Eigentlich ist die Rote Lichtnelke (Silene dioica) eher rosa als rot. Für ihre Heilwirkung ist das aber unerheblich, denn wer die Hilfe dieser Pflanze benötigt, sieht in der Tat Rot. Die Wirkung der Roten Lichtnelke soll nämlich darin bestehen, Vergiftungen durch Schlangenbisse zu kurieren. Es handelt sich beim Extrakt der Silene dioica also um ein Gegengift, das im Notfall Leben retten kann. Außerdem besitzt die Rote Lichtnelke auch hautreinigende Eigenschaften. Deshalb werden ihre Inhaltsstoffe gerne für kosmetische Produkte und pflegende Hautcremes verwendet. Wie genau das zarte Blümlein seine entgiftende und dermatologische Wirkung entfaltet und was es zur Anwendung der Roten Lichtnelke zu beachten gibt, erfahren Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief zur Roten Lichtnelke:
Wissenschaftlicher Name: Silene dioica
Pflanzenfamilie: Nelkengewächse (Caryophyllaceae)
Volkstümliche Bezeichnungen: Herrgottsblut, Rotes Leimkraut, Rote Nachtnelke, Rote Waldnelke, Taglichtnelke
Verwendete Pflanzenteile: Blätter, Blütten, Samen, Wurzeln
Herkunft: Asien, Europa, Nordafrika
Anwendungsgebiete:
- Hautentzündungen,
- Unreine Haut,
- Innere Unruhe und Unentschlossenheit,
- Schlangenbisse
- und Vergiftungen.
Pflanzenportrait: Blutblümchen versus Schlangengift
Wie der Name bereits vermuten lässt, stammt die Rote Lichtnelke aus der Familie der Nelkengewächse (Caryophyllaceae). Neben ihrem offiziellen Namen, Silene dioica, war sie früher je nach Autor auch als Lychnis dioica oder Melandrium dioicum bekannt. Die verschiedenen Bezeichnungen gehen auf uneinheitliche Zuordnungen der Pflanze zu verschiedenen Pflanzengattungen zurück.
Die kelchförmigen Kapselfrüchte der Roten Lichtnelke entstehen ungewöhnlich spät im Winter. Es bedarf also einer frischen Winterbrise, um die fruchteigenen Samen aus ihrem gezähnten Fruchtkörbchen herauszuschütteln und die Pflanze so zur Vermehrung anzuregen. Durch diese Windausbreitung vermehrt sich Silene dioica verhältnismäßig ortsgebunden. Einzig in der Nähe befindliche Gewässer können die Samen etwas weiter forttragen, weshalb man die Rote Lichtnelke häufig entlang von Bachläufen findet.
Apropos Bach, die Rote Lichtnelke zählt zu den homöopathischen Bachblüten. Mit ihren bevorzugten Standorten an Bächen hat das aber nichts zu tun. Denn die Bachblütentherapie erhielt ihren Namen von ihrem Erfinder, dem englischen Arzt Dr. Edward Bach. Er definierte die Blüten von 38 verschiedenen Pflanzen, darunter auch Silene dioica, als „Seelenkräuter“ zur Behandlung psychischer und seelischer Ungleichgewichte.
Die Rote Lichtnelke (auch unter dem Namen red campion) im Speziellen soll hier bei
- niedrigem Selbstwertgefühl
- Selbstzweifeln
- und Unentschlossenheit helfen.
Nachgewiesen ist der Effekt bislang nicht. Man kann über die Heilkraft der Pflanze bei seelischen Beschwerden also nur Vermutungen anstellen. Und auch der Volksglaube bietet reichlich Raum für Spekulationen zur Roten Lichtnelke, denn um deren Entstehung ranken sich zahlreiche Sagen und Legenden. Grund hierfür sind vor allem die kräftig Rosa gefärbten Radblüten der Silene dioica. So soll die rosarote Blütenpracht der Roten Lichtnelke ihre Farbe zum Beispiel durch Blutstropfen des göttlichen Vaters erhalten haben, daher auch der Beiname Herrgottsblut. Plätze, an denen die Pflanze wuchs, waren deshalb heilige Orte und wer eine Rote Lichtnelke unachtsam pflückte oder umknickte, dem drohte der Tod des eigenen Vaters. Auch dass die Lichtnelke nur tagsüber blüht, war einigen nicht ganz geheuer. Man vermutete deshalb, dass die auch als Taglichtnelke bekannte Pflanze in der Nacht von Kobolden, Dämonen und Schlangen heimgesucht wurde, welche die Pflanze verwünschten.
Was nun Schlangen im Speziellen angeht, so galt die Rote Lichtnelke paradoxerweise als Schutzkraut vor Echsentieren. Die Tiere galten früher oftmals als teuflische Kreaturen, weshalb die durch Götterblut geschaffene Silene dioica Schlangen erfolgreich fernhalten sollte. Es bleibt zu vermuten, ob diese Überzeugung aus einer erfolgreichen Anwendung der Roten Lichtnelke bei Schlangenbissen entstand. Verwendet wurden hierfür die zermahlenen Samen der Pflanze, welche anschließend zu Brei verarbeitet und in Form eines Umschlags auf die Bisswunde aufgetragen wurden. Die entgiftenden Inhaltsstoffe der Samen zogen in der Folge das Gift aus der Wunde und linderten die Wundentzündung.
Auch zur Hautreinigung nahm man Silene dioica gerne zur Hilfe. Denn neben Schlangengift entzog die Heilpflanze der Haut offenbar auch Verunreinigungen. Anstelle der Samen nutzte man zu diesem Zweck allerdings die Wurzeln der Roten Lichtnelke. Diese wurden in Alkohol eingelegt und das Extrakt wurde anschließend auf die problematischen Hautstellen gerieben. Und noch heute ist die Rote Lichtnelke in diversen Hautpflegeprodukten enthalten. Insgesamt findet die rosarote Blume bei folgenden Beschwerden Anwendung:
- Hautentzündungen,
- Hautirritationen,
- Unreine Haut,
- Immunschwächen,
- ausbleibende Regelblutung,
- Selbstzweifel
- und Vergiftungen durch Schlangenbisse.
Übrigens: Die essbaren Blüten und Blätter der Roten Lichtnelke werden in Südeuropa sogar als Küchenkräuter genutzt. Hier verwendet man sie zusammen mit Ricotta gerne als Füllung für Kräuterravioli.
Inhaltsstoffe und Wirkung
Die entgiftende Wirkung der Roten Lichtnelke lässt sich durch die in ihr enthaltenen Saponine erklären. Deren Besonderheit ist es, dass sie eine hämolytische (blutauflösende) Wirkung besitzen. Sie zerstören demnach rote Blutkörperchen. Normalerweise sollten Saponine wegen dieser Eigenschaft nicht in die Blutbahn gelangen, da die Blutauflösung eine schwere Blutarmut nach sich ziehen kann. Im Falle einer Intoxikation durch Schlangengift gilt es jedoch, die Giftstoffe so schnell wie möglich aus der Blutbahn zu entfernen, bevor sie in den Stoffwechselkreislauf des Körpers gelangen. Wohl dosiert können die Saponine der Roten Lichtnelke im Vergiftungsfall also bei der Reinigung des Blutes helfen.
Saponine in Silene dioica können noch mehr
Die Saponine der Roten Lichtnelke gehören überwiegend zur Untergruppe der Triterpensaponine. Es handelt sich hierbei um Auszüge der Terpene, welche als Essenz ätherischer Pflanzenöle bekannt sind. Sie wirken
- desinfizierend,
- entwässernd,
- entzündungshemmend,
- hormonstimulierend,
- immun- und kreislaufstärkend
- sekretfördernd
- und wundstillend.
Deshalb eignen sie sich zum einen, um Entzündungen und Bisswunden zu behandeln, aber auch um Giftstoffe vermehrt über Harn und Schweiß zu entziehen und einem vergiftungsbedingten Kreislaufversagen vorzubeugen. Gerade die entzündungshemmenden Eigenschaften der Roten Lichtnelke werden auch heute noch gerne in der Kosmetik zur Pflege von Hautreizungen und Hautentzündungen genutzt.
Ebenfalls interessant sind die hormonstimulierenden Eigenschaften der Saponine. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Rote Lichtnelke auch bei hormonell bedingten Zyklusstörungen und Menstruationsbeschwerden Wirkung zeigt. Besagte Gesundheitsprobleme entstehen bei Frauen nämlich meist durch ein hormonelles Ungleichgewicht, das im Falle von Regelbeschwerden auf Geschlechtshormone zurückgeführt werden kann. Bei emotionalen Krisen, die von Selbstzweifeln oder Depressionen begleitet werden, sind es hingegen häufiger nervenstimulierende Hormone wie Dopamin und Serotonin, die das seelische Ungleichgewicht auslösen. Auch hier können hormonregulierende Kräuter wie die Rote Lichtnelke Besserung herbeiführen.
Anwendung und Dosierung
Während die Blüten und Blätter der Silene dioica als Küchenkraut für Kräuterfüllungen, Salate oder Suppen verwendet werden können, stellt man zur Wundbehandlung und Entgiftung mit Roter Lichtnelke traditionellerweise einen Brei aus den zermahlenen Samen der Pflanze her. Alternativ ist auch die Nutzung von Tinkturen aus der Pflanzenwurzel bei Hautproblemen oder die Einnahme von Bachblütenessenzen aus Silene dioica bei seelischen Beschwerden denkbar. Es wird ersichtlich, dass die jeweiligen Präparate sehr gezielt für einschlägige Gesundheitsbeschwerden eingesetzt werden. Aus gutem Grund, denn die Saponine der Pflanze sollten auf keinen Fall überdosiert werden und erfordern für die innere und äußerer Anwendung eine individuelle Dosis.
Wichtig: Im Falle eines Schlangenbisses ist unter allen Umständen ein Notarzt zu rufen! Eine Selbstbehandlung mit Roter Lichtnelke ist hier nicht ausreichend und kann allenfalls als zusätzliche Behandlungsmaßnahme bis zum Eintreffen des Krankenwagens durchgeführt werden!
Herstellung einer Tinktur aus Roter Lichtnelke
Eine Tinktur aus Roter Lichtnelke können Sie problemlos selbst herstellen. Anwenden lässt sie sich zum Beispiel zur Wundbehandlung oder bei bestehenden Hautreizungen. Auch Hautentzündungen reagieren mitunter gut auf die Lichtnelken-Tinktur.
Sie benötigen:
- Wurzeln der Roten Lichtnelke (geschnitten),
- Hochprozentigen Alkohol (zum Beispiel Wodka oder Branntwein),
- ein dunkles Schraubglas
- und eine dunkle Flasche zur Aufbewahrung.
- Schritt:
Füllen Sie das Schraubglas mit den geschnittenen Wurzeln der Roten Lichtnelke auf und übergießen Sie die Kräuter anschließend mit hochprozentigem Alkohol. - Schritt:
Verschließen Sie das Glas gut und lassen Sie den Tinkturenansatz für etwa zwei bis drei Wochen an einem lichtreichen Ort reifen. - Schritt:
Filtern Sie die Kräuter aus der Tinktur ab und lagern Sie diese nun kühl in einer dunklen Flasche. Die Tinktur kann bei Bedarf auf einen Wattepad gegeben und auf die zu behandelnde Hautstelle getupft werden.
Absud aus Roter Lichtnelke
Alternativ zur Tinktur kann man aus den Wurzeln der Roten Lichtnelke auch einen Absud herstellen. Hierzu kocht man die Pflanzenwurzeln in Wasser und lässt das Ganze anschließend in einem dunklen Glas etwa zwei Wochen ziehen. Der Absud kann unter anderem für Waschungen zur Hautpflege oder bei Hautirritationen beziehungsweise Hautentzündungen verwendet werden. Nach der Anwendung auf der Haut muss der Absud mit lauwarmem Wasser abgewaschen werden, da er sehr stark konzentriert ist und durch Überdosierung des Wurzelextraktes Reizreaktionen hervorrufen könnte.
Herstellung einer Blütenessenz aus Roter Lichtnelke
Zur inneren Anwendung, etwa bei Immunschwächen oder seelischen Beschwerden, verordnen Homöopathen gemeinhin eine entsprechende Bachblüten-Essenz aus Roter Lichtnelke. Allerdings kann man eine solche Blütenessenz auch selbst zu Hause herstellen.
Zutaten:
- Blüten der Roten Lichtnelke,
- Branntwein
- und eine dunkle Flasche
- Schritt:
Legen Sie die Blüten der Roten Lichtnelke in reines Quellwasser ein und lassen Sie das Ganze etwa drei Stunden lang im Sonnenlicht reifen. Für eine stärkere Wirkstoffkonzentration können Sie die Blüten auch aufkochen. - Schritt:
Filtern Sie das Blütenwasser mehrmals durch ein Sieb und geben Sie den Absud anschließend in eine dunkle Flasche. - Schritt:
Die Flasche wird nun mit Branntwein aufgefüllt. Danach kann man bei Selbstzweifeln oder Unentschlossenheit täglich ein bis zwei Teelöffel der Essenz mit reichlich Wasser zu sich nehmen. Es ist sinnvoll, dies vor einer Mahlzeit zu tun.
Nebenwirkungen
Es sind bislang keine besonderen Nebenwirkungen für die Roten Lichtnelke bekannt. Aus Sicherheitsgründen wird Schwangeren und Kindern aber von einer Nutzung abgeraten. (ma)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bühring, Ursel: Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunde: Grundlagen - Anwendung - Therapie, Karl F. Haug, 2014
- Bader, Christa: Wilde Kräuter und Heilende Pflanzen für Körper und Seele: Ein Kurs in Heilpflanzenkunde, Books on Demand, 2014
- Plants for a future: pfaf.org (Abruf: 19.02.2019), pfaf.org
- Dreyer, Eva-Maria: Dreyer, Wolfgang: Welche Blume ist das?: 170 Blumen einfach bestimmen, Franckh Kosmos Verlag, 2016
- Mamadalieva, Nilufar Z.: "Diversity of Secondary Metabolites in the Genus Silene L. (Caryophyllaceae)—Structures, Distribution, and Biological Properties", in: Diversity. Volume 6, 2014, mdpi.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.