Roggen ist für die Brotherstellung eines der wichtigsten Getreide neben Weizen. Roggenmehl gilt als gesund, denn es enthält wichtige Mineralstoffe, Vitamine und Ballaststoffe. Roggenprodukte sind für Diabetiker geeignet, um Gewicht zu reduzieren und den Cholesterinspiegel auszugleichen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Secale cereale
- Volksname: Korn (regional)
- Familie: Süßgräser (Poaceae)
- Verbreitung: Der Ursprung der Wildform liegt vermutlich in Westasien, im Kaukasus und der Türkei. Roggen wird vor allem in kühlerem Klima angebaut.
- Verwendete Pflanzenteile: Das Korn, die Keime
- Inhaltsstoffe: Pentosane (Schleimstoffe), Sterole, Aminosäuren (u.a. Lysin), Fettsäuren, Ballaststoffe, Kalium, Magnesium, Eisen, Mangan, Zink und Folsäure, B-Vitamine und Vitamin E
- Anwendungsgebiete: Förderung der Verdauung und der Darmgesundheit, Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen, Cholesterinausgleich, Hormonausgleich, Gewicht reduzieren, Ernährung bei Diabetes
Roggen – Eine Übersicht
- Roggen ist resistenter gegen Frost, Krankheiten und Nährstoffmangel als Weizen und war in nördlichen Breiten über viele Jahrhunderte das einzige Brotgetreide. Winterroggen kann starke Kälte besser vertragen als alle anderen Getreidesorten.
- Roggen wird noch heute vor allem genutzt, um Brot herzustellen, in geringerem Ausmaß auch als Tierfutter, und um Alkoholika zu produzieren.
- Roggenteig ist dunkler und fester als Weizenteig und hat einen intensiveren Geschmack.
- Roggen enthält gut zerlegbare Ballaststoffe, die den Cholesterin- und Glukoselevel im Blut senken und die Darmgesundheit fördern.
- Roggen eignet sich besonders für Diabetiker und um Gewicht zu reduzieren.
- Roggen wird mehr als andere Getreidearten vom giftigen Mutterkornpilz Claviceps purpurea befallen. Dieser löste früher Massenerkrankungen aus, die als „Antoniusfeuer“ bekannt waren.
Inhaltsstoffe
Roggen liefert ein breites Spektrum wertvoller Vitalstoffe: Pentosane und die Aminosäure Lysin, außerdem Sterole. An Mineralstoffen und Spurenelementen bietet das Getreide größere Mengen an Eisen, Magnesium, Kalium, Mangan und Zink und an Vitaminen besonders B1, B3, B5, Folsäure (B9) und Vitamin E.
Roggenvollkorn liefert besonders viel Ballaststoffe, die die Verdauung fördern. Hinzu kommen Amino- und Fettsäuren.
Ein Getreide mit Vitamin E
Roggen enthält einen hohen Anteil an Vitamin E. Vitamin E gilt als Antioxidans, indem es frei Radikale abfängt und so die Körperzellen vor schädlichen Oxidations- und Alterungsprozessen schützt. Es hat eine schützende und stärkende Wirkung für Haut und Haare.
Es stärkt die Haarwurzeln sowie das Bindegewebe und beugt somit dem Entstehen von Cellulite vor. Außerdem hilft es die natürliche Feuchtigkeit der Haut zu erhalten. Es gleicht außerdem den Hormonhaushalt.
Das Vitamin unterstützt die Funktionen des Nervensystems. Darüber hinaus unterstützt es die Verdauung. Vitamin E ist ein „Brückenbauer“: Es ermöglicht die Zusammenarbeit der Zellen und die biochemischen Prozesse in Knochen und Muskeln. Somit trägt Vitamin E zur Gesundheit und Stärkung von Muskeln und Knochen bei.
Medizinische Wirkung
Roggen versorgt den Körper zuverlässig mit wertvollen Inhaltsstoffen für eine gesunde Ernährung. das Getreide enthält unter anderem Kalium, Magnesium, Eisen, Zink, Mangan sowie viele B-Vitamine und Vitamin E.
Kalium ist notwendig, um den Flüssigkeitshaushalt des Körpers zu regulieren. Es senkt den Blutdruck und hält die Herzfunktionen gesund. Eisen ist notwendig, damit der Körper genug Sauerstoff erhält und das Blut gebildet werden kann.
Magnesium braucht der Organismus, um die Nerven und Muskeln aufzubauen. Außerdem stärkt es die Konzentration. Darüber hinaus liefert Roggen Zink, das wichtig ist, damit das Immunsystem arbeitet. Mangan stützt das Bindegewebe. Die enthaltenen B-Vitamine braucht der Körper, um Stoffwechselfunktionen zu gewährleisten.
Darmgesundheit und Blutzucker
Roggen enthält als Vollkorn wertvolle Ballaststoffe. Diese sorgen für ein nachhaltiges Gefühl der Sättigung und wirken so Heißhunger und Essattacken entgegen. Sie beschäftigen die Verdauung, in dem sie dafür sorgen, dass die Nahrung länger im Magen verweilt und sich das Volumen des Stuhls erhöht.
Ein längeres Sättigungsgefühl und eine langsamere Verdauung kann dabei helfen Gewicht zu reduzieren. Da die Ballaststoffe zudem helfen, dass der Blutzucker nicht zu sehr in die Höhe schießt, eignet sich Roggen auch für die Ernährung bei Diabetes.
Roggen lässt den Blutzuckerspiegel kaum ansteigen – der glykämische Index ist dem von Weizen deutlich überlegen: Bei Weizenbrot liegt er bei rund 70, bei Roggenbrot nur bei rund 58.
Eine schwedische Studie bei Probanden mittleren Alters kam 2018 unter anderem zu dem Ergebnis: Abendmahlzeiten auf Basis von Roggen-Vollkorn wirken sich positiv gegen Diabetes aus, was vermutlich an der Verarbeitung der Faserstoffe im Darm liegt.
Ballaststoffe binden Gallensäure und gleichen den Cholesterinspiegel aus. Beides wirkt verschiedenen Erkrankungsrisiken entgegen. Die Ballaststoffe sind unverdaulich, dienen aber zugleich als Nahrungsquelle für Mikroorganismen im Darm. Sie bereichern die Darmflora und wirken sich positiv auf die Darmfunktionen aus, indem Sie etwa eine Verstopfung verhindern.
Eine weitere schwedische Studie stellte 2022 fest: Eine Ernährung mit faserhaltigen Roggenprodukten im Rahmen einer Diät führte zu Veränderungen im Mikrobiom des Darms, die in Verbindung stehen mit Gewichtsverlust und Risikofaktoren für den Metabolismus. Die Ergebnisse der Studie würden die Evidenz stärken, dass Darmbakterien eine Ursache für den gesundheitsfördernden Effekt von Roggen-Vollkorn und Getreidefasern sein könnten. Um eine kausale Verbindung zu belegen, bedürfte es aber spezieller weiterer Studien.
Auch eine hohe Konzentration an Pentosanen (Schleimstoffe) bremsen zusätzlich das Hungergefühl, denn sie binden Wasser und quellen auf. Dadurch fühlen wir uns gesättigt. Diese Schleimstoffe fördert außerdem die Zellgesundheit und stabilisieren die Zellwände.
Roggenpollen bei benignen Prostatasyndrom
Es gibt vielversprechende Hinweise aus Ergebnissen klinischer Studien, dass Extrakte aus Roggenpollen bei Patienten mit benignem Prostatasyndrom vielversprechende Wirkungen zeigen. Allerdings ist die Studienlage noch nicht ausreichend und Ergebnisse sind zu heterogen, um abschließende Schlussfolgerungen zu ziehen (Nieber, 2016)
Roggenbrötchen und Roggenbrot mit Sauerteig
Roggenbrot und Roggenbrötchen sind generell gut für die Darmgesundheit. Besonders eignen sich Roggenprodukte mit Sauerteig, um die Darmfunktionen zu stärken. Hier ist der glykämische Index noch niedriger und die Fettverbrennung noch besser.
Milchsäurebakterien im Sauerteig bauen Zuckerverbindungen ab und bilden daraus Milchsäure. Das wirkt sich positiv auf die Darmflora aus und hat eine präbiotische Funktion. Das heißt, sie fördern die Vermehrung nützlicher Bakterien. Diese Bakterien wirken dann gegen Blähungen, Durchfall und Völlegefühl und lindern die Symptome eines Reizdarms.
Außerdem bauen sie lösliche Ballaststoffe ab und sorgen für die Bildung kurzkettiger Fettsäuren. Diese Fettsäuren regenerieren und stärken die Darmschleimhäute. Bestimmte Milchsäurebakterien wirken Entzündungen entgegen, indem sie die Erreger abwehren, die Reizdarm, Durchfall und bestimmte Störungen des Stoffwechsels auslösen.
Roggenmischbrot und Roggenvollkornbrot
Roggenmehl wird produziert, indem das Korn vom Roggen gemahlen wird. Bei einem Roggenvollkornmehl wird dabei das ganze Korn genutzt, mitsamt Keimling und Schale.
Roggenvollkornmehl dient hauptsächlich dazu, Brot zu backen, entweder als reines Vollkorn oder als Mischbrot zusammen mit anderen Mehlen (Mehrkorn), die nicht zwangsläufig alle Vollkornmehle sein müssen. Es schmeckt intensiv und hat eine dunkle Farbe.
Der herbe Geschmack eignet sich weniger für Süßgebäck. Roggenmehl findet sich in herzhaften Kuchen und Quiche, oft in Verbindung mit Gemüse. Roggenflocken werden für Müslis und Brei genutzt.
Mehr als reines Vollkornbrot wird Roggenmehl in Mischbroten verwendet. Diese stellen in Deutschland die Mehrheit der produzierten Brote. In Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen werden sie als Graubrot bezeichnet. Sie werden mit Sauerteig oder Hefe gebacken und bestehen vor allem aus einer Mischung aus Weizen- und Roggenmehl. Mischbrote schmecken milder als reine Roggenbrote und haben eine weichere Kruste.
Roggenmischbrot enthält mehr als 50 Prozent Roggenmehl, Weizenmischbrot entsprechend mehr als 50 Prozent Weizenmehl. Brote mit mehr als 90 Prozent Roggenmehl heißen Roggenbrote. Je mehr Roggen im Mischbrot enthalten ist, umso länger bleibt das Brot frisch und umso kräftiger schmeckt es. Mehr Weizen lockert das Brot hingegen auf und sorgt für einen milderen Geschmack.
Roggenbrot backen
Roggenmehl kann ohne Säure keine Gärgase bilden und fällt beim Backen zu einem Fladen zusammen. Enthält ein Brotteig mehr als 20 Prozent Roggenmehl muss er zusätzlich gesäuert werden. In einem Sauerteig sorgen dafür die Mikroben. Sie produzieren Milchsäure und Essigsäure.
Ohne Sauerteig und nur mit Hefe muss nachgeholfen werden, damit der Teig aufgeht. Sie können dazu Buttermilch, Naturjoghurt und / oder Apfelessig hinzugeben. Die Milchprodukte liefern die Milchsäure, die im Sauerteig von den Mikroben produziert wird.
Roggenmehl Typen und Roggenvollkornmehl
Mehl wird aus dem reinen Mehlkörper, also ohne Keimling und Außenschichten gemahlen. Je nach Ausmahlungsgrad werden Mehltypen unterschieden. Bei Roggenmehl sind dies die Typen T 815, 997, 1150, 1370 und 1740. Je höher der Ausmahlungsgrad ist, desto höher ist die Zahl bei den Typen und umso dunkler ist das Mehl.
Vollkornmehl hat keine Typisierung – hier wird das tanze Korn mit Schale und Keimling vermahlen.
Roggen und Weizen im Vergleich
Roggen und Weizen haben für die Gesundheit spezifische Vor- und Nachteile. Roggen enthält deutlich mehr Ballaststoffe und ist deshalb besser geeignet, um Gewicht zu reduzieren, den Blutzucker zu kontrollieren, sich zu sättigen und Diabetes vorzubeugen. So liefert Roggen rund 15,2 Gramm Ballaststoffe pro 100 Gramm, Weizen hingegen nur 8,8 Gramm.
Roggen bietet außerdem mehr Kalium. Während Weizen rund 381 Milligramm Kalium pro 100 Gramm enthält, glänzt Roggen mit rund 510 Milligramm.
Bei einer Zöliakie, also einer generellen Glutenunverträglichkeit, dürfen Sie weder Weizen noch Roggen konsumieren, denn beide enthalten dieses Klebereiweiß (Gluten). Reagieren Sie hingegen auf Gluten lediglich empfindlich, haben aber keine völlige Unverträglichkeit, eignet sich Roggen besser als Weizen. Weizenmehl besteht aus rund 8,7 Gramm Gluten pro 100 Gramm, Roggen lediglich zu 3,2 Gramm.
Medizingeschichte
Die frühe Neuzeit ist in Mitteleuropa als kleine Eiszeit bekannt. Die Temperatur sank. Eine solche Abkühlung bietet hervorragende Bedingungen für das Mutterkorn (Claviceps purpurea), einen Schlauchpilz, der als Parasit Roggen, andere Getreidearten und Gras befällt.
Ergotismus oder Mutterkornvergiftung (früher auch Antoniusfeuer genannt) bezeichnet die Symptomatik der Vergiftung mit Mutterkornalkaloiden. Als Folge des Verzehrs von befallenem Getreide kommt es zu einer Verengung der Blutgefäße und dadurch zu Durchblutungsstörungen. Hautkribbeln, Empfindungsstörungen und Lähmungen sind häufige Erscheinungen.
Halluzinationen und Allgemeinsymptome wie Erbrechen, Kopfschmerzen, Ohrensausen und Durchfall zählen zu den Begleiterscheinungen. Es kann zu schlimmen Folgen wie das Absterben von Fingern und Zehen sowie zu einer Sepsis kommen. Bei akuten Vergiftungen kann auch ein Atem- oder Herzstillstand zum Tod führen.
Brot, aus vergiftetem Mehl gebacken, Claviceps im Stroh und Heu in der Schlafstätte und im Viehstall – der Giftpilz gehörte früher zum Alltag. Der Pilz entfaltet seine Wirkung nicht nur durch Verzehr, sondern auch durch Einatmen. Mähen und Dreschen verteilten den Parasiten, die Dörfler atmeten Claviceps ein. Agrarhistoriker gehen davon aus, dass in kaltfeuchten Sommern ein Drittel des Getreides von Mutterkorn befallen war. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Jonna C. Sandberg, Inger M. E. Björk, Anne C. Nilsson: Impact of rye-based evening meals on cognitive functions, mood and cardiometabolic risk factors: a randomized controlled study in healthy middle-aged subjects, in: Nutrition Journal, Volume 17, 2018, BMC
- Kia Nøhr Iversen, Johan Dicksved, Camille Zoki et al.: The Effects of High Fiber Rye, Compared to Refined Wheat, on Gut Microbiota Composition, Plasma Short Chain Fatty Acids, and Implications for Weight Loss and Metabolic Risk Factors (the RyeWeight Study), in: Nutrients, Volume 14, Issue 8, 2022, MDPI
- Karen Nieber: Phytotherapie bei Erkrankungen der Prostata, in: Zeitschrift für Komplementärmedizin, Volume 08, Issue 6, Seiten 21-27, 2016, Thieme Connect
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.