Das Leberblümchen trägt seinen Namen nach der Form der Blätter, die an eine Leber erinnern. Aus diesem Grund wurde es in der „magischen Medizin“ gegen Leberleiden eingesetzt. Es ist eine Charakterpflanze lichter Laubwälder und bekannt als Frühlingsbote, da es als erstes unter den Waldpflanzen aufblüht.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Hepatica nobilis
- Volksnamen: Gewöhnliches Leberblümchen, Dreilappiges Leberblümchen, Osterblümchen, Vorwitzlerchen, Fastenblümchen, Märzblümchen, Himmelsstern, Blaue Schlüsselblume, Auswärts, Blaumblume, Leberkraut, Leberwindblume, Windrosenkraut, Blaue Windblume, Herzleberkraut, Hirschklee, Herzblumenkraut, Güldenleberkraut, Guldenleberkraut, Ebenauskraut, Edel-Leberkraut, Sternleberkraut, Hasenwurz, Haselmünichkraut
- Familie: Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae)
- Verbreitung: Im gesamten Europa verbreitet, zudem in Nordamerika, Japan und Korea
- Verwendete Pflanzenteile: Frische oder getrocknete Blätter, von Mai bis Juli gesammelt. Da Leberblümchen unter Naturschutz steht, ist Sammeln im Freiland hierzulande heute verboten.
- Inhaltsstoffe: Alkaloide (Anemonin / Protoanemonin), Flavonoide (Anthocyane) / Flavonolgykoside, Gerbstoffe, Harze, Seifenstoffe / Saponine (Hepatisaponin)
- Anwendungsgebiete: Traditionelle Anwendungen gegen Blasen- und Harnwegsprobleme, Nierensteine, Gallensteine, Bronchitis und andere entzündliche Erkrankungen der Atemwege, Husten, Kehlkopfentzündung, Lungenbeschwerden, Verdauungsleiden, Rheuma. Historisch Tuberkulose, Wundheilung. Wegen der Giftwirkung des Anemonins und der Glykoside ist von solchen Anwendungen abzuraten.
Leberblümchen – Eine Übersicht
- Das Leberblümchen ist ein typischer Frühblüher und weit bekannt, da seine blauen Blüten den Wald bedecken, wenn die Bäume noch nicht austreiben. Die Blume nutzt so das Licht, bevor das dichte Blätterdach es verschluckt.
- Das lateinische „Hepatica“ („leberartig“) und das deutsche „Leberblümchen“ beziehen sich auf die Blätter, deren drei Lappen an die Form einer Leber erinnern. Historisch wurde die Pflanze genutzt, um Leberleiden zu behandeln.
- Das Leberblümchen steht unter Naturschutz und darf im Freien nicht gepflückt oder ausgegraben werden. Es ist bedroht, weil sein Lebensraum schwindet. Das sind die hier immer seltener anzutreffenden lichten Kalkbuchenwälder.
- Getrocknete Blätter der Leberblümchen waren ein traditionelles Mittel, um den Harn zu treiben sowie gegen Gallen-, Harn- und Nierensteine. Tinkturen, Tee, Umschläge und Auflagen aus den Blättern galten als Wundmittel.
- Leberblümchen enthält allerdings Stoffe, die zu Rötungen, Juckreiz und Blasen auf der Haut führen können und innerlich eingenommen Nierenentzündungen verursachen.
- Leberblümchen enthält Protoanemonin, das bei Zerkleinern der Pflanze zu Anemonin wird. Dieser Stoff ist toxisch und hat zugleich medizinisch effektive Eigenschaften.
Inhaltsstoffe
Das Leberblümchen (Hepatica nobilis) enthält folgende Inhaltsstoffe:
- Alkaloide (Anemonin / Protoanemonin),
- Flavonoide (Anthocyane) / Flavonolgykoside,
- Gerbstoffe,
- Harze,
- Seifenstoffe / Saponine (Hepatisaponin).
Medizinische Wirkungen
Anthocyane schützen die DNA vor oxidativem Stress. Sie hemmen Entzündungen, beugen dem Zelltod vor und gleichen die Ausschüttung des Insulins aus. Es handelt sich um eine Untergruppe der Bioflavonoide.
Anthocyane sind wasserlöslich. Sie sind Farbstoffe, die für die blauvioletten Blüten des Leberblümchens sorgen: „Anthos kyanos“ bedeutet im Griechischen „blaue Blume“.
Diese Flavonoide helfen dem Körper, freie Radikale zu neutralisieren. Damit beugen sie potenziell Krebs vor und verlangsamen das Altern der Haut.
Anthocyane wehren potenziell pathogene Mikroben ab. Eine Studie von 2007 kam zu folgendem Ergebnis: Anthocyane reduzieren die Konzentration von Stoffen, die Entzündungen auslösen, wirken also antientzündlich.
Eine wesentliche Komponente im Leberblümchen ist Anemonin. Dieses Alkaloid ist als Protoanemonin im Leberblümchen enthalten und entsteht als Anemonin erst, wenn das Innere der Zellen mit Luft in Berührung kommt. Anemonin wirkt toxisch und hat zugleich medizinisch wichtige Eigenschaften.
So zeigte ein wissenschaftliches Team aus Äthiopien und Deutschland, dass Anemonin einen neuen Ansatz in der Behandlung von Malaria ermöglichen könnte. Die Studie der Gruppe der Arba Minch University, der Addis Ababa University und der Martin Luther Universität Halle-Wittenberg veröffentlichte ihre Ergebnisse im Fachjournal Molecules.
Das pharmazeutische Team produzierte einen Extrakt aus den Blättern eines Hahnenfußgewächses und testete seine Wirkung bei Mäusen, die mit dem Malariaerreger Plasmodium berghei infiziert waren. Eine Vergleichsgruppe erhielt das etablierte Malariamedikament Chloroquin.
Chloroquin wirkte zwar besser, doch die Extrakte zeigten einen deutlich nachweisbaren positiven Effekt. So verloren die Mäuse weniger Gewicht, und ihre Körpertemperatur war stabiler als ohne Behandlung.
Die beteiligten Pharmazeutinnen und Pharmazeuten vermuten, dass Anemonin ähnlich wie Chloroquin den Stoffwechsel der Parasiten angreift, die Malaria verursachen, aber wahrscheinlich an einer anderen Stelle als das herkömmliche Mittel. Wenn das stimmt, wäre das medizinisch von großer Bedeutung.
Plasmodien sind heute im tropischen Afrika häufig gegen Chloroquin resistent. Anemonin könnte auch gegen solche resistenten Erreger wirken.
Um einen solchen Effekt zu belegen, bedarf es indessen weiterer umfangreicher Tests, um den Wirkmechanismus zu analysieren. Danach wären mehrjährige klinischer Studien an menschlichen Patientinnen und Patienten nötig.
Das gleiche pharmazeutische Team untersuchte auch die Wirkung von Anemonin auf Leishmanien und Schistosomaden, weit verbreitete Parasiten. Blutegel der Gattung Schistosoma können in die Haut eindringen, wenn Menschen schwimmen oder mit kontaminiertem Süßwasser in Berührung kommen.
Sie infizieren den Magen-Darm-Trakt und die Harnwege. Dies führt zu folgenden Symptomen:
- Entzündungen,
- Fieber,
- Schüttelfrost,
- Durchfall,
- starken Schmerzen im Unterleib.
Leishmanien sind Einzeller, die Menschen und Tiere vor allem durch den Stich von Sandmücken befallen. Bei Hunden endet die Erkrankung in der Regel tödlich.
In warmen Ländern wie Spanien, der Türkei, Indien, dem Nahen Osten, Nord- und Ostafrika ist Leishmaniose vor allem bei Hunden weit verbreitet. Bei Menschen ist die häufigste Form eine Hautinfektion.
Diese nennt sich kutane Leishmaniose, auch „Orientbeule“, „Bagdad-„, „Orient-„ oder „Aleppobeule“. Hier bilden sich Hautgeschwüre, die meist entstellende Narben hinterlassen.
Werden die inneren Organe angegriffen, sprechen wir von viszeraler Leishmaniose, „Kala-Azar“, „Dum-Dum-Fieber“ oder „Schwarzem Fieber“. Hände, Füße und Schleimhäute färben sich oft dunkel und Milz wie Leber schwellen stark an. Die Krankheit kann zu Blutarmut führen.
Auch gegen Leishmanien und Schistosomaden zeigte die deutsch-äthiopische Studie deutlich positive Effekte des Anemonins.
Eine tunesische Studie von 2017 belegte deutliche Wirkungen von Anemonin gegen die Sumpfschnecke Galba truncatula, die als Zwischenwirt des großen Leberegels dient, der als Endwirt vor allem Rinder und Schafe befällt, aber auch Menschen.
Eine andere Tierstudie erkannte gute Wirkungen auf die Zellen bei induzierter Osteoporose und kam zu dem Ergebnis, dass Anemonin ein potenzieller Stoff ist, um Arzneien gegen diese Erkrankung zu entwickeln.
Eine Studie von 2008 erkannte, dass Anemonin Proteine in Melanocyten regulieren kann, den Pigmentzellen der Haut, die in der Basalzellenschicht der Epidermis und den Haarfollikeln liegen. Das mache, so die Folgerung des wissenschaftlichen Teams, das die Studie durchführte, Anemonin zu einem Kandidaten für Produkte der Hautpflege.
Medizinische Anwendungen
Leberblümchen wurde traditionell als Hausmittel eingesetzt, um Erkrankungen der Leber und Galle zu behandeln, um Nieren und Blase zu reinigen, sowie die Haut zu reizen (um rheumatische Schmerzen zu behandeln). Dies sollten Sie aus mehreren Gründen unterlassen.
Erstens steht Leberblümchen in Deutschland unter Naturschutz. Es zu pflücken oder auszugraben ist also verboten.
Zweitens hat das beim Zerteilen der Pflanze aus Protoanemonin entstehende Anemonin zwar deutliche medizinische Effekte. Erst einmal ist es aber ein Gift.
Äußerlich eingesetzt, reizen die frischen Teile der Pflanze die Haut, innerlich kann der Konsum von Leberblümchen eine akute Entzündung im Magen-Darm-Trakt und den Nieren hervorrufen, statt diese zu lindern. Aus diesem Grund werden hier keine Rezepte zum Herstellen von Hausmitteln aus Leberblümchen vorgestellt.
Unerwünschte Nebenwirkungen
Alle Hahnenfußgewächse, die Protoanemonin enthalten, reizen die Haut. Dafür gibt es den Fachbegriff „Hahnenfußdermatitis“. Die Haut rötet sich bei Kontakt, sie juckt, und sie bildet Blasen.
Im frischen Kraut enthaltene Glykoside können das Nervensystem schädigen. Folgen sind dann:
- Krämpfe,
- Schwindel,
- Lähmungen,
- Durchfall,
- Erbrechen.
Leberblümchen in der Medizingeschichte
Leberblümchen wurden in der Volksmedizin besonders gegen Erkrankungen der Leber und Galle eingesetzt. Vermutlich lag dies an der Blattform.
Die mittelalterliche Signaturenlehre sah äußerliche Entsprechungen in den unterschiedlichsten Elementen der Natur. Diese galt im christlichen Weltbild als von Gott „harmonisch geordnet“.
So assoziierten die Menschen ähnliche Formen und zugeschriebene Eigenschaften als entsprechende Heilmittel: Weil die dreilappigen Blätter des Leberblümchens an die Leber erinnerten, sollten sie auch gegen Erkrankungen der Leber helfen.
So erwähnt das 1485 erschienene Lehrbuch „Gart der Gesundheit“ das „Epatica oder Lebberkrut“. „Ein Trank von diesem Kraut ist sehr gut der bösen Leber und erfrischt sie.“
Leberblümchen kaufen
Das Leberblümchen liebt Wärme, Kalk- und Lehmböden und wächst besonders in Kalkbuchenwäldern, gelegentlich auch in Kalknadelwäldern im Gebirge. Im offenen Laubwald teilt es sich den Lebensraum mit Buschwindröschen, Scharbockskraut, Seidelbast, Veilchen und Waldbingelkraut.
Sie können Leberblümchen in ausgesuchten Gärtnereien kaufen und im Garten pflanzen. Es selbst zu ziehen ist sehr schwierig, da das Saatgut nur keimt, wenn es mindestens einen Monat bei Frostgraden gelagert wurde. Gewachsene Pflanzen lassen sich einfacher durch Wurzelteilung vermehren.
Im Garten braucht es ein Substrat aus kalkhaltiger Erde, Lehm und Laubkompost, dazu einen feuchten und zugleich durchlässigen Boden. Als Pflanze lichter Wälder bevorzugt das Leberblümchen Halbschatten.
Als Nachbar eignet es sich schlecht: Leberblümchen produzieren in den Wurzeln Stoffe, die andere Pflanzen am Wachstum hindern. Ist der Gartenstandort geeignet, breiten sich Leberblümchen flächendeckend aus. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Karl Hiller, Matthias F. Metzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Erster Band, Heidelberg, 2003
- Yen Hua-Hong, Tzong-Huei Lee, Kuei-Jung Chan et al.: Anemonin is a natural bioactive compound that can regulate tyrosinase-related proteins and mRNA in human melanocytes; in: Journal of dermatological science, Volume 49, Issue 2, Seiten 115-123, 2008, JDS
- Huanhuan Hou, Quishang Peng, Shaoming Wang et al.: Anemonin Attenuates RANKL-Induced Osteoclastogenesis and Ameliorates LPS-Induced Inflammatory Bone Loss in Mice via Modulation of NFATc1; in: Frontiers in Pharmacology, Volume 10, 2020, frontiers in Pharmacology
- Rakia Saidi, Lamia Khanous, Allah Khadim et al.: Antifungal, molluscicidal and larvicidal assessment of anemonin and Clematis flammula L. extracts against mollusc Galba truncatula, intermediate host of Fasciola hepatica in Tunisia; in: Asian Pacific Journal of Tropical Medicine, Volume 9, 2017, zlibrary
- Betelhem Sirak, Kaleab Asres, Asrat Hailu et al.: In Vitro Antileishmanial and Antischistosomal Activities of Anemonin Isolated from the Fresh Leaves of Ranunculus multifidus Forsk; in: Molecules, Volume 26, Issue 24, 2021, MDPI
- Bethelhem Sirak, Kaleb Asres, Lea Mann et al.: In Vivo Antimalarial Activity of Leaf Extracts and a Major Compound Isolated from Ranunculus multifidusForsk; in: Molecules, Volume 26, Issue 20, 2021, MDPI
Wichtiger Hinweis:
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