Das Taubenkropf-Leimkraut ist als krautige Wiesenpflanze auch in Deutschland heimisch. Historisch diente die Wurzel vor allem dazu, Seifenlauge herzustellen. Darüber hinaus wurden Wurzeln, Blätter und Blüten als Heilpflanze gegen Entzündungen und Sodbrennen genutzt.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Silene vulgaris
- Volksnamen: Leimkraut, Gewöhnliches Leimkraut, Aufgeblasenes Leimkraut, Klatschnelke, Blasen-Leimkraut, Knirrkohl
- Familie: Nelkengewächse (Caryophyllaceae)
- Verbreitung: Natürliches Vorkommen im gemäßigten Eurasien und Nordafrika, als Neophyt in Nordamerika und Australien
- Verwendete Pflanzenteile: Die Wurzel, das Kraut, die Blüten
- Inhaltsstoffe: Kalium in hoher Konzentration, Bitterstoffe, Flavonoide (unter anderem Anthocyane, Vitexin, Isovitexinorientin, Homofientin), Phytoecdysteroide, komplexe Kohlenhydrate, Vitamin C, Schleimstoffe und Saponine (Silenoside), Saponarin, Spuren von Alkaloiden und Cumarinen, organische Säuren, ätherische Öle wie Longifolen, Thymol, Cyclohexylmethanol, Campher
- Anwendungsgebiete: Anregen des Stoffwechsels, in der Volksmedizin eingesetzt gegen chronische Bronchitis, Asthma, Gastritis, Beschwerden der Nieren, Blase und Harnwege, infektiöse Erkrankungen der Vagina (Scheidenpilz), als Sedativum und gegen Sodbrennen, zum Erweichen von Hauterkrankungen mit Schorfbildung, Zahnschmerzen, Kopfschmerzen und das prämenstruelle Syndrom, historisch auch ein Mittel gegen Tuberkulose
Taubenkropf-Leimkraut – Eine Übersicht
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- Die abgekochte Wurzel diente als Seife und Waschlauge. Dafür graben Sie die Wurzel aus, reinigen sie und trocknen sie an einem warmen Ort ohne Stickluft.
- Die jungen Triebe können als Gemüse zubereitet werden, in Suppen, als Beilage oder im Salat, in einem Pesto oder in Kräuterbutter. Bitte beachten Sie hierbei die untenstehenden Hinweise zu Nebenwirkungen und Gegenanzeigen!
- Leimkraut ist eine gute Nahrungsquelle für Nachtfalter, da sie ihren Duft nur nachts abgibt.
- Der Presssaft der Pflanze war ein Hausmittel gegen Bindehautentzündungen. Wegen starker Reizung sollten Sie dies jedoch unterlassen.
- Leimkraut spielte in der Volksmedizin zwar keine große Rolle, wurde aber als Bad, getrunkener oder gegurgelter Tee, Presssaft, in Umschlägen und Auflagen gegen zahlreiche Erkrankungen genutzt.
- Leimkraut enthält medizinisch wirksame Flavonoide, Saponine, ätherische Öle und Bitterstoffe.
- Das pharmazeutische Potenzial des Leimkrauts ist noch unzureichend untersucht. Neuere Studien belegen Effekte gegen entzündliche Erkrankungen und Schmerzen, was den Nutzen traditioneller Anwendungen gegen derlei Beschwerden bestätigt.
Leimkraut – Inhaltsstoffe
Leimkraut liefert Saponine. Da diese Seifenstoffe mit Wasser eine Lauge bilden, wurden die Wurzeln genutzt, um Seife herzustellen.
Eine Gruppe Saponine im Leimkraut wurde nach dem Gattungsnamen Silenoside benannt, da sie besonders in diesen Pflanzen vorkommt. Darüber hinaus liefern Wurzel und Kraut Vitamin C und Bitterstoffe.
Dazu kommen Kalium in hoher Konzentration, Flavonoide (unter anderem Anthocyane, Vitexin, isovitexinorientin, Homofientin), Phytoecdysteroide. Daneben enthält es komplexe Kohlenhydrate sowie das Flavonglucosid Saponarin.
Außerdem enthält das Kraut Spuren von Alkaloiden und Cumarinen. Ebenso organische Säuren, ätherische Öle wie Longifolen, Thymol, Cyclohexylmethanol und Campher.
Medizinische Wirkung und Anwendung
Ein Review zum medizinischen Potenzial der Familie Nelkengewächse, der auch Leimkraut erfasste, vermerkte 2015: Der wichtigste Effekte der Spezies dieser Familie ist ihre Aktivität gegen Krebs, die eine große Anzahl der Arten zeigten.
Eine marokkanische Studie von 2016 kam zu dem Ergebnis, dass eine Creme aus Leimkraut deutlich gegen akute ebenso wie gegen chronische Entzündungen und Schmerzen wirkte. Es sei aber mehr Forschung nötig, um diese Erkenntnis in klinischen Studien zu nutzen.
Wie wirken Flavonoide?
Leimkraut enthält verschiedene Flavonoide. Diese sekundären Pflanzenstoffe dienen der Pflanze in vielfältigen biochemischen Prozessen.
Sie wirken gegen schädliche UV-Strahlung, halten pathogene Mikroben ab und schützen die Zellen vor Erosion. Eine 2016 abgeschlossene Langzeitstudie ergab, dass Flavonoide in der Nahrung bei regelmäßigem Verzehr nachhaltig das Gewicht senken und Übergewicht verhindern können.
Eine Dissertation an der Universität Kiel erläuterte: Arzneien mit Flavonoiden senken Fieber. Andere Flavonoide werden gegen Angstbeschwerden eingesetzt.
Medikamente, um die Knorpel zu schützen, enthalten oft Flavonoide. Andere dieser Pflanzenstoffe wirken gegen Allergien.
Außerdem verhindern bestimmte Flavonoide unkontrolliertes Gewebewachstum und damit Krebs. Pflanzen, die viele Flavonoide enthalten, dienen als Mittel gegen Herz- und Lebererkrankungen. Sie verbessern die Durchblutung und unterstützen die Venen.
Anthocyane in der Medizin
Leimkraut enthält Anthocyane. Diese Flavonoide sind Farbstoffe.
Anthocyane wirken vermutlich in der DNA gegen oxidativen Stress, helfen, das Ausschütten von Insulin unter Kontrolle zu halten, sie hemmen Entzündungen und bremsen den Zelltod. Sie bekämpfen freie Radikale und beugen somit Krebs vor und zudem eine vorzeitige Alterung der Haut.
Darüber hinaus wirken sie wie auch andere Flavonoide gegen möglicherweise pathogene Mikroben. Eine Studie kam 2007 zu dem Ergebnis: Anthocyane vermindern Plasmakonzentrationen von Stoffen, die Entzündungen fördern, wirken also anti-entzündlich.
Allerdings lassen sich Laborstudien außerhalb des menschlichen Körpers mit isolierten Flavonoiden nur schwer auf die direkte Verwertung im Organismus übertragen. So nimmt der Körper manche Anthocyane, zum Beispiel in Weintrauben, schlecht auf.
Zwar übersteigt der antioxidative Effekt den von Vitamin C und E deutlich. Jedoch ist die Bioverfügbarkeit der Vitamine weit besser.
Was sind Saponine?
Saponine dienen der Pflanze als Schutz gegen schädliche Mikroben. In Verbindung mit Wasser schäumen sie auf, darum heißen sie auch Seifenstoffe.
Chemisch sind Seifenstoffe Zucker (Glykoside) der Steroide, Steroidalkoloide und Triterpene. Zu Letzteren gehören die Silenoside im Leimkraut.
Saponine formen sich zu einem Ring. Dieser baut mit Zuckerketten eine Glykosidstruktur auf. Die Ketten können aus L-Rhamnose, D-Xylose, D-Galactose, D-Fructose, L-Arabinose oder D-Glucuronsäure bestehen.
Seifenstoffe in der Medizin
Saponine fördern den Aufbau von Antikörpern sowie von Gedächtniszellen. Saponine wirken gegen Bakterien und Pilze.
Sie bremsen Entzündungen und fördern den Harnfluss. Zudem verstärken sie die Produktion bestimmter Hormone.
Hustenmittel enthalten oft Saponine, denn Seifenstoffe lösen Schleim und erleichtern das Abhusten. In größeren Mengen dürfen Saponine nicht eingesetzt werden, denn dann wirken sie selbst entzündlich.
Saponine steigern den Blutdruck und gleichen das Cholesterin aus. Sie halten die Immunabwehr stabil und wirken antibiotisch.
Laut einem deutschen Review aus 2011 sind Saponine besonders interessant, um Stoffe in der Krebsmedizin zu gewinnen.
Wie wirken Bitterstoffe?
Bitterstoffe, wie sie Leimkraut enthält, stimulieren Bauchspeicheldrüse, Leber und Galle. Sie inspirieren so die Verdauung und vermehren die Salzsäure im Magen. Dadurch bremsen Bitterstoffe Heißhunger auf Süßes.
Sie unterstützen eine Diät, da das Bedürfnis nachlässt, sich Zucker zuzuführen. Zudem ermöglichen sie, Nahrung leichter zu verdauen.
Sie wirken gegen Beschwerden im Magen-Darm-Trakt und gegen pathogene Mikroben. Bitterstoffe helfen besonders dabei, fettreiches Essen und Kohlenhydrate zu verarbeiten.
In der Volksmedizin sind Speisen mit Bitterstoffen Appetitanreger, regen den Speichelfluss und die Darmsäfte an. Gerade deshalb sollten Sie bei Bitterstoffen sehr vorsichtig sein, wenn sie unter Gallensteinen leiden oder Magengeschwüre haben.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen
Zwar war Leimkraut historisch ein Mittel gegen Gastritis. Es darf aber auf keinen Fall eingesetzt werden bei einer Magen-Darm-Entzündung, die mit einer verminderten Menge und einem gehemmten Ausstoß von Magensäure einhergeht.
Die Pflanze darf wegen ihrer im Übermaß vorhandenen toxischen Saponine, reizenden ätherischen Ölen sowie Flavonoiden und den (wenn auch nur in geringer Konzentration vorhandenen) Alkaloiden und Cumarinen nicht während der Schwangerschaft konsumiert werden. Ebenso dürfen stillende Frauen sowie Babys und Kleinkinder sie nicht einnehmen.
Leimkraut anpflanzen
Taubenkropf-Leimkraut wurzelt tief und hat kaum Ansprüche. Es eignet sich besonders für Stein- und Naturgärten.
Die Pflanze blüht den gesamten Sommer über. Sie hat deshalb inzwischen auch einen festen Platz in Ziergärten.
Der Standort sollte sonnig sein, und der Boden reichlich Kalk enthalten. Ist dies der Fall, braucht die Pflanze kaum Pflege.
Sie muss weder gedüngt noch zusätzlich bewässert werden. In der heutigen Zeit des Insektensterbens ist Leimkraut von hohem ökologischem Wert.
Die Blüten verströmen ihren Duft nur in der Nacht und sind eine erstklassige Nahrungsquelle für Nachtfalter und alle Arten von nachtaktiven Insekten. Da es sich um eine heimische Pflanze handelt, können auch viele hiesige Insekten Arten das Leimkrauts zur Ernährung nutzen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Monica L Bertoia, Eric B. Rimm, Kenneth J. Mukamal etnal: Dietary flavonoid intake and weight maintenance: three prospective cohorts of 124 086 US men and women followed for up to 24 years; in: The BMJ, Issue 352, Seite 352, 2016, bmj.com
- Smahane Boukira, Latifa El Mansouri, Bouarfa Mouna et al.: Phytochemical Screening, Anti-Inflammatory and Analgesic Activities Of Formulation Cream of Silene vulgaris; in: Research Journal of Medicinal Plants, Volume 10, Issue 2, 2016, scialert.net
- Satish Chandra, D. S. Rawat: Medicinal plants of the family Caryophyllaceae: a review of ethno-medicinal uses and pharmacological properties; in: Integrative Medicine Research, Volume 4, Issue 3, Seiten 123-131, 2015, sciencedirect.com
- Annette Karlsen, Lars Retterstöl, Petter Lake et al.: Anthocyanins inhibit nuclear factor-B activation in monocytes and reduce plasma concentrations of pro-inflammatory mediators in healthy adults; in: The Journal of Nutrition, Volume 137, Seiten 1951-1954, 2007, oup.com
- Bettina Schwanck: Flavonoide als potentielle Inhibitoren des darmständigen Natrium-abhängigen GlucoseCotransporters 1 (SGLT1). Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel vorgelegt von Bettina Schwanck, Kiel, 2012, uni-kiel.de
- Mayank Thakur, Matthias F. Melzig, Alexander Weng et al.: Chemistry and pharmacology of saponins: Special focus on cytotoxic properties; in: Botanics Targets and Therapys, Volume 2011, Issue 1, Seiten 19-29, 2011, dovepress.com
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