Das häufig vorkommende Kanadische Berufkraut wird als Tee gegen Magenbeschwerden, Durchfall und zum Blutstillen eingesetzt. Es enthält unter anderem Beta-Sitosterol. Die Wirkung dieses Stoffes ähnelt dem weiblichen Hormon Östrogen und wird deshalb gegen Beschwerden der Wechseljahre genutzt.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Erigeron canadensis, Syn. Conyza canadensis
- Volksnamen: Kanadischer Katzenschweif, Weiße Dürrwurst, Hexenbesen, Hexenkraut, Wilder Hanf, Greisenkraut, Widerruf, Scharfkraut
- Familie: Korbblütler (Asteraceae)
- Verbreitung: Ursprünglich Nordamerika, fast weltweit als Neophyt in gemäßigtem Klima, bisweilen invasiv
- Verwendete Pflanzenteile: Das frische oder getrocknete Kraut, die blühenden Sprossspitzen, der Pflanzensaft
- Inhaltsstoffe: Beta-Sitosterol (Phytosterol), Flavonoide, Gerbstoffe, Saponine, ätherische Öle mit Linanol und Citronellal, Cholin, Kaffeesäure, Harz, Gallsäure
- Anwendungsgebiete: Durchfall, Magen-Darm-Beschwerden, Wechseljahresbeschwerden, Mensturationsbeschwerden, hormonell bedingte Leiden bei Frauen, zur Blutstillung, Wundbehandlung und Förderung des Harntriebs (Diuretikum).
Kanadisches Berufkraut – Eine Übersicht
- Kanadisches Berufskraut verbreitete sich nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland an wärmeren Standorten rapide, etwa auf den Trümmerfeldern.
- Das Kanadische Berufkraut stammt aus dem südlichen Kanada und den USA. Im 17. Jahrhundert wurde es nach Frankreich eingeführt, verwilderte und verbreitete sich in Mitteleuropa.
- Der Korbblütler kann sich selbst bestäuben. Die Schirmchenfrüchte (Schließfrüchte mit langem, fedrigem Anhang) verbreiten sich mit dem Wind und keimen von selbst, zum Beispiel in Steinfugen. Eine Pflanze kann mehrere zehntausend Früchte ausbilden, in Einzelfällen auch bis zu 250000 Früchte.
- Kanadisches Berufkraut bevorzugt sandigen Boden mit vielen Nährstoffen und ist eine typische Pionierpflanze.
- Wechseljahresbeschwerden bei Frauen kommen unter anderem aufgrund von Störungen des hormonellen Gleichgewichts der weiblichen Geschlechtshormone (Östrogene) vor. Kanadisches Berufkraut enthält Beta-Sitosterol, das dem Östrogen strukturell ähnelt und an und an Östrogenrezeptoren binden kann. Es können östrogene und anti-östrogene Wirkungen entstehen, was Beschwerden in den Wechseljahren lindern kann.
- Das alte Wort „berufen“ bedeutete „hexen, zaubern, magische Kräfte herbeirufen“. Berufkräuter galten als Schutz vor bösem Zauber.
- Das Kanadische Berufkraut ist in Nordamerika eine traditionelle Heilpflanze und wird überall dort, wo es sich als Neophyt verbreitete eingesetzt, um Durchfall oder Infektionen zu behandeln.
Inhaltsstoffe
Kanadisches Berufkraut enthält an Wirkstoffen vor allem Flavonoide, Gerbstoffe und ätherische Öle mit den Bestandteilen Linanol und Citronellal, Cholin, Gall- und Kaffeesäure. Hinzu kommen Harze, Saponine (Seifenstoffe) und das Phytosterol Beta-Sitosterol.
Medizinische Wirkungen
In der Pflanze enthaltene Flavonoide dienen dem Berufkraut vermutlich dazu, schädliche Bakterien und Pilze fernzuhalten und haben diese Wirkung auch bei Menschen.
Beta-Sitosterol gilt als Phytoöstrogen. Das sind Pflanzenstoffe, die sich aufgrund struktureller Ähnlichkeit an Östrogenrezeptoren binden und so die Biosynthese der körpereigenen Hormone beeinflussen. Sie können sowohl einen niedrigen Östrogenspiegel steigern wie eine hohen Östrogenspiegel senken.
Beta-Sitosterol soll auch bei einer gutartigen Vergrößerung der Prostata helfen sowie einem zu hohen Spiegel an Cholesterin und Herzerkrankungen entgegenwirken. Es gilt als Kandidat, um Koronare Herzkrankheit zu behandeln und vorzubeugen, wissenschaftliche Belege dafür sind aber nicht hinreichend vorhanden.
Es wird vermutet, dass es an weiteren positiven Effekten für die Gesundheit beteiligt ist und bei einer Vielzahl von Erkrankungen Wirkungen zeigt, wie etwa bei:
- Gebärmutterhals- und Darmkrebs,
- rheumatischer Arthritis
- Grippe und Erkältung,
- Migräne,
- Chronisches Erschöpfungssyndrom.
Die Wirkung gegen eine vergrößerte Prostata könnte damit zusammenhängen, dass Beta-Sitosterol auch antioxidativ wirkt. Dies wirkt schädlichen Zellveränderungen ebenso entgegen wie entzündlichen Prozessen. Belegt wurde ein antioxidativer Effekt des Phytosterols zusammen mit einem antidiabetischen Potenzial in einer Studie (2011) experimenteller Hyperglykämie.
Eine weitere Studie von 2020 zeigte zudem im Tierversuch, dass Beta-Sitosterol sich auf die Insulinresistenz auswirkt und so ein potenzieller Wirkstoff gegen Diabetes ist.
Ein Review (2017) erwähnte, das Kanadisches Berufkraut wirke gegen (pathogene) Mikroben, gegen freie Radikale und die von diesen ausgelösten Zellveränderungen sowie gegen Entzündungen, gegen Krebs und gegen den Pigmentverlust der Haut. Zudem schütze es die Darmfunktionen.
Anwendungen in Volksmedizin und Medizingeschichte
„Berufkräuter“ hatten in Mitteleuropa in der Volksmedizin einen magischen Beiklang. Sie dienten dazu, sich vor vermeintlich durch Hexerei entstandenen Krankheiten zu schützen. Bündel der Pflanzen wurden in Gebäuden aufgehängt, um solche schädlichen Einflüsse fernzuhalten und auch Blitzeinschlag zu verhindern. Daher stammen Volksnamen wie Hexenbesen oder Hexenkraut.
Das Kanadische Berufkraut wurde dabei hierzulande seltener genutzt als heimische Berufkräuter. Das liegt vermutlich daran, dass es sich in Mitteleuropa erst in der Neuzeit ausbreitete, als verwandte Spezies in der Volksheilkunde längst etabliert waren und das Kanadische Berufkraut zudem in den Lehrbüchern zur Kräuterkunde nicht auftauchte.
Weltweit wurde und wird es vor allem als Tee in der Volksmedizin und als Hausmittel gegen eine Vielzahl von Beschwerden eingesetzt: Ein Aufguss wird auf die Haut aufgetragen und soll gegen Cellulitis wirken, Arthrosen werden damit eingerieben, um die Gelenkschmerzen zu lindern.
Äußerlich eingesetzt wird ein Extrakt aus dem Kraut auch gegen Fußpilz und andere durch Pilze wie Bakterien ausgelöste Hautentzündungen. Der Pflanzensaft wird direkt auf Entzündungen im Mund, Rachen und im Zahnfleisch geträufelt.
Tee wird getrunken, um die Menstruation zu fördern und Menstruationsschmerzen zu lindern, um Magen-Darm-Beschwerden zu behandeln, kolikartige Schmerzen zu dämpfen, oder um Blutungen in Nase, Magen und Mund zu stoppen. Traditionell war der Tee auch ein Mittel, um Würmer im Magen-Darm-Trakt zu bekämpfen.
Des Weiteren sind Anwendungen bekannt gegen Blutungen der Gebärmutter, Gicht, rheumatische Erkrankungen (Rheuma), Krebs (besonders Hauttumore), in Pakistan besonders gegen Infektionserkrankungen, die die Harnwege sowie den Darm betreffen und verbunden sind mit Durchfall, Entzündungen der Harnröhre und Blut im Urin.
In Kräuterölen wird Kanadisches Berufkraut zusammen mit anderen Heilpflanzen für Einreibungen genutzt, die den Blutfluss stoppen sollen und Hämorrhoiden schließen.
Die Pflanze wird als Diuretikum eingesetzt, um Harn- und Nierensteine auszuspülen. Der Tee wird auch getrunken, um den Kater zu lindern, der nach ausgiebigem Alkoholkonsum entsteht.
In China wird ein Aufguss aus dem Kraut auf Wunden aufgetragen. In Korea dient ein Tee aus der Pflanze als Mittel gegen Durchfall, ein Extrakt wird genutzt, um Entzündungen des Zahnfleisches und Zahnschmerzen zu behandeln. In afrikanischen Ländern wird Berufkrauttee gegen Sodbrennen genutzt, gegen fiebrige Krankheiten und für medizinische Bäder.
Nordamerikanische Indigene kochten die Pflanze auf, um Dampf in Schwitzhütten zu erzeugen, die der inneren und äußeren Reinigung dienten. Als Pulver schnupften sie das Kraut, um während einer Erkältung den Schleim abzuhusten und über Niesen zu entfernen. Sie verbrannten die getrockneten Pflanzen, um mit dem Rauch Insekten zu vertreiben.
Generell gilt: Kanadisches Berufkraut wird zwar seit langem in der Volksmedizin gegen diverse Beschwerden eingesetzt, welche Wirkungen jedoch tatsächlich auftreten, wie die einzelnen Stoffe wirken und ob sie sicher eingesetzt werden können, ist wissenschaftlich unzureichend untersucht.
Worauf müssen Sie achten – Unverträglichkeiten und Verwechslung
Das Kanadische Berufkraut sollte nicht von Schwangeren und Stillenden konsumiert werden. Bei einer Allergie gegen Korbblütler oder Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Inhaltsstoffen (vor allem der ätherischen Öle) dürfen Sie keine Präparate aus der Pflanze nutzen.
Beim eigenständigen Sammeln sollten Sie sich über die Unterschiede zwischen dem Kanadischen Berufkraut und giftigen Pflanzen informieren und das Heilkraut sicher bestimmen können. Als Heilpflanze mit ähnlichen Wirkungen dient auch das Einjährige Berufkraut.
Berufkraut in der Küche
Kanadisches Berufkraut eignet sich für die grüne Küche, es schmeckt scharf und würzig. Deshalb heißt es im Volksmund auch Scharfkraut. Um es in größeren Mengen als Salat oder Gemüse zu essen, schmeckt das Aroma zu intensiv. Stattdessen passt es ausgezeichnet getrocknet in ein Würzsalz oder roh in Kräuterbutter. Kleinere Mengen geben Smoothies einen eigenen Geschmack.
Wie sieht das Kanadische Berufkraut aus?
Das Kraut trägt gelbgrüne Blättchen, die sich im Reifungsprozess blaugrün färben. Die Blätter an der Basis sind schmal, oval und grob gezähnt. Sie wachsen als Rosetten. Die Blätter an den Stängel sind länglich, bis neun Zentimeter lang und rund einen Zentimeter breit. Sie sitzen dicht an den Stängeln und sind gegenständig angeordnet.
Die einzelnen Blütenkörbe sind winzig, und enthalten auf nur rund vier Millimetern um die 50 Blüten, weißliche Zungenblüten und innen gelbgrünliche Röhrenblüten. Die Pflanzen blühen hierzulande von Juli bis Oktober.
Wo wächst das Kanadische Berufkraut?
Das Kanadische Berufkraut ist eine Lichtpflanze und ein Wärmeanzeiger. Der Boden kann trocken oder frisch sein und sollte weder zu wenig noch zu viel Sticksoff enthalten. Wählerisch ist die Pflanze dabei nicht, sondern im Gegenteil gehört sie zu der einjährigen Gesellschaft der Ruderalpflanzen, also zu den Pionieren, die als erst umgebrochene Böden besiedeln, sei es auf Parkplätzen oder in Neubaugebieten, nach Erderschütterungen, im stillgelegten Braunkohletagebau, auf Schuttfeldern oder Brachflächen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Pflanze auf den Trümmerfeldern weit verbreitet. An den warmen und trockenen Standorten, die das Kanadische Berufkraut liebt, gibt es durch einheimische Pflanzen nur wenig Konkurrenz. Durch die Klimaerwärmung dürfte diese Art hierzulande zu den „Gewinnern“ zählen.
Generell gehört das Kanadische Berufkraut hierzulande nicht zu den invasiven Arten. Probleme bereitet es bisweilen besonders Obstgärtnern, da Obstplantagen und Streuobstwiesen aufgrund ihrer offenen Struktur viel Sonneneinfall bis auf den Boden zulassen, was für die Pflanze beste Bedingungen bieten. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Rajnish Gupta, Anil Kurma Sharma, Mahabeer Prasad Dobhal et al.: Antidiabetic and antioxidant potential of β-sitosterol in Streptozotocin-induced experimental hyperglycemia, in: Journal of Diabetes, Volume 3, Issue 1, Seiten 29-37, 2011, Wiley
- Ali Esmail Al-Snafi: Pharmacological and therapeutic importance of Erigeron canadensis (Syn. Conzya canadensis), in: Indo American Journal of Pharmaceutical Sciences, Volume 4, Issue 2, Seiten 248-256, 2017, Zenodo
- Sundaram Ramalingam, Meenatchi Packirisamy, Muthu Karrupiah et al.: Effect of β-sitosterol on glucose homeostasis by sensitization of insulin resistance via enhanced protein expression of PPRγ and glucose transporter 4 in high fat diet and streptozotocin-induced diabetic rats, in: Cytotechnology, Volume 72, Issue 3, Seiten 357-366, 2020 , Springer
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