Die Scharfe Fetthenne (Sedum acre), auch Scharfer Mauerpfeffer genannt, ist seit der Antike als Heilpflanze bekannt und diente besonders als Arznei gegen Warzen und Hautflechte, aber auch gegen Bluthochdruck und Hämorrhoiden. Die enthaltenen Gerbstoffe ziehen Gewebe zusammen und helfen bei der Wundheilung, die Schleimstoffe entlasten gereizte Schleimhäute, der scharfe Saft dient als Brechmittel.
Inhaltsverzeichnis
Zwar lindert der Mauerpfeffer bestimmte Leiden, ist aber auch leicht giftig. In der Allgemeinmedizin findet sich die Pflanze deswegen heute kaum noch. Auch ohne sie als Heilpflanze zu nutzen, ist Sedum acre ein exzellenter Bodendecker und begrünt schwierige Ecken wie Hinterhöfe oder Mauern.
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Sedum acre
- Volksnamen: Scharfer Mauerpfeffer, Fettblatt, Mauerpfeffer, Steinpfeffer, Vogelbrot, Mauerträubchen, Knolliges Steinkraut, Katzentraube, Hühnerträubchen, Hühneraugenwurz, Flechtenkraut, Warzenkraut, Hühnerschnabel, Hühnerzehe, Hinkefuß, Fette Gänschen, Taubenspick, Stierkraut, Mauerkräutchen
- Familie: Dickblattgewächse (Crassulaceae)
- Verbreitung: Europa bis Westsibirien, Nordamerika
- Verwendete Pflanzenteile: Die zur Blütezeit gesammelten frischen oder getrockneten oberirdischen Pflanzenteile (Kraut)
- Inhaltsstoffe: Alkaloide, Flavonoide, Gerbstoffe, Schleimstoffe, Gummen
- Anwendungsgebiete: In der Volksmedizin gegen Hautflechte, Quetschungen, Zerrungen, Hornhaut, Hühneraugen, Warzen, Verkrustungen, als Diuretikum und Abführmittel, gegen Wurmbefall, Vitamin-C-Mangel, Bluthochdruck, Arterienverkalkung, Herz-Kreislauf-Schwäche, Fieber
Scharfe Fetthenne – Eine Übersicht
- Die Scharfe Fetthenne wurde in der Volksküche statt der früher sehr teuren Gewürze verwendet (Mauerpfeffer), kam aber aus der Mode, weil der Saft zwar scharf, aber kaum aromatisch ist.
- Der scharfe Saft war ein Mittel, um Hautverkrustungen, Hautflechte, Warzen und Geschwüre wegzuätzen.
- Mauerpfeffer war auch ein Mittel, um Erbrechen auszulösen. Das funktioniert, allerdings ist das Erbrechen bereits ein Vergiftungssymptom, und darum führte die Einnahme größerer Mengen, um diesen Brechreiz auszulösen, in der Vergangenheit auch zu schwereren Vergiftungen bis hin zu Lähmungen.
- Scharfe Fetthenne ist, wie die meisten Pflanzen der Familie, an Trockengebiete angepasst. Sie braucht deswegen wenig Wasser und wenig Nährstoffe, aber viel Sonnenlicht.
- Sie eignet sich für Garageneinfahrten ebenso wie für Friedhöfe oder Parkplätze.
Inhaltsstoffe
Die Scharfe Fetthenne weist 9,27 Prozent Alkaloide auf, darunter Sedaerin, Sedamin, Sedinin und Sedinon. Außerdem enthält die Pflanze Flavonoide wie Isorhamnetin-, Quercetin- und Limocitrinderivate. Gerbstoffe bietet sie mit zehn Prozent in höherem Ausmaß, besonders aber Schleimstoffe und Gummen mit 30 Prozent.
Medizingeschichte
Sedum acre ist eine sehr alte Medizinpflanze und schon Jahrhunderte vor Christus als Mittel gegen Schwellungen und Entzündungen überliefert. Dioscurides, einer der bedeutendsten Ärzte der Antike, empfahl den Nutzen des Pflanzensaftes zu Heilzwecken.
Im Mittelalter findet sie sich in diversen Kräuterlehrbüchern, was den Schluss zulässt, dass sie in der Volksheilkunde weit verbreitet war. Auch Albrecht von Haller und Wilhelm von Hufeland setzten die Pflanze ein.
Hufeland und Zschorn-Bauske sahen in ihr eine Arznei gegen epileptische Anfälle, von Haller erwähnt die Fetthenne als Medizin gegen Skorbut und als Brechmittel. Der Spanier Dubal verabreichte einen Sud aus dem Presssaft und Bier gegen Diphterie, um Erbrechen auszulösen.
Medizinische Wirkungen
Scharfer Mauerpfeffer wurde in der Volksmedizin verwendet, in der heutigen wissenschaftlichen Medizin hat er keine Bedeutung. Die Volksmedizin setzte Scharfe Fetthenne besonders bei venösen Gefäßerkrankungen und Beschwerden im Magen-Darm-Trakt ein sowie zur Behandlung von Hautverletzungen.
Innerlich diente er als Mittel gegen Husten, Bluthochdruck und Arterienverkalkung, sowie gegen Wassereinlagerungen und fiebrige Erkrankungen, außerdem gegen Beschwerden im Magen-Darm-Trakt und After.
Äußerlich wurde sein Press-Saft eingesetzt, um Wunden zu behandeln, Hämorrhoiden zu bekämpfen, Hautflechte, Warzen und Entzündungen im Mund zu heilen.
Bisher gibt es wenige wissenschaftliche Studien zur Wirkung der Scharfen Fetthenne. Eine türkische Studie von 2012 erkannte starke antioxidative und antimikrobielle Effekte und somit ein großes ungenutztes Potenzial von Sedum acre für Pharmazeutika, Phytotherapie und als Nahrungsmittel.
Wirkung der Gerbstoffe im Mauerpfeffer
Seine Gerbstoffe erklären, warum der Mauerpfeffer zu den beschriebenen Zwecken eingesetzt wurde. Sie wirken adstringierend, ziehen also Haut und Gewebe zusammen. Das fördert die Wundheilung, schließt blutende Hämorrhoiden ebenso wie entzündliche Stellen am After und im Mund.
Die Gerbstoffe wirken außerdem abführend und leicht antimikrobiell, was auch eine Wirkung gegen Würmer im Magen-Darm-Trakt wahrscheinlich macht.
Wirkung der Schleimstoffe in der Fetthenne
Schleimstoffe enthält der Mauerpfeffer reichlich, und diese mildern Reize, schützen Schleimhäute und hemmen so Entzündungen und stimulieren das Immunsystem.
Sehr wahrscheinlich helfen die Schleimstoffe der Fetthenne deshalb gegen Magen-Darm-Beschwerden, Gastritis (Magenschleimhautentzündung), Entzündungen im Mund- und Rachenraum sowie Reizhusten.
Schleimstoffe können Magensäure binden und so neutralisieren, deshalb helfen sie gegen Magenerkrankungen, deren Ursache eine Übersäuerung ist.
Toxische Wirkung
Fetthenne ist giftig; zwar ist die toxische Wirkung schwach, dafür sind die Giftstoffe aber in allen Teilen der Pflanze enthalten. Die Konzentration der toxischen Komponenten ist so schwach, dass Sie die Pflanze in Maßen verzehren können. Bei Menschen mit sensiblem Magen und/oder bei Schwangeren kann ein Verzehr jedoch Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen auslösen.
Bei Menschen ohne diese Risikofaktoren entstehen die gleichen Beschwerden, allerdings erst bei Konsum vieler Blätter der Fetthenne.
Der Saft des Mauerpfeffers schmeckt scharf, er kann zu Brennen im Mund und Rachen führen und Brechreiz auslösen. Sehr hohe Dosen können zu Betäubung und Lähmung führen.
Solche schwereren Vergiftungen entstanden in der Volksheilkunde der Vergangenheit bisweilen durch großen Konsum der Blätter nach dem Motto „Mehr hilft mehr“. Bei mäßiger Einnahme sind solche Folgen nahezu ausgeschlossen.
Mauerpfeffer in der Volksheilkunde
Fetthenne wurde in der Volksheilkunde häufiger eingesetzt, um Erbrechen auszulösen, bei Magenbeschwerden oder Vergiftungen. Dazu ist es zweifelsohne geeignet. Allerdings ist das Erbrechen bereits ein Vergiftungssymptom.
Besonders in Österreich, Tirol und Böhmen/Bayern wurde der scharfe Pflanzensaft eingesetzt, um Hautflechte und Warzen wegzuätzen.
In der Volksheilkunde galt die Fetthenne weiterhin als Mittel gegen Gallenbeschwerden (Ikterus) und Harnverhalt.
In Litauen war Mauerpfeffer ein Mittel gegen Skorbut, ebenso in Norwegen, diente dort auch als Arznei gegen unreine Haut und Warzen.
Mauerpfeffer als Gewürz
Die Scharfe Fetthenne war einst ein beliebtes Kraut in Bauerngärten. Sie diente als Gewürz, und weil sie als Ruderalpflanze Steine besiedelt und scharf schmeckt, hieß sie auch „Mauerpfeffer“ oder „Steinpfeffer“.
Sie kam aus der Mode, als Pfeffer für alle erschwinglich wurde, denn sie schmeckt zwar scharf, aber nicht aromatisch. Zugleich diente sie als Heilpflanze, was wegen der beschriebenen toxischen Effekte auch nicht die erste Wahl ist.
Fetthenne im Garten
Im Bauerngarten, im Kräuter- und Heilgarten ist Sedum acre ein hervorragender Bodendecker und sogar ein guter Rasenersatz, wenn Sie an bestimmten Stellen Rasen nicht mögen oder Gräser nicht wachsen wollen. Fetthenne braucht viel Licht, aber wenig Wasser und wenig Nährstoffe.
Warum Fetthenne?
Die Scharfe Fetthenne ist ein Dickblattgewächs. Wie die bauchigen Formen vieler Kakteen dienen die „fetten Blätter“ als Wasserspeicher. In der Natur sind Sedum-Spezies angepasst an Wüsten- und Halbwüstenregionen, beziehungsweise trockene Berge, Trockensteppen, Dünen und Magerwiesen mit trockenem Sandsteinboden.
Sukkulenten
Der Begriff „Sukkulenten“ leitet sich vom lateinischen Wort „sucus“ ab, und das bedeutet „Saft“. So heißen auch Fettpflanzen, da sie dicke Stämme oder Blätter ausbilden, in denen sie Wasser speichern.
Fetthennen sind typische Blattsukkulenten, die ein fleischiges Blattgewebe haben, in dem sie den wässrigen Pflanzensaft speichern. So können sie Trockenzeiten ohne Probleme überstehen.
Fetthenne anpflanzen
Fetthenne ist eine Ruderalpflanze. Sie liebt sonnige Pionierrasen und sandige Stellen, Dünen und trockene Waldlichtungen, Kiesgruben, Bahndämme und trockene Böschungen.
Im Garten eignet sie sich als teppichbildende Staude an Standorten, die für viele andere Pflanzen ungünstig sind: Trockenmauern, gepflasterte Wege, Dachgärten, Steingärten, kiesige Hinterhöfe oder Hauswände.
Da sie sehr wenig Pflege brauchen, sind Mauerpfeffer auch als Friedhofs-/Grabsteingewächs beliebt.
Der richtige Standort
Wichtig sind ein Standort in voller Sonne und ein durchlässiger Boden. Schatten mag die Fetthenne nicht. Dafür gedeiht sie bestens in Kübeln, auf Balkonen und Terrassen. Im Blumentopf sollten Sie darauf achten, dass der Boden drainagefähig ist, am besten also eine Schicht Tonkügelchen einlegen.
Die Scharfe Fetthenne eignet sich bestens, um ein Dach oder eine Kiesfläche zu begrünen. Dabei passt Seduma acre besonders gut zu Thymian und anderen mediterranen Heil- und Gewürzkräutern, die ähnliche Bedürfnisse haben. Sie können also auf Ihrem Hausdach einen ganzen Kräutergarten ziehen.
Ästhetisch ist die Fetthenne ein Gewinn, da sie erstens an „schwierigen Stellen“ gedeiht und zweitens bis in den späten Herbst hinein gut aussieht.
Wie oft muss man die Fetthenne gießen?
Am richtigen Standort ist die Fetthenne einfach zu pflegen. Der Name Fetthenne stammt von dem dicken Fleisch der Blätter, und dieses dient als Wasserspeicher. Mauerpfeffer ist auf Trockenheit eingestellt, Sie müssen nur nach langen Trockenperioden gelegentlich gießen – die Fetthenne verträgt keine Staunässe.
Muss man die Fetthenne düngen?
Die Fetthenne braucht als Zeigerpflanze von Magerrasen kaum zusätzlichen Dünger. Um ihr etwas Gutes zu tun, reicht es völlig, ihr im Herbst etwas frischen Kompost zu geben.
Rückschnitt
Mauerpfeffer ist als einheimische Pflanze winterhart. Schneiden Sie deshalb erst im Frühjahr, unmittelbar, bevor die Fetthenne neue Triebe bildet. Die Blütenstiele verleihen so dem Garten selbst im Winter noch Schmuck und dienen zudem als Versteck für Kleinlebewesen.
Fetthenne vermehren
Die Vermehrung der Scharfen Fetthenne ist sehr einfach. Sie müssen nur im Frühjahr ein Stück des Teppichs abstechen und an einem anderen geeigneten Standort wieder einpflanzen.
Um ihn auf einem Dach oder einer Mauerkrone anzusiedeln, sollten Sie einige Sprossen auf dem Dachsubstrat verstreuen und anwässern. Binnen weniger Tage schlagen sie Wurzeln.
Dickblattgewächse
Die Scharfe Fetthenne ist nur eine von rund 400 Arten der Dickblattgewächse, wobei Fetthenne meist die horstig wachsenden Spezies bezeichnet. Nicht nur die scharfe, sondern auch andere teppichbildende Fetthennen heißen Mauerpfeffer.
Die meisten Fetthennen wachsen in Nordamerika, danach kommt Asien. Viele Gartensorten sind Hybriden der Großen Fetthenne (Sedum telephium).
Fazit
Im Scharfen Mauerpfeffer enthaltene Stoffe haben zweifellos medizinische Wirkungen – adstringierende, antimikrobielle und antientzündliche Effekte.
Da die Pflanze jedoch toxisch ist (leicht toxisch ist sie nicht wegen den Wirkungen der Giftstoffe, sondern wegen deren geringer Konzentration), ist als Hausmittel nur der äußerlich aufgetragene Saft zu empfehlen, bei Hautverkrustungen, Schrunden und/oder zur Sofortbehandlung von Wunden.
Nicht zu empfehlen ist der Verzehr in größeren Mengen, um Erbrechen auszulösen. In kleinen Mengen ist das Essen von Fetthenne unproblematisch. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Tang, Hsien-Chieh, Huang, Hung-Jin, Lee, Cheng-Chun et al.: Network pharmacology-based approach of novel traditional Chinese medicine formula for treatment of acute skin inflammation in silico; in: Computational Biology and Chemistry, Volume 71, Seite 70-81, Dezember 2017, ScienceDirect
- Eggli, Urs (Hg.): Sukkulenten-Lexikon. Crassulaceae (Dickblattgewächse). Stuttgart 2003
- Hiller, Karl et al.: Lexikon der Heilpflanzen und Drogen. 2. Band L-Z. Heidelberg, Berlin 1999
- Stankovic, Milan, Radojevic, Ivana, Milutinović, Milena et al.: Evaluation of biological activities of goldmoss stonecrop (Sedum acre L.); in: Turkish Journal of Biology, Volume 36, Seite 580-588, 2012 , ResearchGate
- Steinwidder, Eva: Neue Erkenntnisse zu ethnomedizinisch verwendeten Crassulaceae. Sempervivum, Sedum und Rhodiola spp.; Graz, 2013. , uni-graz.at
Wichtiger Hinweis:
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