Echte Vanille gehört zu den teuersten Gewürzen – und zu den beliebtesten. Als Heilpflanze ist sie hingegen kaum noch bekannt, und das liegt vermutlich auch am exorbitanten Preis. Die Azteken bezeichneten die Orchidee mit den gelb-weißen Blüten als „schwarze Blume“, konsumierten sie mit Kakao und setzten sie als Heilpflanze ein. Die medizinische Forschung interessiert sich heute für das in Vanilla planifolia enthaltene Vanillin als potenzielles Mittel gegen Krebs.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Vanilla planifolia (Gewürzvanille)
- Volksnamen: Echte Vanille, Gewürzvanille, Königin der Gewürze (Vanillestangen / Vanilleschoten)
- Familie: Orchideen (Orchidaceae)
- Verbreitung: Ursprünglich Südostmexiko und Guatemala. Heute auch Madagaskar, Réunion, Indonesien und andere Tropenländer.
- Verwendete Pflanzenteile: Die getrocknete Fruchtkapsel
- Inhaltsstoffe: Vanillin, Guajacol, p-Kresol, Kreosol, Vanillinsäure, Vanillylalkohol, Piperonal, Harze, Schleimstoffe, Fette, bioaktive Enzyme, Katecholamine, Alkaloide
- Anwendungsgebiete: In der Aromatherapie, als Aphrodisiakum, bei Muskel- und Potenzschwäche, gegen Menstruationsprobleme, gegen Gallen- und Verdauungsprobleme, als Stimmungsaufheller, gegen Rheuma, bei Pilzinfektionen
Vanille – eine Übersicht
- Vanillezucker ist heute „nur“ eine Küchenzutat. Historisch bereiteten ihn hingegen Apothekerinnen und Apotheker als Arznei zu. Vanille wirkt nachgewiesen gegen pathogene Mikroben.
- Echte Vanille ist eine Kletterorchidee aus Mittelamerika.
- Als „Königin der Gewürze“ nutzen wir ihre getrocknete Fruchtkapsel. Echte Vanille ist nach Safran das teuerste Gewürz der Welt.
- Vanille leitet sich vom spanischen „vainilla“ ab, und das bedeutet „kleine Schote“. Nach Europa kam die Vanille vor allem als Luxusgewürz, weniger als Heilpflanze.
- Die Tahiti-Vanille (Vanilla tahitensis) und die Guadeloupe-Vanille (Vanilla pompona) werden ebenfalls kultiviert. Die Insel Réunion bei Madagaskar hieß früher als französische Kolonie „Bourbon“ – nach der Herrscherfamilie der Bourbonen. Daher stammt der Begriff Bourbon-Vanille für die dort angebauten Orchideen, zudem ein Synonym für außerordentlichen Geschmack.
- Die Aztekinnen und Azteken in Mexiko nannten Vanille „tlilxochitl“, das bedeutet „dunkle oder schwarze Blume“.
- Die Blüte der Vanilleorchidee ist weiß-gelb. Die weiß-gelbe Farbe im Vanillepudding ist hingegen ein Farbstoff, der nicht von der verwendeten Vanille kommt und die Farbe der Blüte imitiert.
Inhaltsstoffe
Das Aroma der Vanille kommt vom Vanillin, ergänzt durch andere Stoffe wie Guajacol, p-Kresol und Kreosol. Vanillin als Geschmacksstoff bildet sich nicht in der lebenden Pflanze, sondern erst durch Fermentieren aus Vanillinglucosid.
Eine Vanilleschote ergibt 1,5 Prozent bis drei Prozent Vanillin, bei Bourbon-Vanille liegt der Gehalt bei 3,2 Prozent bis 3,7 Prozent. Vanillin hat eine ähnliche Wirkung wie Pheromone und wirkt so auf unser Nervensystem und unsere Gefühle ein – Pheromone sind chemosensorische Duftstoffe, mit denen Mitglieder einer Spezies kommunizieren.
Echte Vanille enthält Vanillinsäure, Vanillylalkohol und Piperonal (wie Vanillin ein Aromastoff), dazu kommen Harze, Schleimstoffe, Fette und bioaktive Enzyme. In Vanille befinden sich auch Katecholamine, die auf die Nerven einwirken und das Herz-Kreislauf-System beeinflussen.
Katecholamine sind Vermittlerstoffe des Nervensystems und Hormone, wie sie bei einer Stressreaktion freigesetzt werden, wo sie das Herz-Kreislauf-System anregen. Alkaloide schützen die Pflanze vor schädlichen Mikroorganismen. Diese keimtötende Wirkung zeigt sich auch beim Menschen, wie eine Studie belegen konnte.
Medizinische Wirkungen
Vanille werden verschiedene medizinische Wirkungen zugeschrieben. Nicht alle von ihnen sind bis heute wissenschaftlich belegt. Vanille soll zum Beispiel allgemein beleben, psychisch und körperlich entspannen, das Ausschütten der Galle fördern, die Muskeln stärken und die Menstruation ankurbeln.
Vanille als Antioxidans und zur Luststeigerung
Vanille soll die sexuelle Lust und Potenz fördern. Die Vanille traditionell zugeschriebene Wirkung als Aphrodisiakum ließ sich bei Vanillin in einer Studie wissenschaftlich belegen – allerdings bislang nur bei Laborratten.
In vitro-Modelle zeigten im Rahmen einer weiteren Studie auch, dass ein Vanilleextrakt antioxidativ wirkte, also die schädigende Wirkung freier Radikale im Körper auffangen kann.
Vanille gegen Krebs und Strahlen
Wissenschaftlich untersucht ist besonders der Stoff Vanillin. Vanillin verhindert vermutlich chromosomale Schäden durch Röntgenstrahlen und UV-Licht, wie eine andere Studie nahelegt.
Durch eine wissenschaftliche Untersuchung belegt ist zudem, dass Vanillin Zellschäden repariert und Zellveränderungen aufhält (antimutagen). Diese Eigenschaft bringt es für potenzielle Mittel gegen Krebs ins Spiel. Eine Pionierstudie fand signifikante Hinweise auf antimutagene Effekte und antikarzogene Wirkungen des Vanillins bei Darmkrebs, die die Basis für weiterführende Forschung geben könnten.
Vanille gegen Mikroben und Blutarmut
In einer wissenschaftlichen Studie dokumentiert sind auch antimikrobielle Wirkungen der Echten Vanille gegen Hefepilze und von diesen ausgelöste Erkrankungen sowie gegen andere pathogene Mikroorganismen wie Kolibakterien. Und Vanillin ist nicht zuletzt ein potenzielles Mittel gegen Sichelzellenanämie, bei der sich die roten Blutkörperchen verformen, wie eine weitere Forschungsarbeit zeigt.
Vanille – Medizingeschichte
Eine aztekische Chronik berichtet, dass die Totonaken an den Aztenkenherrscher Tribut in Form von Vanille liefern mussten. Sie gelten als diejenigen, die das Wissen um den Anbau der Echten Vanille und ihre Verarbeitung hatten und glaubten, die Orchidee sei aus einer Prinzessin ihrer Kultur entstanden. Den Azteken und Totonaken diente die Vanille auch als Arznei.
Der Aztekenherrscher Moctezuma II soll großer Freund eines Getränks aus Kakaobohnen und Vanilleschoten gewesen sein – der Name des Getränks war „chocolatl“– daher stammt der Begriff Schokolade. Der erste Europäer, der auf diese Art Vanille zu sich nahm, war vermutlich der Eroberer des Aztekenreiches, Hernándo Cortés (1485-1547), den Moctezuma mit dem „chocolatl“ bewirtete.
Nachdem die Spanier Amerika unterworfen hatten, stellten sie den Anbau der Echten Vanille unter ihr Monopol. So kam die „Königin der Gewürze“ nach Europa, die teuren Fruchtschoten waren in der Alten Welt heiß begehrt. Das lag nicht nur am erlesenen Geschmack, sondern auch am Ruf der „schwarzen Blume“: Sie sollte die sexuelle Begierde und Potenz entfachen.
Bereits gegen 1510 wurde Vanille nach Europa eingeführt, und über 350 Jahre blieb Mexiko der einzige Produzent. 1733 wurde versucht, Vanille in Europa zu kultivieren, das scheiterte aber, weil die natürlichen Bestäuber fehlten. Edmund Albins entwickelte eine praktische Methode, Vanille per Hand mit einem Bambusstab zu bestäuben.
Damit begann die kommerzielle Produktion von Vanille, und Frankreich legte Vanilleplantagen in seinen Kolonien an – auf den Westindischen Inseln, Französisch-Ozeanien, an der Ostküste Madagaskars, Réunion (damals Bourbon) und auf den Komoren. 1890 wurde Vanille dann erfolgreich kultiviert in Java, auf Tahiti, Sansibar, Jamaika und in anderen Tropenregionen.
Echte Vanille galt in Europa auch über die sexuelle Stimulation hinaus als Heilmittel. Sie sollte den Magen und das Gehirn stärken, „die Winde zerteilen“ (gegen Blähungen wirken), die „monatliche Reinigung (Menstruation) befördern“, Nach- und Totgeburten austreiben und bei der natürlichen Geburt helfen. Zudem sollte Vanille gegen Schlangenbisse und andere Gifte helfen.
Vanille in der Küche
Vanillezucker findet sich in der Schokoladenproduktion, Vanillegeschmack wird zahlreichen kommerziellen Produkten zugesetzt: Likören wie Brandy und Whisky, purer Vanilleextrakt ist begehrt für Eiscreme, Softdrinks, Konfekt, Süßigkeiten, Tabak, Backwaren, Puddings, Kekse und Torten, Kaffee, Karamell und Milchprodukte. Dabei hat Vanille in Lebensmitteln zusätzlich zum außerordentlichen Geschmack auch noch gesundheitlichen Wert: Sie dämmt schädliche Bakterien ein, was besonders bei offenen Fruchtpürees von Bedeutung ist.
Vanillin
Die konventionelle Kultivierung der echten Vanille ist sehr arbeitsaufwändig, da die Pflanzen per Hand bestäubt werden müssen. Deswegen werden Vanillepflanzen nicht in großem Ausmaß angebaut, und das Endprodukt ist teuer. Auch aus diesen Gründen wurde der Geschmacksträger Vanillin synthetisch produziert oder aus anderen Pflanzen extrahiert.
1874 gelang es den Herren Haarmann und Tiemann in Holzminden im Weserbergland, den Geschmacksträger Vanillin synthetisch zu produzieren. Heute findet er sich massenhaft in der Nahrungsmittelindustrie und gehört für uns zum Alltag.
Natürliche Vanille blieb weiterhin teuer, und sie ist es bis heute: Das Aroma der Echten Vanille besteht neben Vanillin aus diversen Begleitstoffen, und der Geschmack des synthetischen Vanillins reicht an Echte Vanille nicht heran.
Vanillin lässt sich nicht nur künstlich herstellen, sondern auch aus anderen natürlichen Quellen als der Vanilleschote ziehen: Vanillin lässt sich mit Mikroorganismen aus Zuckerrüben produzieren. „Natürlicher Aromastoff Vanillin“ ist ein erlaubter Begriff für Vanillin, das aus natürlichen Quellen gewonnen wurde – zum Beispiel aus besagten Zuckerrüben, die viel preiswerter sind als echte Vanille.
Vanilleextrakt und Vanillezucker
Vanillinzucker und Vanillezucker werden häufig verwechselt. Vanillinzucker besteht nur aus dem Stoff Vanillin und Zucker. Vanillin ist zwar Bestandteil des Aromas der Vanille, aber nur eine Komponente (zum Beispiel hat auch das in echter Vanille enthaltene Piperonal ein mandel-vanilleartiges Aroma). Vanillezucker besteht aus Vanille und Zucker. Vanilleextrakt wird vollständig aus der Vanilleschote gewonnen und enthält die gleichen Stoffe wie die Vanilleschote.
Vanille-Aroma
Die Kennzeichnung „Natürliches Vanillearoma“ ist nur erlaubt, wenn das Aroma zu mindestens 95 Prozent aus der Vanille kommt. „Natürliches Aroma“ bedeutet lediglich, dass ein Aroma aus natürlichen Ausgangsstoffen stammt – nicht (notwendig) aus der Vanille. „Aroma“ kann ebenso natürlich sein wie chemisch-synthetisch produziert. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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