fünf Minuten ziehen, gießen ihn dann ab und trinken dreimal täglich eine Tasse davon. Aus diesem Gebräu machten unsere Vorfahren auch Wundumschläge, die sie darin tränkten und auf Hautausschlag, Schürfwunden oder Ekzeme legten.
Was sagt die evidenzbasierte Medizin?
Calluna enthält medizinisch wirksame Stoffe. Arbutin wirkt desinfizierend, Saponine wirken als Schleimlöser, Gerbsäuren fördern die Verdauung. Die wissenschaftlichen Daten reichen aber nicht aus, um zu belegen, dass Heidekraut effektiv gegen Nierenleiden und Beschwerden des Harntraktes, Wassereinlagerungen, vergrößerte Prostata, Magenschmerzen, Koliken, Lebererkrankungen, Probleme der Gallenblase, Gicht und Arthritis wirkt.
In einer wissenschaftlichen Studie (2014) Studie wurde der Effekt von Calluna vulgaris auf Entzündungen des Harntrakts untersucht. Die Arbeit analysiert die antibakterielle Aktivität von Extrakten der Pflanze auf verschiedene Stämme der Bakterien Escherichia coli, Enterococcus faecalis und Proteus vulgaris.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die untersuchten Extrakte von Calluna vulgaris das Wachstum von menschlichen Krankheitserregern hemmen, insbesondere der wässrige Extrakt. Proteus vulgaris reagierte am empfindlichsten auf den Calluna-Extrakt.
Arbutin – medizinisch wirksam oder schädlich?
Arbutin wird wegen seiner desinfizierenden, antibakteriellen Wirkung medizinisch eingesetzt – häufig als Arzneitee (zum Beispiel Bärentraubenblättertee) bei bakteriellen Harnwegs- und Blasenentzündungen. Dennoch muss darauf hingewiesen werden, dass das im Körper aus Arbutin entstehende Hydrochinon in höherer Dosierung Schädigungen der Leber verursachen kann oder sogar mutagene und kanzerogene Wirkungen haben kann.
Daher ist bei einer Anwendung Arbutin-haltiger Produkte immer Vorsicht geboten und ein ärztlicher Rat einzuholen. Vor Einnahmen, die eine fünfmalige Anwendung pro Tag und eine Einnahmedauer von einer Woche selbst mit geringer Dosierung überschreiten, wird generell abgeraten. Schwangere und Kinder sollten keinen Arbutin zu sich nehmen.
Die Verwendung von Arbutin (auch als β−Arbutin bezeichnet) in kosmetischen Hautaufhellungsmittel wurde vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) 2013 als gesundheitlich bedenklich eingestuft. Der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit (Scientific Committee on Consumer Safety, SCCS) der EU-Kommission hat Arbutin in Kosmetika zwei Jahre später neu bewertet, aber es fehlen immernoch Daten, um sichere Konzentrationen für Arbutin in kosmetischen Mitteln festzulegen.
Wo kommt die Besenheide vor?
Calluna vulgaris braucht magere Sandböden, und sie prägt solche Böden im Spätsommer und Frühherbst durch ein Meer aus lila Blüten, das die Lüneburger Heide zum Touristen-Hotspot werden ließ. In Europa ist sie weit verbreitet bis auf die Gebiete am Mittelmeer (Calluna verträgt keine langen trockenen Sommer); ihr Schwerpunkt liegt in Nord- und Osteuropa bis nach Westsibirien; in den Bergen wächst sie bis auf 2700 Meter Höhe, in den Alpen ist sie häufig.
Typisch wächst das Heidekraut auf Sonnenstandorten und sie bevorzugt kalkfreien Sand. Bei diesen Standorten handelt es sich um die klassischen Heiden (Heidelandschaften), aber auch um Moore, Dünen, Bergwiesen und offene Wälder, besonders Kiefernwälder.
Eine aussterbende Kulturlandschaft
Solche offenen Flächen mit mageren Sandböden sind heute in Deutschland sehr selten geworden. Historisch erstreckten sie sich über weite Teile Norddeutschlands. Die Heide ist hierzulande kaum eine Naturlandschaft, sondern durch das Roden der Wälder entstanden. Bevor es Mineraldünger gab, wurden solche Flächen schnell mager und verloren Nährstoffe. Ackerbau war dann nicht mehr möglich, die nährstoffarmen Böden dienten als Schafweide für angepasste Formen wie die Heidschnucken.
Calluna vulgaris gehört dabei zu den Pflanzen, die einen Verbiss durch die Huftiere gut vertragen kann. Und indem die Schafe auch Baumschößlinge fressen und Jungpflanzen niedertrampeln, sorgen die Tiere sogar für offene Stellen, auf denen Heidekraut weiter wachsen und sich verbreiten kann. Um auf die heutige Bedrohung der Heideflächen aufmerksam zu machen, wurde die Besenheide von der Loki Schmidt Stiftung zur Blume des Jahres 2019 gekürt.
Kennzeichen von Calluna vulgaris
Besenheide ist ein bis 50 Zentimeter hoher, reich verzweigter und verholzender Zwergstrauch. Seine Blätter sind immergrün, was den Strauch zu einer beliebten Gartenpflanze macht. <em wächst nur langsam, wird bis zu 15 Jahre alt, selten auch über 30 Jahre.
Der Strauch blüht von August bis Oktober in Farben von Weiß bis Rosa und Purpur. Die Blüten sind sehr klein und erinnern an Glocken. Daher stammt vermutlich auch der Name einer verwandten Arten der Heidekrautgewächse: Glockenheide (Erika tetralix).
Die Blüten bilden einen dichten, traubenartigen Blütenstand. Sie enthalten reichlich Nektar, was sie zur Bienenweide macht – und dem Heidehonig einen unverwechselbaren Geschmack gibt.
Heidekraut im Mythos
In Deutschland kursierte der Mythos, dass das leuchtend blühende Heidekraut aus dem Blut gefallener Krieger wachse. Möglicherweise entstand diese Fantasie, weil die offenen Heiden seit jeher oft Schlachtfelder waren, in denen das Blut der Soldaten „den Boden düngte“.
Calluna galt als Schutz- und Heilpflanze vor bösen Mächten. So hingen wurden vor allem im Süden Deutschlands Kränze aus Heidekraut unter die Decke gehängt, um sich vor Hexen zu schützen. Im Raum Braunschweig gab es eine Sage, wonach ein weiß blühender Heidezweig unter dem Kopfkissen dazu führen sollte, dass Träume in Erfüllung gehen. Die Rheinländer steckten einen Heidezweig hinter den Spiegel, damit der Hagel nicht die Ernte verwüstete.
Warum Besenheide?
Der Name der Pflanzengattung Calluna stammt vom griechischen Wort kallyno, was übersetzt bedeutet „ich fege“. Bereits in der Antike nutzten die Menschen das Heidekraut als Besen, um die Häuser zu reinigen.
Heidekraut im Garten
Calluna bevorzugt saure Böden – daher ist sie auch eine Zeigerpflanze für Säure. Sie wächst nicht auf schweren Lehmböden und kalkreichen Standorten. Ein günstiger pH-Wert für die Heide sollte bei 4-5 liegen. Falls der Boden nicht „natursauer“ ist, können Sie mit Laub- und Nadelerde sowie mit Rindenkompost einen sauren PH-Wert erreichen. Auf Torf sollte verzichtet werden, denn dieser entsteht in Mooren. Der Torfabbau fördert die Zerstörung dieser hochbedrohten Lebensräume.
Weiterhin braucht Heide Bodenfeuchtigkeit. Stimmen der Säurewert und die Bodenfeuchte, dann sind Heidekräuter langlebige und widerstandsfähige Gartenpflanzen.
Wichtig: Calluna ist zwar ein Sonnenfreund, mag aber Trockenheit nicht. Falls der Sommerregen ausbleibt, sollten Sie die Pflanzen regelmäßig gießen.
Moorbeet und Heidegarten
Calluna lässt sich ausgezeichnet in ein Moorbeet oder einen Heidegarten integrieren. Andere Pflanzen, die dieses Habitat lieben, sind Wacholder, Rosmarinheide, Besenginster sowie Fichten und Föhren (Kiefern). Da alle diese Pflanzen nicht wuchern, bietet sich auch bestens eine Gestaltung mit Steinen und Ästen (Totholz) an. Calluna ziert auch einen Steingarten, einen Pflanztopf, den Balkon und die Terrasse. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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- Scientific Committee on Consumer Safety (SCCS): Preliminary opinion on the safety of alpha-arbutin and beta-arbutin in cosmetic products, SCCS/1642/22, März 2022, European Commission Public Health
Wichtiger Hinweis:
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