Die Kuckucks-Lichtnelke ist eine heimische Pflanze, die in der Volksheilkunde historisch eher eine geringe Rolle spielte. Heute zeigen Studien indessen, dass biochemische Stoffe dieser Blume medizinisch wertvoll sein könnten, um neue Medikamente zu entwickeln.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Lychnis flos-cuculi, Syn. Silene flos-cuculi
- Volksnamen: Kuckucksblume
- Familie: Nelkengewächse (Caryophyllaceae)
- Verbreitung: Gemäßigtes Europa und Westasien, häufiger Neophyt in Amerika und Japan
- Verwendete Pflanzenteile: Blüten, Wurzeln und Blätter
- Inhaltsstoffe: Saponine, Schleimstoffe, Phytosteroide / Ecdysteroide, Fettsäurederivate, Cumarine, Benzoide und Polyphenole, wie Phenolsäuren (zum Beispiel Kaffeesäure) und Flavonoide
- Anwendungsgebiete: in der Volksmedizin gegen Grützbeutel und zur Stoffwechselanregung und Kräftigung, des Weiteren antioxidative Wirkungen und medizinisches Potenzial für Anwendungen gegen Bakterien, Pilze und Amöben, bei Entzündungen, zur Blutverdünnung und Neuroprotektion
Kuckucks-Lichtnelke – Eine Übersicht
- Diese Pflanze blüht im Mai und Juni, wenn der Kuckuck aus seinem Winterquartier zurückkommt und ruft. Zudem klebt an der Pflanze oft ein Schaum, der als „Kuckucksspucke“ bezeichnet wurde – dies sind Nester für Zikadenlarven.
- Diese heimische Lichtnelke ist weit verbreitet in Mooren und Sümpfen, an wechselfeuchten, nährstoffreichen Standorten mit Sonne oder Halbschatten.
- Heute ist die Kuckucks-Lichtnelke zur Pflanzung im Garten und am Teichrand beliebt.
- Lichtnelken sind in der Volksmedizin nicht besonders viel eingesetzt worden – am meisten noch bei Grützbeuteln.
- Kuckucks-Lichtnelken enthalten Saponine (Seifenstoffe) mit vielen gesundheitsfördernden Wirkungen und viele andere wirksame Inhaltsstoffe, die unter anderem antioxidative Effekte aufweisen. Das große medizinische Potenzial gilt es näher zu untersuchen.
Inhaltsstoffe
Die Pflanze enthält unter anderem Saponine, Schleimstoffe, Phytosteroide / Ecdysteroide, Fettsäurederivate, Cumarine, Benzoide, und Polyphenole, wie Phenolsäuren (zum Beispiel Kaffeesäure) und Flavonoide. Zu den Flavonoiden zählen etwa Luteolin, Apigenin und Rutin, sowie Orientin als glykosyliertes Flavonoid und Vitexin als Abkömmling des Apigenins.
Kuckucks-Lichtnelke – Medizinische Wirkungen
Lichtnelken hatten generell keine große Bedeutung in der Volksheilkunde. Blätter, Wurzeln und Blüten wurden vor allem eingesetzt gegen sogenannte Grützbeutel. Diese werden auch Atherome genannt und sind knotige Stellen in der Haut, die Säckchen bilden und langsam wachsen. Oft treten sie im Gesicht, am Hals und hinter den Ohren auf.
Ein Tee aus den Wurzeln diente in der Vergangenheit auch dazu, den Stoffwechsel anzuregen und sich zu kräftigen.
Ein Review von 2014 erwähnt indessen, dass die phytochemische Analyse der Kuckucks-Lichtnelke Inhaltsstoffe mit medizinischem Potenzial zeige. So werden bakterizide, fungistatische und antimitotische Eigenschaften genannt und darüber hinaus für die Pflanzengattung Lychnis ein durchaus breites Wirkungsspektrum, unter anderem mit entzündungshemmenden, blutverdünnenden und neuroprotektive Eigenschaften. Mehr phytochemische und pharmakologische Studien seien notwendig, um weitere Information zu erlangen.
Eine pharmakologische Studie zur Kuckucks-Lichtnelke aus dem Jahr 2021 kam zu dem Ergebnis, dass Extrakte aus Wurzel und Kallus von Lychnis flos-cuculi gegen Acanthamoeba wirken – eine Gattung von Amöben, die bei Menschen Krankheiten auslöst. Hierbei spielen wahrscheinlich Saponine eine entscheidende Rolle. Ebenso wurden eine gewisse antimykotische Aktivität sowie Toxizität der Pflanzenextrakte aufgezeigt.
Eine andere Studie hatte bereits 2017 zusammengefasst: Oberirdische Teile der Kuckucks-Lichtnelke sind eine wichtige Quelle für bioaktive Komponenten, die unter anderem antioxidative Aktivitäten zeigen. Hier bräuchte es aber weitere Forschungsarbeiten, um die Wirkmechanismen und das pharmakologisch-toxikologische Profil besser zu verstehen.
Saponine in Lichtnelken und ihre Wirkung
Lichtnelken enthalten Saponine, die der Pflanze nutzen. Sie wehren Mikroben ab, die die Pflanze schädigen würden, besonders pathogene Pilze. Die auch Seifenstoffe genannten Verbindungen brechen die Zellmembran der Pilze auf und sorgen so dafür, dass Flüssigkeit in die Pilzzellen eindringt und diese somit zerstört.
Für Insekten und andere Wirbellose sind Saponine giftig – für Menschen, durch die schlechte Aufnahme dieser Stoffe, eher weniger. Chemikalisch handelt es sich bei Saponinen um Zucker (Glykoside) der Steroide, Steroidalkoloide und Triterpene.
Saponine aktivieren T- und B-Zellen und fördern so Antikörper und Gedächtniszellen und stützen so die Immunabwehr. Saponine bekämpfen auch Bakterien, Pilze und andere Mikroben. Sie bremsen Entzündungen und unterstützen den Harnfluss. Darüber hinaus stimulieren sie die Produktion bestimmter Hormone. Seifenstoffe lösen Schleim und erleichtern das Abhusten, sie erhöhen den Blutdruck und senken das Cholesterin.
Ein Review (2011) fasste das Wissen über das klinische Potenzial von Saponinen als zytotoxische Wirkstoffe zum damaligen Zeitpunkt zusammen und kam zu dem Schluss, dass Saponine über ein großes therapeutisches Potenzial verfügen und ein weiterer Ansatzpunkt für die Behandlung von Krebs (über membran- oder transportvermittelte Wege) sein könnten.
Auch aktuellere Artikel, etwa aus dem Jahr 2021 und 2024, zeigen Erkenntnisse über verschiedene Saponine und ihre krebsbekämpfende Wirkung auf. Es gibt vielversprechende Forschungsarbeiten, die aber durch weitere Studien ergänzt werden müssen.
Saponine sind auch giftig und können beim Menschen Schleimhäute reizen und Erbrechen provozieren. Im Übermaß sind Saponine nicht mehr gesundheitsfördernd, sondern können verschiedene gesundheitliche Probleme verursachen.
Die Blüten der Kuckucksblume
Die Kuckucks-Lichtnelke zeigt rosarote und selten auch weiße Blüten, die ihr Beliebtheit als Zierpflanze verschafft haben. Der trugdoldige Blütenstand ist von Mai bis Juli in voller Pracht zu sehen und besteht vor allem aus Zwitterblüten, aber auch aus männlichen und weiblichen.
In winzigen Kapselfrüchten stecken die rund ein Millimeter großen Samen. Die Fruchtreife liegt zwischen Juli und Oktober. Zugleich vermehrt sich die Lichtnelke aber auch durch Ausläufer – am richtigen Standort kann sie so flächendeckende „Teppiche“ bilden.
Die Blüten bieten verschiedenen Faltern Nektar und sind Pollenspender für Bienen.
Verwechslung mit dem Gottes-Gnadenkraut
Vor der Blüte lässt sich Kuckucks-Lichtnelke mit dem Gottes-Gnadenkraut verwechseln. Dieses ist im Unterschied zur schwach giftigen Lichtnelke hochtoxisch. Mengen, die von Lichtnelken als Salat gegessen werden, können beim Gottes-Gnadenkraut zum Tod führen.
Kuckucks-Lichtnelke im Garten
Kuckucks-Lichtnelke wächst in Überschwemmungsgebieten, verträgt aber keine Staunässe. Im Garten eignet es sich für die Uferbepflanzung von Gartenteichen in Gesellschaft mit Sumpf-Segge, Wiesen-Schwertlilie und Wiesen-Schaumkraut.
Der Boden kann sandig, lehmig oder tonig sein, sollte aber über viel Humus und Nährstoffe verfügen. Die Erde muss zudem wasserdurchlässig sein. Diese Lichtnelke ist ein Wechselfeuchtezeiger. Sie eignet sich also nicht für ein dauerhaft nasses Sumpfbeet oder die Flachwasserzone eines Teiches, sondern speziell für den Rand solcher Strukturen. Dort profitiert sie von der Frische und Feuchte, ohne selbst im Wasser zu stehen.
Für einen Blumentopf oder einen Pflanzenkübel eignet sich die Lichtnelke weniger, und auch Terrasse wie Balkon sind schlechte Standorte.
Beim Einpflanzen sollten Sie die Kuckucks-Lichtnelke unbedingt wässern. Im Topf gekaufte Pflanzen stellen Sie dafür mindestens eine Stunde in ein Wasserbad. Was viele nicht wissen: Es reicht, wenn einige Zentimeter des Wurzelwerks im Wasser stehen, denn die Wurzeln saugen die Flüssigkeit auf.
Lichtnelken lassen sich im Frühling einfach vermehren. Dazu müssen Sie nur Teilstücke des Wurzelstocks abstechen und an einem anderen Ort wieder einpflanzen. Hat die Lichtnelke allerdings den passenden Standort, dann vermehrt sie sich sowieso durch Selbstaussaat.
Lichtnelke: Kuckuck und Zikade
Es gibt zwei Ableitungen, warum diese Pflanze Kuckucksblume heißt. Zum einen blüht sie in der Zeit, in der der Kuckuck ruft. Das tun allerdings auch viele andere Blumen, die nicht nach dem Vogel benannt sind.
Historisch ist der Name auch von der sogenannten „Kuckucksspucke“ abgeleitet, die sich gerne an diesen Lichtnelken findet. Damit ist einem Schaumnest von Zikaden gemeint, in dem die Larvenentwicklung stattfindet.
Der „Kuckuck“ war wie der „Leibhaftige“ in der Volkssprache ein Synonym für den Bösen, den Teufel und die Hexe. Die Schaumnester galten als Speichel dämonischer Wesen und wurden als „Kuckucksspucke“ bezeichnet, um diese metaphysischen Schrecken nicht zu rufen.
Am Wiesen-Schaumkraut bauen die Zikaden ebenfalls ihre Nester – daher trägt es seinen Namen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Teodora Costea, Ioana Nencu , Cerasela Elena Gîrd et al.: Ragged Robin (Lynchis flos cuculi L.) Aerial parts - Botanical characterization, phytochemical screening and antioxidant activity, in: Studia Universitatis “Vasile Goldiş”, Seria Ştiinţele Vieţii, Volum 27, Issue 4, Seiten 231-238, 2017, Studia Universitatis
- Mayank Thakur, Matthias F. Melzig, Alexander Wenig et al.: Chemistry and pharmacology of saponins: Special focus on cytotoxic properties, in: Botanics: Targets and Therapy, Volume 2011, Issue 1, Seiten 19-29, 2011, Dovepress
- Michal Tomczyk: Preliminary phytochemical investigation of Lychnis flos-cuculi herbs, in: Journal of Natural Medicines, Volume 62, Seiten 473-476, 2008, Springer Link
- Michael P. Maliński, Vladimir Budzianowski, Malgorzata Kikowska et al.: Two Ecdysteroids Isolated from Micropropagated Lychnis flos-cuculi and the Biological Activity of Plant Material, in: Molecules, Volume 26, Issue 4, 2021, MDPI
- Michał P. Maliński, Anna D. Michalska, Monika Tomczykowa et al.: Ragged Robin (Lychnis flos-cuculi) - a plant with potential medicinal value, in: Revista Brasileira de Farmacognosia, Volume 24, Issue 6, Seiten 722-739, 2014, ScienceDirect
- Olusola Olalekan Elekofehinti, Opeyemi Iwaloye, Femi Olawale and Esther Opeyemi Ariyo: Saponins in Cancer Treatment: Current Progress and Future Prospects, in: Pathophysiology, Volume 28, Issue 2, 250-272, 2021, MDPI
- Fengge Wang, Lu Liang, Ma Yu, Wenjie Wang et al.: Advances in antitumor activity and mechanism of natural steroidal saponins: A review of advances, challenges, and future prospects, in: Phytomedicine, Volume128, Article number 155432, 2024, University of East Anglia
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.