Rosenwurz wächst in kargem, kaltem Klima. Die Wurzel gehört zu den adaptogenen Heilpflanzen: Solche Mittel stärken die Widerstandskraft des Körpers. Sie dient ebenso in Schweden als Heilmittel wie in Sibirien. Extrakte aus Rhizom und Wurzel dienen dazu, Stress zu lindern und depressive Stimmungen aufzuhellen.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Rhodiola rosea
- Volksnamen: Keine deutschen Volksnamen bekannt
- Familie: Dickblattgewächse (Crassulaceae)
- Verbreitung: Kälteregionen Eurasiens und Nordamerikas
- Verwendete Pflanzenteile: Die knollige Wurzel und das Rhizom
- Inhaltsstoffe: Phenylethylderivate wie Salidrosid und p-Tyrosol, Flavonoide, Monoterpene, Triterpene und Phenolsäuren, Rosavin, Rosin und Rosarin
- Anwendungsgebiete: Höhenkrankheit, Ermüdung, depressive Stimmungen, Stress, Stärkung des Immunsystems
Rosenwurz – ein Überblick
- Der Name erinnert an den Rosenduft der zerstoßenen Wurzel.
- Russische Astronauten nahmen Rosenwurz ein, um die Anstrengungen im Weltraum besser zu ertragen.
- Rosenwurz gehört zu den Sukkulenten, also Pflanzen, die Wasser speichern. Bei der Rosenwurz sind die dickfleischig-saftigen Blätter dieser Wasserspeicher (Dickblattgewächse).
- Rosenwurz liebt feuchte Böden der Fjellregion und der Gebirgszone. Sie wächst in Felsschluchten und Mooren, auf nassen Meeresklippen und im Silikatgestein.
- Solche Lebensräume findet das Dickblattgewächs in Schweden wie in Finnland, an der Felsküste Großbritanniens, im Altaigebirge, im Himalaya oder in den Schweizer Alpen. In Deutschland ist wilde Rosenwurz extrem selten und kommt nur im Bayerischen Wald vor.
- Kommerziell gesammelte Wurzeln stammen meist aus dem Altai; in der Schweiz wird Rosenwurz inzwischen kultiviert.
- Als Dickschwanzgewächs ist die Rosenwurz ein naher Verwandter der Hauswurz und des Mauerpfeffers.
Inhaltsstoffe
Rosenwurz enthält Phenylethylderivate wie Salidrosid und p-Tyrosol, Flavonoide, Monoterpene, Triterpene und Phenolsäuren. Eine Besonderheit sind die Rosavine, Phenylpropane, die in Rosengewächsen vorkommen: Rosavin, Rosin und Rosarin. Diese gelten zusammen mit dem Salidrosid als medizinische Hauptwirkstoffe.
An Monoterpenen enthält Rosenwurz Rosiridol und Rosaridin, an Triterpenen Dauccosterol und Beta-Sitosterol, an Phenolsäuren Chlorogen-, Hydrozimt- und Gallussäuren. Dazu bietet die Wurzel, laut eines Reviews von 2015, eine Menge Flavonoide: Rodiolin, Rodionin, Rodiosin, Acetyrodalgin und Tricin.

Wirkung
Rosenwurz wirkt auf die kognitiven Funktionen, stimuliert, liefert einerseits zusätzliche Energie und erhöht zum anderen die Toleranz gegenüber Stress. Eine randomisierte Studie zeigte 2009 deutliche Effekte gegen Erschöpfung aufgrund von Stress.
Durch eine randomisierte Studie eines armenischen Forschungsteams belegt sind antioxidative Wirkungen, Effekte gegen Depressionen und Ängste sowie vorbeugende Effekte gegen Krebs.
Rosenwurz wirkt laut eines wissenschaftlichen Reviews aus Kanada adaptogen. Bekannte Pflanzen, die adaptogen wirken, sind unter anderem Ginseng und Chinarindenbaum.
Adaptogene Mittel stärken die körpereigenen Funktionen; sie führen zu einer zugleich höheren und unspezifischen Widerstandskraft gegenüber Belastungen, die Stress hervorrufen – ob körperliche Anstrengung, Angstbeschwerden, Nachtarbeit oder stressbesetzte Situationen. Rosenwurz hilft, das Stresshormon Cortisol zu regulieren, den Blutzuckerspiegel auszugleichen und wirkt antientzündlich.
Eine Studie aus dem Jahr 2023 zeigt zudem, dass die Einnahme von Rosenwurz eine positive Wirkung auf die sportliche Leistungsfähigkeit haben kann und trainingsbedingte Muskelschäden lindert.
Rosenwurz-Extrakt
Wirkstoffe werden aus der Wurzel extrahiert und in der Regel auf drei Prozent Rosavine und rund ein Prozent Salidrosid eingestellt. Eine randomisierte Studie zeigte als Ergebnis: Rosenwurz-Extrakt erhöht den Serotoninspiegel und wirkt deutlich gegen leichte und schwere Depressionen.
Serotonin und Dopamin
Serotonin ist ein Botenstoff des Nervensystems, ist wichtig für das Gedächtnis und spielt in Ängste und Aggressionen hinein. Ein hoher Spiegel an Serotonin führt zu Glücks- und Wohlgefühlen.
Ein Review der vorliegenden Studien kam 2010 zu folgendem Schluss, wie die belegten Wirkungen der Rosenwurz zustande kommen: Möglicherweise liegen die positiven Effekte der Rosenwurz daran, dass die Einnahme den Spiegel an Serotonin und Dopamin ändert. Möglich wäre aber auch ein geringeres Ausschütten von Stresshormonen. Beides würde die unspezifischen Resultate beim Einnehmen der Rosenwurz erklären.
Wie gesichert ist die Wirkung?
Die europäische Arzneimittelagentur (EMA) untersuchte Anwendungen von Rosenwurz auf Müdigkeit durch Nachtarbeit, körperliche Leistung, kognitive Leistung, leichte bis mittlere Depressionen, allgemeine Angststörung und stressbedingte Müdigkeit. Das Ergebnis war, dass die vorliegenden klinischen Studien in ihrer Qualität so stark schwankten, dass keine hinreichenden Beweise für eine therapeutische Wirkung vorliegen.
Zugleich machten die Ergebnisse der klinischen Studien aber den Gebrauch in manchen Anwendungen plausibel und dies wird dadurch bestätigt, dass Rosenwurz seit langem in der Naturmedizin zum Einsatz kommt. Gravierende Nebenwirkungen seien nicht bekannt, deswegen hält die EMA Rosenwurz für geeignet, um vorübergehende Stress-Symptome wie Erschöpfung und Schwäche zu lindern.
Medizinische Anwendungen
In Skandinavien, dem Baltikum, Russland und Sibieren wird Rosenwurz seit Jahrhunderten genutzt, um die Immunität gegenüber Infektionen zu stärken. In Russland, Schweden und Finnland wird die Pflanze zum Beispiel eingesetzt gegen Ermüdung, Höhenkrankheit und Impotenz.
Auch in der Medizin Chinas, der Himalayastaaten und in der indischen Lehre des Ayurveda hat Rosenwurz traditionell einen festen Platz. Rosenwurz sollten Sie nur als Fertigpräparat zu sich nehmen, zum Beispiel in Form von Kapseln oder Tinkturen.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen
Da Studien zu eventuellen Schäden fehlen, sollten Sie Rosenwurz nicht in der Schwangerschaft, während der Stillzeit oder bei Kindern unter zwölf Jahren einsetzen. Weil Rosenwurz Depressionen und Antriebslosigkeit entgegenwirkt, sollten sie nicht bei Hyperaktivität, manischen Phasen und/oder innerer Unruhe Anwendung finden, denn sie kann diese Zustände verstärken.
Rosenwurz in Kombination mit Ginseng
Inhaltsstoffe der Rosenwurz sind denen des Ginseng verwandt. Deswegen sollten Sie beide nicht parallel einnehmen, da sie sich in ihrer Wirkung verstärken können. Das gilt auch für stimulierende Produkte wie Kaffee, Mate oder Guarana.
Rosenwurz kaufen
Die Schweiz ließ 2010 einen ethanolischen Trockenextrakt aus Rosenwurz als Arzneimittel zu. Er ist in Schweizer Apotheken und Drogerien in Form von Filmtabletten ohne Rezept erhältlich. In Schweden ist bereits seit 1985 ein Extrakt auf dem Markt.
In Deutschland gibt es Rosenwurz als pflanzliches Arzneimittel in Apotheken zu kaufen und als Nahrungsergänzung in Drogerien. Sie sollten Ihren Hausarzt / Ihre Hausärztin über die Einnahme von Rosenwurz informieren beziehungsweise vorab klären, inwieweit die Einnahme von Rosenwurz bei Ihren Beschwerden sinnvoll ist. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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Wichtiger Hinweis:
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