Umckaloabo, das Extrakt aus der Kapland-Pelargonie, erlebte Anfang des 21. Jahrhunderts einen Hype und gehörte zu den am häufigsten verkauften pflanzlichen Mitteln, die sich in Apotheken rezeptfrei erwerben ließen. Dieser Boom ließ nach, als sich herausstellte, dass Hersteller mit dubiosen Methoden das Mittel vermarktet hatten, die im Grenzbereich zum Verbraucherbetrug lagen. Indessen hat die Wurzel aus der afrikanischen Pelargonie tatsächlich medizinische Wirksamkeit, ist aber nicht das „Wüstenwunder“, als das sie anboten wurde.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Pelargonium sidoides
- Volksnamen: Kapland-Pelargonie, Pelargonienwurzel, Südafrikanische Geranie, Südafrikanische Pelargonie
- Pflanzenfamilie: Storchschnabelgewächse (Geraniaceae)
- Vorkommen: Südliches Afrika, vor allem Lesotho und Transvaal
- Verwendete Pflanzenteile: Wurzel
- Inhaltsstoffe: Gerbstoffe, Cumarine, Flavonoide, Polyphenole und ätherische Öle.
- Anwendungsgebiete:
- Erkältungen
- Heiserkeit
- Husten
- akute Bronchitis
- Mandelentzündungen
- Nasennebenhöhlenentzündungen
Übersicht
- Die Kapland-Pelargonie ist eine Geranienart aus dem südlichen Afrika.
- Die Einheimischen nutzen die Wurzeln der Südafrikanische Geranie als traditionelles Heilmittel.
- Die Bezeichnung Umckaloabo besteht aus den Zuluworten „umKhulkane“ wie Lungenleiden und „uUhlabo“ wie Schmerzen in der Brust. Der Name verweist also bereits auf den Einsatz als Arzneipflanze.
- Kapland-Pelargonie wächst bis zu 50 Zentimeter hoch. Für Heilzwecke interessant ist aber nicht das Kraut, sondern die dicke braune Wurzel. Diese dient der Wüstenpflanze dazu, Dürre, Hitze und Brände zu überstehen.
- Die Arznei wird aus dreijährigen Wurzeln gewonnen, die mit Alkohol extrahiert und zu Tropfen, Saft, Kapseln und Tabletten verarbeitet werden. Diese Fertigarzneien sind auf Wirkstoffgehalte standardisiert, da die Menge der bioaktiven Komponenten stark schwankt – je nach Umweltbedingungen.
- Ein Hype auf dem europäischen Markt bedrohte die Wildblume, die nur langsam wächst. Die Bestände erholten sich etwas, seitdem die Pflanze in Südafrika kommerziell angebaut wird.
Inhaltsstoffe
Die Wurzel enthält fast 10 Prozent Gerbstoffe, die adstringierend wirken. Unter den Cumarinen ist das Umckalin der Hauptwirkstoff der Pflanze. Hinzu kommen Flavonoide, Polyphenole und ätherische Öle.
Medizinische Wirkungen
Umckaloabo wirkt mäßig gegen Viren und Bakterien und als Schleimlöser. Es fördert die Abwehrkräfte und hemmt so das Vermehren von Krankheitskeimen. Fertigpräparate aus der Wurzel sind ein Mittel gegen akute und chronische Infektionen der Atemwege. Vermutlich verhindern die Phenole des Extraktes, dass Bakterien an Schleimhautzellen andocken können. Das Eindringen der Erreger in tieferes Gewebe wird so blockiert und eine Ausbreitung gebremst. Außerdem werden durch Umckaloabo die Immunzellen mobilisiert, die infizierte Zellen zerstören. Pelargonium sidoides und eine verwandte Art stimulieren das körpereigene Immunsystem.
Kapland-Pelargonie gegen Bronchitis
Eine deutliche Wirkung gegen Bronchitis wurden in Studien von 2005 und 2007 nachgewiesen. Auch eine in 2008 veröffentlichte Metastudie kommt zu dem Schluss, dass die bis dahin verfügbaren Daten gute Hinweise auf eine Wirksamkeit ergeben.
Wirkung gegen Bakterien
Eine antibaktierielle Wirkung eines Pelargoniumextraktes gegen A-Streptokokken konnte 2007 im Laborversuch nachgewiesen werden. Eine Studie aus dem gleichen Jahr deutet darauf hin, dass Extrakte aus der Pelargoniumwurzel das Ausschütten von antimikrobiellen Peptiden im menschlichen Blut (Vollblut) stimulieren.
Nebenwirkungen
Gelegentliche Nebenwirkungen sind Beschwerden im Magen-Darm-Trakt, bisweilen Blutungen am Zahnfleisch und in der Nase. Überempfindlichkeit tritt sehr selten auf und geht einher mit Gesichtsschwellung, Atemnot und einem Abfall des Blutdrucks.
Gegenanzeigen
Cumarine fördern nicht nur die Durchblutung, sie erhöhen auch das Blutungsrisiko. Wer Blutverdünner einnimmt oder zu Blutungen neigt, sollte keine Pelargoniumpräparate einnehmen. Für Kinder sind die Extrakte wegen ihrem Alkoholgehalt nicht geeignet. Sie dürfen kein Umckaloabo zu sich nehmen, wenn sie an Leber- und Nierenerkrankungen leiden. Da es keine validen Studien zu Wirkungen auf Föten und Säuglinge gibt, sollten Sie während der Schwangerschaft und Stillzeit auf Umckaloabo verzichten.
Wechselwirkungen
Sie sollten Umckaloabo nicht zusammen mit blutverdünnenden Mitteln einnehmen, da sich die Wirkungen gegenseitig verstärken können.
Umckaloabo in der Volksmedizin
Pelargonium sidoides und verwandte Arten sind im südlichen Afrika traditionelle pflanzliche Arzneimittel, meist werden die Wurzeln verwendet, aber auch die Blätter. Sie dienen zum Beispiel dazu, bakterielle Magen-Darm-Erkrankungen zu behandeln, vor allem solche, die mit Durchfall verbunden sind. Darüber hinaus werden sie angewandt gegen innere Parasiten. Die Zulus verwenden Umckaloabo traditionell gegen Brusterkrankungen mit schwerem Husten.
Umckaloabo kaufen
Umckaloabo lässt sich rezeptfrei in Apotheken erwerben, auch online über Versandapotheken. Erhältlich ist es als Fertigpräparat in Form von Tropfen, Sirup und Tabletten oder als getrockneter Wirkstoff.
Umckaloabo Tropfen
Die Tropfen nehmen Sie morgens, mittags und abends jeweils mit Wasser ein. Erwachsene sollten nicht mehr als 90 einnehmen. Kinder sollten Sie nicht nehmen, da sie 12 Prozent Alkohol enthalten.
Umckaloabo Tabletten
Statt Tropfen können Sie auch Tabletten einnehmen. Beachten Sie die Verpackungsbeilage, da die Einnahmemenge von der Dosierung der Tabletten abhängt.
Umckaloabo Anwendung
Die Präparate aus den Wurzeln werden eingesetzt bei
- Erkältungen,
- Husten,
- Heiserkeit,
- akuter und chronischer Bronchitis,
- Nasennebenhöhlenentzündungen und
- Mandelentzündungen
In Deutschland ist Umckaloabo lediglich als Mittel gegen akute Bronchitis anerkannt.
Zwischen Marketing und Verbrauchertäuschung
Das Pelargonium-Extrakt gehörte in jüngster Zeit zu den rezeptfreien pflanzlichen Mitteln, die den größten kommerziellen Erfolg brachten. Der Grund dafür waren nicht „Wunderheilkräfte“ der seit langem bekannten Pflanze, sondern eine aggressive Marketingkampagne, die auf Sonderwerbeformen wie Schleichwerbung setzte, darunter Werbeclips bei Sat1, die nicht als solche gekennzeichnet wurden. Das Mittel wurde dort allgemein gegen Erkältungen und Schnupfen angepriesen, während lediglich die Indikation gegen akute Bronchitis offiziell als Wirkungsangabe zugelassen wurde.
Das Marketing setzte dabei unseriöse Versprechen ein, die gewöhnlich bei Pseudomedizin üblich sind. So sollte Pelargonium-Extrakt keine Nebenwirkungen haben, obwohl Nebenwirkungen auftreten können und besonders die herabgesetzte Fähigkeit zur Blutgerinnung nach Einnahme zu Problemen führen kann.
Es meldeten sich Anwender, die den gepriesenen Pelargonium bei entzündeten Nasenschleimhäuten gegen Erkältung nutzten und daraufhin stark aus der Nase bluteten. Auch Hautausschlag, Entzündungen und erhöhte Leberwerte gehören zu den unerwünschten Nebenwirkungen.
Das seit Jahrzehnten gewährte „Wüstenwunder“?
Der Extrakt sollte „vielfältig wirksam“ sein, obwohl nur die Wirkung gegen akute Bronchitis offiziell anerkannt ist und nur wenige Effekte gegen Bakterien und für ein gestärktes Immunsystem durch Studien belegt sind.
Inbesondere fokussierte sich das Marketing auf den afrikanischen Ursprung der Pflanze und stellte sie als eine Art „Geheimmedizin aus der Wüste“ vor. Dieses „Wüstenwunder“ wurde als „seit Jahrzehnten bewährt“ vermarktet, ohne zum Beispiel zu erwähnen, dass die British Medical Association (BMA) Charles H. Stevens, der Umckaloabo in Großbritannien als Mittel gegen Tuberkulose verkaufte, Betrügerei nachgewiesen hat und gerichtsfest feststellte, dass sein Mittel eine Fälschung war.
Fazit
Umckaloabo ist ein Hausmittel gegen Bronchitis, das heißt es wirkt antiviral, leicht antibakteriell und gegen verschleimten Husten. Es hat aber nicht die Wunderwirkungen, mit denen eine zwielichtige Marketingkampagne versuchte es unter die Leute zu bringen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Agbabiaka, T.B; Guo, R.: Pelargonium sidoides for acute bronchitis: a systematic review and meta-analysis. Phytomedicine 15: 378-385. 2008. , Science Direkt
- Brendler, T.; van Wyk, B.-E.: A historical, scientific and commercial perspective on the medicinal use of Pelargonium sidoides (Geraniaceae). In: Journal of Ethnopharmacol, 2008, Vol. 119, S. 420-433, Science Direct
- Chucalin, A.G., Berman, B. Et al.: Treatment of acute bronchitis in adults with a Pelargonium sidoides preparation (EPs® 7630): a randomized, double-blind, placebo-controlled trial. In: Explore, 2005, Vol. 1, Issue 6, S.437-445, Science Direct
- Janecki, A: Beitrag zur Kenntnis der Inhaltsstoffe und der Wirkung des Pelargonium sidoides Spezialextraktes EPs® 7630, Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) eingereicht im Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin. 2012, FU Berlin
- Conrad, A; Jung, I. et al.: Extract of Pelargonium sidoides (EPs® 7630) inhibits the interactions of group A-streptococci and host epithelia in vitro. In: Phytomedicine, 2007, Vol. 14, Suppl. 6, S. 52-59, Science Direct
- Koch, E.; Wohn, C.: Pelargonium sidoides root extract EPs® 7630 stimulates release of antimicrobial peptides from neutrophil granulocytes in human whole blood. In: Planta Medica, 2007, Vol. 73, Issue 9, S. 846, Thieme
- Kolodziehj, H.: Fascinating metabolic pools of Pelargonium sidoides and Pelargonium reniforme: traditional and phytomedicinal sources of the herbal medicine Umckaloabo. In: Phytomedicine, 2007, Ausg. 14, Suppl. 6, S. 9-17, Prime
- Matthys, H.; Heger, M.: Treatment of acute bronchitis with a liquid herbal drug preparation from Pelargonium sidoides (EPs® 7630): a randomised, double-blind, placebo-controlled, multicentre study. In: Current Medical Research and Opinion, 2007, Vol. 23, Issue 2,S. 323-331, Taylor & Francis Online
- T. Gödecke: Phytochemische und pharmakologische Untersuchungen an Pelargonium sidoides DC. Dissertation. Freie Universität. Berlin 2005.
- Blochin, B.; Haidvogl, M. et al.: Umckaloabo im Vergleich zu Acetylcystein bei Kindern mit akuter Bronchitis: prospektive, randomisierte, kontrollierte, offene Studie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit. In: Der Kassenarzt, 1999, Ausg. 49, S. 46-50
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.