Eine Hodenatrophie ist eine krankhafte Verkleinerung, eine Verkümmerung eines oder beider Hoden. Diese Erkrankung hat die verschiedensten Ursachen. Nicht nur der Körper des Mannes leidet darunter, sondern sehr häufig auch seine Psyche. Sie erfahren in den folgenden Zeilen Genaueres über die Hodenatrophie, über ihre Ursachen, Auswirkungen und Behandlungsmöglichkeiten.
Inhaltsverzeichnis
Atrophie
Atrophie ist ein medizinischer Begriff, der einen Schwund, eine Rückbildung von Organen, Geweben, Muskeln beschreibt. Eine Atrophie kann überall im Körper aufgrund unterschiedlichster Ursachen entstehen.
Beschreibung
Eine Hodenatrophie ist bereits von außen durch die Betrachtung des Skrotums (Hodensack) zu sehen. Bei einem Schrumpfhoden ist eventuell nicht mehr als ein Kubikzentimeter Volumen vorhanden. Meistens sind die betroffenen Hoden nicht mehr funktionsfähig. Daraus entsteht eine sogenannte Azoospermie (keine Spermien im Ejakulat), mit der eine Zeugungsunfähigkeit einhergeht.
Aufgaben der Hoden
Die Hoden (Testikel) sind die männlichen Keimdrüsen. Sie befinden sich beweglich im Hodensack (Skrotum). Dieses zentrale Fortpflanzungsorgan ist für die Zeugung, die Produktion des Testosterons und die Regulation des Testosteronhaushaltes (zusammen mit Hypophyse und Hypothalamus) zuständig.
Der Hoden eines erwachsenen Mannes ist ungefähr vier Zentimeter lang, drei Zentimeter breit und drei Zentimeter dick. Das Volumen beträgt circa 20 bis 25 Milliliter. In den Hoden reifen die Spermien (Spermatozoen) circa 72 Tage lang, bis sie dann anschließend in die Nebenhoden gelangen.
Ursachen
Unterschiedlichste Ursachen können zu einer Hodenatrophie führen. Bekannt ist diese Erkrankung vor allem bei Sportlern, die zum Muskelaufbau Anabolika in großen Mengen zu sich nehmen. Die Nebenwirkungen von Anabolika sind Erektionsprobleme, Libidoverlust, Unterdrückung der Spermiogenese und, wie erwähnt, die Hodenatrophie.
Eine weitere Ursache für Schrumpfhoden sind Gendefekte. Ein Beispiel dafür ist das Klinefelter-Syndrom. Dies betrifft nur Männer. Diese besitzen ein zusätzliches X-Chromosom. Damit ist keine geistige Behinderung verbunden. Die Betroffenen sind in der Regel hochwüchsig, unfruchtbar und leiden an einer Hodenatrophie.
Des Weiteren können nicht ausgeheilte Entzündungen des Hodens zu Schrumpfhoden führen. Wird im Rahmen einer geschlechtsumwandelnden Therapie Östrogen eingenommen, kann dies eine Hodenatrophie auslösen. Damit ist dann auch die Ausschüttung des Sexualhormons Testosteron behindert, was ja in diesem Zusammenhang erwünscht ist.
Seltenere Ursachen sind Durchblutungsstörungen, bedingt durch eine Varikozele (Hodenkrampfader) oder Traumen. Des Weiteren sind Erkrankungen zu nennen, die Schrumpfhoden begünstigen können. Dazu gehören eine Hodenentzündung (Orchitis), Infektionskrankheiten wie Mumps oder auch AIDS. Außerdem gehören Traumen und Verletzungen zu den Ursachen. Zu erwähnen sind hier ein Hodenbruch oder eine Hodentorsion.
Gewalteinwirkungen oder Komplikationen nach einer Operation (zum Beispiel als Spätfolge nach einer Leistenbruch-OP) sind ebenso für das Entstehen einer Hodenatrophie möglich. Zu vergessen ist aber auch nicht der Alkoholmissbrauch als Ursache.
Ganz langsam, und das ist auch völlig normal, schrumpfen die Hoden ungefähr ab dem 40. Lebensjahr.
Symptome
Von außen ist eine Hodenatrophie durch die deutliche Verkleinerung zu erkennen. Eventuell beschreiben die Betroffenen ein unangenehmes Druckgefühl und Schmerzen im Bereich der Hoden. Das Skrotum kann sich im Laufe der Erkrankung verfärben, was dann auf eine Hodenatrophie hinweist. Meistens ist diese Erkrankung mit Erektionsstörungen und Unfruchtbarkeit verbunden.
Bei einer Entzündung ist dies in der Regel ein schleichender Prozess. Erst dann, wenn ein Kinderwunsch lange ausbleibt oder Erektionsprobleme immer wieder auftreten, wird die Atrophie wahrgenommen. Schreitet die Erkrankung fort, können die Schmerzen bis ins Gesäß oder den Unterleib ausstrahlen. Die Betroffenen verspüren dabei ein massives Unwohlsein.
Sind Medikamente oder Wachstumshormone „schuld“, entwickelt sich eine Hodenatrophie meistens recht schnell und ohne Schmerzen. Weitere Auswirkungen auf den Körper hat die Erkrankung nicht. Jedoch können recht ausgeprägte psychische Probleme auftreten. Die Männer leiden mitunter unter vermindertem Selbstwert, Ängsten und Depressionen. Die Partner sind häufig mit betroffen und leiden ebenso unter der Situation.
Eine Hodenatrophie sollte unbedingt rechtzeitig abgeklärt und eventuell zusätzlich zum Urologen noch ein Psychotherapeut zurate gezogen werden.
Diagnose
Die Diagnose einer Hodenatrophie ist in der Regel leicht zu stellen. Einmal ist dies recht deutlich sichtbar. Zusätzlich macht der Urologe eine Sonographie, um die genaue Größe zu bestimmten. Ein Spermiogramm überprüft die Funktionsfähigkeit der Hoden. Sind im Ejakulat keine Spermien zu finden, spricht man von einer Azoospermie. Dies deutet dann auf eine Zeugungsunfähigkeit hin.
Des Weiteren kann eine Blutanalyse Aufschluss über die Ursachen geben. Im Blutbild sind eventuell Erreger oder auch erhöhte Entzündungsparameter zu erkennen, die auf bestimmte Erkrankungen hinweisen.
Behandlungsmöglichkeiten
Ist die Hodenatrophie durch Medikamente entstanden, bildet sich diese in der Regel von ganz alleine zurück, sobald das Präparat abgesetzt wurde. Ein gewollter Schrumpfhoden, ausgelöst durch eine hormonelle Therapie im Rahmen einer Geschlechtsumwandlung, wird natürlich nicht behandelt.
Bei Vorliegen einer Varikozele, die der Auslöser für die Hodenatrophie darstellt, wird diese operativ entfernt, um den Blutfluss wieder zu normalisieren und damit die Atrophie rückgängig zu machen. Leidet der Mann an dem Aussehen des Schrumpfhodens, kann dieser entfernt und ein Implantat eingesetzt werden. Bei Vorliegen einer Entzündung wird diese mit geeigneten Mitteln therapiert.
Folgen
Sind die Hoden stark atrophiert, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese ohne Funktion sind. Besteht ein Kinderwunsch, ist dazu eine künstliche Befruchtung nötig. Wird eine Hodenatrophie nicht behandelt, kann das bis zum Verlust beider Hoden führen. Hinzu kommen eventuell noch massive seelische Probleme.
Liegt ein Medikamentenmissbrauch vor, so wird dies häufig noch von verschiedensten weiteren Symptomen begleitet. Dazu gehören Verdauungsstörungen, Herzrasen, Blutdruckschwankungen und Hautveränderungen. Um die Betroffenen vor einer Unfruchtbarkeit zu bewahren, ist ein schnelles Vorgehen und eine zeitnahe Behandlung nötig.
Kinderwunsch mit Hodenatrophie
Besteht ein unerfüllter Kinderwunsch und der Partner leidet an einer Hodenatrophie, so ist eine künstliche Befruchtung das Mittel der Wahl. Werden im Ejakulat keine Spermien mehr gefunden, ist eine sogenannte TESE (Testikuläre Spermienextraktion) möglich. Dabei wird in Narkose durch einen kleinen Hautschnitt an normalerweise drei verschiedenen Stellen Hodengewebe entnommen. Dies wird anschließend auf vorhandene Spermien untersucht. Die entnommenen Samenzellen dienen dann im Anschluss daran der sogenannten ICSI (intrazytoplasmatischen Spermieninjektion).
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Hodenatrophie unbedingt ernst genommen werden muss. Je schneller sie diagnostiziert wird, desto eher besteht die Möglichkeit, dass der oder die Hoden wieder zum kompletten Leben erwachen. Die Betroffenen sollten sich nicht verstecken und schämen, sondern unbedingt einen Urologen aufsuchen. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- C. E. Hedinger, G. Dhom: Pathologie des männlichen Genitale: Störungen der Hodenfunktion, Springer, (Abruf 29.08.2021), Springer
- Volker Schumpelick: Hernien, 4. Auflage, Thieme, 2000
- Markus Berger: Psychoaktive Drogen: Substanzkunde für mündige Menschen, Nachtschatten Verlag, 2018
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.