Nachtschatten sind eine artenreiche Pflanzengattung. Einige davon, wie der Schwarze Nachtschatten, werden in der Volksmedizin vielseitig als Arznei verwendet. Viele Spezies enthalten Steroidalkaloide und Saponine. Diese Stoffe besitzen starke medizinische Effekte und auch toxische Wirkungen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Solanum
- Familie: Nachtschattengewächse (Solanaceae)
- Volksnamen: Solanum ist eine artenreiche Gattung, deren Spezies mit diversen Volksnamen bezeichnet werden. Synonyme für Solanum nigrum (Schwarzer Nachtschatten) sind zum Beispiel Hundsbeere, Giftbeere, Sautod oder Saukraut. Solanum dulcamara (Bittersüßer Nachtschatten) ist auch bekannt als Mäuseholz, Saurebe, Seidelbeere, wilde Stickwurz, Bittersüß, Alpranke, Hirschkraut oder Wasserranke.
- Verbreitung: Nachtschatten sind heute global verbreitet. Der Bittersüße Nachtschatten findet sich von Spanien bis Ostsibirien und Japan, sowie in Nordamerika. Der Schwarze Nachtschatten gedeiht in ganz Europa, in weiten Teilen Afrikas, von Westasien bis nach Indien und China, außerdem in Nordamerika, Australien und Neuseeland.
- Verwendete Pflanzenteile: Beim Schwarzen Nachtschatten (und bei anderen medizinisch genutzten Nachtschattenarten) das zur Blütezeit gesammelte und getrocknete Kraut, die Früchte und die Wurzel, beim Bittersüßen Nachtschatten heute vor allem Extrakte aus den Stängeln.
- Inhaltsstoffe: Neben einer Vielzahl an Bestandteilen sind für die medizinischen Effekte vor allem die Steroid-Saponine, Alkaloide, Phenole und Polysaccharide wesentlich. Die Steroidalkaloide und verwandte Saponine gelten als toxische Verbindungen, vor allem das Solanin (Saponin des Steroidalkaloids Solanidin) ist als giftiger Inhaltsstoff bekannt.
- Anwendungsgebiete: Die Inhaltsstoffe weisen Wirkungen unter anderem gegen Krebszellen, schädliche Oxidationsprozesse und Entzündungen auf. Ebenso bekannt sind antimikrobielle und antivirale, blutdrucksenkende, neuroprotektive und immunmodulierende Wirkungen. Während Studien zur medizinischen Verwendung noch unvollständig sind und trotz der Giftigkeit, wird Nachtschatten in vielen Regionen traditionell als Heilpflanze verwendet, unter anderem gegen Durchfall, Magenleiden, Fieber, Hauterkrankungen, Entzündungen, Husten, Bronchitis, Asthma sowie bei vielen weiteren Erkrankungen.
Nachtschatten – Eine Übersicht
- Zu den Nachtschatten gehören wichtige Küchenpflanzen wie Kartoffel (Solanum tuberosum), Aubergine (Solanum melongena) und Tomate (Solanum lycopersicum).
- Andere Nachtschatten sind wichtig für die Medizin, zum Beispiel der Schwarze Nachtschatten (Solanum nigrum) oder der Bittersüße Nachtschatten (Solanum dulcamara).
- Die biologisch aktiven Inhaltsstoffe des Nachtschatten sind für pharmakologische Studien interessant und machen Vertreter wie den Schwarzen Nachtschatten zu einem vielversprechenden Kandidaten in der Entwicklung neuer Arzneien.
- Nachtschatten gelten generell als Giftpflanzen, bedingt durch die enthaltenen Alkaloide und Saponine. Die Konzentration ist jedoch abhängig von verschiedenen Faktoren. So werden Beeren und Blätter einiger Nachtschatten in der traditionellen Küche und Medizin trotzdem genutzt.
- Anwendung in der traditionellen Volksheilkunde verschiedener Länder und Regionen findet unter anderem der Schwarze Nachtschatten beispielsweise gegen Entzündungen, Mikroben, oxidativen Stress oder auch gegen das Wachstum von Krebszellen.
- Schwarzer Nachtschatten darf wegen seiner Giftwirkung in Deutschland nicht genutzt werden, um Kosmetikprodukte herzustellen (Kosmetik-Verordnung).
Solanum – Inhaltsstoffe
Nachtschatten kennzeichnen eine Vielzahl an Bestandteilen, wobei für die medizinischen Effekte vor allem die Steroid-Saponine, Alkaloide, Phenole und Polysaccharide eine Rolle spielen.
Gleichzeitig haben die Steroidalkaloide und verwandte Saponine auch toxische Wirkungen. Sie sind in allen Pflanzenteilen enthalten. Verschiedene Alkaloide und Saponine wurden in den Blättern und Beeren nachgewiesen, wobei insbesondere unreife Beeren als toxisch gelten.
Als giftiger Inhaltsstoff von Nachtschatten ist vor allem das Solanin (Saponin des Steroidalkaloids Solanidin) bekannt. Die Konzentration der Alkaloide scheint von unterschiedlichen Faktoren abzuhängen und stark zu schwanken, wie Klima, Boden und Alter der Pflanze. So gilt Nachtschatten mancherorts als giftig und woanders wird die Pflanze medizinisch genutzt.
Solanin ist auch in den oberirdischen Teilen und in der Schale der Kartoffel enthalten. Wenn sich Schale und Knollen grün verfärben weist das auf einen höheren Solaningehalt hin. Grüne Stellen und Keimansätze sollten nicht verzehrt werden.
Nachtschatten – Medizinische Wirkungen
Nachtschatten sind uns vor allem als Lebensmittel bekannt, wie die Kartoffel, Tomate oder Aubergine. Diese Gattung beinhaltet aber auch Arten, die durch ihre medizinischen Wirkungen als traditionelle Heilpflanzen bekannt und für pharmakologische Studien interessant sind.
Ein Review von 2022 kam zu dem Ergebnis: Extrakte aus dem Schwarzen Nachtschatten und einige seiner isolierten Inhaltsstoffe zeigen eine Reihe medizinischer Effekte. Dazu zählen unter anderem Wirkungen gegen Tumore, schädliche Oxidationsprozesse und Entzündungen, blutdrucksenkende und neuroprotektive Wirkungen, positive Effekte auf das Immunsystem sowie antimikrobielle und antivirale Aktivitäten.
Die biologisch aktiven Bestandteile sind vor allem die Polysaccharide, steroidale Saponine und Alkaloide. Studien zu Solamargin, dem Hauptbestandteil der Alkaloide von Solanum nigrum haben gezeigt, dass dieses Glykoalkaloid mit starken krebshemmenden Wirkungen ein vielversprechender Kandidat für die Behandlung von Krebs sein könnte. Allerdings bedarf es hier noch an weiteren Forschungsarbeiten.
Das Review weist zudem auf eine Vielzahl an Verwendungen in der traditionellen Medizin in unterschiedlichen Regionen der Welt hin. Indigene Völker Chinas, Indiens, Italiens, der Türkei, des Jemen, Jordaniens und Libyens nutzen Solanum nigrum seit mehr als tausend Jahren zur Behandlung verschiedener Leiden, wie etwa Krebs, Durchfall, Fieber, juckende Haut, Ruhr, und Ödeme.
Einer früheren Übersichtsarbeit von 2011 zufolge nutzen orientalische Medizinsysteme Nachtschatten für vielfältige Therapien. Dazu zählt der Einsatz als Diuretikum und gegen Fieber, Entzündungen und Erkrankungen der Leber, gegen Krebs und oxidativen Stress.
Auch diese Arbeit weist auf Komponenten des Schwarzen Nachtschattens hin, die antitumorale, antioxidative, entzündungshemmende, leberschützende, harntreibende und fiebersenkende Wirkungen haben. Zudem werden Effekte gegen Krebszellen, insbesondere bei Leberkrebs, sowie Wirkungen, die das Immunsystem stärken hervorgehoben. Valide klinische Studien stehen allerdings noch aus, um das große Spektrum der therapeutischen Möglichkeiten der Nachtschatten effektiv nutzen zu können.
In Deutschland gilt derweil, dass Schwarzer Nachtschatten wegen seiner Giftwirkung nicht genutzt werden darf, um Kosmetikprodukte herzustellen (Kosmetik-Verordnung).
Wie wirkt Solanin?
Das Alkaloid Solanin ist toxisch. Niedrige Dosierungen können Übelkeit und Erbrechen, Kopfschmerzen und Unwohlsein auslösen. Höhere Dosierungen können zu gefährlichen Vergiftungen führen. Symptome sind unregelmäßiger Herzschlag, Atembeschwerden, Benommenheit, Schwindel, Spasmen in Armen und Beinen, Durchfall, Lähmungen.
Was tun bei einer Vergiftung mit Nachtschatten?
Wenn Vergiftungssymptome nach dem Verzehr von Teilen der Pflanze (vor allem Beeren und Blätter) auftreten, sind als erste Hilfe das Auslösen von Erbrechen und eine Magenspülung notwendig, um die Giftstoffe aus dem Körper zu entfernen sowie die Einnahme von Aktivkohle, die die Alkaloide bindet.
Darüber hinaus ist immer wichtig, sofort und als erstes über die Notrufnummer 112 Hilfe zu holen oder gegebenenfalls auch eine Giftnotrufzentrale anzurufen.
Anwendungen in der Volksmedizin
Mehrere Arten der Gattung Nachtschatten werden seit Jahrtausenden in der jeweiligen Volksmedizin genutzt. Dazu wird meist das Kraut während der Blütezeit gesammelt und getrocknet, als Tee getrunken oder zu anderen Präparaten verarbeitet. Aber auch die Beeren und Wurzeln haben eine ähnlich lange Medizintradition.
Hierzulande ist Tee aus Blättern des Bittersüßen oder Schwarzen Nachtschattens bekannt, der das Blut zu reinigen soll. Schwarzer Nachtschatten wird zu Salben verarbeitet und auf die Haut aufgetragen bei Juckreiz (juckender Hautauschlag), Ekzemen, Schuppenflechte, Hautgeschwüren, Prellungen, Verstauchungen und Schwellungen.
Die Blätter werden auch gegessen oder als Tee getrunken, um Krämpfe in Blase und Magen zu entspannen, sowie dazu, Keuchhusten, Asthma und Entzündungen der Atemwege zu lindern.
Die mexikanische Unterart des Schwarzen Nachtschattens wird im Land als Narkotikum und zur Beruhigung verwendet. Das Kraut, das in Mexiko Chichiquilitl heißt, wird auch zur Behandlung der Parkinson-Krankheit und Epilepsie verwendet.
In China wird der Schwarze Nachtschatten seit der Antike gegen diverse Erkrankungen eingesetzt. Wichtigste Anwendungsgebiete sind auch hier Hauterkrankungen wie Ekzeme und chronische Bronchitis, aber auch Erkrankungen der Prostata, durch Bakterien ausgelöste Ruhr sowie andere infektiöse Durchfallerkrankungen.
Heute wird der Schwarze Nachtschatten zusammen mit anderen Arzneien in China (TCM) in der Krebsmedizin genutzt, besonders gegen Magen- und Speiseröhrenkrebs, Brustkarzinome, Gebärmutterhalskrebs, Leber- und Blasentumore. Auch in anderen Ländern Asiens wie Japan ist Schwarzer Nachtschatten als Krebsarznei dokumentiert. (siehe Review, 2022)
Nachtschatten als Rauschdroge
Pflanzen aus der Familie der Nachtschattengewächse zählen zu den gefährlichsten psychoaktiven Drogen: Tollkirsche, Stechapfel, Bilsenkraut oder Engelstrompete.
Schwarzer Nachtschatten wirkt nicht halluzinogen, sondern hat sogar eine einschläfernde Wirkung, in geringen Dosen kann er nervöse und aufgeregte Zustände sogar abmildern.
Solanum nigrum in der Küche?
Die Giftigkeit des Schwarzen Nachtschattens ist unbestritten, dennoch wird er in weiten Teilen seines Verbreitungsgebiets verzehrt. Die Beeren gelten in Russland, China, Indien und regional in Afrika als Delikatesse, und die Blätter werden wie Spinat verarbeitet.
Beim Kochen der Blätter wird das Wasser mehrfach gewechselt, um die Giftstoffe zu entfernen. In Malawi wird die Pflanze mit Erdnussbutter und pflanzlicher Pottasche zubereitet, was einen ähnlichen Effekt hat wie die Einnahme von Aktivkohle bei Vergiftungen.
Mythos und Magie – Der Nachtschaden
Bittersüßer und Schwarzer Nachtschatten wurden im germanischen Altertum als Narkotikum genutzt. Die damaligen Kulturen glaubten, dass ein nächtlicher Alpdämon nicht nur Alpträume, sondern auch eine bestimmte Krankheit auslöste. Die Pflanze sollte den Alpdämon bekämpfen und damit gegen den Schaden helfen, den dieser in der Nacht ausübte (Nachtschaden).
Der Name Alpranke für den Bittersüßen Nachtschatten hat nichts mit dem Gebirge Alpen zu tun, sondern leitet sich ab von Alp, Alf, Elb, Elf, dem mystischen Wesen, das sowohl schaden wie schützen konnte, immer aber eine heimtückische Seite hatte.
Beeren und Stängel der Nachtschatten spielten eine erhebliche Rolle in Zauberritualen. So wurden die getrockneten Beeren auf eine Kette gezogen und als Amulett gegen üble Nachrede um den Hals getragen. Die Beeren galten auch als Teil eines Transformationszaubers, vor allem, um sich in einen Wolf zu verwandeln. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Xufei Chen, Xufen Dai, Yinghai Liu et al.: Solanum nigrum Linn.: An Insight into Current Research on Traditional Uses, Phytochemistry, and Pharmacology, in: Frontiers in Pharmacology, Volume 13, 2022, Frontiers
- Karl Hiller und Matthias F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen in zwei Bänden. Zweiter Band: L bis Z. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, 2000
- Ramya Jain, Anjali Sharma, Sanjay Gupta, Indira P. Sarethy, Reema Gabrani: Solanum nigrum: Current Perspectives on Therapeutic Properties, in: Alternative Medicine Review, Volume 16, Issue 1, 2011, Alternative Medicine Review
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.