Islandmohn ist ein nordischer Verwandter unseres Klatschmohns (Mohnblume), der in arktischen Gefilden als Vitamin-C-Lieferant geschätzt wird. Während er in der traditionellen Medizin der Herkunftsregionen als Mittel gegen Fieber und Schweißfluss gilt, dient er in Deutschland vor allem als Zierblume im Garten.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Papaver nudicaule
- Volksnamen: Nackstängeliger Mohn, Isländischer Mohn, Sibirischer Mohn
- Familie: Mohngewächse (Papaveraceae)
- Verbreitung: Subarktis und Arktis. Er wächst natürlich vom Altai-Gebirge, Sibirien, Kasachstan und Mongolei bis Kanada und Alaska. Aus Island kommt er ursprünglich nicht.
- Verwendete Pflanzenteile: Das gesamte Kraut, Blätter, Blüten und Samen
- Inhaltsstoffe: Dicarbonsäuren (Calciumoxalat-Kristalle), lösliche Oxalsäuren und deren Salze
- Anwendungsgebiete: Krämpfe, Entspannung, Schmerzen, Unterversorgung mit Vitamin C
Islandmohn – Eine Übersicht
- Mohn-Arten sind zähe krautige Pflanzen. Es gibt sowohl ein- wie mehrjährige Arten. Ihnen gemeinsam ist ein milchiger Saft von weißer bis gelber Farbe, der toxische Alkaloide enthält.
- Als arktische Pflanze braucht Islandmohn keinen Winterschutz und hat selbst mit Temperaturen bis zu 40 Grad unter Null keine Probleme.
- In kalten Lagen bevorzugt er sonnige Standorte, in warm-gemäßigten Gebieten den Schatten. An das Substrat stellt er kaum Ansprüche, wächst ebenso auf Kalkböden wie in kalkfreier Erde, in leicht sauren bis alkalischen Böden.
- Im Garten ist er pflegeleicht und stellt wenig Ansprüche, deswegen ist er besonders in Steingärten beliebt: einen mageren durchlässigen Boden, Sonne, aber keine starke Hitze. Wichtig ist: Islandmohn verträgt keine Staunässe.
- In seiner nördlichen Heimat wurde das Mohngewächs seit jeher wie Gemüse gekocht und gegessen. Da es in seinen Herkunftsregionen in Alaska oder Nordkanada so gut wie kein frisches Blattgemüse gab, war Islandmohn (und ist es teilweise immer noch) dort eine wertvolle Quelle für Vitamin C.
- Islandmohn gehört in die gleiche Gattung wie unser Klatschmohn (Papaver rhoeas), der Schlafmohn (Papaver somniferum) oder der Türkische / Orientalische Mohn (Papaver orientale).
Inhaltsstoffe
Das Kraut bietet reichlich Vitamin C. Der milchige Saft enthält toxische Isochinolin-Alkaloide wie Amuronin und Chelidonin. Auch 5-Hydroxy-2-Hydroxymethylpyridin ist in der Pflanze vorhanden. 2007 wurde erstmals auch das Alkaloid Flavinantin nachgewiesen, was in einer Studie im Fachmagazin Natural Product Research veröffentlicht wurde.
Nudicauline bezeichnet Indol-Phenylpropanoid Hybridalkaloide, die in den Blütenblättern von Papaver nudicaule auftreten. Diese Komponenten sind Farbstoffe, deren Akkumulation in den Blütenblättern vermutlich Insekten anzieht. Für biosynthetische Studien wird Islandmohn durch das Aglycon-Gerüst der Nudicauline interessant, das in dieser Form einzigartig ist. Es setzt sich zusammen aus einer Indol-Einheit und glykosyliertem Phenylpropanoid.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen
Wenn Sie Islandmohn in großen Mengen verzehren, kann übermäßiges Schwitzen eine Folge sein. Islandmohn enthält toxische Alkaloide, so dass bei verstärkter Einnahme Magen-Darm-Probleme auftreten können.
Medizinische Wirkungen
In Herkunftsländern wie Tibet oder dem Altaigebirge werden die Blüten und Samen in der Volksmedizin genutzt, um den Schweißfluss anzuregen. Die Blätter waren eine begehrte Quelle für Vitamin C und sind es zum Teil immer noch. Wissenschaftlich ist die pharmakologische Wirkung der Pflanze unzureichend untersucht.
Eine 2019 veröffentlichte Studie konzentrierte sich auf antientzündliche Eigenschaften. Eine akute Entzündung ist eine Abwehrreaktion des Körpergewebes gegen externe Reize und ein Schutzmechanismus, der molekulare Prozesse und Immunzellen einbezieht. Jedoch können überentzündliche Reaktionen zu einer Blutvergiftung (Sepsis) führen, die zum Versagen vieler Organe und schnell zum Tod führt.
Antientzündliche Arzneien sind deshalb eine wichtige Methode, diverse Krankheiten zu kontrollieren. Die Studie lässt den Schluss zu, dass Extrakte aus dem Islandmohn sich eignen könnten, um bestimmte entzündliche Erkrankungen zu therapieren. Weitere Studien diesbezüglich sind ausstehend. Traditionelle Anwendungen des Islandmohns gegen Fieber und Schmerzen könnten auf diesen möglichen Wirkungen basieren.
In unseren Breitengraden (sowie generell in Industrieländern) spielt Islandmohn als Vitamin-C-Lieferant keine Rolle. Lebensmittel, die Menschen mit diesem Vitalstoff versorgen, sind hier ausreichend vorhanden: Spinat, Brokkoli, Grünkohl, Rosenkohl, Kartoffel, Petersilie, Schwarze Johannisbeere, Brombeere, Himbeere, Sanddorn, Hagebutten, Apfel oder Birne zählen dazu.
Islandmohn – Farben und Wuchs
Geschätzt wird Islandmohn wegen seiner prächtigen Farben und mit Schalenblüten bis zu 14 Zentimeter Durchmesser. Die Pflanzen sind kleiner als einige mediterrane und orientalische Mohnarten, wachsen buschig bis zu 50 Zentimeter, mit feinhaarigem Blütenstiel und blaugrünen länglichen Blättern.
Das Farbspektrum reicht von weiß über Gelbtöne bis zu orange, lachsrosa und hellrot. Die Blüten erscheinen glitzernd und transparent und leuchten, wenn die Sonne im Gegenlicht scheint. Die Konsistenz der Blütenblätter erinnert an zerknitterte Seide. Zuchtformen des Islandmohns bilden großblumige Blüten in Farben wie Pfirsich, Aprikose, Creme oder Lavendel.
Islandmohn im Garten
Islandmohn wirkt weniger dominant als zum Beispiel orientalischer Mohn und lässt sich gut als Blütenteppich aussäen. Einzelpflanzen bieten interessante Kontraste in Steinbeeten. In unseren Breiten blühen die Pflanzen zwischen Juni und Oktober. Das macht sie zu einem längerfristigen Blickfang.
Die Spezies wächst gut und ist weniger empfindlich als Mohnarten heißerer Zonen. Islandmohn braucht im Vergleich zu diesen keine pralle Sonne und keine warmen Sommer. Er hat wenig Ansprüche an den Boden, ist indessen nährstoffarme Erde gewöhnt, so dass zusätzliche Düngung kontraproduktiv wäre. Im Unterschied zu anderen Mohnformen mag er in gemäßigten Breiten auch Halbschatten.
Auf Überraschungen können Sie bei Mohn immer gefasst sein: Die Pflanzen säen sich selbst aus, so dass sie immer wieder an Orten erscheinen, wo niemand sie erwartet hätte – gerne zwischen Wegplatten oder an Mauerfugen.
Islandmohn – Standort
Islandmohn verträgt, im Unterschied zu anderen Mohnarten, keine starke Wärme. Deswegen eignet er sich wenig für Mauern oder Hauswände an Südseiten, in denen die Sommerhitze sich staut. Vielmehr gedeiht er prächtig in offenen Steingärten, die etwas Schatten bieten.
Islandmohn Blüte
Islandmohn blüht in Mitteleuropa vom Frühsommer bis weit in den Herbst hinein. Wenn Sie verblühte Teile regelmäßig entfernen, bilden sich schnell neue, und die Blütenpracht hält länger an. Bereits im August bilden sich erste Samen aus, die Sie zum Aussäen sammeln können – oder der Natur ihren Lauf lassen.
Islandmohn als Schnittblume
Im Unterschied zu unserem Klatschmohn, der schnell verwelkt, wenn er gepflückt wird, ist Islandmohn eine ausgezeichnete Schnittblume. Die Einzelblüten können Sie in wassergefüllte Glasvasen stellen.
Islandmohn aussäen
Sie können Islandmohn sich selbst aussäen lassen oder der Natur nachhelfen. Die Keimdauer beträgt zwei bis drei Wochen bei rund 12-14 Grad. Dafür säen Sie in Saatschalen zwischen Februar und März auf der Fensterbank und pflanzen die Keimlinge ab April an einem geschützten Ort ins Freie. Oder Sie säen die Samen gleich ins Freie, sobald der Frühling beginnt.
Islandmohn ist ein Lichtkeimer, und deshalb sollten Sie die Samen nur locker mit Erde bedecken. Als Substrat eignet sich Blumenerde mit etwas Sand. Die Samen mögen es warm und feucht, aber nicht nass.
Ist Islandmohn essbar?
Islandmohn wird bisweilen als „Superfood“ angepriesen. Ihn als Gemüse zu nutzen, ist jedoch nicht ratsam. Auch Mohnkuchen oder -muffins sind nicht zu empfehlen. Während die Samen mancher Mohnarten sich ohne Probleme in Süßspeisen verarbeiten lassen, enthalten die Samen des Islandmohns toxische Alkaloide in einem Ausmaß, das in größeren Mengen (und dazu gehört zum Beispiel ein Mohnkuchen) zu Vergiftungen führen kann.
Islandmohn als Heilpflanze – Fazit
Islandmohn ist wissenschaftlich wenig untersucht. Das liegt vielleicht auch daran, dass traditionelle Verwendungen keine großen Wirkungspotenziale erhoffen lassen. Anwendungen in der Volksmedizin Nordasiens und Nordamerikas machen eine mäßige Wirkung gegen Fieber und Schmerzen wahrscheinlich, und die Pflanze regt den Schweißfluss an.
In der volksheilkundlichen Anwendung in den nördlichen Breiten dient(e) der Vitamin-C-Gehalt der Pflanze dazu, den durch Skorbut verursachten Vitaminmangel auszugleichen. Bei uns und in Industrieländern allgemein tritt diese Art von Vitaminmangel nur noch sehr selten auf, da hier ausreichend Obst und Gemüse verfügbar ist, um dies zu verhindern. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- European Commission: Biosynthetic studies of nudicaulins in laser-microdissected petal cell of Papaver nudicaule by the use of NMR spectroscopy and hyphenated technique LC-NMR, in: BIOSYN-NUDICAUL / Grant agreement ID: 221274, 2010 (End of the project), (Abruf 01.03.2022), Cordis
- Jae-Hyon Oh, Miyong Yun, In Jin Ha et. al: Papaver nudicaule (Iceland poppy) alleviates lipopolysaccharide-induced inflammation through inactivating NF-κB and STAT3, in: BMC Complementary and Alternative Medicine (BMC Compl Alternative Med), Volume 19, Issue 1, 2019, (Abruf 01.03.2022), BMC
- Stephan Philipov, Ralitsa Istatkova, Gerelt-Od Yadamsurenghlin et. al: A new 8,14-dihydropromorphinane alkaloid from Papaver nudicaule L., in: Natural Product Research, Volume 21, Issue 9, 2007, (Abruf 01.03.2022), Taylor
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.