Mispelbäume waren in der Vergangenheit sehr beliebt in Bauern- und Klostergärten und sind eine Pflanze der Streuobstwiesen. Heute finden sie sich seltener, da sich andere Obstsorten einfacher konsumieren lassen. Mispeln helfen gegen Bakterien, Infektionen, Darmkrankheiten und Fieber.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Mespilus germanica
- Volksnamen: Steinapfel, Echte Mispel, Gemeine Mispel, Deutsche Mispel, Mehlbeere, Wispelter, Wispeltüte, Hundsärsch, Mispelche; Aspelen, Asperl, Aschperln, Hespelein, Dürgen, Dörrlitzen, Dürrlitzen
- Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
- Verbreitung: Die Mistel wurde bereits vor Jahrtausenden im Kaspischen Raum kultiviert und ist heute noch im Nordiran weit verbreitet. Der Ursprung lag vermutlich im Iran, Irak, Turkmenistan, Kaukasus, Ukraine, Bulgarien, Griechenland und Italien. Mispeln werden global kultiviert – in Mitteleuropa, Südengland, Neuseeland, USA, Nord-, Mittel- und Südamerika, Australien, Südafrika. Intensiv bewirtschaftete Plantagen gibt es in Aserbaidschan und Spanien, in Deutschland finden sich Mispeln besonders in Wärmegebieten wie rund um Heidelberg und Frankfurt am Main.
- Verwendete Pflanzenteile: Früchte, Blätter, Rinde und Holz
- Inhaltsstoffe: Vitamin A (Carotin), Vitamin B2, Vitamin C, Gerbstoffe (Tannin), Apfelsäure, Zitronensäure, Pektine, Kalium, Kalzium, Phosphor, Magnesium und Eisen.
- Anwendungsgebiete: Diuretikum, Verdauung, innere Blutungen, Nervosität, Durchfall, Ruhr, Cholera, Magenentzündung, Darmentzündung, Mandelentzündung, Blutreinigung, Fieber
Mispel – Eine Übersicht
- Die echte Mispel (Mespilus germanica) führten vermutlich die Römer nach Mitteleuropa ein. Trotz des Namens „Deutsche Mispel“ stammt sie ursprünglich aus Westasien.
- Mispelfrüchte sind erst einmal sehr hart, werden nach dem ersten Frost geerntet und dann noch mehrere Wochen gelagert.
- Wenn die Mispeln braun und verschrumpelt aussehen, können sie weiter verarbeitet werden. Reife Mispeln haben einen einzigartigen herben Geschmack zwischen süß und sauer.
- Mispeln gehörten zu jedem Klostergarten. Ihr Brei war eine wichtige Speise für kranke und gebrechliche Menschen.
- Die Mispel ist zwar winterhart, als Pflanze mediterraner Breiten liebt sie aber einen sonnigen Platz und moderate Temperaturen. Deshalb gedeiht sie in Deutschland am besten in Wärmeregionen wie Baden-Württemberg oder der Region Frankfurt.
- Die Früchte mit der rauen Schale haben am unteren Ende eine Öffnung, um die mehrere Fasern abstehen. Im Saarland erinnerte diese Form an den namensgebenden „Hundsärsch“.
Mispel – Inhaltsstoffe
Mispelfrüchte enthalten Carotine (die Vorform von Vitamin A), Vitamin B 2 und Vitamin C. An Mineralstoffen und Spurenelementen liefern sie reichlich Kalium und Kalzium, außerdem Eisen, Phosphor und Magnesium. Sie liefern Apfel- und Fruchtsäure und haben einen hohen Anteil an Gerbstoffen.
Medizinische Wirkungen
Die Gerbstoffe in Mispeln ziehen Gefäße und Gewebe zusammen. Sie lindern dadurch Entzündungen der Schleimhäute (beim Verzehr besonders der Darmschleimhäute), ziehen Hautwunden zusammen, bremsen Blutungen und straffen die Haut.
Mispeln wirken gegen diverse Magen-Darm-Beschwerden, lindern chronische Darmentzündungen wie Morbus Crohn und bekämpfen pathogene Bakterien. Der hohe Gehalt an Pektinen drückt den Cholesterinspiegel nach unten und kontrolliert den Blutzucker.
In einer polnischen Studie erwies sich ein konzentrierter Mispelfrucht-Extrakt als hochgradig antioxidativ. Also als wirksam gegen oxidativen Stress, der Zellveränderungen bewirkt, die zu Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und Krebs führen.
Die Wissenschaftlerinnen, die die Studie durchführten, empfehlen einen solchen Extrakt, um kostengünstige komplementäre Strategien gegen Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Sie weisen allerdings darauf hin, dass dies in Kombination mit anderen Methoden der Pharmazie und Ernährung erfolgen sollte.
Darüber hinaus könnten Stoffe in Mispeln für eine effektive Therapie genutzt werden, um Bluthochdruck nach dem Essen zu behandeln, und dies mit minimalen Nebeneffekten. Es sei aber notwendig, die exakten chemischen Strukturen und Mechanismen der Einzelsubstanzen zu kennen, um dieses Pflanzenmaterial medizinisch einzusetzen.
Eine iranische Studie von 2017 wies deutliche Aktivität eines Extrakts aus den Blättern der Mispel gegen Bakterien nach. Das Ergebnis war: Mispel ist potenziell effektiv, um bakterielle Ruhr zu kontrollieren, eine durch Bakterien verursachte entzündliche Erkrankung des Dickdarms.
Hilft Mispel gegen Cholera?
In den Herkunftsländern der Mispel wird ein Brei aus den Früchten mit reichlich Wasser genutzt, um Cholera zu behandeln. Todesfälle durch Cholera entstehen vor allem durch einen Kreislaufzusammenbruch. Die verursachenden Bakterien Vibrio cholerae lösen extremen Durchfall und Erbrechen aus.
Dieser führt oft zum Tod, weil der Kreislauf aufgrund fehlender Flüssigkeit und Elektrolyte/ Mineralsalze kollabiert. Heute werden die Erkrankten durch orale Lösungen mit Flüssigkeit und Elektrolyten versorgt.
Mispeln wirken gegen pathogene Bakterien als natürliches Antibiotikum. In Studien wurden indessen die Effekte gegen andere Bakterien als Vibrio cholerae untersucht.
In jedem Fall enthalten die Früchte Elektrolyte wie Kalium, Kalzium und Phosphat in hohem Ausmaß, dazu verschiedene Zucker. Die große Konzentration an Gerbstoffen zieht Gewebe zusammen und wirkt so Durchfall entgegen.
Auch wenn es also heute spezielle Lösungen gibt, die gegen Cholerasymptome zielgerichteter wirken als Mispelanwendungen. So ist die Mispeltherapie gegen die Erkrankung in der Volksmedizin doch sinnvoll.
Medizinische Anwendungen
Mispeln werden als Medizinpflanze genutzt. Während in der Ernährung die Früchte verzehrt werden, verwendet die Heilkunde auch Blätter, Rinde und Holz.
Zu den Anwendungsgebieten gehören laut einer Studie Durchfall, Blähungen, das Anregen des Harnflusses, Nieren-, Blasen- und Harnwegserkrankungen. Daneben Abszesse in Kehle und Rachen, Übergewicht, Fieber, innere Blutungen.
Des Weiteren Cholera, Glätten der Haut, das Stärken der Nerven, Entzündungen der inneren Organe, unregelmäßige Periode. Auch Leishmaniose, eine parasitäre Infektion, die durch Flagellaten verursacht und meist von Sandfliegen übertragen wird, gehört zu den Anwendungsgebieten von Mispel .
In der Region Gilan am Kaspischen Meer, wo die Mispel vor Jahrtausenden kultiviert wurde, sind Blätter, Rinde, Holz und Früchte Material für medizinische Anwendungen. Aus den Blättern wird ein Tee zubereitet und je nach nach der zu behandelnden Krankheit entweder getrunken oder gegurgelt.
Der Tee wird gegen Durchfall getrunken, ebenso gegen Blutungen in den inneren Organen. Gegen Abszesse in Rachen und Kehle wird der Tee gegurgelt.
Ein Pulver aus der getrockneten Rinde oder dem getrockneten Holz wird in Alkohol gelöst und gegen schwere Infektionen der inneren Organe eingesetzt. Außerdem gegen Fieber und innere Blutungen sowie als harntreibendes Mittel.
Ein Brei aus den gekochten Früchten wird gegen innere Blutungen gegessen und ebenso gegen Infektionen der inneren Organe. Von Mispelfrüchten werden die Haut und die Samen entfernt, und das Fruchtfleisch in Milch zermatscht.
Dieses Mus wird gegessen bei Blähungen und um die Nerven zu stärken. Außerdem wurde es gegen Cholera verabreicht.
Mispel – Die Frucht essen
Mispeln lassen sich nicht einfach vom Baum pflücken und verzehren. Vor dem ersten Frost sind sie noch steinhart und sauer.
Wenn die Früchte nach dem ersten Frost geerntet und einige Wochen gelagert werden, erweichen sie und werden süßer. Dabei sehen sie für Laien so aus, als würden sie „vergammeln“.
Die Haut schrumpelt und wird dunkelbraun. Das Fruchtfleisch verliert an Konsistenz und wird mehlig.
Während die Früchte aussehen, als würden sie verderben, werden sie genießbar und entfalten einen süß-säuerlichen Geschmack. Dieser erinnert an eine würzige Mischung aus Feige und Birne und wird von Kennerinnen und Kennern geschätzt.
Vor dem Verzehr wird die Schale entfernt. Das Fruchtfleisch lässt sich zu Mus, Gelee, Marmelade, Saft oder Likör verarbeiten. Das in Saft aufgekochte Mus dient als Füllung für Kuchen und Kekse.
Mispelrezepte zur Wintersonnenwende
In der kaspischen Region des Iran wird aus Mispeln ein Gericht mit Namen „Abdan Konus“ zubereitet und in der Yaldanacht gegessen, der persischen Feier der Wintersonnenwende. Dazu werden die harten unreifen Mispeln geerntet und in Gefäße gefüllt
Wasser kommt hinzu und Salz, und die Früchte werden bis Ende Dezember an einem kühlen Ort gelagert. Als Gewürz kommt Pulver aus den Samen des Persischen Bärenklaus (Heracleum persicum) hinzu. Gegessen werden die eingelegten Mispeln dann in der Yaldanacht.
Was ist Mispelchen?
Mispelchen sind keine kleinen Mispeln, sondern ein alkoholisches Getränk, das in hessischen Äppelwoistuben verbreitet ist. Zutat sind nicht die heimischen Mispeln, sondern die Japanische Wollmispel.
Diese hat eine weichere Schale, die mitgegessen werden kann, und ihr Aroma erinnert an Aprikose. Für Mispelchen werden die japanischen Mispeln in den Apfelbranntwein Calvados eingelegt.
Kulturgeschichte der Mispel
Die echte Mispel wurde nachweislich vor rund dreitausend Jahren in der Kaspischen Region des Nordiran kultiviert. Gegen 700 vor Christus wurde sie in Griechenland eingeführt und gegen 200 vor Christus im römischen Italien.
In der Antike und im Mittelater handelte es sich um eine bedeutende Küchen- und Heilpflanze, die auf Streuobstwiesen, in Kloster- und Apothekengärten gepflegt wurde. In der frühen Neuzeit verdrängten Äpfel und Birnen die Mispel, die mehr Ertrag brachten und sich direkt vom Baum pflücken ließen.
Mispel – Der Baum
Mispeln können sich zu acht Meter hohen Bäumen auswachsen, bleiben hierzulande aber meist in Strauchform. Der Stamm ist kurz und „krumm“ und wird rund 25 Zentimeter dick.
Die Krone wächst in die Breite und nimmt eine runde Form an. Mispeln sind tendenziell breiter als hoch und verzweigen stark.
Vögel lieben das dichte Zweigwerk, Amseln und andere Drosseln sind geradezu verrückt nach den Früchten. Die Wurzeln sind im Vergleich zu anderen Obstarten flach.
Die echte Mispel übersteht zwar Fröste, mag aber warme Sommer und milde Winter an Sonnenplätzen mit leicht saurem Boden. Mispeln wachsen langsam, und sie aus Samen zu ziehen, dauert Jahre.
Deshalb werden sie meist am Stock gekauft. Sie reagieren empfindlich auf starken Wind oder Sturm und benötigen einen dauerhaft moderat feuchten Boden.
Mispel kaufen
Um eine Mispel im Garten zu pflanzen bieten sich Kultursorten an, die das hiesige Klima vertragen. Dazu gehören zum Beispiel Macrocarpa, Royal, Hollandia, Nottingham, Russian oder Large Russian.
Früchte erhalten Sie im Handel selten von der echten Mispel, sondern häufiger von der Japanischen Wollmispel. Von April bis Mai gibt es dort diese Importfrüchte, die sich auch mit Schale essen lassen und als Loquat oder Nispero verkauft werden. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Ghassem Habibi Bibalani, Fatemeh Mosazadeh-Sayadmahaleh: Medicinal benefits and usage of medlar (Mespilus germanica) in Gilan Province (Roudsar District), Iran; in: Journal of Medicinal Plants Research, Volume 6, Issue 7, Seiten 1155-1159, 2012, academicjournals.org
- Ali Davoodi, Mohammd Ali Ebrahimzadeh, Fatemeh Fathalinezhad et al.: Antibacterial Activity of Mespilus germanica Leaf Extract; in: Journal of Mazandaran University of Medical Science, Volume 26, Issue 146, Seiten 173-178, 2017, jmums.mazums.ac.ir
- Anna Żołnierczyk, Sylwia Ciałek, Marzena Styczyńska et al.: Functional Properties of Fruits of Common Medlar (Mespilus germanica L.) Extract; in: Applied Sciences, Volume 11, Issue 16, Seite 7528, 2021, mdpi.com
Wichtiger Hinweis:
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