Waldgeißbart wird traditionell als Hausmittel gegen Magenleiden und fiebrige Erkrankungen genutzt, außerdem, um den Organismus zu stärken und unruhige Gemütszustände zu beruhigen. Rezente Studien zeigen ein großes medizinisches Potenzial.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Aruncus dioicus / Aruncus silvestris
- Volksnamen: Waldspargel, Wildspargel
- Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
- Verbreitung: Auf der Nordhalbkugel, vor allem in Bergwäldern
- Verwendete Pflanzenteile: Vor allem die Wurzel, auch Kraut und Samen
- Inhaltsstoffe: Blausäure (Stängel, Blätter), Saponine
- Anwendungsgebiete: Unter anderem rheumatische Beschwerden, Insektenstiche, Magenleiden, nervöse Zustände, fiebrige Erkrankungen, geschwollene Füße, Stärkung des Organismus.
Waldgeißbart – Eine Übersicht
- Die Blätter des Waldgeißbart wurden wie Spinat verzehrt. Vom Rohverzehr ist dringend abzuraten, denn sie enthalten toxische Blausäure. Beim Kochen löst sich diese. In Italien werden die jungen Triebe auch heute noch gegessen und wie Spargel zubereitet.
- In der Volksmedizin und bei Nahrungsknappheit wurde Waldgeißbart wie Mädesüß eingesetzt, das „natürliche Aspirin“. Manche Medizinhistorikerinnen und Medizinhistoriker vermuten, dass Waldgeißbart und Mädesüß dabei schlicht verwechselt wurden.
- Aus den Wurzeln kann ein Brei zubereitet werden, der auf Insektenstiche aufgetragen wird.
- Geißbart enthält Saponine. Diese Seifenstoffe sind traditionell als Schleimlöser bei Husten beliebt.
- Der Name Geißbart stammt daher, dass die weißen Blütenstände die Menschen an das Haar einer Ziege erinnerten.
- In Norddeutschland ist Waldgeißbart aus Gartenbeständen verwildert.
- Geißbart bildet ein unterirdisches Rhizom, in dem die Pflanze den Winter ebenso übersteht wie Trockenheit.
- Heute ist Waldgeißbart als Sichtschutz und Zierde in Gärten beliebt.
Inhaltsstoffe
Waldgeißbart enthält an bioaktiven Stoffen vor allem Saponine. Diese sekundären Pflanzenstoffe lösen sich zum Teil in Wasser auf, zum Teil in Fett.
Es handelt sich um Zuckerstoffe von Steroiden, Steroidalkaloiden und Triterpenen. In Verbindung mit Wasser schäumen Saponine auf. Sie eignen sich wegen ihrer schleimlösenden Wirkung als Mittel, um abzuhusten.
Zu den bekannten Verbindungen im Waldgeißbart gehören Aruncin A, Aruncid A und Cimicfugolid. Eine italienisch-polnische Studie identifizierte 2016 fünf neue Substanzen im Waldgeißblatt: Aruncin C, D und E sowie die Aruncide D und E.
Medizinische Wirkungen
Die Saponine im Waldgeißbart sind Glykosid-Derivate von Steroiden. Diese schützen die Pflanze vor Parasiten und schädlichen Mikroben.
Waldgeißbart gilt als beruhigend für die Nerven und den Magen-Darm-Trakt. Ein Tee aus der Pflanze senkt Fieber und erleichtert das Abhusten bei Erkrankungen mit zähem Schleim in den Atemwegen. Einige Inhaltsstoffe zeigen eine geringe Wirkung gegen bösartige Prostatakarzinome.
Äußerlich aufgetragen, helfen Wirkstoffe im Geißbart gegen Hautentzündungen. Sie stillen den Blutfluss bei äußeren Wunden, da sie Gewebe zusammenziehen beziehungsweise die betroffenen Stellen austrocknen.
Besonders Universitäten in Südkorea forschten in den letzten Jahren zu den pharmakologischen und medizinischen Effekten des Waldgeißbarts. Eine dieser Studien hielt 2019 Effekte der Unterart Aruncus dioicus kamtschaticus gegen Diabetes und zellschädigende Oxidationsprozesse für belegt.
Eine Studie von 2012 aus dem ostasiatischen Staat kam zu dem Ergebnis, dass Extrakt aus Aruncus dioicus zur Prophylaxe gegen akute Nierenverletzungen helfen könnte.
Eine weitere koreanische Studie aus dem gleichen Jahr zeigt, dass ein Extrakt aus Waldgeißbart gegen UV B-induzierte Hautalterung helfen könnte und deshalb ein potenzieller Kandidat für kosmetische Produkte ist.
2011 hatte eine Studie bereits belegt, dass Extrakt aus der Unterart Aruncus dioicus kamtschaticus gegen pathogene Bakterien wirkt. Dazu gehören häufige Krankheitserreger wie Staphylococcus aureus und Kolibakterien.
Einer Studie von 2019 zufolge zeigte Waldgeißbart-Extrakt eine deutliche Wirkung gegen neurodegenerative Erkrankungen, die durch Übergewicht infolge fettreicher Ernährung ausgelöst werden. Dazu zählen die Alzheimer-Krankheit und Störungen des zentralen Nervensystems im Hirngewebe.
Waldgeißbart in der Volksmedizin und Medizingeschichte
Als Hausmittel und in der Medizingeschichte diente Waldgeißbart als Arznei gegen diverse Leiden. Dazu zählten Insektenstiche und Spinnenbisse, Gelenkschmerzen und rheumatische Erkrankungen sowie Fieber.
Darüber hinaus wurde es angewendet bei Schwellungen an den Füßen und Beinen, Venenerkrankungen, Problemen in Magen und Darm sowie gegen Geschlechtskrankheiten. Ein Tee aus Waldgeißblatt sollte die Geburt erleichtern.
Tee aus dem Rhizom wurde getrunken, um Fieber zu senken sowie bei Übelkeit, Magenschmerzen, als Hausmittel bei Völlegefühl und generell Problemen im Magen-Darm-Trakt. Äußerlich wurde dieser Tee auf schmerzende Gelenke ebenso aufgetragen wie auf Hautverletzungen und Insektenstiche.
Waldgeißbart gegen Insektenstiche
Brei aus dem Wurzelknoten des Waldgeißbarts gilt auch heute als Outdoor-Nothilfe bei Insektenstichen. Wenn Sie in einem Wald, in dem Geißbart wächst, von Mücken oder Wespen gestochen werden, können Sie die Wurzel ausgraben.
Dann reinigen Sie die Wurzel mit Trinkwasser, zerdrücken sie und tragen den Brei auf die Einstichstelle auf. Sie fixieren ihn mit einem Verband, damit er nicht verrutscht.
Fußbad mit Waldgeißbart
Ebenfalls für die „Outdoor-Medizin“ eignet sich ein Fußbad in Tee aus dem Wurzelstock des Geißbarts nach langen Wanderungen, wenn die Füße geschwollen sind oder sich sogar Blasen bilden. Hier kochen Sie die Wurzel rund zehn Minuten mit Wasser auf und baden die Füße im lauwarmen oder kalten Sud.
Waldgeißbart sammeln und lagern
Das Kraut des Geißbarts wird am besten im Frühjahr und Sommer während der Blüte gesammelt. Die Wurzeln graben Sie hingegen am besten in der Ruhephase zwischen Spätherbst und Vorfrühling aus.
Pflanzenteile trocknen Sie in einem schattig-kühlen Raum, der gut durchlüftet sein sollte. Die Wurzeln reinigen und schneiden Sie vor dem Trocknen. Als Behälter eignen sich Gläser, Dosen oder Papiertüten.
Wie sieht Waldgeißbart aus?
Geißbart wächst buschig mit unverzweigten Stängeln, die leicht behaart sind. Er bildet viele wechselständige Laubblätter aus, die mehrfach gefiedert sind. Die einzelnen Blätter formen sich am Rand elliptisch, laufen spitz zu und sind doppelt gesägt.
Verwechslungsgefahr mit Mädesüß?
Der Waldgeißbart erinnert optisch an Mädesüß. Diese Pflanze ist zumindest in Norddeutschland häufiger. Sie trägt kleinere Blütenrispen.
Mädesüß gehört ebenso zur Familie der Rosengewächse, aber zu einer anderen Gattung. In der frühen Neuzeit wurden die beiden Arten nicht scharf voneinander unterschieden.
Mädesüß wurde ebenfalls als Geißbart bezeichnet, auch als Wiesen-Geißbart oder Waldbart. Bei beiden waren die traubigen Blütenstände, die an einen „weißen Bart“ erinnern, vermutlich namensgebend.
Die medizinischen Wirkungen überschneiden sich zum Teil. Und auch dies mag dazu geführt haben, die beiden Arten synonym zu verwenden.
Auch Mädesüß wurde gegen Gelenkschmerzen und Probleme des Magen-Darm-Traktes eingesetzt. Im Unterschied zum Geißbart enthält Mädesüß aber Salicylaldehyd, den Grundstoff des Aspirins.
Die Blüten des Waldgeißbarts
Der Waldgeißbart bildet kleine weiße (weiblich) bis cremefarbene (männlich) Blüten aus. Diese ordnen sich in Trauben und die Trauben in Rispen. Die Rispen erinnern in ihrer Form an einen spitz zulaufenden weißen Bart. Hummeln, Falter und andere Insekten bestäuben die Pflanzen.
Verwendung in der Küche
In Deutschland spielt Waldgeißbart in der Küche keine Rolle mehr. Ganz anders sieht es in der Schweiz und Norditalien (Südttirol) aus. In den dortigen Bergwäldern wächst Wald-Geißbart häufig und die jungen Sprossen finden sich in vielen traditionellen Rezepten.
Sie werden ähnlich genutzt wie Spargel, und darum heißt der Waldgeißbart auch Wild- oder Waldspargel. Mehr noch: Auf den leichten Sandböden, die der echte Spargel bevorzugt, gedeiht der Waldgeißbart nicht und umgekehrt ist das waldige Biotop des Geißbarts für Spargel ungeeignet.
Wo kommt die Pflanze vor?
Waldgeißbart wächst in der Natur auf sickerfrischem Boden mit hoher Luftfeuchtigkeit. Der Boden sollte reich an Humus und Nährstoffen sein, licht oder halbschattig.
Das natürliche Habitat sind Ahorn-Eschenwälder, Buchen-Tannenwälder und Buchenwälder. Hier ist Geißbart eine typische Saumpflanze, die sich besonders in Schluchten, an Bächen, Böschungen und auf Lichtungen verbreitet.
Waldgeißbart im Garten
Waldgeißbart ist in deutschen Gärten fast ausschließlich eine Zierpflanze. Er erfordert nur wenig Pflege, wächst buschig und schnell, und die Blütenrispen sind nicht nur in den Stauden selbst ästhetisch ansprechend. Sie liefern auch begehrtes Material für Blumensträuße.
Ein humusreicher und lockerer Boden lässt sich durch Eingraben von Gartenkompost einfach erreichen. Die Pflanze mag keine volle Sonne und eignet sich vorzüglich für den Halbschatten von Hecken und größeren Bäumen.
Waldgeißbart ist nicht nur als frei stehende Staude schön anzusehen, sondern eignet sich auch bestens als Sichtschutz für den Sommer. Seine Blüten liefern eine Weide für bedrohte Insekten. Die üppigen weißen Rispen halten ungewollte Blicke fern und sind dabei selbst eine Zierde. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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- Li Gong, Qing Yang, Yinluan Hang; et al.: Methanol extract of Aruncus dioicus exerts antidiabetic effect via PCSK9/LDLR pathway; in: Tropical Journal of Pharmaceutical Research, Volume 18, Issue 3, 2019, ajol.info
- Sebastian Granica, Pietro Fusani, Iwona Stanislawka; et al.: Monoterpenoids from the traditional North Italian vegetable Aruncus dioicus (Walter) Fernald var. vulgaris (Maxim.) H.Hara (Rosaceae); in: Food Chemistry, Volume 221, Seiten 1851-1859, 2016, sciencedirect.com
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- Mi Seeon Kim, Kyoung He Kim, Ji Eun Jo; et al.: Antioxidative and Antimicrobial Activities of Aruncus dioicus var. kamtschaticus Hara Extracts; in: Journal of the Korean Society of Food Science and Food Nutrition, Volume 40, Issue 1, Seiten 47-55, 2011, dbpia.co.kr
- Sun Bi Park, Jin Yong Kang, Jong Min Kim; et al.: Effect of Aruncus dioicus var. kamtschaticusExtract on Neurodegeneration Improvement: Ameliorating Role in Cognitive Disorder Caused by High-Fat Diet Induced Obesity; in: Nutrients, Volume 11, Issue 6, 2019, mdpi.com
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