Krapp wurde vor allem zum Rotfärben genutzt, ist aber seit der Antike auch als Heilpflanze bekannt. Die Wurzel des Krapps galt als Mittel gegen Blasen- und Nierensteine, was durch die harnfördernde Wirkung plausibel ist. Zudem war die Pflanze als Heilmittel gegen Gicht und Rheuma bekannt. Heute wird von der Verwendung als Arzneipflanze wegen gesundheitsschädlicher Inhaltsstoffe abgesehen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Rubia tinctorum
- Volksnamen: Krapp, Färberkrapp, Echte Färberröte
- Familie: Rötegewächse (Rubiaceae)
- Verbreitung: Ursprünglich Mittelmeerraum, Südeuropa und Westasien
- Verwendete Pflanzenteile: Wurzelstock, Blätter, Früchte
- Inhaltsstoffe: Farbstoffe Di- und Trioxyanthrachinonglykoside (Alizarin, Ruberthyrinsäure, Lucidin, Pseudopurpurin), Rubichlorsäure, Zitronensäure, Gerbstoffe, Pektine, Zucker, Eiweiß, fettes Öl
- Traditionelle Anwendungsgebiete: historisch vielseitiger Einsatz, unter anderem zur Förderung des Harntriebs und der Gallensekretion, bei Nieren- und Blasensteinen, Blutarmut, Gicht, Rachitis, Knochenschmerzen, rheumatischen Beschwerden, Gelbsucht, Leberkrankheiten
Hinweis: Krapp ist in Deutschland heute wegen krebserregender Inhaltsstoffe nicht mehr als pflanzliches Arzneimittel zugelassen!
Krapp – Eine Übersicht
- Krapp wurde im Osten des Mittelmeers seit Jahrtausenden zum Färben genutzt.
- Der Farbstoff wurde früher aus dem Wurzelstock von Rubia tinctorum hergestellt. Dieser wurde zunächst gereinigt und anschließend gemahlen.
- Mit Krapp hergestellter Farblack ist bekannt als Krapplack oder auch als Bettoberlack, Krapp-Purpur, Rembrandtlack, Rubensrot, Türkischrot oder Van-Dyck-Rot. Heute wird er nur noch synthetisch hergestellt.
- Als Heilpflanze war Krapp bereits Hippokrates bekannt. Dieser und andere antike Autoren empfahlen ihn als Arznei zur Förderung des Harntriebs und für vielerlei Leiden.
- Heute wird Krapp als Heilpflanze nicht mehr empfohlen, da Inhaltsstoffe krebserregend sein sollen.
- Krapp verwilderte vielerorts in Mitteleuropa. In Deutschland hält sich die mediterrane Staude dauerhaft vor allem in wärmeren Regionen, wie dem Rheinland. Dort wächst Krapp auf Äckern, in Weinbergen, auf Schuttplätzen und an Wegrändern.
Inhaltsstoffe
Die Farbstoffkomponenten von Färberkrapp sind Anthrachinone, die die Pflanze gegen Pilze im Boden schützen und auch in der traditionellen Medizin Verwendung fanden (siehe Übersichtsarbeit, 2002).
Wichtigste Farb- und Inhaltsstoffe des Färberkrapps sind Di- und Trihydroxyanthrachinon-Glykoside, insbesondere das Alizarin (1,2-Dihydroxyanthrachinons), welches das Hydrolyseprodukt der Ruberythrinsäure darstellt, aber auch Lucidin und Pseudopurpurin. Der Farbstoffgehalt getrockneter Krappwurzel erreicht etwa 5 bis Prozent.
Die Anthrachinonfarbstoffe stehen im Verdacht krebserregend zu sein.
Weiterhin enthält Färberkrapp in geringeren Mengen Pflanzensäuren, wie Rubichlorsäure und Zitronensäure, Gerbstoffe, Pektine, Zucker, Eiweiß und fettes Öl.
Medizinische Wirkung
Ein indisches Forschungsteam untersuchten in einer in vitro Studie (2017) den Effekt eines Krapp-Extraktes auf die isolierte Aorta von Ratten. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es einen positiven Einfluss auf die Aktivität des Herzmuskels gab und vermuteten, dass Krapp die Sensibilität der Muskelzellen für Kalzium erhöht. Zudem könne Krapp eine Schutzwirkung auf die Aorta ausüben, wahrscheinlich gegen schädliche Zellveränderungen, die durch eine hohe Konzentration an Glukose bedingt sind.
Eine ägyptische Studie (2020) ergab, dass ein Methanolextrakt von Rubia tinctorum deutliche Effekte zeigte, um das Körpergewicht zu reduzieren und den Blutzucker zu senken. Zudem würde der Extrakt die Struktur des Lebergewebes verbessern und die Leberfunktionen positiv beeinflussen. Biochemische Bestandteile des Krapps hätten antioxidative und antientzündliche Wirkungen.
Medizingeschichte und Volksmedizin
Krapp wurde seit der Antike zum Färben benutzt, und auch als Heilmittel. Bedeutende Ärzte der Antike, darunter Hippokrates, Galenus und Dioskurides, empfahlen den Wurzelstock und die Blätter als Arznei.
Dioskurides sah die Wurzel als Medizin gegen Gelbsucht, Ischias und Lähmungen. Der Saft der Blätter war für ihn nützlich, um Tierbisse zu behandeln. Die Frucht sollte ihm zufolge gut sein, um die Milz zu erweichen.
Im Mittelalter Europas wurde der Wurzelstock gegen vielerlei Leiden eingesetzt: gegen Beschwerden der Leber, Nieren und Milz, um den Harn zu treiben und Erbrechen auszulösen, besonders aber gegen Gelbsucht. Der Begriff „Gelbsucht“ umfasste dabei Erkrankungen, die mit einer Gelbfärbung der Haut und Schleimhaut einhergehen, ausgelöst zum Beispiel durch Hepatitis, Lebertumore oder Leberzirrhosen.
Krapp in der Medizin der Moderne
Ärzte der frühen Neuzeit bezogen sich auf die Klassiker der römisch-griechischen Antike. So erörterte Tabernaemontanus 1731 in seinem Kräuterbuch: „Es schreibt Plinius, daß dieses Kraut so hefftig wider die Gelbsucht seye, daß wann es den Kranken anhänge und er es nur anschaue, soll es die Geelsucht vertreiben.“
Tabernaemontanus zufolge sei Krapp ein Mittel gegen Erkrankungen von Milz und Leber, stabilisiere die Knochen, helfe gegen Rachitis, Darmschwäche, Ikterus (Gelbsucht) und Unregelmäßigkeiten der Periode.
Weitere Autoren des 18. Jahrhunderts erwähnten Krapp auch bei zusätzlichen Indikationen:
- Erkrankungen der Atemwege,
- Leiden des Harntraktes,
- Husten und Heiserkeit,
- Verschleimung der Atemwege und übermäßige Sekretion der Schleimhäute,
- Blutarmut,
- Hüftschmerzen,
- Gicht,
- Wechselfieber,
- Blutgerinnungsstörungen,
- Knochentuberkulose.
Im frühen 20. Jahrhundert sahen Urologen die Wurzel als wirksame Medizin gegen Nieren- und Blasensteine an, besonders gegen solche aus „phosphorsaurem Kalk“. Eine Krapp-Kur galt als Ersttherapie, um eine Operation möglichst zu vermeiden.
Krappwurzel galt in den 1920er Jahren als Mittel gegen Rachitis und Darmschwäche, sie sollte den Schmerz bei tuberkulösen Darmgeschwüren lindern und den Darm bei tuberkulösen Durchfällen beruhigen. 1935 war ein Pulver aus der Wurzel ein Rezept gegen Nierensteine.
Heute findet die getrocknete Wurzel noch Anwendung in der Homöopathie, etwa bei Nierensteinen. Anderweitig wird Krapp als Heilpflanze nicht mehr empfohlen, da Inhaltsstoffe krebserregend sein sollen.
Färberkrapp in der Kulturgeschichte
Bevor der Farbstoff Alizarin synthetisch hergestellt wurde, war Färberkrapp eine wichtige Pflanze, um Textilien rot zu färben. Seit der Antike wurde er zu diesem Zweck angebaut – im Mittelmeerraum in großem Umfang. Krappwurzel gelangte auch als Handelsgut nach Mitteleuropa.
Vielerorts verwilderte die Pflanze. Krapp gehört zu den ältesten bekannten Färbemitteln der Menschheit. Antike Ägypter, Perser, Griechen und Römer nutzen den Wurzelstock der Pflanze zur Produktion von Färbemitteln für verschiedene Farbtöne.
Weit fortgeschritten war die Krappkultur in Ägypten, wie Plinius der Ältere erwähnte. Die Farbe der Könige war Purpur (Rotviolett) – eine Mischung aus Rot und Blau. Purpur wurde aus Meeresschnecken gewonnen, und die Produktion war extrem aufwändig, was Purpur zur teuersten Farbe machte. Krapp bot hier eine Alternative: Blau gefärbte Wolle wurde mit Färberkrapp überfärbt, was ebenfalls Purpurtöne ergab.
Färben mit Krapp wurde ein hoch entwickeltes Handwerk, dessen genaue Methoden die Färber als Geheimnis hüteten. Zwar ist es recht einfach, mit dem Wurzelstock zu färben, das Ergebnis wird jedoch von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Dazu zählt die Konzentration der Farbstoffe im Wurzelstock ebenso wie Außentemperatur oder die jeweiligen Metallsalze zum Beizen des Stoffes.
Metallsalze bilden mit den Farbstoffen farbintensive Komplexe, die auch als Krapplacke bekannt sind. Die (später synthetisch) hergestellten Lacke werden auch unter den Bezeichnungen Bettoberlack, Krapp-Purpur, Rembrandtlack, Rubensrot, Türkischrot oder Van-Dyck-Rot geführt.
Bei unprofessioneller Arbeit oder schlechter Qualität der Wurzeln wurden oft Farbtöne wie Orange oder Backsteinrot erzielt. Dies war nicht erwünscht und wäre zudem mit anderen Mitteln günstiger zu erreichen gewesen.
Am besten färbte Färberkrapp Baumwolle. Diese wurde am östlichen Mittelmeer und in Ägypten angebaut und war in Mitteleuropa nur selten erhältlich. Der Farbton, den Krapp auf Baumwolle erzielte, war in der frühen Neuzeit als „Türkisch Rot“ bekannt. Das lag daran, dass die Produzenten im Osmanischen Reich, Persien und Indien arbeiteten.
Nach Mitteleuropa gelangten dann die fertig gefärbten Textilien als begehrte Ware. Um solche hochwertige Kleidung in „Türkisch Rot“ zu produzieren waren mehr als ein Dutzend Arbeitsschritte nötig und der gesamte Prozess der Herstellung dauerte mehrere Monate. Erst im 18. Jahrhundert gelangte die Kenntnis über diese Art der Fertigung in die Regionen Mitteleuropas.
Gefärbt wurde in Mitteleuropa mit Krapp allerdings bereits im Mittelalter. Schon Karl der Große rief dazu auf, die Pflanze anzubauen. Bekannt ist, dass Benediktinermönche Krapp nördlich der Alpen verbreiteten. Zentren des Krappanbaus waren Zeeland in den heutigen Niederlanden und das Elsass. Berühmt mit Krappfärbungen wurde Speyer und der dort gewonnen Farbstoff bekam den Namen „Speyerer Rot“.
Auch im spanischen Kastilien, Ungarn und der französischen Provence wurde Krapp kommerziell genutzt. In Norddeutschland war die Nutzung nur in geringerem Umfang bekannt – vor allem im Braunschweiger Land.
Elsässer Krapp, die „Hagenauer Röte“ trug bedeutend zum wirtschaftlichen Aufschwung Straßburgs bei. Europa wurde in der frühen Neuzeit führend in der Krapp-Produktion.
Während der Revolution 1789 ließ man die Krappfelder erst einmal brach liegen. Louis-Philippe I. (Regierungszeit 1830-1848) ordnete später an, die Uniformhosen der französischen Armee mit Krapp rot zu färben. 1869 gelang es, den Farbstoff Alizarin künstlich herzustellen, und der Krappanbau verlor daraufhin seine Bedeutung.
Einfach färben mit Krapp
Die Farbstoffe sitzen im Zellsaft der Wurzeln und werden erst beim Trocken der Wurzeln fest. Die Wurzeln wurden im Herbst gesammelt, gesäubert, getrocknet und zu Pulver zermahlen. Gefärbt wurden damit Wolle, Baumwolle, Seide und Leder.
Garne und Tücher mussten zuvor mit Metallsalzen gebeizt werden, damit der Farbstoff dauerhaft angenommen wurde. Je nachdem, welche Metallsalze verwendet wurden, waren Farben von Bordeauxrot bis Violett und Rot-Schwarz möglich.
Die einfachste Form, mit Krapp zu färben, bestand darin, die Wurzeln zusammen mit Wolle in einem Topf zu erhitzen. Dazu diente in der Regel ein Topf aus Kupfer oder Ton. Eisen eignet sich nicht, denn wenn der Sud mit Eisen in Berührung kommt, färbt sich die Wolle in einem schalen Rotbraun. In Kupfer- oder Tontöpfen ist das Ergebnis hingegen ein leuchtendes Rot.
Das Färben dauerte rund eine Stunde, die Temperatur durfte nicht über 80 Grad Celsius liegen.
Rubia tinctorum pflanzen
Krapp braucht ein mildes Klima, deswegen wächst er in Deutschland besonders in wärmeren Regionen, wie am Rhein und an der Mosel. Hat er sich einmal festgesetzt, wächst er oberirdisch jedes Jahr erneut aus seiner kräftigen Wurzel.
Die jungen Triebe bilden schmale Blätter um einen vierkantigen Stängel. An Stängeln und Blättern wachsen Widerhaken. Mit diesen klettet sich die Pflanze in ihrer Umgebung fest. Die Stängel selbst sind zu weich, um eigenständig in die Höhe zu wachsen – sie brauchen Kletterhilfen.
Am geeigneten Standort hat der Krapp kein Problem sich durchzusetzen: Schnell überwuchert die Pflanze ihr Umfeld und überdeckt mögliche Konkurrenten. Aus winzigen gelben Blüten bilden sich schwarze Früchte, und die darin enthaltenen Samen sorgen für die Verbreitung der vermehrungsfreudigen Pflanze.
Als Rötegewächs ist Färberkrapp mit dem Kaffeebaum und dem Waldmeister verwandt.(Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Goverdina C. H. Derksen, Teris A. Van Beck: Rubia tinctorum L., in: Studies in Natural Products Chemistry, Volume 26, Part G, Seiten 629-684, 2002, ScienceDirect
- Hanieh Nejat, Katajoun Sedaghat, Abedin Vakili et al.: The Contractive Effect of Rubia tinctorum L. Extract on the Isolated Aorta Smooth Muscle and Its Protective Effect Against the Damage Caused by Hyperglycemic Solution in Rat, in: Jundishapur Journal of Natural Pharmaceutical Products, Volume 12, Issue 3, e64319, 2017, Brieflands
- Enas E. Eltamany, Mohamed S. Nafie, Dina M. Khodeer et al.: Rubia tinctorum root extracts: chemical profile and management of type II diabetes mellitus, in: Royal Society of Chemistry (RSC Advances), Issue 10, Seiten 24159-24168, 2020, The Royal Society of Chemistry
- Jürgen Reichling (Pschyrembel Redaktion): Rubia tinctorum L., Pschyrembel Online, URL: https://www.pschyrembel.de/Rubia%20tinctorum%20L./H0CG5 (abgerufen am 16.03.2024), Pschyrembel Online
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