Funktionsstörungen des Kiefergelenks mit vielfältigen Beschwerden
Die Diagnose Cranio Mandibuläre Dysfunktion (CMD) ist allgemein weitaus weniger bekannt als Zähneknirschen (Bruxismus), obwohl beide oft in engem Zusammenhang stehen. Betroffene leiden nicht selten lange Zeit unter der unerkannten Erkrankung mit ihren den vielfältigen Symptomen. Dabei können ganz unterschiedliche Ursachen die Schmerzen im Kiefergelenk verursachen, die von dort aus wieder in andere Körperbereiche ausstahlen. Ist die CMD einmal diagnostiziert, helfen oft schon einfache Therapiemethoden.
Inhaltsverzeichnis
CMD – Kurzübersicht
- Was ist CMD? CMD steht für Cranio Mandibuläre Dysfunktion, ein Sammelbegriff für Funktionsstörungen des Kiefergelenks. Nicht selten treten die Störungen zusammen oder infolge von Zähneknirschen auf.
- Welche Symptome weisen auf CMD hin? Vielfältige Symptome können mit einer CMD zusammenhängen. Neben Schmerzen und Bewegungseinschränkungen des Kauorgans und im Kiefer können auch Ohrenbeschwerden, Kopfschmerzen, Schulter- und Rückenschmerzen sowie andere Symptome auftreten.
- Wie wird CMD behandelt? Meist zeigen konservative Therapiemaßnahmen entsprechend der Ursachen eine große Wirksamkeit. In vielen Fällen führen Aufbissschienen, manuelle Therapien und Methoden zum Stressabbau zum Behandlungserfolg.
Definition – Was ist die Cranio Mandibuläre Dysfunktion?
In der Fachwelt wird die Bezeichnung Cranio Mandibuläre Dysfunktion als Überbegriff für bestehende Fehlstellungen und damit verbundenen Funktionsstörungen der Kiefergelenke verwendet. Der Begriff leitet sich her von Schädel (Cranium) und Unterkiefer (Mandibula), dort wo sich die Kiefergelenke befinden. Eine Dysfunktion beschreibt im Allgemeinen eine Fehlfunktion.
Unter CMD wird auch eine Vielzahl an Symptomen im Bereich der Kaumuskulatur, des Kiefergelenks und der angrenzenden Strukturen im Mundbereich beziehungsweise im Kopfbereich zusammengefasst. Aber in fast allen anderen Körperbereichen können ebenfalls Beschwerden auftreten.
Laut den Angaben einer CMD-Statistik der Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik sind rund zwanzig Prozent der Bevölkerung von einer CMD betroffen und therapiebedürftig. Dies entspricht der allgemein angenommenen Häufigkeit von Zähneknirschen (Bruxismus) – ein Symptom, welches laut Bundeszahnärztekammer zu einer Cranio Mandibulären Dysfunktion führen kann. Zähneknirschen tritt insbesondere im Lebensalter von fünfunddreißig bis fünfundvierzig Jahren auf und betrifft häufiger Frauen als Männer.
CMD Symptome
Die besondere Vielschichtigkeit der möglichen Symptome, die bei einer Cranio Mandibuläre Dysfunktion auftreten können, erschwert häufig die Diagnosestellung und entsprechende Behandlung. Beschwerden können nicht nur am Kiefergelenk und im gesamten Bereich des Kauapparats auftreten, sondern auch in entfernten Körperregionen.
Als allgemeine Leitsymptome gelten vor allem Schmerzen und Funktionseinschränkungen des Kauorgans. Dabei können Schmerzen in der Kaumuskulatur, im Kiefergelenk sowie im Bereich der Ohren (Ohrensausen bzw. Tinnitus, Ohrendruck, Ohrenknacken) entstehen.
Durch die veränderten, asymmetrischen Bewegungen von Ober- und Unterkiefer und die fehlerhafte Bisslage entwickeln sich Funktionsstörungen, die beispielsweise zu Kieferknacken und Zahnbeschwerden aber auch zu Gesichtsschmerzen und Kopfschmerzen führen können. Ursächlich sind dann meist bestimmte Kaumuskelüberlastungen, die zu ausstrahlenden Schmerzen im Kopf führen. Sogar Nackenschmerzen und Nackenverspannungen, Schulterschmerzen sowie Rückenschmerzen und weitere Beschwerden können im Zusammenhang mit CMD stehen.
CMD: Ursachen und Risikofaktoren
Bei der Entstehung einer Cranio Mandibuläre Dysfunktion geht man im Wesentlichen von zwei Hauptfaktoren aus: Zahnfehlstellungen und Stress. Aber auch andere Auslöser können zu den Problemen am Kiefer führen.
Stress und psychische Belastungen
Das Kausystem leistet die komplexesten Gelenkbewegungen im Körper. Das verdankt es seinen dreidimensional beweglichen Kiefergelenken. Zudem vermag die Kaumuskulatur die größte punktuelle Kraft zu mobilisieren. In Stressphasen neigen manche Menschen dazu, die Zähne zusammenzupressen oder (vor allem während des Schlafs) mit den Zähnen zu knirschen. Dies wird nach einiger Zeit an einem abgeriebenen Gebiss (Abrasion) und einer veränderten Bisshöhe sichtbar. Daraufhin entwickelt sich das gestörte Zusammenspiel von Schädel und Unterkiefer.
Zahnfehlstellungen
Aber auch anderweitig begründete Störungen beim Zusammenbiss durch Zahnfehlstellungen oder Anomalien in der Bisslage können eine CMD hervorrufen. Als mögliche Auslöser kommen hier etwa auch Zahnlücken und nicht passender Zahnersatz in Frage.
Weitere Auslöser
Weiterhin gilt es bei CMD, auch immer andere mögliche Ursachen zu berücksichtigen. Diese können ganz unterschiedlich sein und reichen von Unfall- beziehungsweise Behandlungsfolgen und falscher Körperhaltung (Halswirbelsäule) bis zum übermäßigen Kauen auf Kaugummis, Fingernägeln und anderem.
Diagnose
Bereits während einer zahnärztlichen Kontrolluntersuchung können Anzeichen von Zähneknirschen und einer Cranio Mandibulären Dysfunktion auffallen. Verluste der Zahnhartsubstanz und andere Schäden an den Zähnen sind meist gut erkennbar. Treten beim Abtasten der Kaumuskulatur Schmerzen auf oder zeigen sich Schmerzen und Einschränkungen im Kieferbereich – beim Öffnen und Schließen des Mundes – liegt ein Verdacht auf CDM bereits nahe.
Eine genaue Diagnose kann aber erst mittels einer speziellen Funktionsanalyse gestellt werden, eine Methode, die nicht in jeder Zahnarztpraxis zum Standard gehört und Weiterbildungen sowie interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert. Als ergänzendes bildgebendes Verfahren hat sich die Magnetresonanztherapie als geeignet erwiesen, die neben den knöchernen Strukturen auch Weichgewebe darstellen kann und somit alle Strukturen am Kiefergelenk erfasst.
Auch gibt es einfache Fragekataloge für einen CMD-Selbstcheck. Durch diesen CMD-Test sollen Personen auch ohne beziehungsweise vor speziellen Untersuchungsverfahren befähigt werden, mögliche Symptome für eine Cranio Mandibulären Dysfunktion selbst festzustellen.
Behandlung einer CMD: Interdisziplinär und ganzheitlich
Liegt die Diagnose CMD vor, erfordert dies eine interdisziplinäre und auf die individuellen Ursachen abgestimmte Therapie. Nur so können die vielfältigen Symptome auch effektiv behandelt werden. Die ersten und meist auch erfolgreichen Therapien gehen konservativ vor. Invasive Maßnahmen wie mund- und kieferchirurgische Eingriffe sollten nur eingesetzt werden, wenn die anderen Behandlungsformen fehlschlagen und schwerwiegende Beschwerden persistieren.
Schienentherapie
Die zahnärztliche Funktionstherapie mit Hilfe einer Aufbissschiene (Okklusionsschiene) gehört mit zu den gängigsten Behandlungsformen. In jedem Fall sollte dieser Therapie ein klinischer und instrumenteller Funktionstest vorangegangen sein. Eine individuell angepasste Schiene hilft weitere Abnutzungen der Zähne und die sich daraus ergebenden Folgen zu verhindern. Außerdem wird die Kaumuskulatur entspannt. Regelmäßige Kontrolltermine sind notwendig, um die Schiene laufend anzupassen. den Erfolg zu kontrollieren und die Dauer der Behandlung zu bestimmen.
Das Therapieziel ist am Ende ein gesunder Biss mit einer physiologisch korrekten Position der Kiefergelenke.
Manuelle Therapie
Gerade zu Beginn einer CMD Behandlung können Methoden aus der Physiotherapie und Osteopathie helfen, die schmerzhaften Funktionsstörungen im Bereich der Kaumuskulatur und des Kiefergelenks zu beheben. Dabei spielt auch die Diagnose und Behandlung möglicher Körperfehlhaltungen eine wichtige Rolle.
Ist übermäßiger Stress eine Ursache für die Erkrankung, gilt es diese Belastungssituation möglichst rasch aufzulösen. Dafür eigenen sich verschiedenste Maßnahmen, wie etwa psychologische Verfahren oder Entspannungsmethoden und andere Hausmittel zum Stressabbau. Um die Kiefermuskulatur zu entspannen und die Beschwerden zu lindern, können auch Kälte- beziehungsweise Wärmeanwendungen unterstützen. (cs) Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft. Wichtiger Hinweis:Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.