Quendel oder auch Sand-Thymian ist ein „Tausendsassa“: Der kissenartige Wuchs macht ihn zum idealen Bodendecker, der zudem sehr wenig Pflege braucht. Dazu liefert dieser Thymian zahlreiche wertvolle medizinische Stoffe.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Thymus serpyllum
- Volksnamen: Die Volksnamen trennen bisweilen nicht zwischen Thymus serpyllum und Thymus vulgaris: Liebfrauenbettstroh, Geschwulstkraut, Feld-Thymian, Sand-Thymian, Feldbulla, Feldkümmel, Marienbettstroh, Marienkraut, Feldpoley, Gundling, Geismajoran, Hühnerbolle, Hollaien, Kinderkraut, Immenkraut, Keale, Kranzelkraut, Kounala, Kundelkraut, Kückenkrümmel, Kundenkraut, Kunderle, Quendel, Quandel, Quenula, Rainkümmel, Rainkinderl, Rainbadkraut, Rauschkraut, Violetter Bohler, Wilde Meron, Wilder Zimt, Wurstkraut, Türkischer Thymian
- Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
- Verbreitung: Mittel-, Ost- und Nordeuropa
- Verwendete Pflanzenteile: Kraut und Blüten
- Inhaltsstoffe: Gerbstoffe und ätherische Öle (Thymol, Carvacrol, Geraniol, Linalool, Thuyanol, Terpineol, Beta-Myrcen, Campher, Nerolidol, Borneol, Isobutyl Azetat, Caryophyllen, Citral, Citronellal, Citronelol, Alpha-Pinen und Cineol), Flavonoide (Flavone, Triterpene), Harze, Salicylate, Pentosane (Ballaststoffe) und Stigmasterole
- Anwendungsgebiete: Magen-Darm-Erkrankungen, Erkältungen, Entzündungen der Atemwege, Husten, Schnupfen, Heiserkeit, Nasennebenhöhlen-Entzündung, Kehlkopf-Entzündung, Durchfall, Blähungen, Sodbrennen, Wechseljahresbeschwerden, Wundheilung, Hautinfektionen, Ekzeme, Gelenkentzündungen, Schlafbeschwerden
Sand-Thymian – Eine Übersicht
- Die Gattung Thymian umfasst rund 350 Arten. Diese gehören alle zur Familie der Lippenblütler.
- Auch der Gewöhnliche Thymian wird volkstümlich als Quendel bezeichnet. Der Sand-Thymian ist aber eine eigene heimische Art, die mit ihrem Verwandten Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede aufweist.
- Sand-Thymian wächst sehr dicht, wird aber nur zehn Zentimeter hoch. Da er auch noch ausgesprochen zäh ist, macht ihn dies zu einem herausragenden Bodendecker. Er reizt zudem durch hübsche Blüten und angenehmen Duft.
- Die Blütezeit vom Feld-Thymian liegt im Sommer. Die Blütenfarben reichen von rosa bis violett. Die Blüten erinnern an Lippen und sind quirlförmig angelegt.
- Thymus serpyllum mag es trocken und nährstoffarm. Im Garten braucht er deshalb kaum zusätzliche Wassergaben. Wichtig ist hingegen ein durchlässiger Boden.
- Thymus serpyllum wächst wild in Kiefernwäldern, auf Dünen und Sandtrockenrasen, auf Wiesen, wenig gedüngten Feldern, an Wegrändern, auf Brachland, Geröllhalden, an steinigen Hängen und auf Schuttflächen.
- Tee aus Sand-Thymian ist ein „Allround-Hausmittel“: Er wird getrunken gegen Entzündungen in Rachen, Hals, Atemwegen und Lunge und dient äußerlich dazu, Hautentzündungen, Ekzeme und Wunden zu behandeln. Wissenschaftliche Studien belegen die Effektivität dieser volksmedizinischen Anwendungen.
- Sand-Thymian ist eine von vier Thymian-Arten, die natürlich in Deutschland vorkommen: Thymus serpyllum, Thymus praecox, Thymus alpinus und Thymus pulegoides.
Sand-Thymian – Inhaltsstoffe
Sand-Thymian enthält bis zu mehrere Prozent ätherische Öle. Für Thymiane charakteristisch ist Thymol aus der Phenylgruppe. Dazu kommen beim Sand-Thymian unter anderem:
- Carvacrol,
- Geraniol,
- Linalool,
- Thuyanol,
- Terpineol,
- Beta-Myrcen,
- Campher,
- Nerolidol,
- Borneol,
- Isobutyl Azetat,
- Caryophyllen,
- Citral,
- Citronellal,
- Citronelol,
- Alpha-Pinen,
- Cineol.
Des Weiteren enthalten Thymianpflanzen Harze. Außerdem Salicylate (entzündungs-und schmerzhemmend), Pentosane (Ballaststoffe) und Stigmasterole (pflanzliches Sterin).
Eine estnische Studie, die ätherisches Öl aus wild wachsendem Sand-Thymian analysierte, hielt fest: Die chemische Komposition und die Konzentration der jeweiligen Inhaltsstoffe im Sand-Thymian werden von der geografischen Region ebenso beeinflusst wie von der Jahreszeit, dem Habitat, den klimatischen Bedingungen und dem Entwicklungsgrad der Pflanze.
Thymianpflanzen kennzeichnet ein chemischer Polymorphismus, in dem verschiedene Chemotypen mit- und nebeneinander vorhanden sind und Wechselwirkungen auslösen. Bei Sand-Thymian sind das zum Beispiel Thymol, Geraniol, Carvacrol und Caryophyllen.
Die Hauptkomponente im ätherischen Öl von Thymus serpyllum ist Carvacrol, gefolgt von Thymol. Beide zusammen machen 40 Prozent oder mehr des essentiellen Öls aus.
Dies schwankt aber von Region zu Region, in Estland zum Beispiel stehen die beiden Stoffe nicht im Zentrum. Am Kaponikberg in Serbien war das Hauptstoff im ätherischen Öl Trans-Caryophyllen – am Pasjacaberg im gleichen Staat Trans-Nerolidol.
An einem Standort in Pakistan enthielt untersuchter Sand-Thymian hingegen an ätherischem Öl zu 53,3 Prozent Thymol und zu 10, 4 Prozent Carvacrol. An einem anderen 44,4 Prozent Carvacrol.
Carvacrol und Thymol werden vom menschlichen Körper schnell aufgenommen und metabolisiert.
In Italien ergaben Studien zwei verschiedene Biotypen des Sand-Thymians.
Im ersten war Geraniol mit 22 Prozent und 35 Prozent der Hauptstoff des Öls. Im zweiten Thymol mit 32, 6 Prozent.
In Litauen zeigten sich breite Variationen hinsichtlich der wichtigsten Komponenten des ätherischen Öls. In recht hohen Konzentrationen kommen auch vor: Borneol, Isobutyl Acetat, Caryophyllen, 1,8-Cineol, Citral, Citronellal, Cotrinellol und einige andere ätherische Öle.
Medizinische Wirkungen
Die beschriebenen Unterschiede der Komposition im Öl müssen berücksichtigt werden, um Sand-Thymian einzusetzen. Dies gilt für die Medizin ebenso wie in der Kosmetik.
Carvacrol und Thymol haben eine starke antiseptische Wirkung. Carvacrol wirkt indirekt stark gegen pathogene Bakterien, indem es deren Zellmembranen ausweitet und sie so destabilisiert.
Darüber hinaus interagiert es mit Körperzellen, die Bakterien angreifen. Sand-Thymian hemmt Entzündungen.
Er lindert Hustenreiz und Krämpfe und löst Verschleimungen. Er treibt den Schweiß und regt die Verdauung an.
Shahid Aziz von der Mirpur University of Science and Technology untersuchte und isolierte im Jahr 2008 in einer Studie pharmazeutisch wichtige Stoffe im Sand-Thymian und erläuterte die bioaktiven Komponenten. Er belegte eine erhebliche Aktivität eines Methanolextrakts aus der Pflanze gegen pathogene Pilze.
Ein serbisches Wissenschaftsteam hielt 2015 als Ergebnis eines Reviews fest: Öl aus Sand-Thymian wird in der gegenwärtigen Medizin vielfältig eingesetzt wegen seiner pharmakologischen Eigenschaften. Es wirkt antioxidativ, antimikrobiell und gegen Tumore.
Extrakte aus Sand-Thymian erwiesen sich als effektiv gegen sechs Krebszellformen. Bei den antioxidativen und antimikrobiellen Prozessen des ätherischen Öls handle es sich um ein Zusammenwirken von Komponenten, die ihre Effekte gegenseitig verstärkten.
Wirkungen gegen Krebsformen seien zwar belegt. Weitere Forschung über den Wirkmechanismus aber notwendig, um die Komponenten aktiv in Medikamenten einzusetzen.
Ätherisches Öl aus Sand-Thymian sei eine wichtige natürliche Ressource für die pharmazeutische Industrie. Es ließe sich zudem in Nahrungsergänzungen und als functional food einsetzen.
Eine weitere serbische Studie untersuchte drei Thymus-Arten, darunter Sand-Thymian, und bestätigte: Die Ergebnisse der antimikrobiellen Aktivität rechtfertigen den Einsatz der Thymianpflanzen in der Behandlung leichter Wunden, bei Infektionen im Rachenraum und als antibakterielles Mittel für die Mundhygiene.
Darüber hinaus sei eine starke Wirkung gegen Tumore und ein außerordentlicher antioxidativer Effekt belegt. Beide unterstützten die traditionelle Anwendung von Thymian gegen Dyspepsie, Bronchialerkrankungen, Kehlkopfentzündung und Mandelentzündung.
Der Symptomkomplex Dyspepsie umfasst Übelkeit und Erbrechen, Oberbauchschmerzen, Völlegefühl, Aufstoßen und Sodbrennen. Daneben auch Meteorismus und vorzeitiges Sättigungsgefühl.
Eine pakistanische Studie fand 2006 heraus: Ätherisches Öl aus Sand-Thymian bekämpfte zwar aktiv pathogene Bakterien (bakterizide Wirkung). Es hemmte diese aber nicht präventiv, sich anzusiedeln.
Mögliche Nebenwirkungen
Sand-Thymian enthält ätherische Öle. Diese reizen und können Allergien auslösen. Generell ist Sand-Thymian indessen gut verträglich, als Gewürz ebenso wie als Arznei.
Die seltenen allergischen Reaktionen zeigen sich zum Beispiel als Übelkeit und Brechreiz. Teilweise auch als leichter Hautausschlag, Nesselsucht oder verkrampfte Bronchien.
Sand-Thymian in der Medizingeschichte
Sand-Thymian hat eine viele Jahrhunderte währende Medizingeschichte. Es wurde als Diuretikum sowie als Schmerz- und Desinfektionsmittel eingesetzt.
Er diente als Arznei gegen Wurminfektionen, zur Betäubung, als Hustenlöser, um Krämpfe zu lockern, und um die Verdauung zu fördern. Das Kraut wurde eingenommen, um den Körper zu beleben und zu stärken.
Belegen lässt sich der medizinische und kosmetische Gebrauch von Thymian bereits im antiken Ägypten. Dort wurde es als aromatischer Balsam zubereitet und zum Präparieren von Mumien.
Plinius und Dioskurides bestätigen Thymian als weit gebräuchliche Arzneipflanze im antiken Griechenland und Rom. Laut Dioskurides wurde Thymian eingesetzt, um Asthma und eine „verstopfte Kehle“ sowie Magenbeschwerden zu behandeln.
Nördlich der Alpen berichteten Hildegard von Bingen (1098–1179) und Albertus Magnus (1193–1280) von Thymian als Arzneipflanze. Im europäischen Mittelalter wurde das Kraut unter Kissen gelegt, um einen ruhigen Schlaf zu fördern und Alpträume zu verhindern.
Krieger trugen Thymian bei sich, weil sie glaubten, er würde den Mut steigern. Laut einer medizinhistorischen Studie aus Basel wurde Sand-Thymian in der Renaissance auch gegen Malaria und Epilepsie eingesetzt.
Quendel in der Volksmedizin und als Hausmittel
Heute spielt Sand-Thymian nach wie vor eine erhebliche Rolle als Hausmittel gegen Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes und der Atemwege. In den westlichen Balkanstaaten wird Thymian zur Betäubung verwendet, um den Blutfluss in Gang zu bringen und um den Körper gegen Infektionen zu stärken.
In den italienischen Alpen werden Auflagen der oberirdischen Teile zur Blütezeit des Sand-Thymians genutzt, um rheumatische Beschwerden zu lindern. In einigen Regionen Indiens dient Sand-Thymian dazu, Menstruationsstörungen zu behandeln.
In Nordpakistan wird er gegen Wurmbefall eingesetzt. In Katalonien und auf den Balearen setzen Hirten Sand-Thymian in der Tiermedizin ein, um Durchfall zu heilen.
Sand-Thymian im Garten
Sand-Thymian ist eine dankbare Gartenpflanze. Sie lässt sich auch und gerade in „schwierigen Ecken“ pflanzen, ohne viel Pflege zu benötigen.
Da die Thymusart kriechend wächst und nährstoffarmen Boden bevorzugt, eignet sie sich besonders zum Bepflanzen von Pflasterfugen und steinigen Ecken an Mauern. Oder auch von Wegen, die schwierig zu mähen sind.
Sand-Thymian ist darüber hinaus eine perfekte Pflanze, um Dächer zu begrünen. Außerdem lassen sich damit karge Parkplätze in Paradiese für bedrohte Wildinsekten verwandeln. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Michael Adams, Sarah-Vanessa Schneider, Martein Kluge; et al.: Epilepsy in the renaissance: a survey of remedies from 16th and 17th century German herbals; in: Journal of Ethnopharmacology, Volume 143, Issue 1, Seiten 1–13, 2012, sciencedirect.com
- Adeela Mushtaq Ahmad, Irshad Khokhar, Iftikhar Ahmad; et al.: Study of antimicrobial activity and composition by GC/MS specttroscopic analysis of the esential oils of Thymus Serphyllum; in: Internet Journal of Food Safety, Volume 5, Seiten 59-60, 2006, researchgate.net
- Shahid Aziz: Studies on the Chemical Constituents of Thymus serpyllum; in: Turkish Journal of Chemistry, Volume 32, Issue 5, Seite 605-614, 2008, researchgate.net
- Snezana Jaric, Miroslava Mitrovic, Pavle Pavlovic: Review of Ethnobotanical, Phytochemical, and Pharmacological Study of Thymus serpyllum L; in: Evidence Based Complementary Alternative Medicine, Volume 2015, hindawi.com
- Milos Nikolic, Jasmina Glamclija, Isabel C.F.R. Ferreira; et al.: Chemical composition, antimicrobial, antioxidant and antitumor activity of Thymus serpyllum L., Thymus algeriensisBoiss. and Reut and Thymus vulgaris L. essential oils; in: Industrial Crops and Products, Volume 53, Seiten 183-190, 2014, sciencedirect.com
- Urve Paaver, Anne Orav, Elmar Arak; et al.: Phytochemical analysis of the essential oil of Thymus serpyllum L. growing wild in Estonia; in: Natural Product Research, Volume 22, Issue 2, Seiten 108-115, 2008, tandfonline.com
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