Die Cranberry ist ein Beeren tragender Zwergstrauch, der in Mooren des Osten Nordamerikas wächst – auf Torfböden und mit viel Schnee im Winter. In den USA werden sie in großem Ausmaß kommerziell angebaut, und zugleich sind US-Amerikaner auch diejenigen mit dem größten Konsum der Beeren. Cranberries sind also ein weit verbreitetes Nahrungsmittel. Wie sieht es derweil mit ihrer medizinischen Wirkung aus?
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief zur Cranberry
- Wissenschaftlicher Name: Vaccinium macrocarpon
- Volksnamen: Kraanbeere, Kranichbeere, Moosbeere
- Pflanzenfamilie: Heidekrautgewächse (Ericaceae)
- Vorkommen: Europa, Asien und Nordamerika, großflächiger Anbau in den USA
- Verwendete Pflanzenteile: Früchte, Saft
- Anwendungsgebiete: Harnröhren- Nieren- und Blasenleiden, besonders zur Vorbeugung und komplementären Behandlung wiederkehrender Blasenentzündungen bei Frauen, Beschwerden des Herzkreislaufes, Karies, Vorbeugung von Erkältungen, Wundheilung, Hemmen von Entzündungen.
Cranberry – Inhaltsstoffe
Cranberry verfügt über einen hohen Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen, bioaktiv wirksam sind dabei vor allem Proanthocyanidine (PAC) und kondensierte Tannine (Gerbstoffe). Die getrockneten und frischen Früchte sowie der Saft weisen zudem Flavonoide, Anthocyane und organische Säuren auf. Hinzu kommen an Mineralstoffen reichlich
- Eisen,
- Natrium,
- Kalium,
- Phosphor
- sowie elf Milligramm Vitamin C pro 100 Gramm.
Die Bioaktivität von Cranberries unterscheidet sich von der anderer Beerenfrüchte, da die Kranichbeeren reich an A-Typ-Proanthocyanidinen sind – die meisten anderen Früchte enthalten hingegen als “B-Typ” bezeichnete Proanthocyanidine. Gerade diese A-Typ-Proanthocyanidine sind aber vermutlich die Stoffe in den Moosbeeren mit der stärksten medizinischen Wirkung.
Cranberry – Wirkung
Cranberries haben antimikrobielle Eigenschaften, sie hemmen Entzündungen und wirken antioxidativ. Verantwortlich sollen die Proanthocyanidine sein, die verhindern, dass sich Bakterien in der Harnblase festsetzen– besonders E. Coli-Bakterien. Wenn sich Escherichia coli jetzt weder in Harn noch Darm einnisten kann, wird es leicht mit dem Urin ausgeschwemmt – so eine Hypothese. Die vorliegenden Studien sind jedoch umstritten: So entschied die Europäische Kommission 2017, dass das Anhaften von Bakterien an Proanthocyanidine sehr unwahrscheinlich ist, vielmehr hätten Stoffwechselprodukte von PAC oder anderen Stoffen in Cranberries eher eine pharmakologische Wirkung.
Der Saft der Früchte wirkt antiviral, antibakteriell und fungizid. Im Mund können die antimikrobiellen Stoffe Karies entgegen wirken. Vermutete Wirkungen der Proanthocyanidine des Saftes sind Prävention von Magengeschwüren, belegt ist das Senken des LDL- und generell des Cholesterinspiegels, sowie das Erhöhen des HDL-Cholesterinspiegels im Blut. In dieser Weise könnten die Stoffe auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekämpfen.
Blaseninfekte bei Frauen
Frauen sind von Blaseninfektionen stärker betroffen als Männer; da ihre Harnröhre nur bis zu vier Zentimeter lang ist, können Erreger schnell in die Schleimhäute der Harnwege eindringen und sich festsetzen. Dies führt dazu, das die Schleimhäute drastisch anschwellen und es fortan zu den typischen Symptomen einer Blasenentzündung kommt, die jede Frau aus eigener Erfahrung kennt:
- heftiges Brennen beim Urinieren,
- häufiger Harndrang mit einer sehr geringen Menge Harn,
- starke Schmerzen im Unterbauch
- und konstante Schwierigkeiten den Urin zu halten.
Erhöhtes Risiko – Wechseljahre und Schwangerschaft
Obwohl diese Problematik jede Frau betreffen kann, sind Frauen durch die hormonellen Umstellungen während der Schwangerschaft weitaus öfter betroffen. Schließlich weiten sich durch die hormonellen Veränderungen die Harnwege, wodurch Keime und Bakterien leichter in die Harnröhre eindringen können. Auch Frauen in den Wechseljahren neigen vermehrt zu einer Harnwegsinfektion. Hierfür wird von Medizinern ein Östrogenmangel verantwortlich gemacht, welcher die Schleimhaut empfindlicher für Bakterien macht.
Hilft Cranberry bei Blasenentzündung?
Können die nordamerikanischen Cranberries die Widerstandskraft der Blase erhöhen? Bereits die amerikanischen Indianer wussten schließlich die Cranberry gezielt als Heilpflanze einzusetzen. Hauptbestandteil der Moosbeere ist der besondere Pflanzenstoff, die Proanthocyanidine, welche das Anheften von Keimen und Bakterien an der Schleimhaut der Harnwege drastisch verringert.
Die Hypothese nach Laborversuchen lautete: Proanthocyanidine verkleben konstant die Fortsätze der Bakterien, mit welchen sie sich unter normalen Umständen an den Schleimhäuten festhaken. Da dies nun allerdings nicht mehr möglich ist. werden die Bakterien beim nächsten Urinieren einfach wieder aus der Blase herausgeschwemmt. Da jedoch der Cranberry-Extrakt die Bakterien ausschließlich von der Schleimhaut fernhält und diese nicht tötet, bleibt die natürliche Flora von Vagina und Darm unverändert.
Cranberry ist nicht gleich Cranberry, und Frauen sollten darauf achten, dass diese mindestens 36 Milligramm Proanthocyanidine aufweist, denn nur diese Menge sorgt dafür, dass eine gesunde Blasen – und Harnwegsfunktion unterstützt werden kann – zumindest laut einer nicht mehr zeitgemäßen Empfehlung der französischen Lebensmittelbehörde AFSSA. Heute wird jedoch ausdrücklich betont, dass sich die Datenlage verändert hat und eine vorbeugende Wirkung nicht mehr bestätigt werden kann.
2016 zeigten Probandinnen in einer klinischen Studie der Yale School of Medicine in Connecticut, dass die im Labor sehr wirksamen Proanthocyanidine im Ernstfall, sprich im Körper, diese Effekte nicht entfalteten. 185 Bewohnerinnen von Seniorenheimen erhielten ein Jahr lang entweder ein Placebo oder Cranberrykapseln mit Beerenpulver. Nach Ende des Versuchs zeigten sich keine deutlichen Unterschiede in der Infektionsrate der beiden Gruppen.
Cranberry statt Antibiotikum?
Warum forschen Wissenschaftler überhaupt an Cranberries als Mittel gegen Infektionen, wenn es längst Antibiotika gibt? Krankheitserreger entwickeln umso mehr Resistenz gegenüber Antibiotika, umso mehr sie sich an diese „gewöhnen“. Das heißt: Je länger ein Mensch Antibiotika einnimmt, umso stärker ist das Risiko, dass diese bei den Keimen immer weniger wirken. Cranberries könnten jetzt den Konsum bei Antibiotika gegen Harnwegsinfektionen deutlich senken und damit der Gefahr der Resistenzbildung verkleinern – wenn sie tatsächlich die Bakterien bekämpfen.
Cranberries auf deutsch
Die Pilgerväter in den heutigen USA nannten die Pflanze „Craneberry“, weil ihre Form sie an den Kopf und Hals, die Staubfäden an den Schnabel eines Kranichs erinnerten. Die Cranberry, Kranich- oder Kranbeere heißt auch großfrüchtige Moosbeere und ist eng mit der Europäischen Moosbeere (Vaccinium oxycoccos) verwandt. Medizinisch wird in größerem Ausmaß die Cranberry eingesetzt, da deren Wirkungen besser erforscht sind. Zwar hat die Europäische Moosbeere vermutlich sehr ähnliche Eigenschaften und wurde in der Volksmedizin auch ähnlich eingesetzt, aber vermuten heißt nicht wissen. Die verwandten Preisel- und Heidelbeeren ähneln den Effekten der Cranberry in mancher – aber nicht in jeder – Hinsicht. Auch sie haben antibakterielle Eigenschaften, und auch sie verfügen in hohem Ausmaß über Vitamin C. Auf Deutsch heißt es übrigens Cranberrys, nicht Cranberries.
Cranberry Wechselwirkungen
Cranberries sind eine sichere, gut verträgliche Nahrungsergänzung, die keine bedeutenden negativen Wechselwirkungen mit anderen Produkten bekannt zeigt.
Cranberries in der Volksmedizin
Die indianische Medizin nutzte Cranberries als Nahrung und Heilpflanze lange bevor, Kolumbus auf der Bildfläche erschien und zwar zu ähnlichen Zwecken wie denen, die heute immer besser wissenschaftlich belegt sind – gegen Erkrankungen der Nieren und der Blase.
Seit dem 17. Jahrhundert sind therapeutische Anwendungen von Cranberries dokumentiert, sowohl bei den europäischen Kolonisten in Amerika wie auch von professionellen Ärzten. Sie dienten gegen
- Magen-Darm-Beschwerden,
- Leberprobleme,
- mit Erbrechen verbundene Übelkeit,
- Appetitverlust
- und Krebs.
Seit jeher waren Cranberries eine beliebte Arznei in der Volksheilkunde gegen Infektionen der Harnwege und der Blase. Die Produktion von Antibiotika rückte sie ein wenig in den Hintergrund, doch heute findet diese traditionelle Anwendung der Moosbeeren wieder viele Anhänger.
Cranberry bei Krebs, Herzerkrankungen und Arteriosklerose
Die Cranberries erleben derzeit eine Renaissance – nicht nur in der Naturheilkunde, sondern gerade auch in der wissenschaftlichen Forschung nach neuen Arzneien gegen Krebs und Gefäßerkrankungen. Anthocyane, Procyanidine und Flavonole, die in den Beeren gut dokumentiert sind, haben potenziell gute Effekte, um Krebs vorzubeugen.
Effekte von Cranberries, um die Herzfunktionen zu verbessern, wurden in mehreren klinischen Studien belegt: Die Früchte gleichen den Cholesterinspiegel aus und haben so eine Wirkung gegen Arteriosklerose. Weitere Forschung ist nötig, um diese Tendenz nachhaltig zu belegen und entsprechende Medikamente zu entwickeln.
Cranberry Kapseln
Seit Studien zeigen, dass Stoffe in Cranberries gegen Harnwegsinfekte schützen, sind diverse Cranberryprodukte auf dem Markt, die der Nahrungsergänzung dienen sollen, und dabei wird oft suggeriert, so ließe sich den Infekten vorbeugen.
Für solche Nahrungsergänzungsmittel fehlen jedoch die Wirknachweise. Nur eine höhere Menge der Proanthocyanidine hat einen erkennbaren Effekt auf Blase und Harnwege. Allen beantragten gesundheitlichen Werbeaussagen zu solchen Kapseln, Sirups, Säften, Pulvern etc. verbot die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit die Aussage, dass diese die Blasengesundheit förderten. Die Hersteller setzten den Produkten jetzt Vitamine wie Vitamin C oder Vitamin B 6 zu bzw. Mineralstoffe wie Zink oder Selen, die zulässige Health Claims für solche Werbung haben. Diese Vitamine und Mineralstoffe haben aber mit den Effekten der in den Cranberries wirksamen Proanthocyanidinen nichts zu tun.
Cranberries essen
Moosbeeren sind ein gesundes und vielseitiges Lebensmittel. Sie können die getrockneten Beeren ähnlich einsetzen wie Rosinen, in Joghurt wie in Reisgerichten und Müsli, in Desserts und Obstsalaten, in Cookies wie Kuchen. Frische Kranbeeren schmecken herb und sauer und eignen sich für Wildgerichte und Fleisch. Cranberrysauce lässt sich ähnlich einsetzen wie in Deutschland Preiselbeersauce.
Cranberry Saft
Effekte, um Harnwegsinfektionen durch das Trinken von Cranberrysaft vorzubeugen, lassen sich nicht am Menschen belegen. Klar ist aber: Der Saft enthält einen hohen Gehalt an Vitamin C, der sich gegen Vitaminmangel einsetzen lässt, dazu die Vitamine A und B, eine gute Dosis an Eisen (wichtig für die Blutbildung) und anderen Mineralstoffen. Gerbstoffe (wirken zusammen ziehend und fördern die Verdauung) und lösliche Ballaststoffe fördern die Gesundheit von Magen und Darm.
Da Cranberries leicht sauer schmecken, führen die Hersteller der Beerensäfte meist Zucker, Wasser und zusätzliche Aromen hinzu. Am besten stellen Sie sich den Saft selbst aus frischen Früchten in einer Saftmaschine her.
Cranberries und Umweltschutz
Die allermeisten Cranberries, die wir im Laden kaufen, kommen aus den USA. Sie haben einen langen Transportweg hinter sich. Deren Produktion ist außer bei ausgewiesenem nachhaltigem Anbau ökologisch schädlich. Anbaugebiete sind bedrohte und höchst sensible Ökosysteme, sprich Moore. Bei der Nass-Ernte werden die Anbaugebiete komplett überflutet. Pestizide gegen Pilzbefall, das Auswaschen von Giftstoffen in das Grundwasser bei der Ernte und der Schaden am Ökosystem Moor sind alles andere als ökologisch vertretbar.
Besser ist es, wenn sie einen „Moorgarten“ anlegen können, sprich einen kalkarmen und sauren Boden haben, den sie feucht halten, um sich Cranberries selbst zu ziehen oder auf solche Beeren in Bioqualität aus heimischer Produktion zurückzugreifen. Übrigens enthalten Heidelbeeren ähnlich viel Vitamine und Mineralstoffe; die Preiselbeere ist mit der Kraanbeere sogar eng verwandt – und diese heimischen Beeren erhalten sie hierzulande in Bioqualität.
Fazit
Die Studien zu Cranberries gegen Infektionen der Harnwege und Blase zeigen zwar eine positive Tendenz, sind aber „durchwachsen“ insofern, dass sie auf unterschiedlichen Dosierungen, Produkten, Extrakten etc. basierten – mit kaum vergleichbaren Versuchsanordnungen. Zum Teil waren die Untersuchungen methodisch schwach, und sie kamen sogar zu verschiedenen Ergebnissen – eine Studie an Menschen zeigte obendrein keine gesteigerte Immunität gegen Infektionen, die über den Placeboeffekt hinaus ging.
So stehen standardisierte Studien weiterhin aus, die Evidenz bringen könnten, ob, wie, warum und in welchem Ausmaß Cranberries gegen Harnwegsinfektionen wirken. Es gibt indessen begrenzte Belege für einen herzschützenden Effekt der Beeren, bedingt durch ihre antioxidative Kapazität und ihr Lipoproteinprofil.
Außer Frage steht, dass die Beeren eine starke phenolische Bioaktivität zeigen, die zur menschlichen Gesundheit beiträgt. Auch der hohe Anteil an Mineralstoffen und Vitaminen steht nicht zur Diskussion – dieser ähnelt Heidel- oder Preiselbeeren. Für eine ausgewogene Ernährung lassen sich Cranberries deutlich empfehlen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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- Blumenberg, Jeffrey B et al.: Cranberries and Their Bioactive Constituents in Human Health, Advances in Nutrition, Band 4, Ausgabe 6, November 2013, Seiten 618–632, Published online 6.11.2013 , PubMed
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- Shaomin Zhao, Haiyan Liu, Liwei Gu: American cranberries and health benefits – an evolving story of 25 years; in: Science of Food and Agriculture (veröffentlicht 09.01.2018), onlinelibrary.wiley.com
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