Japanisches Geißblatt – Ein Mittel gegen das Coronavirus?
Das Japanische Geißblatt ist eine Kletterpflanze, immergrün und bis zu zehn Meter hoch. In Mitteleuropa wird sie als invasiver Neophyt geführt und ist zugleich mit ihren weißen Blüten als Zierpflanze beliebt. Inzwischen gilt das Japanische Geißblatt als möglicher Hoffnungsträger für ein Heilmittel gegen SARS-CoV-2, da es Naturstoffe enthält, die an Proteine im Virus binden und so verhindern könnten, dass das Coronavirus in menschliche Zellen eindringt.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Lonicera japonica
- Volksname: Japanische Heckenkirsche
- Pflanzenfamilie: Geißblattgewächse (Caprifoliaceae)
- Vorkommen: Ursprünglich in der gemäßigten Zone Ostasiens, in Japan, Korea und Ostchina. Auf allen anderen Kontinenten als Zierpflanze eingeführt und in Frankreich sowie der Schweiz als invasiver Neophyt gelistet.
- Verwendete Pflanzenteile: Blüten, Blütenknospen, Stängel und Rinde – die Beeren sind toxisch
- Inhaltsstoffe (Auswahl):
- Salicylsäure,
- Alkaloide,
- Glycoside,
- ätherische Öle.
- Anwendungsgebiete in der Traditionellen Chinesischen Medizin (Auswahl):
- Infektionskrankheiten (u.a. Hepatitis),
- Erkrankungen der Atemwege,
- Mandelentzündung und Halsentzündung,
- Fieber,
- Gelenkrheuma,
- Schmerzen,
- Hautkrankheiten.
Japanisches Geißblatt – Eine Übersicht
- Das Japanische Geißblatt ist wegen seiner ansprechenden Blüten und deren intensivem Duft, der mit dem Jasminduft (Jasmintee) verglichen wird, hierzulande eine beliebte Zierpflanze.
- Es handelt sich um einen immergrünen Kletterstrauch.
- In Ostasien wächst Lonicera japonica in lichten Wäldern, auf Berghängen und am Wegesrand, besonders häufig in Mittelgebirgen.
- Das Japanische Geißblatt ist sehr konkurrenzfähig und breitet sich stark aus. Deswegen zählt die Schweiz es zu den invasiven Neophyten, die einheimische Pflanzen verdrängen.
- Blüten und Stängel der Pflanze sind in der Medizin Chinas, Japans und Koreas eine Basis für Arzneimittel.
- Die Beeren (Samen) des Geißblatts sind giftig.
- Innerlich wird Japanisches Geißblatt eingesetzt gegen Hepatitis, Rheuma und Infektionen – äußerlich gegen Hauterkrankungen.
- Eine Studie unter Beteiligung des deutschen Helmholtz-Instituts und der Johannes Gutenberg-Universität zeigte, dass die Pflanze einen Stoff enthält, der an Proteine im neuartigen Coronavirus bindet.
Japanisches Geißblatt – Inhaltsstoffe
Die Pflanze enthält Salicylsäure (der Stoff, auf dem Aspirin basiert), Alkaloide, Glycoside, Flavonoide, Terpenoide, Kaffeesäurederivate und ätherische Öle.
Die „Gold-Silber-Blume“ in China – Medizinische Anwendungen
Als Jin Yin Hua wurde die „Gold-Silber-Blume“ in China bereits im 7. Jahrhundert als Medizinpflanze beschrieben, deren Blüten und Stängel (Jin Yi Teng) Erkrankungen heilen soll, die aus „übermäßiger Hitze“ entstehen. Mehr als zehn medizinische Lehrbücher in China erwähnen Lonicera japonica als Arzneipflanze. Diese heilkundlichen Werke empfehlen Zubereitungen aus dem Japanischen Geißblatt äußerlich gegen alle Arten von Hautgeschwüren und innerlich gegen folgende Symptome und Erkrankungen:
- Vergiftungen,
- „übermäßige Hitze“ (laut der chinesischen Lehre),
- Fieber,
- Kopfschmerzen,
- Zahnschmerzen,
- Hals- und Mandelentzündungen,
- Stillen von Blutungen nach der Kindsgeburt,
- Unterleibsschmerzen bei Frauen,
- infizierte Wunden.
Der Einsatz als Schmerzmittel und gegen Entzündungen wird durch die in der Pflanze vorhandene Salicylsäure bestätigt. Dieser Stoff ist die Basis, aus der Aspirin produziert wird: Aspirin wirkt gegen Kopfschmerzen, Fieber, Entzündungen und Schmerzen. Gegen diese Beschwerden wird Lonicera japonica in China angewandt.
Der Tee aus den Blüten ist in China ein beliebtes Mittel, um den Harnfluss zu treiben.
Die Blütenknospen dienen dazu, Fieber zu behandeln und Krankheiten, die in chinesischen Vorstellungen aus Sommerhitze entstehen. Jin Yin Hua soll dem Körper Giftstoffe entziehen und Durchfall lindern. Gegen Durchfall werden die Blütenknospen erwärmt und gerührt oder als Tee getrunken.
Besonders verbreitet ist die Phytotherapie mit dem Japanischen Geißblatt in der Provinz Hunan (Tang et al., 2018). In Extrakten aus der Pflanze nachgewiesen sind antientzündliche, antioxidative, antiallergische, immunstimulierende und antibakterielle Effekte (Shang et al., 2011).
Antivirale Effekte
Eine Studie der Nanjing Universität in China identifizierte in der Japanischen Heckenkirsche eine MikroRNA (MIR2911). In klinischen Versuchen unterdrückten diese Moleküle Viren der Schweine- und Vogelgrippe (H1N1 und H5N1) und bremsten deren Vermehrung. MIR2911 behielt diese Eigenschaften auch, nachdem es gekocht wurde, was vermuten lässt, dass die antiviralen Effekte auch im Tee erhalten bleiben. Die beteiligten Wissenschaftler bezeichneten MIR2911 als „virologisches Penicillin“, dass Perspektiven auf verschiedene Formen von Viren biete. (Ding et al., 2017)
Geißblatt gegen das Coronavirus SARS-CoV-2?
Das chinesische Arzneimittel Shuanghuanglian löste einen Ansturm auf Apotheken in China aus, nachdem die chinesische Akademie der Wissenschaften verkündet hatte, diese Mischung könnte gegen das Coronavirus wirken. Führende Ärzte in China warnten im Fernsehen jedoch vor möglichen Nebenwirkungen. Die Arznei enthält Japanisches Geißblatt (Lonicera japonica), chinesische Schädeldecke (Scutellaria baicalensis) und Hänge-Forsythie (Forsythia suspensa).
In einer Studie mit einem extrem leistungsfähigen Computer der Johannes Gutenberg-Universität und des Helmholtz-Institutes in Mainz wurde festgestellt, dass ein Naturstoff aus dem Japanischen Geißblatt möglicherweise gegen SARS-CoV-2 wirken können.
Grundlage waren 30 Milliarden Berechnungen von 42.000 Substanzen, um die Frage zu klären, welche davon an Proteine des neuartigen Coronavirus binden, um so dessen Eindringen in menschliche Zellen zu verhindern und / oder die Vermehrung des Virus zu bremsen. Neben mehreren Hepatitis-C-Medikamenten zeigte das sogenannte molekulare Docking auch eine Substanz im Japanischen Geißblatt. Die Ergebnisse müssen durch weitere (klinische) Studien überprüft werden. (Kadioglu et al., 2021)
Diese ersten Hinweise könnten erklären, warum chinesische Arzneimittel mit Geißblatt in China bereist zur Behandlung gegen Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 eingesetzt werden.
Geißblatt-Tee
Die Blüten des japanischen Geißblatts werden klassisch als Heiltee verwendet. Es werden dabei rund zwei bis drei Gramm der Pflanze für circa zwei Minuten im heißen Wasser aufgebrüht. Lässt man den Tee vier Minuten ziehen, kann der Tee auch ein zweites Mal genutzt werden. Der Tee lässt sich mit anderen Heilpflanzen kombinieren, zum Beispiel mit Minze.
Geißblattgewächs – giftige Beeren
Die Beeren der (meisten) Heckenkirschen – beziehungsweise die Samen in den Beeren – sind für Menschen giftig. Die Wirkung ist abhängig vom Körpergewicht und der physischen Verfassung. Der Verzehr von mehreren Beeren führt zu Übelkeit und Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall. Hinzu kommen ein beschleunigter Puls, eine Gesichtsrötung und starkes Schwitzen.
Beim Konsum größerer Mengen der Beeren können Krampfanfälle und Störungen des Herz-Kreislaufsystems erfolgen, sowie hohes Fieber und Abgeschlagenheit auftreten. Eine starke Vergiftung zeigt sich auch daran, dass sich Fingerkuppen und Schleimhäute blau färben. Verantwortlich sind vermutlich in den Beeren vorhandene Alkaloide.
Verhalten bei einer Vergiftung durch Heckenkirsche
Bei einem versehentlichen Konsum einiger Beeren mit anschließendem Erbrechen sollte zunächst viel Wasser getrunken werden. Bei größeren Mengen und stärkeren Vergiftungen muss umgehend eine ärztliche Behandlung erfolgen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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- Kadioglu, Onat; Saeed, Mohamed; Greten, Henry Johannes; Efferth, Thomas: Identification of novel compounds against three targets of SARS CoV2 coronavirus by combined virtual screening and supervised machine learning, in: Computers in Biology and Medicine, 133:104359, 2021, ScienceDirect
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- TANG, Yan-Ran; ZENG, Ting; Zafar, Salman; YUAN, Han-Wen; LI, Bin; PENG, Cai-Yun; WANG, Si-Cheng; JIAN, Yu-Qing; QIN, Yan; Choudhary, Muhammad Iqbal; WANG, Wie: Lonicerae Flos: A Review of Chemical Constituents and Biological Activities, in: Digital Chinese Medicine, 1(2):173-188, Juni 2018, ScienceDirect
Wichtiger Hinweis:
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