Muskatnuss – Samen des Muskatnussbaums (Myristica fragrans)
Muskatnüsse stammen vom Muskatnussbaum, dessen ursprüngliche Heimat die Banda-Inseln sind – eine Inselgruppe der indonesischen Molukken, die auch Gewürzinseln genannt werden. Hier war der Muskatnussbaum ursprünglich endemisch. Die „Nüsse“ des Baumes waren in Europa begehrter als Gold: Briten, Spanier, Portugiesen und Niederländer führten Krieg um den Handel mit den aromatischen Samen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief Muskatnussbaum
- Wissenschaftlicher Name: Myristica fragrans
- Volksnamen: Muskat (Samen), Macis (Samenmantel)
- Pflanzenfamilie: Muskatnussgewächse (Myristicaceae)
- Vorkommen: Ursprünglich Molukken, kultiviert im tropischen Asien (besonders östliches Indonesien), Süd- und Zentralamerika und Afrika.
- Verwendete Pflanzenteile: Samen (Muskatnuss) und Samenmantel (Muskatblüte)
- Inhaltsstoffe (Samen und Samenmantel):
- Ätherische Öle (Bestandteile: Phenylpropanoide, wie Myristicin),
- Lycopin (Farbstoff),
- Stärke,
- Harze.
- Anwendungsgebiete (Auswahl):
- Verdauungsstörungen,
- Durchfall,
- Entzündungen,
- Hautleiden,
- Muskelkrämpfe,
- Schmerzen,
- Stress,
- Schlafstörungen.
Muskatnuss – Eine Übersicht
- Die Muskatnuss ist der Samen der Muskatnussfrucht – vom Samenmantel gelöst und getrocknet.
- Muskat leitet sich ab vom französischen noix muscat und heißt „Moschusnuss“.
- Der wissenschaftliche Name stammt vom griechischen Wort „myristikos“, und bedeutet aromatisch oder wohlriechend. Der Artname fragans ist lateinisch und heißt duftend.
- Arabische Ärzte verbreiteten Muskatnüsse in Europa. Erst dienten sie als Räucherwerk in Kirchenfesten, dann als Gewürz und Arznei zugleich und wurden in Apotheken verkauft.
- Muskatnuss ist reich an ätherischen Ölen.
- Muskatnuss galt im Mittelalter als Arznei gegen die Pest. Tatsächlich wirkt sie antibakteriell, half aber nicht gegen Yersinia pestis.
- Muskat enthält Myristicin. Dieses wirkt halluzinogen, und deshalb dient Muskatnuss auch als Rauschdroge. In höheren Dosen löst Myristicin Vergiftungen aus.
Muskatnuss und Muskatblüte – Inhaltsstoffe
Muskatnüsse enthalten bis zu 13 Prozent ätherische Öle. Die Samenhülle liefert bis zu 35 Prozent fettes Öl, Harz, Lignan und Lycopin (einen Farbstoff). Hinzu kommen Diphenylpropanoide. Die Muskatnuss bringt es sogar auf 40 Prozent Fett, das vor allem aus Triglycerid besteht, hinzu kommen Stärke und Harze. (Asgarpanah und Kazemivash, 2012)
Der als Muskatblüte bekannte äußere Samenmantel enthält ätherisches Öl mit sieben bis 18 Prozent Ethern, dessen Aroma dafür sorgt, dass Macis (Muskatblüte) ein Mittel gegen Mundgeruch ist. Außerdem wirkt die Muskatnuss und die Muskatnussblüte gegen potenziell pathogene Bakterien im Mundraum (Safiei et al., 2012).
Der Samenmantel ist eine traditionelle Arznei gegen Verdauungsprobleme. Verbunden mit seinem pikanten Geschmack führte die positive Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt auch zu seiner Beliebtheit als Gewürz.
Muskatöl
Das Öl der Muskatnuss besteht zu 87,5 Prozent aus Monoterpenen, darunter 39 Prozent Sabinen, weiter Alpha-Pinen, Beta-Pinen und Beta-Phellandren, Limonen, Borneol, Eugenol und Isoeugneol, sowie 1,8-Cineol und Terpinen-4-ol. Mit Dampfdestillation wird das Öl aus zerhackten Muskatnüssen gewonnen. Im Tierversuch zeigte sich Muskatöl als wirksam gegen Muskelkrämpfe. (Wahab et al., 2009)
Ecstasy
Myristicin, Safrol und Elemicin in der Muskatnuss sind Phenylpropanoide und wirken halluzinogen. Vermutlich bilden die Stoffe im Körper ein Amphetaminderivat. Myristicin lässt sich zur psychoaktiven Droge MMDA umformen – besser bekannt als Ecstasy. Dieses soll zwar ein medizinisches Potenzial haben, ist aber wegen seiner Rauschwirkung nicht zu therapeutischen Zwecken zugelassen. (Lommel, 2002)
Ist Muskatnuss giftig?
Muskatnuss kann ab rund fünf Gramm berauschend wirken, dann beginnen auch die toxischen Effekte. Diese Menge entspricht etwa zwei Nüssen. Ab einem Verzehr von drei ganzen Muskatnüssen kann das Leben eines gesunden Erwachsenen bedroht sein. Für Kinder sind zwei Nüsse bereits lebensgefährlich. Vergiftungssymptome sind laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL, 2014):
Zur Vorsicht sollten ganze Muskatnüsse außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahrt werden. Geriebene Muskatnuss als Gewürz oder zu Heilzwecken können kaum überdosiert werden. Bei einer Überdosierung ist der Geschmack der gewürzten Speisen extrem unangenehm bis beißend und verdirbt den Appetit. Eine wohlschmeckende Würzung mit Muskatnuss von Kartoffelpüree, Gratin, Gemüse oder Saucen und Eintöpfen ist völlig ungefährlich.
Medizinische Wirkungen und Anwendungen
Muskatnuss wird für die Behandlung vieler Krankheiten eingesetzt, unter anderem gegen Appetitlosigkeit, Durchfall, Rheuma und Muskelkrämpfe. Es gilt als desinfizierend und wirksam gegen Bakterien, Pilze und Entzündungen sowie als Schmerzmittel. Auch soll Muskat helfen, den Blutdruck auszugleichen. (Grover et al., 2002)
In der Volksheilkunde Indonesiens dient die Muskatnuss dazu Verdauungsstörungen zu lindern und Blähungen entweichen zu lassen. In der äußerlichen Anwendung (Öl) wird es außerdem gegen Entzündungen der Atemwege und gegen rheumatische Beschwerden eingesetzt. Sie ist zudem ein Mittel gegen Magenschmerzen, Magenkrämpfe und Nierenprobleme. Außerdem soll sie gegen Keuchhusten und inne Unruhe (Nervosität) helfen.
In höheren Dosen dient(e) die Muskatnuss auch als riskantes Mittel, um Kinder abzutreiben – riskant, weil die abortive Wirkung toxisch ist (Van Gils und Cox, 1994).
In Indonesien ist Muskatnuss ein Schlafmittel für Kinder. Dazu wird sie mit Bananen und Wasser gemischt und den Kindern als Getränk gegeben. In Malaysia gelten Muskatnüsse und -Muskatblüten als Aphrodisiakum, Stimulanz und sollen die Verdauung ankurbeln, historisch wurden sie auch Arznei gegen Malaria und Debilität eingesetzt.
Öl auf die Schläfen gerieben ist ein Mittel gegen Kopfschmerzen, eine Salbe aus Muskat mit Namen „param“ soll gegen rheumatische Schmerzen helfen. Im Jemen sind Muskatblüten ebenso eine Arznei gegen Kopfschmerzen.
Die indische Ayurveda-Medizin setzt Muskat gegen Durchfallerkrankungen ein und auch als Schmerzmittel. Die indische Unani-Medizin verwendet Muskatnuss gegen Potenzprobleme des Mannes. In Indien dient Muskatnuss auch als Sedativum bei einer Opium-Unverträglichkeit. (Naikodi et al., 2011)
Muskatmilch gegen innere Unruhe
Geriebene Muskatnuss oder Muskatblüte lässt sich in Milch aufkochen, dabei lösen sich bioaktive Stoffe und ätherische Öle. Die heiße Muskatmilch ist ein bewährtes Mittel gegen innere Unruhe, Stress und Konzentrationsstörungen, vor allem aber ein Mittel gegen Schlaflosigkeit, unregelmäßigen Schlaf und andere Schlafstörungen.
Muskatnuss gegen Hauterkrankungen
In Indonesien und Indien ist ein Brei aus frisch geriebenen Muskatnüssen und warmen Wasser eine Arznei gegen Hautleiden wie Ekzeme, Geschwüre, infizierte Wunden, verschiedene Hautausschläge und Parasitenbefall der Haut. Dazu dienen auch Öle und Cremes, die das ätherische Öl des Muskatbaumes enthalten.
Muskatnuss in der Küche
Muskatnuss als aromatisches Gewürz
Das süßscharfe Aroma der Nüsse ist einzigartig, es eignet sich für süße wie salzig-pikante Gerichte, es passt zum Beispiel zu Kartoffeln, Spinat, Fleisch und Teiggerichten.
Muskatnuss harmoniert mit Rosenkohl und Rotkohl, Erbsen, Kohlrabi und Mohrrüben. Das Gewürz rundet Gemüsesuppen ebenso ab wie Eintöpfe. In vorsichtigen Dosen passt das Pulver gut zu Spargel, Rühr- und Spiegelei, Aufläufen mit Eiklar und auch zu Frikadellen und Frikassees.
In Süßspeisen bietet Muskatnuss einen pointierten Kontrast und gehört zum Beispiel zum Weihnachtsgebäck, gerne in Kombination mit Zimt und Nelken. Für einen subtileren Geschmack in Süßspeisen bietet es sich an, statt der Nüsse die Muskatblüten zu verwenden. Diese schmecken milder.
Muskatnussmühle
Das beste Aroma gibt frisch geriebene Muskatnuss. Eine kleine Prise reicht, um ganze Töpfe voller Speisen zu würzen. Ideal ist eine eigene Muskatmühle – das direkt aus der ganzen Nuss gemahlene Pulver schmeckt intensiver als das käufliche Fertigpulver. Bei den Muskatmühlen eignet sich ein Mahlwerk aus Edelstahl für besonders harte Nüsse.
Der Unterschied zwischen manuellen und elektrischen Muskatmühlen entspricht dem von Pfeffermühlen und ist Geschmackssache. Elektrische Mühlen sind einfacher zu bedienen, aber auch teurer und brauchen regelmäßig neue Batterien. Manche ziehen Handmühlen vor, weil ihnen das Mahlen eine sinnliche Erfahrung bietet.
Muskatnuss in der Medizin Europas
Der Byzantiner Simon Seth schrieb im 10. Jahrhundert, dass die Muskatnuss dem Magen, der Leber und dem Herzen nütze; warnte aber, dass übermäßiger Verzehr den Eingeweiden schade. In Konstantinopel, dem westlichen Ende des Netzwerks der Seidenstraßen, war die Muskatnuss aus Indonesien bereits im 6. Jahrhundert bekannt. Um die Jahrtausendwende erörterte der persische Arzt Abu Sina die „Nuss aus Banda“.
Hildegard von Bingen schrieb im 11. Jahrhundert: „Die Muskatnuss hat große Wärme und eine gute Mischung in ihren Kräften. Und wenn ein Mensch die Muskatnuss isst, öffnet sie sein Herz und reinigt seinen Sinn und bringt ihm einen guten Verstand.“ Häufiger kamen die Nüsse nach 1096 dann mit den Kreuzrittern in das Zentrum Europas, blieben aber bis in die Neuzeit eine absolute Luxusware.
Das Muskatnuss-Massaker
Die Portugiesen führten Muskatnüsse ab 1512 nach Europa von den Banda-Inseln ein, damals dem einzigen Ort, wo Muskatbäume und Gewürznelken wuchsen. In der Folge tobte zwischen Briten, Spaniern, Portugiesen und Niederländern ein Seekrieg im fernen Indischen Ozean, um sich den Handel mit den kostbaren Nüssen und Nelken zu sichern.
Wie die monarchischen Kolonialmächte Europas setzten auch die im Inneren tolerant gesinnten Vereinigten Provinzen ihre wirtschaftlichen Interessen in Afrika, Asien und Amerika mit erbarmungsloser Härte durch. In Südostasien, dem Herz des niederländischen Kolonialreichs, ließ die Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC) systematisch Einheimische ermorden und gelegentlich auch Händler anderer Nationen, um das Handelsmonopol für Gewürze zu erobern.
Ab 1621 töteten die Niederländer 15.000 Einwohner der Banda-Inseln in einem Genozid, schifften Sklaven ein und verwandelten die Inseln in Nelken- und Muskatnussplantagen. Mord und Sklaverei sicherten den Niederlanden 150 Jahre das Monopol auf Muskatnüsse und machten sie zu einem der reichsten Länder der Welt: Auf dem europäischen Markt wurden die Nüsse für ein mehrhundertfaches ihrer Produktionskosten verkauft.
1753 schmuggelten Franzosen Muskatnussbäume nach Mauritius und pflanzten dort eigene Plantagen. Ende des 18. Jahrhunderts eroberten die Briten die Molukken und übernahmen den Anbau der Muskatnüsse, kultivierten sie auch in Sumatra, Penang, Sri Lanka, Singapur und der Karibik. Die Muskatnuss führte zu einem Tausch, der Geschichte machte.
Am 18. April 1667 tauschten die Briten bei den Niederländern die winzige Insel Pulau Run, eine der kleinsten Banda-Inseln, die besonders reich an Muskatbäumen war, gegen eine weit größere Insel an der Ostküste Amerikas in holländischer Hand. Der Name der Insel war: Manhattan. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Asgarpanah, Jinous und Kazemivash, Nastaran: Phytochemistry and pharmacologic properties of Myristica fragrans Hoyutt.: A review, in: African Journal of Biotechnology, Vol. 11(65), 12787-12793, August 2012, African Journals online
- Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Hrsg.): BVL-Report 8.4 - Stoffliste des Bundes und der Bundesländer. Kategorie „Pflanzen- und Pflanzenteile“, Springer Basel, 2014, BVL
- Lommel, Martin: Literaturrecherche zum Thema Ecstasy – MDMA, Goethe-Universität Frankfurt, 2002, Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
- Grover, J.K.; Khandkar, S.; Vats, V.; Dhunnoo, Y.; Das, D.: Pharmacological studies on Myristica fragrans--antidiarrheal, hypnotic, analgesic and hemodynamic (blood pressure) parameters, in: Methods and Findings in Experimental and Clinical Pharmacology, Vol. 24 (10), 675-80, Dezember 2002, PubMed
- Michal, Gerhard (Hrsg.): Biochemical Pathways – Biochemie-Atlas, Spektrum, Akademischer Verlag, 1999
- Naikodi, Mohd Abdul Rasheed; Waheed, Mohd Abdul; Shareef, Mohammad Ataullah; Mushtaq, Ahmad; Nagaiah, Kommu: Standardization of the Unani drug - Myristica fragrans Houtt. (Javetri) - with modern analytical techniques, in: Pharmaceutical Methods, ;2(2):76–82, April-Juni 2011, ScienceDirect
- Rätsch, Christian: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen. Botanik, Ethnopharmakologie und Anwendungen, AT Verlag, 2018
- Safiei, Zaleha; Shuhairi, Nadia Najwa; Yap, Nordiyana Md Fazly Shah; Sibungkil, Carrie-Anne Harry; Latip, Jalifah: Antibacterial Activity of Myristica fragrans against Oral Pathogens,in: Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine, Volume 2012, Article ID 825362, August 2012, Hindawi
- Van Gils, Carl und Cox, Paul Alan: Ethnobotany of nutmeg in the Spice Islands, in: Journal of Ethnopharmacology, Vol. 42 (2), 117-124, April 1994, ScienceDirect
- Wahab, Abdul; Ul Haq, Rizwan; Ahmed, Aftab; Khan, Rafeeq Alam; Raza, Mohsin: + Anticonvulsant activities of nutmeg oil of Myristica fragrans, in: Phytotherapy Research, Vol. 23(2):153-8, Feburar 2009 , Wiley
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