Der Gemeine Wacholder (Juniperus communis) liebt Sonne und steinigen Boden. Er ist in Europa weit verbreitet, befruchtete die Mythologie als Strauch des Lebens und ist seit dem Altertum als Medizinpflanze begehrt.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief zum Wacholder
- Wissenschaftlicher Name: Juniperus communis
- Volksnamen: Weihrauchbaum, Feuerbaum, Reckholder, Machandelbaum, Kranawitterstrauch, Grammelstaude, Räucherstrauch, Wachandel, Wachtelbeerstrauch, Machandelboom, Jochandel, Kaddig, Kranewitt, Wecholter
- Familie: Zypressengewächse (Cupressaceae)
- Verbreitung: Der Gemeine Wacholder hat die weiteste Verbreitung aller Nadelhölzer. Er wächst von Nordamerika über den Süden Grönlands, in nahezu ganz Europa und in weiten Teilen des nördlichen und gemäßigten Asiens bis hinein nach Südasien. Außerdem kommt er in Afrika nördlich der Sahara vor.
- Verwendete Pflanzenteile: Beeren, Blätter und Zweige
- Anwendungsgebiete: Verdauungsstörungen, Blähungen, Bauchleiden, Appetitlosigkeit, Befall mit Parasiten, Blasen- und Harnwegsinfektion
Juniperus communis – Die wichtigsten Fakten
- Der Gemeine Wacholder wächst in ganz Europa auf steinig-sonnigen Flächen.
- Seit Jahrtausenden ist Wacholder als Würzmittel und Arznei bekannt.
- Die Pflanze desinfiziert die Harn- und Atemwege, fördert die Verdauung wie den Auswurf bei Husten und wirkt als leichtes Sedativum.
- Wacholder ist in der Volksheilkunde als Mittel gegen Gicht, Rheuma und Arthritis bekannt.
- Viele Heilwirkungen ließen sich in wissenschaftlichen Studien belegen. Wacholder wirkt antibakteriell, antioxidativ und gegen Pilze.
Inhaltsstoffe
Wacholder verfügt über ätherische Öle wie Pinen, Camphen, Junen, Terpineol und Cadinen, darüber hinaus über organische Säuren, Zucker und Juniperin. Die Beeren enthalten Apigenin, Rutin, Luteolin, Quercetin-3-O-Arabinosyl-Glukoside, Scutellarein, Nepetin, Amentoflavone und Bilobetin.
In den Blättern finden sich Cupressuflavon, Hinokiflavon, Biflavone, Isocryptomerin und Sciadopitysin. Die Samen enthalten Hämagglutinin. Hinzu kommen Diterpene und Diterpenoide. Früchte und Samen verfügen weiterhin unter anderem über Camphen, Wachs, Ascorbinsäure und fermentierbare Zucker.
Das aus den Beeren gewonnene Wacholderöl besteht vor allem aus Monoterpen-Kohlenwasserstoffen (englisch: monoterpene hydrocarbons) wie unterschiedlichen Pinen, Sabinen, Myrcen und Limonen.
Medizinische Verwendung von Wacholder
Wacholder wird traditionell eingesetzt bei
- Verdauungsproblemen,
- Bauchschmerzen,
- Flatulenz,
- Schmerzen im Herzbereich,
- Appetitlosigkeit,
- Darminfektionen
- sowie bei Wurmbefall in den inneren Organen.
Er gilt als Mittel gegen Infektionen des Harntrakts und soll gegen Blasen- wie Nierensteine helfen. Wacholder war ein Mittel gegen Schlangenbisse, Gelenk- wie Muskelschmerzen und zur Heilung äußerer Wunden. Das inhalierte Öl soll gegen Bronchitis und andere Infektionen der Atemwege ebenso helfen wie gegen Tuberkulose.
Aktuelle Studien weisen auf abführende Wirkungen, antientzündliche Stoffe sowie eine antioxidative Aktivität hin. Ebenso konnte ein Potenzial gegen Pilze, bakterielle Erkrankungen, gegen kataleptische Beschwerden sowie eine potenzielle Wirkung gegen die Nervenschäden bei Parkinson und Diabetes gezeigt werden.
Im Rahmen einer Studie der Süleyman-Demirel-Universität und der Universität Sakarya (Türkei) wurde der Einfluss von Wacholderbeerenöl auf überschießendes Cholesterin im Körper untersucht und zwar an Albinoratten mit einem Gewicht von 200 bis 250 Gramm. Es zeigte sich, dass das Wacholderöl einem Anstieg des Cholesterins entgegenwirkte.
Antibakterielle Effekte
In einer Studie der Kumaun University (Indien) wurden Extrakte aus Wacholderblättern auf ihre Wirkung gegen fünf pathogene Bakterien hin untersucht, welche gegen viele Medikamente resistent sind (Bacillus subtilis, Erwinia chrysanthemi, Escherichia coli, Agrobacterium tumefaciens and Xanthomonas phaseoli). Der Methanolextrakt von Juniperus communis erwies sich als sehr effektiv im Vergleich zu herkömmlichen Antibiotika.
Wacholderextrakte gegen Krebs?
Wasserextrakte von Juniperus communis können einer Studie des schwedischen Karolinska-Instituts und der Universität Helsinki zufolge den Zelltod von verschiedenen Krebszellen auslösen. Weitere Forschung ist nötig, um möglicherweise neue Medikamente gegen Tumore zu entwickeln.
Sind Wacholderbeeren sicher oder unsicher?
Wacholderbeeren enthalten also chemische Stoffe, die gegen Entzündungen wirken und wahrscheinlich auch gegen Viren, Bakterien und Pilze. Sicher ist, dass Wacholder den Harndrang erhöht. In „normalen“ Dosen, ob als Geschmacksverstärker, Gewürz oder Arznei, sind Wacholder, Wacholderbeeren und Wacholderextrakte vermutlich sicher.
Mit großer Wahrscheinlichkeit ist es sicher, Wacholderpräparate kurzzeitig über den Mund einzunehmen, Wacholderöl zu inhalieren oder es auf die Haut in kleinen Bereichen aufzutragen. Beim Einreiben der Haut mit dem Öl sollten Sie indessen erst einmal austesten, ob sich Effekte einstellen wie Rötung, Hautbrennen oder Schwellungen.
Auf großen Wunden sollten Sie Wacholderöl nicht einsetzen. Unsicher ist es außerdem, Wacholder in großen Dosen beziehungsweise langfristig oral einzunehmen. Zu den ungewollten Effekten können zum Beispiel Nierenschäden gehören. Schwangere sollten Wacholder vermeiden, denn die Stoffe können die Fruchtbarkeit mindern und Fehlgeburten auslösen. Ebenso ist es ratsam, die Pflanze nicht während der Stillzeit anzuwenden, da Forschungen zu eventuellen negativen Auswirkungen noch ausstehen.
Achtung: Wenn Sie an den Nieren erkrankt sind, sollten Sie auf keinen Fall Wacholderpräparate einnehmen.
Wacholder bei Diabetes
Wacholder kann den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Für Diabetiker bedeutet das schnell ein Zuviel des Guten. Wer unter Diabetes leidet, sollte daher besser keine Wacholderbeeren konsumieren. Generell ist es ratsam, in Phasen, in denen es auf einen kontrollierten Blutzuckerspiegel ankommt, auf die blauen Beeren zu verzichten – zum Beispiel in den zwei Wochen vor einem chirurgischen Eingriff.
Hoher und niedriger Blutdruck
Forschungen dazu stehen noch aus, aber Wacholderbeeren könnten unter Umständen den Blutdruck beeinflussen und sich so schädlich bei Menschen auswirken, die unter Bluthochdruck oder zu niedrigem Blutdruck leiden.
Ungewollte Wechselwirkungen
Wacholderextrakte können ungewollte Wechselwirkungen auslösen bei Medikamenten gegen Diabetes. Diese dienen dazu, den Blutzucker niedrig zu halten. Wacholder senkt den Blutzucker ebenfalls. Die Kombination aus beidem führt dann dazu, dass der Zuckerspiegel zu niedrig wird.
Weniger dramatisch aber lästig sind die potenzierten Wirkungen von Abführmitteln und Wacholderextrakten. Hier verlieren Sie schnell zu viel Flüssigkeit. Erstens ist es nicht angenehm, ständig auf der Toilette zu sitzen, zweitens führt ein Mangel an Flüssigkeit zu niedrigem Blutdruck und Leistungsabfall.
Wacholder – Anwendungen
Aus den Früchten lässt sich ein Sud herstellen. Für diesen werden etwa zehn Gramm der Beeren mit 100 Milliliter kochendem Wasser übergossen. Lassen Sie den Wacholder-Sud ungefähr zehn Minuten ziehen, dann seihen Sie die Früchte ab. Ist die Flüssigkeit etwas abgekühlt, lässt sie sich mit einem Wickel, Umschlag oder einer Kompresse auf äußere Wunden auftragen und wirkt desinfizierend.
Innerlich angewandt ist Wacholderwein ein Mittel gegen Husten, er soll die Harnwege reinigen und den Harn treiben. Dazu setzen sie vier Gramm der Früchte auf 100 Milliliter Weißwein an, lassen alles zehn Tage ziehen und trinken dann ein kleines Glas des Weins vor den Mahlzeiten.
Wann lässt sich Wacholder sammeln?
Die Blätter lassen sich von Frühling bis Herbst durchgehend sammeln und zwar mitsamt der Zweige. Die Früchte werden erst geerntet, wenn sie vollreif sind, und das heißt blauschwarz und auf Druck ein wenig weich.
Lagerung
Sie trocknen die Blätter im Schatten und wenden sie häufig. Früchte und Holz trocknen am besten im Ofen bei geringen Temperaturen. Früchte wie Holz werden in Stoffsäckchen aufbewahrt, die Blätter in Porzellangefäßen oder Gläsern.
Mythologie und Kultur
Wacholder lässt sich bereits in Fundstätten von jungsteinzeitlichen Pfahlbauten nachweisen. Ob er damals als Nahrung, Medizin oder zu beidem diente, wissen wir nicht. Die antiken Ägypter nutzten Zweige von Juniperus als Rauchopfer für die Götter, außerdem fand man Beeren und Samen bei Mumien. Entgegen früheren Annahmen dienten diese allerdings wohl “nur” als Parfümierung, zur Mumifizierung der Leichen wurde nach neueren Analysen Zedernöl verwendet. Die Verwechslung wurde auch durch die begriffliche Überschneidung erklärt, denn das griechische “kedros” bedeutet sowohl Wacholder als auch Zeder.
Bei den germanischen Völkern östlich des Rheins galt Wacholder als heiliger Lebensbaum. Neben seiner medizinischen Wirkung lag das vermutlich daran, dass es sich um eine immergrüne Pflanze handelt, deren Nadeln im Winter aus dem Schnee leuchten.
Im Volksglauben des christlichen Mittelalters hatte Juniperus communis eine ambivalente Magie. So galt er als Todesbaum, der über die Begrabenen wachte, aber auch als Lebensbaum. Seelen, die nicht zur Ruhe kamen, sollten sich in den Baum zurückziehen.
Wacholder und Volksmedizin
Diese religiös-magischen Zuschreibungen verknüpften sich mit Wacholder in der Volksmedizin. So sollten Warzen verschwinden, wenn man einen Wacholderzweig darüber strich. Wacholderfeuer sollten Hexen, Teufel und Seuchen abhalten. In Bayern stecken Wanderburschen einen Wacholderzweig in den Hut und glaubten, dies verhindere, dass sie sich die Beine wund liefen.
Die alten Esten brachten unter einem Wacholder dem Schutzpatron des Nutzviehs und der Weiden Opfer dar. In Deutschland sollte man seinen Hut ziehen, wenn man an einem solchen Strauch vorbeikam, da er als Wohnort von Geistern galt. In Kärnten sollte ein Juniperus communis am Eingang der Höhle eines Riesen stehen, anderswo verdeckten die Sträucher die Eingänge zu den Wohnungen der Zwerge. In Norwegen sollte man nachts an Wacholdern Musik und Gesang hören, da sich hier die Elfen zum Fest trafen. In deutschen Sagen liegt unter dem Zypressengewächs der Schlüssel zu unterirdischen Reichen.
Wacholderbeeren in der Küche
Wacholderbeeren fanden sich frühzeitig in Speisen, und dies lag nicht nur an ihrem Geschmack, sondern auch an ihrer medizinischen Wirkung. Wacholderschnäpse wie Steinhäger in Deutschland, der britische Gin oder der Genever in den Niederlanden dienen dazu, nach einem schweren Essen die Verdauung auf Trab zu bringen. Das süß-herbe Aroma würzt Fischgerichte und vor allem Wild, aber auch Sauerkraut und Süßigkeiten. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bayrische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF): Beiträge zum Wacholder (Abruf: 7.1.2020), LWF
- Goethe-Universität Frankfurt am Main: Neuer Senckenbergischer Arzneipflanzengarten: Harnwege (Abruf: 7.1.2020), Uni Frankfurt
- Akdogan, M.; Koyu, A.; Ciris, M.; Yildiz, K.: Anti-hypercholesterolemic activity of Juniperus communis Lynn Oil in rats: A biochemical and histopathological investigation, in: Biomedical Research, 23/3: 321–328, 2012, Biomedical Research
- Gumral, Nurhan; Kumbul, Duygu Doguc; Aylak, Firdevs et al.: Juniperus communis Linn oil decreases oxidative stress and increases antioxidant enzymes in the heart of rats administered a diet rich in cholesterol, in: Toxicology and Industrial Health, 31(1): 85-91, Januar 2015, Epub Januar 2013, SAGE journals
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- Fierascu, Irina; Ungureanu, Camelia; Avramescu, Sorin Marius et al.: Genoprotective, antioxidant, antifungal and anti-inflammatory evaluation of hydroalcoholic extract of wild-growing Juniperus communis L. (Cupressaceae) native to Romanian southern sub-Carpathian hills, in: BMC Complementary and Alternative Medicine, 18/3, Januar 2018, BMC
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