Der Hodenabszess, in der Fachsprache Skrotalabszess (Skrotum = Hodensack) genannt, ist eine Eiteransammlung im Bereich des Hodensacks. Dies ist eine Erkrankung, die unbedingt ernst genommen werden muss.
Inhaltsverzeichnis
Abszess – Definition
Ein Abszess ist eine Eiteransammlung in einer nicht vorgebildeten Höhle, sondern in einem neu gebildeten Hohlraum. So ein Abszess kann am ganzen Körper, auf der Haut, im Mundbereich oder auch in inneren Organen vorkommen. Ein Abszess ist nicht automatisch etwas Schlimmes. Dabei spielen der Ort des Vorkommens, die Beschwerden und vor allem auch die Ausmaße eine große Rolle.
Ein Abszess, zum Beispiel in der Nähe von Nase oder Augen, muss immer gut kontrolliert werden, da sich der Eiter im schlimmsten Fall leider auch in Richtung Gehirn bewegen kann. Beim Hodenabszess besteht die Gefahr, dass er sich nach innen öffnet und die Erreger dann in den Blutkreislauf gelangen.
Eiter
Eiter ist ein meistens gelbliches, dünn- oder dickflüssiges biologisches Abbauprodukt. Dieses Exsudat entsteht im Rahmen einer Entzündung, bei der Gewebe einschmilzt – Proteine, Bakterienreste und Zellabbauprodukte sind in dieser Flüssigkeit enthalten.
Ursachen Skrotalabszess
Verschiedene Ursachen können zu einem Hodenabszess führen. Vor allem sind kleinste Verletzungen in der Haut, in die Erreger eindringen, „schuld“ daran. Die häufigsten „Übeltäter“ hierfür sind Bakterien, und zwar Staphylokokken, die beim Mann vor allem zwischen Hoden und Anus anzutreffen sind. Dies ist nicht weiter schlimm, wenn das Abwehrsystem in Ordnung ist.
Haut und Schleimhaut bilden normalerweise eine gute Barriere gegen Eindringlinge. Weist jedoch die Haut Läsionen auf, auch wenn diese sehr klein sind, können die Bakterien ungehindert eindringen. Aber selbst dann muss dies nicht sofort zu einer Infektion beziehungsweise zu einem Hodenabszess führen. Vor allem, wenn das Immunsystem in Ordnung ist, werden die bereits eingedrungenen Erreger abgewehrt.
Personen, die eine geschwächte Abwehr haben, neigen eher dazu, einen Abszess zu bekommen. Dies ist auch häufig bei Diabetikern der Fall. Die Bakterien gelangen durch kleinste Hautverletzungen in den Hodensack und verursachen dort eine Entzündung, woraufhin Leukozyten angelockt werden, um diese zu bekämpfen. Aus abgestorbenen Geweberesten, Leukozyten und Bakterien kann sich Eiter bilden.
Ist der Körper nicht in der Lage, diese Flüssigkeit abzutransportieren, wird eine bindegewebige Kapsel um den Eiter herum gebaut, was in diesem Zusammenhang als Hodenabszess beschrieben ist. Diese Kapsel ist eigentlich eine wohl durchdachte Angelegenheit. Sie soll davor schützen, dass sich der Eiter im Körper verbreitet.
Weitere Ursachen für einen Hodenabszess sind zugrundeliegende chronische Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Psoriasis (Schuppenflechte) und Hautverletzungen, ausgelöst durch regelmäßige Rasur der Genitalregion.
Beschwerden
Bei einem Hodenabszess können sich verschiedene Beschwerden zeigen. Am häufigsten treten anfangs leichte Druckschmerzen im Bereich des Hodensacks auf und Entzündungszeichen werden sichtbar. Der betroffene Bereich ist gerötet, geschwollen und kann mitunter bei Berührung mit intensiven Schmerzen verbunden sein. Eventuell ist eine kleine Eiterbeule sichtbar.
Die Schmerzen strahlen möglicherweise in den Unterbauch und/oder das Gesäß aus. Je weiter die Entzündung zunimmt, desto mehr nehmen Rötung und Schwellung zu und eine Eiterbeule am Hodensack zeigt sich. Ist der Abszess groß, kann sich dies auf den Allgemeinzustand auswirken: Fieber, Erschöpfung und Gliederschmerzen treten auf.
Diagnose – wann zum Arzt?
Treten nach der Intimrasur kleine Hautunreinheiten und Pickel auf, so heilen diese in der Regel in ein paar Tagen ab. Kommen jedoch Schmerzen im Bereich des Hodens dazu, so sollte unbedingt ein Arzt beziehungsweise eine Ärztin aufgesucht werden. Diese(r) wird nach einer Anamnese eine körperliche Untersuchung vornehmen. Der Hoden wird inspiziert und palpiert.
Bei einem tiefliegenden Abszess, der mit dem bloßen Auge nicht sichtbar ist, ist eine Ultraschalluntersuchung nötig. Reicht dies nicht aus, um eine endgültige Diagnose zu stellen, wird ein MRT (Magnetresonanztomographie) angeordnet.
Des Weiteren können durch eine Blutuntersuchung Werte wie eine erhöhte Anzahl an Leukozyten und ein erhöhtes CRP (c-reaktives Protein) die Diagnose erhärten. Wobei beide Werte nicht auf eine spezifische Entzündung im Körper hindeuten, sondern nur, dass hier ein akutes Entzündungsgeschehen vorliegt. Tritt bereits Flüssigkeit aus dem Abszess aus und/oder bei Fieber sollte dies zeitnah ärztlich abgeklärt werden.
Behandlung
In der Regel wird der Hodenabszess chirurgisch entfernt, meistens unter Vollnarkose. Der Abszess muss geöffnet und der Eiter vollständig ausgeräumt werden. Um den Abszess herum hat sich eine Kapsel gebildet, die den Körper vor Verbreitung des Eiters schützen soll. Diese Kapsel wird bei der Operation mit entfernt. Geschieht dies nicht, kann sich immer wieder ein Abszess bilden.
Eventuell ist eine zusätzliche Drainage nötig. Der Verband wird täglich gewechselt, entweder vom Patienten selbst oder vom Hausarzt beziehungsweise von der Hausärztin. Dafür werden spezielle Verbände verwendet, um die Darmbakterien, die sich im Bereich des Damms befinden, abzuwehren. Die Operation wird stets mit der Einnahme eines Antibiotikums begleitet. Damit soll verhindert werden, dass sich die Entzündung ausbreiten kann. Ein Antibiotikum ist nur als begleitende und nicht als alleinige Therapie möglich.
Komplikationen
Ein Hodenabszess ist eine ernst zu nehmende Krankheit und bedarf unbedingt des Besuchs bei einem Arzt beziehungsweise einer Ärztin. Wird die Diagnose schnell genug gestellt und der Abszess behandelt, kann auch rasch eine Genesung eintreten. Nach dem chirurgischen Eingriff bleibt eine offene Wunde zurück, bei der unbedingt auf ausreichend Hygiene zu achten ist, damit sich keine weitere Entzündung entwickeln kann.
Wer jedoch den Arztbesuch auf die lange Bank schiebt, bei dem könnten Komplikationen eintreten. Der Abszess wächst immer mehr, in dessen Inneren baut sich Druck auf. Der Eiter kann nicht abfließen. Der Abszess kann durch den entstandenen Druck platzen und der Eiter ergießt sich ins umliegende Gewebe und kann auch durch den Blutkreislauf in den Körper verschleppt werden. Dies ist mitunter lebensbedrohlich.
Eine Komplikation eines nicht behandelten Skrotalabszesses stellt das Fournier Gangrän, eine Sonderform der nekrotisierenden Fasziitis, dar. Die Beschwerden dabei sind massive Schmerzen, Rötung, Schwellung, Krepitation (Knirschen) und Juckreiz. Hinzu kommen Beschwerden wie Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl.
Ein Fournier Gangrän ist ein urologischer Notfall. In einer Operation muss das nekrotische Gewebe (abgestorbenes Gewebe) bis ins gesunde Gewebe hinein entfernt werden. Die Letalität beträgt 20 Prozent. Ein erhöhtes Risiko besteht für Diabetiker.
Prävention
Eine wirkliche Prävention existiert für den Hodenabszess nicht. Was natürlich zu empfehlen ist, ist regelmäßige Intimhygiene, sanfte Rasur und hautschonende Unterwäsche. Des Weiteren sollte auf zu enge Hosen verzichtet werden. Um den Intimbereich zu pflegen, sind im Handel die verschiedensten Lotionen, frei von Parfum und weiteren allergiefördernden Substanzen, erhältlich. Auf eine gut funktionierende Verdauung ist zu achten. Hierbei unterstützen eine ballaststoffreiche, basenlastige Kost und eine ausreichende Trinkmenge.
Naturheilkundliche Begleitbehandlung
Bei einem beginnenden Abszess, der mit Rötung und Wärme einhergeht, wird in der Naturheilkunde gerne das homöopathische Mittel Belladonna verordnet. Damit nach der chirurgischen Eröffnung der Eiter besser abfließt, helfen Silicea und Calcium sulfuricum. Der Schnitt heilt schneller mit mehreren Gaben von Staphisagria und die Wundheilung wird mit Calendula unterstützt.
Generell sollte, wenn jemand häufiger einen Abszess – im speziellen einen Hodenabszess – bekommt, das Augenmerk auf das Immunsystem gerichtet werden. Die Einnahme von Vitamin C, Zink und Colostrum kann hier Gutes leisten. Eventuell ist eine Darmsanierung nötig. Der Großteil unseres menschlichen Immunsystems ist hier, im Darm, zu Hause. Und wenn sich die Darmflora nicht im Gleichgewicht befindet, kann das Immunsystem leicht aus dem Ruder geraten.
Eine Stuhluntersuchung bringt Klarheit. Daraufhin wird dann ein individueller Darmsanierungsplan erstellt und das Ungleichgewicht kann wieder hergestellt werden. Des Weiteren unterstützt eine Eigenbluttherapie das Immunsystem. Diese wird entweder per Injektion oder auch oral durchgeführt.
Zusammenfassung
Ein Hodenabszess ist eine ernst zu nehmende Angelegenheit. Auch wenn der Gang zum Arzt oder zur Ärztin mit einem Schamgefühl verbunden ist, sollte unbedingt so schnell wie möglich fachkundiger Rat eingeholt werden. Diabetiker werden häufiger von Abszessen heimgesucht. Hier gilt es auch zu untersuchen, ob der Patient richtig eingestellt ist und wie dessen Ernährung aussieht.
Wird der Skrotalabszess chirurgisch eröffnet, ist unbedingt auf eine tägliche Hygiene zu achten. Die Naturheilkunde kann die Wundheilung sehr gut unterstützen. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Richard Hautmann: Urologie (Springer-Lehrbuch), Springer, 2010
- Dirk Manski: Urologielehrbuch.de, Ausgabe 2020 Edition
- Willibald Gawlik:Homöopathie und konventionelle Therapie. Anwendungsmöglichkeiten in der Allgemeinpraxis, Hippokrates, 1997
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.