Kalmus ist eine Sumpf- und Wasserpflanze, deren Wurzelstock seit der Antike zu Heilzwecken genutzt wird. Ätherische Öle der Pflanze werden besonders gegen Verdauungsbeschwerden eingesetzt. Innere Anwendungen sollten wegen Giftwirkungen nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Acorus calamus
- Volksnamen: Deutscher Ingwer, Deutscher Zitwer, Brustwurz, Gewürzkalmus, Magenwurz, Zehrwurz, Ackermannswurzel, Schwerthenwurzel, Magenwurz
- Familie: Kalmusgewächse (Acoraceae), früher: Aronstabgewächse (Araceae)
- Verbreitung: Ursprünglich Südostasien, heute in weiten Teilen Asiens, Nordamerikas, Europas und Ägypten
- Verwendete Pflanzenteile: Rhizom (Wurzelstock)
- Inhaltsstoffe: Ätherische asaronhaltige Öle, Gerb- und Bitterstoffe, die oberirdischen Teile enthalten Ascorbinsäure und Proanthocyanidine, der Wurzelstock enthält Cholin, Arachidonsäure, Linolsäure, Myristinsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure, Fructose, Glucose, Maltose
- Traditionelle Anwendungsgebiete (Auswahl): Magen-Darm-Beschwerden, Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Sodbrennen, Appetitlosigkeit, Depressionen, Nervosität, Bluthochdruck, Rheuma, Hautprobleme, Steigerung der Libido
Kalmus – Eine Übersicht
- Medizinische Anwendungen von Kalmus sind aus Ostasien bereits aus der Antike bekannt.
- In der arabischen Welt wurde Kalmus als Aphrodisiakum genutzt, das zudem die geistige Leistung und Konzentration steigern soll.
- Auch im Ayurveda gilt Kalmus als förderlich für das Denkvermögen und soll zudem gegen Erschöpfung helfen.
- Kalmus wird als Aromastoff in Likören genutzt. Das aus dem Rhizom gewonnene Öl wird Bädern und Hautpflegeprodukten zugesetzt und als Mundwasser verarbeitet. Der Wurzelstock selbst ist ein Mittel, um Kleidermotten zu vertreiben.
- Die Heilpflanze wird in unterschiedlichen Anwendungen insbesondere bei Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt.
- Hierzulande ist Kalmus nicht nur als Heilpflanze beliebt, sondern auch, um die Flachwasserzone von Teichen zu bepflanzen.
- Kalmus wächst im Uferbereich von Gewässern und in Sümpfen. Die Pflanze liebt volle Sonne und erreicht dann bis 150 Zentimeter Höhe.
- Im Garten zeigt sich Kalmus robust. Die zähen Blätter und die ätherischen Öle halten Schädlinge auf Distanz.
Inhaltsstoffe
Kalmus enthält ätherische Öle, die Asarone enthalten, Gerb- und Bitterstoffe, die oberirdischen Teile enthalten Ascorbinsäure und Proanthocyanidine, im Wurzelstock sind unter anderem folgende Inhaltsstoffe zu finden:
- Cholin,
- Arachidonsäure,
- Linolsäure,
- Myristinsäure,
- Palmitinsäure,
- Stearinsäure,
- Fructose, Glucose und Maltose.
Kalmuswurzel – Medizinische Wirkungen
Ein Review (2018) erwähnt zahlreiche wissenschaftliche Fachartikel, die die medizinischen Eigenschaften von Kalmus bestätigen. Eine Studie weist auf die große Anzahl sekundärer Stoffwechselprodukte hin, die für vielfältige medizinische Wirkungen verantwortlich sind, wie etwa gegen Durchfall und Verdauungsstörungen.
Eine indische Arbeit von 2014 beschreibt Kalmus als Verjüngungsmittel für Gehirn und Nervensystem und erwähnt unter anderem folgende Beschwerden, gegen die Kalmus Rhizome in der traditionellen indischen Medizin eingesetzt werden: Epilepsie, mentale und psychische Probleme, chronischen Durchfall, Verstopfung, Fieber, Nieren- und Leberleiden, sowie Rheumatismus.
Die ätherischen Öle besitzen, dem Review zufolge, eine Reihe von biologischen Aktivitäten. So sollen sie gegen Krämpfe wirken und die Verdauung fördern.
Eine neuere internationale Studie (2020) fand überzeugende Hinweise auf das Wirkungspotenzial nachgewiesener Inhaltsstoffe. Demnach basieren Effekte gegen verschiedene Stoffwechsel- und neurologische Erkrankungen wahrscheinlich auf den vielfältigen Wirkungen der traditionellen indischen Heilpflanze, wie z.B. krampflösenden, antidepressiven, blutdrucksenkenden, entzündungshemmenden, immunmodulatorischen, neuroprotektiven, kardioprotektiven und adipositashemmenden Eigenschaften.
Kalmus wird als aromatisches Bittermittel gegen Appetitlosigkei und bei Verdauungsstörungen angewendet und soll zum Beispiel bei Blähungen und Verstopfung helfen.
Medizinische Anwendungen
Aus dem Wurzelstock wird Kalmusöl gewonnen, das sich in die Haut reiben lässt. Dies ist ein Mittel gegen rheumatische Beschwerden. Das Öl wird zur Entspannung auch in Badewasser gegeben sowie hautpflegenden Kosmetika und Mundwässern zugesetzt.
Tinkturen aus Kalmus und Alkohol werden zum Waschen genutzt, um Hautreizungen zu verhindern. Mit dem zerkleinerten Wurzelstock wird für rund acht Stunden ein Kaltauszug mit Wasser angesetzt. Dieser Sud wird dann angewärmt und abgeseiht. Ein wenig davon getrunken – vor und nach den Mahlzeiten – wird als Hausmittel gegen Magen-Darm-Beschwerden, Verstopfung, Völlegefühl und Blähungen eingesetzt.
Als Fertigpräparate gegen Magen- und Verdauungsprobleme lassen sich auch Bitter Elixier und Magentonikum finden, denen Auszüge der Kalmuswurzel beigesetzt sind.
Kalmus ist auch häufig in Teemischungen zu finden, denen Wirkungen gegen Magen-, Leber- und Gallenprobleme nachgesagt werden.
Ätherisches Kalmusöl
Aus dem Wurzelstock lässt sich ätherisches Öl gewinnen, das genutzt wird, um den Appetit zu steigern und die Verdauung anzuregen. Diese lässt sich auch auf die Haut auftragen, wird traditionell gegen Hautausschlag und entzündliche Hauterkrankungen eingesetzt. In Wasser getröpfelt wird das Öl bei Entzündungen in Mund und Rachen gegurgelt.
Kalmus gegen Sodbrennen und zum Stärken der Haare
Das getrocknete und pulverisierte Rhizom ist ein Mittel gegen Sodbrennen. Dafür wird dreimal täglich eine Messerspitze des Pulvers eingenommen.
Kalmus gilt auch als Mittel gegen Haarausfall. Dazu werden zwei große Löffel des zerkleinerten Wurzelstocks in einem Viertel Liter Wasser aufgekocht. Der Sud zieht danach mehrere Stunden. Dann sieben Sie das Wasser ab und waschen die Haare pro Woche rund vier Mal mit dieser Spülung.
Bäder mit Kalmuswurzeln
Der Wurzelstock lässt sich gut in Voll- oder Teilbädern einsetzen sowie für Waschungen. Für ein Ganzkörperbad lassen Sie rund 200 Gramm des getrockneten Rhizoms für ungefähr acht Stunden in mehreren Liter kaltem Wasser ziehen. Diese Mischung kochen Sie dann auf, um sie anschließend dem heißen Badewasser beizugeben.
Solche Bäder sollen rheumatische Schmerzen lindern, Stress reduzieren, entspannend auf die Haut wirken und die Heilung von Hauterkrankungen unterstützen.
Risiken und Gegenanzeigen
Nicht alle Kulturformen, aber die Wildform von Kalmus enthält Asarone, die mutagen und gentoxisch wirken können. Wirkungen dieser Isomere, die auch beim Menschen Krebs verursachen können, werden vermutet. In der EU sind Alpha- und Beta-Asarone als gesundheitsschädlich eingestuft – in den USA und Kanada ist Kalmus als Heilpflanze nicht zugelassen.
Wegen dieser Risikobewertung sollten Kinder, Schwangere und Stillende keine Kalmuspräparate anwenden, die Asarone enthalten.
Hohe Dosen von Kalmus können zu Halluzinationen führen. Überdosierungen können zudem Zittern, Erbrechen, Schweißausbrüche und Herzrasen auslösen. Verantwortlich ist auch hierbei der Stoff Asaron.
Asaronhaltiger Kalmus darf daher nicht in hohen Dosen angewandt werden. Bei einer inneren Anwendung sollte zuvor eine ärztliche Beratung erfolgen.
Ist Kalmus eine Giftpflanze?
Wegen der potenziell krebsfördernden Wirkung der Asarone, weiterer unerwünschter Wirkungen anderer ätherischer Öle sowie der leicht halluzinogenen Wirkung bei höheren Dosierungen wird Kalmus auch als Giftpflanze eingestuft wird.
Allerdings enthält das Öl des europäischen Kalmus die problematischen Stoffe in wesentlich geringerer Konzentration als beispielsweise das Öl des indischen Kalmus. Obwohl er generell als gut verträglich gilt, sollte keine längerfristige und regelmäßige Anwendung erfolgen.
Medizingeschichte und Volksmedizin
Kalmus ist als Heilpflanze bereits in der Antike erwähnt, zuerst in China und sieben Jahrhunderte vor Christus dann in Persien. Im europäischen Mittelalter wurde er als Medizinpflanze kultiviert, vor allem in Kloster- und Apothekengärten. Der Wurzelstock war in Europa ein populäres Mittel gegen Magenbeschwerden, Verdauungsprobleme und fehlenden Appetit.
Bekannt sind Mönchsrezepte, um den Appetit anzuregen, für die der Wurzelstock aufgekocht und mit Blättern des Wermuts, Wacholderbeeren und anderen Zutaten zu einer Art Tee zubereitet wurde.
Kalmus findet sich in der frühen Neuzeit häufig in Mischungen verschiedener Heilkräuter. In Persien und Arabien hatte Kalmus den Ruf, die Libido anzuregen und wurde als Aphrodisiakum genutzt. Dazu wurde ebenfalls ein Tee aus dem Wurzelstock aufgebrüht.
Kalmus im Garten
Im Garten mag Kalmus einen warmen, windgeschützten und sonnigen Platz. Eine Stelle am Gewässerufer im Flachwasserbereich entspricht seinem natürlichen Habitat.
Die Pflanze mag es feucht bis nass, reich an Nährstoffen und voller Humus. Lehm-Tonerde ist ein idealer Untergund. Unter diesen Standortfaktoren breitet sie sich stark aus und verdrängt auch konkurrenzschwächere Pflanzen der Uferzone. Eine dauernde Feuchtigkeit ist notwendig – längere Trockenphasen übersteht diese Sumpfpflanze nicht.
Im Teich empfiehlt es sich, Kalmuspflanzen in einen Pflanzkorb zu setzen, sonst besiedelt die Pflanze binnen kurzer Zeit den gesamten Ufer- und Flachwasserbereich. Pflanzen Sie im Frühjahr und halten Sie zwischen den Pflanzen eine Distanz von 50 Zentimetern ein.
Die richtige Pflege von Kalmus
Kalmus ist ausgesprochen pflegeleicht. Zurückschneiden sollten Sie die wuchsfreudige Pflanze jährlich, allerdings erst im Frühjahr. Sie reagiert nämlich sensibel auf Frost, und ein Zurückschneiden bei Minusgraden kann ihr Schaden zufügen.
Auf Dünger sollten Sie verzichten. In der Uferzone eines Gartenteichs befinden sich reichlich Nährstoffe. Wuchert der Kalmus zu sehr, dann nehmen Sie ihn Ende des Sommers aus dem Pflanzkorb und teilen ihn auf.
Was Kalmus nicht verträgt ist ein rapides Absinken des Wasserspiegels im Teich in heißen Sommern. Sie müssen aber hier nicht gleich den Teich auffüllen, es reicht, wenn Sie bei schwindendem Wasserstand die Pflanze selbst gießen.
Welche Pflanzen passen zu Kalmus?
Acorus calamus ist ideal, um die Flachwasserzone des Gartenteichs zu bepflanzen und gehört für viele einfach dazu. Passende Partner für den Kalmus sind zum Beispiel Seggen, Igelkolben, Sumpfschwertlilie und Sumpfdotterblume.
Der Blutweiderich entfaltet im Sommer rosa bis violette Blütenstände. Diese sind liefern nur wertvolle Nahrung für Insekten, sondern sehen auch schön aus. Da Blutweiderich bis über einen Meter in die Höhe wächst und ein dichtes Wurzelgeflecht im Sumpfhumus bildet, eignet er sich gut, um neben dem Kalmus zu bestehen. Kalmus und Blutweiderich reinigen beide das Wasser.
Kalmus in Pflanzenkläranlagen
Kalmus nimmt reichlich Stickstoff auf. Deswegen ist er in Pflanzenkläranlagen gern gesehen. In einem Wassergarten und einem Gartenteich erspart Kalmus insofern viel Arbeit. Allein durch das Einpflanzen dieses Sumpfbewohners verbessert sich die Wasserqualität erheblich. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Vicas Sharma, Isha Singh, Priyanka Shadary: Acorus calamus (The Healing Plant): a review on its medicinal potential, micropropagation and conservation, in: Natural product research, Volume 28, Issue 18, Seiten 1454-1466, 2014, Taylor & Fracis online
- Vineet Sharma, Rohit Sharma, DevNath Sigh Gautam et al.: Role of Vacha (Acorus calamus Linn.) in Neurological and Metabolic Disorders: Evidence from Ethnopharmacology, Phytochemistry, Pharmacology and Clinical Study, in: Journal of Clinical Medicine, Volume 9, Issue 4, 2020, MDPI
- Amrita Devi Khwairakpam, Yengkhom Devi Damayenti, Anindita Deka et al.: Acorus calamus: a bio-reserve of medicinal values, in: Journal of Basic and Clinical Physiology and Pharmacology,Volume 29, No. 2, Seiten 107-122, 2018, de Gruyter
- Sandeep B. Rajput, Madan B. Tonge, S. Mohan Karuppayil: An overview on traditional uses and pharmacological profile of Acorus calamus Linn. (Sweet flag) and other Acorus species, in: Phytomedicine, Volume 21, Issue 3, Seiten 268-276, 2014, Science Direct
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.