Weißdorn kommt in mehreren Arten natürlich in Europa und Asien vor und bevorzugt gemäßigte Klimazonen als typisches Waldrandgewächs. Er ist eine der wichtigsten heimischen Pflanzen für Insekten und Vögel. Zudem dient Weißdorn traditionell als Heilpflanze für Erkrankungen des Herzens und des Blutkreislaufs.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Crataegus monogyna (Eingriffeliger Weißdorn)
- Volksnamen: Zaundorn, Sauerrauch, Haweide, Wipke, Mehlbeerbaum, Mehlfässchen, Mehldorn, Knickdorn, Hageapfel, Hagedorn
- Familie: Rosaceae (Rosengewächse)
- Verbreitung: Eingriffeliger Weißdorn in ganz Europa auf sonnigen und kalkreichen Böden. Auf anderen Kontinenten als Neophyt.
- Verwendete Pflanzenteile: Blätter und Blüten
- Inhaltsstoffe: Flavonoide, organische Säuren, Procyanidine, Tannine, Pektin, Provitamin A und Vitamin C
- Anwendungsgebiete: Traditionell Kreislaufprobleme, unausgeglichener Blutdruck, Angstzustände, verstärktes Herzklopfen, Stress, Herzrhythmusstörungen, Schlafbeschwerden
Weißdorn – eine Übersicht
- Die Früchte enthalten reichlich Vitamin C und lassen sich gut zu Mus oder Marmelade verarbeiten, haben allerdings eine mehlige Konsistenz und wenig Eigengeschmack. Deswegen eignen sie sich gut für Mischungen mit geschmacksintensiven Früchten.
- Weißdorn lässt sich mit der Schlehe (Schwarzdorn) verwechseln. Indessen erscheinen die weißen Blüten der Schlehe bereits im Spätmärz, lange, bevor die Blätter treiben. Beim Weißdorn wachsen hingegen zuerst die Blätter und später bilden sich die Blüten.
- Weißdorn ist als Nahrungs- und Nistpflanze für Kleinsäuger, mehrere dutzend Vogel- und rund 150 Insektenarten von größter Bedeutung. Eingriffeliger Weißdorn ist zusammen mit der Eberesche das wichtigste Vogelnährgehölz in Deutschland, und die Raupen von 54 Schmetterlingsarten fressen an ihm.
- In Deutschland gibt es drei Arten, den eingriffeligen, den zweigriffeligen und den großkelchigen Weißdorn, die sich untereinander kreuzen, sodass mindestens drei Hybridformen natürlich vorkommen. Für die Anwendung sind die taxonomischen Unterschiede irrelevant, da die Inhaltsstoffe, der Geschmack und die Wirkungen sich weitgehend gleichen.
- Die Kerne aller Rosengewächse enthalten die giftige Blausäure und dürfen deshalb nicht roh gegessen werden. Das gilt auch für die Samen des Weißdorns. Das Fruchtfleisch ist hingegen gut bekömmlich.
- Heimische Crataegusarten vertragen Nässe ebenso wie Wind, die Dornen sind eine ausgezeichnete Abwehr für größere Tiere und menschliche Eindringlinge. Das macht Weißdorn zu einer ausgezeichneten Heckenpflanze.
- Crataegus monogyna mag zwar Kalk, passt sich aber an fast alle Böden an, verträgt Nässe ebenso wie Trockenheit, liefert schöne weiße Blüten und essbare rote Beeren, zeigt buntes Herbstlaub, ist winterhart und windfest und eignet sich für breite Hecken ebenso wie für Wallhecken. Er lässt sich gut zurückschneiden, die Pflege ist aber wegen der Dornen mit Mühen verbunden.
Inhaltsstoffe
Ein Review im Fachmagazin Pharmazie in unserer Zeit fasste 2005 zusammen: Weißdornblätter und -blüten liefern Flavonoide (auch Vorstufen von Gerbstoffen wie Procyanidine beziehungsweise Catechine), organische Säuren wie Hydroxyzimtsäurederivate und Triterpencarbonsäuren, die Blüten außerdem Amine. Die Beeren enthalten Procyanidine, Tannine, organische Säuren, Pektin, Zucker, Flavonoide, Provitamin A und Vitamin C.
Wirkung
Ein aktueller Review internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Iran, Portugal, Brasilien, Italien und den USA erläutert: In der Volksmedizin wurde Weißdorn eingesetzt gegen zu niedrigen wie zu hohen Blutdruck, Angstzustände, Nervosität, Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Stress und Kreislaufprobleme. Er soll den Harn treiben, Krämpfe lösen, den Blutdruck ausgleichen, beruhigen und Fieber senken.
Traditionell zugeschrieben werden Weißdorn Wirkungen gegen Diabetes, zur Krebsprävention, gegen Lebererkrankungen, zur Wundheilung, gegen Mikroben, zur Darmgesundheit, gegen Arteriosklerose und Alterserscheinungen, gegen Entzündungen, gegen Depressionen und gegen Alzheimer. Diverse in-vitro-Studien hätten vielfältige medizinische Effekte belegt.
Ein Review eines irischen Forschungsteams von 2010 widmete sich den Effekten von Weißdorn auf Herzkreislauferkrankungen. Experimentelle Studien zeigten demnach mannigfaltige Wirkungen von Weißdorn auf Herzfunktionen. Dazu gehörten eine Erhöhung der Herzschlagfrequenz sowie eine Erweiterung der Herzkranzgefäße.
Aus diesem Anlass durchgeführte weitergehende Studien führten zwar zu positiven Ergebnissen, doch die Untersuchungen ließen sich aufgrund unterschiedlicher Methoden schlecht vergleichen. Theoretische Interaktionen wurden nicht in der Praxis ausprobiert.
Generell lautet das Urteil der Fachwelt, dass Weißdorn allein sich nicht eignet, um Herzschwäche zu behandeln. Auch als Zusatz zu einer Standardtherapie liegen keine validen Belege vor, sodass Weißdorn von der European Medicines Agency als Herzmittel nicht empfohlen wird. Menschen mit Symptomen wie Atemnot, Brustschmerzen oder Herzstolpern sollten umgehend einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen!
Eine randomisierte kontrollierte Studie der Universität München zeigte deutlich positive Effekte bei einer Behandlung von Erwachsenen mit niedrigem Blutdruck, die einen Extrakt aus Kampfer und Weißdorn zu sich nahmen. Unklar blieb dabei, welche der Pflanzen und Substanzen diese Wirkung auslöste.
Eine rezente Studie aus China weist darauf hin, dass Extrakte aus Stoffen in Crataegus pinnatifida, dem Chinesischen Weißdorn, die Heilung von Haut beschleunigen, die durch UVB-Strahlen beschädigt wurde. Zu europäischen Weißdornarten liegen keine diesbezüglichen Studien vor.
Eine präklinische Studie aus Mexiko City zeigte beim mexikanischen Weißdorn eine deutliche antioxidative Aktivität. Antioxidantien wirken Oxidationsprozessen im Körper entgegen. Das stärkt die Zellgesundheit, bremst Zellmutationen, die wiederum zu Krebs führen können, und wirkt Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und des Blutes entgegen.
Da die Phytochemie des mexikanischen Weißdorns sich mit der europäischer Weißdornarten überschneidet, sind ähnliche Effekte auch bei diesen denkbar. Studien dazu stehen aber bislang aus.
Nebenwirkungen und Wechselwirkungen
Weißdornanwendungen sind generell gut verträglich. Als seltene Nebenwirkungen und Reaktionen wurden Übelkeit, Müdigkeit, Schwindel, Schwitzen und Erbrechen erwähnt.
Anwendung
Die vitaminreichen Früchte lassen sich sehr gut zu Kompott, Gelee / Marmelade, Sirup und Saft verarbeiten. Das getrocknete Fruchtfleisch ist mehlig (Mehlbeere) und lässt sich in Brot, Kuchen und anderen Backwaren nutzen, was diesen einen unverkennbaren Geschmack gibt. Tee aus den Blättern und Blüten wird traditionell gegen Herzbeschwerden eingenommen, aber auch bei Stress, Schlafbeschwerden, zu hohem oder zu niedrigem Blutdruck.
Weißdorn-Tee
Um einen solchen Tee zuzubereiten, übergießen Sie einen Esslöffel der frischen oder getrockneten Blätter und Blüten mit einem Viertelliter heißem Wasser und lassen ihn rund zehn Minuten ziehen.
Auch aus den Beeren können Sie einen Tee / Sud zubereiten. Dafür übergießen Sie die Früchte mit heißem Wasser und lassen sie rund zehn Stunden darin stehen. Danach kochen sie alles auf und lassen es fünf Minuten ziehen. Nach dem Abseihen können Sie den Tee heiß oder kalt genießen.
Weißdorn-Hecke
Eingriffeliger Weißdorn wächst als kleiner Baum bis zu zehn Meter hoch. Da die Pflanze auch radikale Schnitte verkraftet, eignet sie sich zugleich ideal als Heckenstrauch, in Feldhecken, in Natur- und Vogelschutzhecken. Der Volksname Hagedorn bedeutet Heckendorn und verweist darauf, dass Weißdorn seit alten Zeiten als lebendiger Zaun geschätzt wurde – sowohl um Haus und Hof wie als Begrenzung der Viehweiden.
Das dichte Dornenwerk verhindert erstens, dass Schafe, Rinder oder Pferde ausbrechen und zweitens, dass Predatoren wie Hunde eindringen. In der Feld- wie in der Gartenhecke fügt sich Weißdorn ausgezeichnet ein in ein Ensemble anderer heimischer Pflanzen wie Schlehe, Holunder, Schneeball, Eberesche, Vogelkirsche oder Felsenbirne.
Eingriffeliger Weißdorn ist dabei ausgesprochen pflegeleicht, wächst in Sonne, Halbschatten und Schatten, kommt mit Nässe ebenso klar wie mit Trockenheit, mit Hitze wie mit Kälte. Er wächst zwischen 20 und 40 Zentimeter pro Jahr. Sie schneiden ihn am besten im September zurück. Dabei brauchen Sie feste Gartenhandschuhe, denn die Dornen verletzen die Haut.
Eine Naturhecke mit Weißdorn bietet zahlreichen Vögeln Nahrung, Versteck und Nistplätze: Fliegenschnäppern, Rotkehlchen, Zaunkönigen, Heckenbraunellen, Laubsängern und Grasmücken. Am Boden der Hecken siedeln sich Igel an, Berg- wie Teichmolche, Erdkröten und Blindschleichen. Zahllose wilde Insekten finden an den Blüten Nahrung, und Spinnen ernähren sich von den Insekten.
Weißdorn als Baum
Weißdorn ist ein Baum / Strauch, dessen Holz dicht verzweigt, wobei sich die Pflanze mit einer Vielzahl von Dornen schützt. Die Rinde ist braungrün und schuppig, das Holz hart und schwer, die Blätter drei- bis fünfteilig und dunkelgrün mit glänzender Oberfläche.
Die kleinen Blüten sind weiß, manchmal mit einem Hauch rosa. Die Blüte des Weißdorns im April und Mai leitet das Frühjahr ein und trug zur symbolischen Bedeutung der Pflanze bei: Das weiße Blütenmeer in einer noch weitgehend kahlen Landschaft ist eine der wichtigsten Nahrungsressourcen zahlreicher Insekten.
Im Herbst trägt Weißdorn ebenso zahlreiche kleine rote Früchte (bisweilen auch gelbe oder blauschwarze). Im Freiland wächst Weißdorn typisch am Waldrand, auf Waldlichtungen und in offenen Laub- und Mischwäldern.
Weißdorn im Mythos
„Um Dornröschens Schlaf zu behüten, wuchs wie von selbst eine dichte und undurchdringliche Dornenhecke um das Schloss. Viele Königssöhne versuchten ihr Glück, durch das Dickicht zu dringen und verendeten elendiglich darin, denn die Dornen hielten fest zusammen als hätten sie Hände“, heißt es im Märchen von Dornröschen. Die Hecke, die um das Schloss des Dornröschens rankt, ist in manchen Fassungen Weißdorn, dessen Tee als Schlafmittel diente.
Kelten wie Germanen, Heiden wie Christen schrieben dem Weißdorn heilmagische Kräfte zu. So sollten im antiken Rom Weißdornzweige an den Türen das Fabelwesen Striga abhalten, ein Hybrid aus Frau und Greifvogel, der Kinder stahl. In Osteuropa sollte Weißdorn Wiedergänger abwehren.
Weißdorn wie Holunder sollten vor bösen Geistern und Unwetter schützen. Im Mythos von Merlin verliebt sich der alte Zauberer in die Fee Viviane und verrät ihr sein magisches Wissen. Damit ausgestattet, bannt Viviane ihn in einen Weißdornbusch und zieht darum eine magischen Bannkreis, den nur sie durchschreiten kann.
In der magischen Signaturenlehre wurden die roten Früchte und die Form der Blätter mit dem Herz in Verbindung gebracht, und die Dornen mit Stechen. Deshalb galt Weißdorn als Mittel gegen Herzstechen.
Weißdorn kaufen
Heimische Weißdornarten lassen sich günstig in Gartencentern und Gärtnereien kaufen. Für eine Naturhecke achten Sie bitte darauf, dass es sich um den einheimischen Ein- oder Zweigriffeligen Weißdorn handelt und dabei nicht um eine Zuchtform mit gefüllten Blüten. Die sehen zwar nett aus, sind aber für Insekten ohne Nutzen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- European Medicines Agency (EMA): Crataegi folium cum flore. (Abgerufen am 05.01.2021), European Medicines Agency
- Francisco Eric González Jiménez, Juan Alfredo Salazar-Montoya, Graciano Calva-Calva et al.: Phytochemical Characterization, In Vitro Antioxidant Activity, and Quantitative Analysis by Micellar Electrokinetic Chromatography of Hawthorn (Crataegus pubescens); in: Journal of Fruit Quality, Volume 2018, Seiten 1-11, 2018, Hindawi
- Suwen Liu, Quian Sui, Jian Zou et al.: Protective effects of hawthorn (Crataegus pinnatifida) polyphenol extract against UVB-induced skin damage by modulating the p53 mitochondrial pathway in vitro and in vivo; in Journal of Food Biochemistry, Volume 43, Issue 2, 2019, Wiley Online Library
- Amirhossein Nidarzand, Massimo Lucarini, Alessandra Durazzo et al.: Hawthorn (Crataegus spp.): An Updated Overview on Its Beneficial Properties; in: Forests, Volume 11, Issue 5, Seite 564, 2020, MDPI
- Frank Petereit, Adolf Nahrstedt: Inhaltsstoffe offizineller Weißdorn‐Drogen: Crataegus aus analytischer Sicht; in: Pharmazie in unserer Zeit, Volume 34, Issue 1, Seiten 22-26, 2005, Uni Münster
- Rainer Schandry, Daniela Lindauer, Matthias Mauz: Blood pressure and cognitive performance after a single administration of a camphor-crataegus combination in adolescents with low blood pressure; in: Planta Medica, Volume 84, Issue 17, Seiten 1249-1254, 2018, Thieme
- Mary C. Tasssell, Rosari Kingston, Deirdre Gilroy et al.: Hawthorn (Crataegus spp.) in the treatment of cardiovascular disease; in: Pharmacognosy Reviews, Volume 4, Issue 7, Seiten 32-41, 2010, Pharmacognosy Reviews
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