Xanthium strumarium, die Gewöhnliche Spitzklette ist Gift- und Heilpflanze zugleich. In China gehört sie in der Volksheilkunde zum Alltag und ihre pharmakologischen Effekte wurden in Studien nachgewiesen. Auch wenn die Phytotherapie Xanthium bei diversen Erkrankungen einsetzt, sollten Sie Spitzklette niemals als Hausmittel verwenden. Höhere Dosierungen wirken stark toxisch: Blutiges Erbrechen und Tod durch Atemstillstand können die Folge des Konsums sein.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Xanthium strumarium
- Volksnamen: Gemeine Spitzklette, Igelklette, Kropfklette, Steinklette, Klebekraut
- Pflanzenfamilie: Korbblütler (Asteraceae)
- Vorkommen: Ursprünglich südliches Kanada bis Mexiko, weit verbreitet als Neophyt in Europa, Asien und Nordafrika in verschiedenen Unterarten
- Verwendete Pflanzenteile: Kraut, Blätter
- Inhaltsstoffe: Carboxyatractylosid, Sesquiterpenoide wie zum Beispiel Xanthinin und Xanthin, Chlorogensäure, Kaffeesäure, fette und ätherische Öle, Tannine, Jodsalze, Phytosterole, Phenylpropenoide, Lignanoide, Cumarine, Steroide, Glycoside, Flavonoide, Thiazide, Anthraquinone und Naphtoquinone.
- Anwendungsgebiete:
- Entzündungen der Nasennebenhöhlen
- Durch Parasiten und Pilze ausgelöste Erkrankungen
- Diuretikum
- Natürliches Abführmittel
- Wundheilung (adstringierend)
Übersicht
- Xanthium strumarium ist eine Art der Gattung Spitzkletten. Neben der Gewöhnlichen Spitzklette (Xanthium strumarium) gibt es zum Beispiel noch die Stechende Spitzklette (Xanthium pungens) in diversen Unterarten.
- Xanthium leitet sich ab vom griechischen „xanthos“- und das heißt „gelb“. Aus den Blättern der Spitzklette wurde gelbe Farbe hergestellt.
- Xanthium strumarium kommt ursprünglich aus Nordamerika, findet sich aber in weiten Teilen der Welt als Neophyt. Hierzulande besiedelt die Spitzklette lockere Lehm-Sand-Steinböden mit vielen Nährstoffen, Schuttplätzen oder Baustellen.
- Die grünen Pflanzenteile werden auch gegessen, müssen aber gekocht werden, da sie roh giftig sind.
- Spitzklette spielt eine große Rolle in der Volksmedizin, besonders in China.
Inhaltsstoffe
Die Gemeine Spitzklette ist giftig. Ihr stärkstes Toxin ist Carboxyatractylosid, eine polare Verbindung mit zwei Sulfat-Gruppen, die sich gut in Wasser löst.
Sesquiterpenoide
Sesquiterpenoide sind die wichtigsten Komponenten der Familie Asteraceae. Sie entfalten Effekte gegen Mikroben, Viren, Entzündungen und Tumore. In Xanthium sind Sesquiterpenlactone vom Guaian-Typ und Seco-Guaian-Typ aktiv, vor allem Xanthanolide. Isoliert wurden aus den Früchten der Gemeinen Spitzklette acht Sesquiterpene, darunter Sibrolid A, Sibrolid B und Norxanthanolid A-F. Aus den oberirdischen Teilen der Pflanze wurden zudem 1 Beta-Hydroxyl-5 Alpha-Chloro-8-Epi-Xanthatin und 11 Alpha, 13-Dihydro-8-Epi-Xanthatin isoliert. Aus den Blättern isoliert wurden Xanthinin, Xanthumin, Xanthanol, Xanthanol Azetat, Isoxanthanol, Xanthumanol, Deacetoxylxanthumin, Xanthatin, Xanthinosin und Tomentosin. Hinzu kommen diverse weitere Sesquiterpenoide in allen Teilen der Pflanze.
Triterpenoide, Phenylpropanoide und Caffeoylchininsäuren
Xanthium strumarium enthält neun nachgewiesene Triterpenoide. Dazu gehören Betulinsäure, Botulin, Erythrodiol, Lup-20-En-3 Beta-Ol, Lupenylazetat, Lupeolazetat, Beta-Amyrin, Oleanolsäure und Alpha-Amyrin. Dreizehn Caffeoylchininsäurenderivate wurden aus der Gemeinen Spitzklette isoliert. Dazu zählen 1,3,5-Tri-O- sowie 3,5-Di-O-Caffeoylchininsäure und Chlorogensäure. An Phenylpropanoiden wurden weiterhin isoliert Xanthiumnolic A, Xanthiumnolic B, D und E, Kaffeesäureester und Kaffeesäure sowie viele andere.
Lignanoide, Steroide und Cumarine
In gewöhnlicher Spitzklette wurden 21 Lignanoide entdeckt, darunter Leptolepisol D, Balanophonin, Pinoresinol, Syringaresinol, 4-Oxopinoresinol, Diospyrosin, sowie in den Wurzeln die Cumarine Scopoletin, Jatrocin B, Cleomiscosin A und C. Steroide in Xanthium strumarium umfassen unter anderem Beta-Sistostenon, Beta-Sitosterol, Beta-Daucosterol, Stigmasterol und Ergosterol. Neben diesen Hauptkomponenten gibt es in Spitzklette noch andere phytochemische Stoffe wie Uracil, Sibiricumthionol oder Hexadecansäure.
Toxische Wirkung
Gewöhnliche Spitzklette bietet also einen Cocktail von bioaktiven Stoffen. Manche davon sind toxisch, die der Pflanze dazu dienen, Fressfeinde abzuschrecken und schädliche Mikroben abzuwehren. Der wichtigste Giftstoff ist das Glykosid Carboxyatratactylosid, dieses hemmt einen Translokator im Mitochondrium. Zugleich hat es ein therapeutisches Potenzial, da es Bakterien und Pilze abtötet.
Das Berühren der Blätter kann eine Kontaktdermatitis auslösen, besonders bei Pflanzen im Vorfruchtstadium sind in Indien Ekzeme bekannt, die der Kontakt an Händen und Füßen verursachte. Tierversuche deuten darauf hin, dass die Giftwirkung vor allem hepatotoxisch ist, also die Leber schädigt. Allerdings wirken sich Stoffe in der Spitzklette auch auf das Nervensystem aus.
Toxische Wirkung auf Tiere
Die jungen Pflanzen und Samen der Gewöhnlichen Spitzklette sind hochgiftig für Pflanzen fressende Säugetiere. Vermutlich ist das Pflanzengift ein Abwehrmechanismus um die Pflanze vor den Tieren zu schützen. Besonders sensibel auf das Gift reagieren Rinder, Pferde, Schafe und Schweine. Ausgewachsene Pflanzen wirken weniger stark auf Weidetiere, sie lösen in größeren Mengen Störungen des Magendarm-Trakts aus. Hingegen verzehren Purpurgimpel, Präriehirschmäuse und Franklins Erdhörnchen die Samen, ohne dass Schäden beobachtet wurden.
Medizinische Wirkungen
Stoffe in der Gemeinen Spitzklette haben ein weites Spektrum pharmakologischer Effekte. Diese reichen von Antitumorwirkungen über schmerzlindernde und antientzündliche Effekte, bis zu einer starken Wirkung gegen Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten und Insekten. Antidiabetische Wirkungen ließen sich ebenso nachweisen. Hier geht es wohlgemerkt um isolierte chemische Komponenten.
Wie und warum die pharmakologischen Effekte zustande kommen, ist weitgehend unklar. Studien konzentrierten sich vor allem auf die Früchte, weniger auf die Wurzeln, Blätter und Stängel. In China sind die Früchte als Cang-Er-Zi Arznei anerkannt, problematisch ist aber, dass in China viele andere Xanthiumarten wie X. Mongolicum, X. Spinosum oder X. Canadens alternativ eingesetzt werden und niemand genau weiß, welche Komponenten der Früchte der Gewöhnlichen Spitzklette in den Früchten dieser Arten in welchem Umfang vorhanden sind.
Für den klinischen Gebrauch wäre es unabdingbar, die chemischen Bestandteile und die pharmakologische Aktivität der einzelnen Varianten zu bestimmen, um Sicherheit und Effizienz bei der Anwendung zu garantieren. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass Xanthium strumarium zwar in China in der klinischen Medizin eingesetzt wird, aber die Mechanismen seiner Entgiftung weiterer Studien bedürfen.
Untersuchungen haben gezeigt, das Xanthatin, Xanthinin, Xanthin, Xanthumin, Xanthanol und auch das toxische Carboxyatracylosid fungizid und antibakteriell wirken. Die Gewöhnliche Spitzklette hat antioxidative Effekte, die bestimmten Krebsformen vorbeugen können und die Zellen stärken.
Im Tierversuch zeigten sich deutliche Wirkungen gegen Arthritis.
Weiter Forschungen haben gezeigt, das Caffeoylxanthiazonoside in der Pflanze das Herz schützen und gegen chronische Herzschwäche und Herzversagen helfen, indem sie die entzündlichen Reaktionen der Herzzellen einschränken.
Risiken und Nebenwirkungen
Xanthium ist toxisch. Es darf niemals als Hausmittel und niemals zur Selbstmedikation eingesetzt werden. Eine Überdosierung kann zu Maden-Darm-Störungen führen, Zittern und erhöhte Reizbarkeit auslösen, den Herzschlag und Atem beschleunigen und zu Atemstillstand führen. Hautausschlag, blutiges Erbrechen und Bewusstlosigkeit sind belegt, auch der Tod ist möglich. Xanthium darf nicht von Schwangeren und Stillenden eingenommen werden, da die toxischen Wirkungen auch beim Ungeborenen und beim Säugling auftreten.
Medizinische Anwendungen
In China gilt Spitzklette als schweißtreibend und als Mittel gegen diverse Hauterkrankungen, der Saft der frischen Pflanze wird gegen Zahnschmerzen eingesetzt, Früchte und Samen werden in Salben verarbeitet, die Wurzeln gegen Durchfall gegessen, ein Pulver aus den Früchten gegen Furunkel und Ekzeme auf der Haut verbreitet. Ein Tee aus Spitzklette ist in China eine Arznei gegen Magen-Darm-Beschwerden. Diese können aber bei Überdosierung auch durch Xanthium ausgelöst werden. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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Wichtiger Hinweis:
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